Die Sache mit der Integration

Weißt du  noch vor ein paar Jahren?

Da brannte unsere Welt, doch gewusst haben wir es nicht. Es waren Zeiten wie Wirbel.
Abgehackt, stockend, blubbernd. Mal hier etwas, mal da etwas. Doch nichts davon wirklich fest.
Keine Muster, keine Struktur.
Keine Sicherheiten.

Nie gab es “von Anfang bis Ende” – es gab nur “von Neuem”.

Dann kam der Gedanke. Es war nicht meiner. Doch er war da. Ganz klar und fest.
“Er wird mich beim nächsten Mal umbringen. Ich muss weg. Sachen zum Wechseln, etwas zu Essen, Geld. Rucksack. Hinter der Tür abstellen.”

Ein paar Monate später habe ich dich gespürt. Es war ein Wirbelmoment, doch er war anders. Ich dachte, sie wurde mich schlagen wollen, wie er es tat. Aber sie lächelte nur und streichelte meinen Arm und sagte, sie würde mir nichts tun.
Ich spürte dein Zittern, deinen angehaltenen Atem und den Impuls die Faust zu heben.
Dachte, ich hätte einen Teufel in meinem Körper wohnen.

Dann das Leben in den Heimen und Stationen. Der raue Ton, der lieblose Umgang, die ganze Kälte, die Drogen und doch aus allen Ecken und Winkeln diese Bedürftigkeit aller. Ich spürte dich, immer wenn ich Angst bekam, jemand würde seine Hand auf mich niedersausen lassen. Einmal habe ich dich an mir vorbeirasen sehen. Ich dachte, vielleicht seihst du doch kein Teufel, sondern ein Schutzgeist.

Ich schrieb dir Briefe in mein Tagebuch und deine Antworten erschienen mir logisch. Obwohl ich wusste, das Geister keine Dinge anfassen können.

Dann gab es diese Zeit in der die Welt nicht brannte und jemand sagte, dass du ein kein Geist bist, sondern ein Teil von mir. Ein 18 jähriger Anarchistenjunge in meinem 16 jährigen Mädchenkörper. Uff!
Ich war verwirrt und gleichzeitig aber dachte ich auch, dass es egal ist. Du warst mein Beschützergeist und das änderte sich nicht mit dem Wissen.
Ich konnte dich immer deutlicher wahrnehmen, manchmal konnte ich sogar schon ganz nah bei dir stehen, wenn du “vorsichtshalber mal da warst”. Einmal war sogar gar keine Gefahr und ich konnte dein Sein ganz deutlich an mir spüren.

Wir beide haben tapfer gekämpft, als es wieder um unser aller Leben und Zukunft ging. Doch war es in jener Zeit unmöglich einander weiter so nah zu sein. Du musstest mich ständig verlassen, um uns zu schützen, konntest gar nicht mehr zu unserem Ich-Du-Sein zurückkehren.
Doch wir siegten und konnten einander wieder die Hand reichen.

Ich lies sie nicht mehr los. 453633_web_R_K_by_Dieter Schütz_pixelio.de
Meine Haut wurde zu deiner Haut.
Meine Gedanken vermischten sich mit deinen Gedanken.
Unsere Wünsche und Erinnerungen gesellten sich nebeneinander und griffen ineinander.
Unsere Stimme wurde vom Duett zum Solo.
Niemand konnte uns mehr unterscheiden.
Sogar deine Männlichkeit wurde zum normalen Seelenton.
Es war, als wäre es nie anders gewesen.
Als wären wir schon immer Ich gewesen.

Eine M. vereint mit einem A. , der sich an einem Morgen sah und wusste, dass er nun eigentlich Ma. ist. Ein Ma. der nachwievor ein Schutzgeist ist, doch neben seinen Fäusten, auch den Kopf seiner inneren M.- Seite benutzen kann, ohne eine Amnesie zu erleben oder in Gefahr zu sein.

Nichts ging verloren.
Es ist nur verwachsen, was verwachsen konnte.

Aus zwei kleinen Spiegeln, wurde eine glatte Fläche.
Niemals haben wir das in der Therapie besprechen müssen. Es ist einfach passiert, weil wir die Möglichkeit hatten, einander in aller Ruhe und Sicherheit zu erspüren und zu erfassen.
Unsere Gemeinsamkeit zu zeugen.

Es ist einfach so passiert.
Die Sache mit der Integration.

Hartz Panik

Sie rast auf mich zu und begräbt mich

die Hartz Panik

zurück bleibt eine herzlich schnaufende, süßlich lächelnd über wimmernd quälend hungernde Innenkinder gebeugte Anxiety. Die getragen wird, von lauthals durch die Gegend keifenden BÄÄÄMs

Durch diesen Wust schieben sich fressende Gierschlünde die einfach nur überleben müssen

Rein rein rein rein rein alles was es gibt

alles was da ist, bevor nichts mehr da ist

Bevor wieder nichts mehr da ist

Die Schränke sind vergleichsweise voll denn in einem Anfall von “Bis nächste Woche will ich keinen Stress mit Einkaufen haben” haben wir uns noch vor einer Stunde ganz eingedeckt.

Ich heule mir die Augen aus dem Kopf, ich hab Bauchschmerzen, mir ist schlecht, ich treibe auseinander, fühle mich schwach und schrecklich. Ohnmächtig gegenüber einer grauen Eminenz einer ungreifbaren Entität die da heißt Jobcenter- Staat- Gesellschaft- Leben… vielleicht auch G’tt?

Und merke noch verschwommen wie jemand in die Welt rufen will

DAS IST DOCH EINFACH NICHT FAIR!
DAS HABEN WIR DOCH NICHT VERDIENT!

um doch- ohne es mit dem Körper gesagt zu haben
im Kopf zu hören
”Doch hast du- du mieses Stück Scheiße- friss Dreck du Schwein- du bist nicht mehr wert”

Ab nächsten Monat werden wir ca 40€ zum Leben haben.

*scheiß blablablabla Post fürn Arsch muss raus muss sichtbar sein- muss lesbar sein- muss machen, dass ich denke: irgendwo da draussen denkt einer für mich: das ist nicht fair- weil ich das grad nicht denken darf*

von Vermeidungsblasen und Tumoren

Nach Jahren habe ich mal wieder ein psychotherapeutisches (Fach)Buch zum Thema Trauma und DIS in der Hand und könnte es eigentlich schon wieder an die Wand schmeißen, in die Seiten hineinspringen, es auffressen, vollkotzen, zerpflücken… in die Hand nehmen und jedem Außenmenschen um die Ohren hauen, der mir über den Weg läuft.
An meine Brust drücken… hoffend, dass mein Innen etwas spürt, sieht, dass es gesehen wurde. Schau da ist Hoffnung, da ist Heilung.
Es verflüssigen und mir multipelschläuchig intravenös in den Körper einbringen, auf dass es diesen quälend berstenden Wissensdurst genauso stillt, wie das Gefühl der Einsamkeit.

Es ist nur ein Kapitel.
Und das “in der Hand halten” von etwas, das von uns drin steht.
Doch es reicht.

Es reicht mich zu erinnern wie es war, als die Innens noch maligne Microhirntumore waren.
Ich habe nicht unter ihnen gelitten.
Ich hatte keinen Leidensdruck vom Viele-Sein. Das habe ich bis heute nicht.
Ich habe unter einer ständig schwelenden Todesangst gelitten. Genau wie heute- auch wenn der Grund inzwischen ein anderer ist.
Jede Amnesie, jeder Kopfschmerz, jede Seltsamkeit an mir bedeutete für mich: “Der Tumor ist gewachsen- gleich bist du tot.”. Alles was ich mir nicht erklären konnte, wurde durch den Tumor erklärt. Meine Angst bekam eine Berechtigung.
Ich habe eine ganz liebe Vermeidungsblase aufgepustet.
An einem Tumor kann jeder erkranken. Damit bin ich nicht allein.
Vor dem Tod haben viele Menschen Angst. Es ist akzeptabel Angst vor tödlicher Krankheit zu haben.
Ein Tumor wächst im Körper. Niemand kann einem anderen Menschen einen Tumor antun.

Ein Tumor hat keinen Finger, mit dem er auf jemanden zeigen kann.

Es reicht, mir zu zeigen, wie lieb ich bin.
Immernoch.
Lieb in meiner kleine Vermeidungsblase.
“Nein das war nur ein … Tumor…
Es war nicht… nein nein es war nur ein… mehrere Tumore…”

Zu wissen, dass es Innens sind, die meine Stücke vom Zeitkuchen wegknabbern, runterschlingen, auffressen, in sich hineingestopft bekamen und nun wieder herauskotzen müssen, war lange gleichsam eine Art Tumor.
Eine sprachverführende Vermeidungsblase für mich.

Multiple Persönlichkeit.
Mehrfache Persönlichkeit.
Mehrfaches Sein.

“Ja prima. Ich hab den Tumor- die Innens sind einfach nur nicht davon betroffen.
Die sind ertrinkend, erstickend, aufgerissen, benutzt, kaputt. Sie baumeln noch immer nackt von einer Decke, posieren für andere, stinken wie ein verdrecktes Tier, sind ekelerregend, bemitleidenswerter Abschaum, halten auf Wunsch die Körperlichkeit eines anderen, bieten sich an. Sie sind so niedrig, dass man sie gar nicht mehr erniedrigen kann.

Ich bin eine andere Persönlichkeit. Mit mir hat das nichts zu tun.
Mein Sein ist ganz anders.
Ich sterbe nur an Todesangst.
Ich werde in einem Krankenhausbett sterben, ganz lieb. Ganz still.
Die Innens werden in ihrem Dreck verrotten, sollen sie doch schreien, an- klagen.
Ich bin lieb.
Ich bin ein anderer Mensch als sie.
Sie sind meine Krankheit. Sie sind mein Seelentumor.
“Einmal rein- und abschneiden bitte!”

Die Wissenschaft klärte mich auf. Eröffnete mich.
Sie griff zum Skalpell und entfernte eine Schicht meiner Vermeidungsblase.
Ich kann das Innen nun, freioperiert von verwischter Sprache, als dissoziierte Aspekte meiner Identität- meiner Gesamtpersönlichkeit an mich heranrationalisieren.

Ich habe meiner Vermeidungsblase ein Element hinzufügen können, dass eine gewisse Diffusion ermöglicht, eine grundlegende Trennung allerdings aufrecht erhält. So bekam ich Gelegenheit zu 423597_original_R_K_B_by_Sigrid Roßmann_pixelio.desehen, dass auch andere Innens lieber mal “500gr biographische Amnesie kaufen wollen”, statt das Grauen anzunehmen. Ihnen fehlen zwar nicht die ersten 16 Jahre des Körperlebens wie mir, aber auch sie treiben in dieser Seelenlösung aus Angst, Schmerz und Verletzung herum, einzig durch ihre Vermeidungsblase geschützt.
Vielleicht nicht so lieb wie ich.
Wenn ich meinen Gemögten (und dem Blog hier) trauen kann, dann sind sie wohl eher bockig, kernig, charming, bedürftig, kalt, mutig, frech, aufmüpfig, emanzipiert, liebevoll, fürsorglich.
Gleich und doch verschieden.
Getrennt aber doch verbunden.

Ich lese Sachbücher wie dieses nicht so gern.
In der Regel erhöhen sie den Druck. Oft sorgen sie dafür, dass ein Innen an eine durchsichtige Seite meiner Vermeidungsblase gepresst wird und ich es erschreckt anstarre, wie einen Vogel der gegen das Küchenfenster geflogen ist.

Meist fällt mir dann auch gleich noch das Buch aus der Hand, kippe ich fest verklebt in meiner Angst weg und ergieße mein Denken in die unendliche Weite der Vermeidung. Vielleicht der Selbsttäuschung, der Illusion und der Traumtänzerei.

“Es war doch nichts.
Ich dysfunktioniere auf zellulärer Ebene, das ist es!
Das Schlimme… das Böse… das … nein das ist nicht… nein das ist nur ein Tumor.

Ich war doch immer lieb. Warum sollte mir jemand so etwas angetan haben?”

Erst wenn ich das Buch beiseite lege, das Leben kennenlerne; sehe, dass Liebsein kein Garant für Liebgehabt werden ist, schaffe ich es, meine Vermeidungsblase etwas zu öffnen und das Innen davor etwas näher zu betrachten. Zu sehen, wie sehr ich es mit meinem Denken verletze.

Wie sehr ich mich selbst zum Tumor mache.

Mut oder: die BÄÄÄMs der Anderen

Es begann mit einem Artikel der Mädchenmannschaft vor ein paar Monaten. Ein paar Klicks, ein paar Kommentaren, ein paar Artikel, ein bisschen gucken, lernen… und nun finde ich mich virtuell umgeben von lauter starken freien wachen bewussten Menschen. Mich fragend, ob ich auch so werden kann. 46164_web_R_K_B_by_Verena N._pixelio.de
Wie viel der Stärke und des Mutes, den ich in den ganzen Websites und Artikeln wahrnehme, ist wahr? Wie viel dieser Vehemenz, Courage, Reflektion, Stärke… Heilung? würde ich in der Realität sehen, träfe ich diese Menschen?

Ich verbrachte den gestrigen Tag am Fenster.
War kurz mit NakNak* im Park. Hatte noch Mut- Elanfunken von dem Innen, das immer schon von sich aus mutig und stark ist. Immer wieder aufstampfend; nach einem besseren Leben zu greifen bereit und mit mir diese ganzen Webseiten schier aufsaugend.
Doch diese Funken verpufften schnell wie ein Strohfeuer in meiner Brust, als ich plötzlich jemanden vor mir sah, der nicht wirklich da war.
Es war ein Doppelbild- eine Pseudohalluzination eines Täters.
Eine schattenhafte Halberinnerung an eine Situation vor über 20 Jahren. Damals hatte es auch so viel geschneit und ich war ähnlich erfüllt von aus Mut geborenem Elan- ich weiß nicht, ob es noch mehr Parallelen gab, die mein Gehirn zu diesem Assoziationsversuch veranlasste.

Damals gab es keine Chance.
Heute nahmen mich zwei Innens an die Hand, drehten den Körper herum und rannten los- mich in ihrer Mitte haltend, beschützend, mir und durch mich hindurch zuflüsternd, dass es vorbei ist, dass wir nun sicher sind. Dass es nur eine Erinnerung ist. Dass die warme Zunge an meiner Hand NakNak* gehört. Ob ich sie nicht mal streicheln wolle. Ein bisschen mit ihr herumgeikeln wolle. Ob ich den Schnee auf der Strumpfhose spüren würde. Immer wieder sagend, in welchem Jahr wir sind. Dass wir wirklich sicher vor ihm sind. Dass ein empfundener Mut berechtigt und absolut in Ordnung ist. Dass wir nie wieder so verlieren könnten.

Es gelang mir nicht mehr, wieder näher an das mutige Innen heran zu kommen. Meine Angst, mein dunkles, wie eine giftige Wolke hinter mir schwebendes Ahnen um die Situation früher absorbiert mich. Es ist,  als wäre da gar nichts Mutiges mehr im Innen.
Ich muss es mir sagen, mir hier hinein schreiben, dass es so ist. Damit ich mir dieses Wissen wenigstens rational nicht wieder aus mir herausstoße- oder von ihm weggestoßen werde?

Es ist mir nun schon so viel möglich.
Wie toll das ist! Wie groß unsere Therapieerfolge schon sind.
Noch vor 5 Jahren bin ich regelrecht abgeschmiert, wenn ich so einer Halberinnerung gegenüber stand. Da war nur Angst- sofort und direkt und ohne auch nur einen Fitzel Möglichkeit, dass ich mir selbst oder etwas aus dem Innen in diesem Moment die Gegenwart an mich- in mich eingebracht bekommen hätte. Jedes Mal das gleiche alte Erschrecken, die gleiche alte Ohnmacht, das gleiche innere Wegkippen als der Ahnungsdonner über mich hereinbricht, der gleiche Wechsel zum Innen, das die Gewalt wieder und wieder und wieder durchlebt.
Heute sind wir schon aktiver- wacher- klarer- bewusster. Ich habe die Möglichkeit noch direkt vor der Ohnmacht auf meine innere “Slowmotion-Taste” zu drücken, mir Hilfreiches aus dem Innen zu aktivieren- mich vom Innen tragen, statt mich hinein fallen zu lassen.

Und trotzdem stand ich dann doch wieder mehr oder weniger durchgehend, bis in die Nacht hinein, am Fenster und hörte den Sermon, den mir die BÄÄÄMs runterratterten. Über meine Unfähigkeit, meine Arroganz, meine Überheblichkeit, meine eigentliche Feigheit, mein “nie so stark- nie so mutig- nie so klar- nie so cool- Sein” wie die, deren Artikel ich da lese, deren Aktionen ich mitverfolge (die andere Innens sogar mitmachen) und die ich bewundere.

Ich hörte einfach nur zu, mich gleichzeitig fragend, ob die Starken da draußen keine BÄÄÄMs haben oder einfach nur schon besser gelernt haben, sich ihnen gegenüber taub zu stellen.

Waldgespräch

Es ist ein seltsames Gespann.

Ein Hund, der wie ein Reh durch die flirrenden Schneeflocken springt, rennt, hopst, mit Zweigen kämpft und zwei Gestalten, die nebeneinander her laufen. Die eine hat den Blick auf den Boden- die andere hält ihre Begleitung in der Sichtperipherie.

“Es ist komisch.”
– “Ich weiß”
”Wieso sehen sie das, aber nicht alle anderen auch?”
– “Ich weiß nicht mein Herz”
Sie steckt sich die Fingerkuppe in den Mund, fängt an die Nagelhaut herunterzureißen.
– “Nimm lieber etwas Schnee in die Hand oder in den Mund. Vielleicht will NakNak* auch was spielen.”
”Ach Affenscheiße”
Sie tritt in die vereiste Fahrrinne eines Waldarbeiterwagens. Wischt sich Tränen von den Wangen.
”Ich weiß immer noch nicht, wie man das nennt, wenn man sich vor welche stellen will und denen sagen will: Guck was du mir angetan hast!”
– “Ist dir das so wichtig? Willst du das wirklich mal machen?”
”Ja! Die sollen sehen, dass sie mich und- ja ach fuck ey- uns alle richtig verletzt haben”
– “Du weißt, dass wir das niemals machen werden, oder? Und selbst wenn doch- sie werden sich nicht bei uns dafür entschuldigen, dass sie ihre Arbeit gemacht haben.”

Sie hebt die Schultern, wirft NakNak* einen Blick zu. Runzelt die Stirn, pustet ein paar Flocken vom Schal. “Vielleicht will ich gar nicht, dass sie sich entschuldigen. Sie sollen nur nicht mehr so tun, als wärs nur mein Problem. So nach dem Motto: Alle anderen haben damit nich so Probleme- du bist die Einzige die hier schon wieder rumspinnt. Die sollen sich schämen.”
– “Haben sie dir das gesagt? Dass du rumspinnst?”

Sie wendet sich ab, sucht den Weg zu unserem Waldplatz für Zeiten wie diese.Höhle Sie schweigen, lassen ihre Tränen die Wangen abkühlen.

“Ich hab nicht gesponnen, richtig? Wenn etwas schlimm ist, dann ist es schlimm, nicht wahr? Egal, wie es andere nennen oder wie sie das empfinden, ne?”
– “Ja, es war schlimm für dich, also war es schlimm.”

Sie sitzen dort und reichen einander die Hand.

Im Schutz einer kleinen Höhle zu ihren Füßen drängen sich andere Herzen aneinander. Die beiden haben sie noch gar nicht bemerkt, obwohl es doch deren Schmerz ist, über den sie weinen.

von der Psychiatrie und der unbezahlbaren Hilfe

Ein Artikel über die Psychiatrie.
Als Aperitif gibts ein Horrorfoto.
Thema: Legalisierung von Zwangsbehandlung im Hauptgang.
Definitions-Allmacht von (überarbeiteten, im Verhältnis zur Arbeitszeit unterbezahlten, eher einseitig fortgebildeten) Ärzten zum nur hauchzarten (kaum erwähnenswerten) Dessert.

In meinem Kopf rattert sie Uhr tornadoardoartig rückwärts.
2001- 14 Jahre alt.
Gerettet aus einem Gefängnis- entkommen aus einer versteckt gespaltenen Welt
Erneut eingesperrt in ein Gefängnis und in eine ganz offen gespaltene Welt.

Weil es keine Alternative gibt.
Weil mir dort geholfen werden kann, wie sonst nirgends.
Weil ich dort verstanden werde.
Weil es mir dort besser geht.

Niemals war auch nur ein Mensch so ehrlich zu uns zu sagen, dass sie schlicht hilflos waren. Weil es keine andere Möglichkeit des Schutzes gibt. Dass wir diese Internierung aushalten mussten, weil die Menschen uns nicht aushalten konnten oder wollten. Weil sie unsere Geschichte nicht aushalten konnten oder wollten. Weil sie die Folgen davon nicht aushalten konnten oder wollten.

Sie haben es sich leicht gemacht und mich abgeschoben- weggesperrt- verwahrt- ausforschen- verbiegen bis zum Brechen lassen.

Sie haben nicht gesehen, dass sie ab dem Zeitpunkt unserer Aufnahme dort, nun unsere Eltern ersetzten. Und wie deutlich sie das taten… Himmel ja WIE verdammt noch mal deutlich sie genau das Gleiche getan haben, wie unsere Familie. Nur haben sie es nicht “Pseudoreligion” genannt, sondern “Hilfe”.

Es war ein Tausch nichts weiter. Hellgraue gegen Arztseifenweiße Folter

Was sie gesehen haben war eine 14 Jährige, die sich immer wieder selbst verletzte. Eine 15 Jährige die den vierten, fünften, sechsten, siebten, achten…. fünfzehnten Suizidversuch gerade eben so mal noch überlebt hat. Eine 16 Jährige, die plötzlich aus heiterem Himmel anfängt zu schreien, niemanden zu erkennen scheint und auf Mitarbeiter losgeht. Eine 17 Jährige, die so abgeklärt über psychische Krankheiten spricht, als wäre sie selbst die Ärztin.

Was wir waren war eine lichtentwöhnte 14 Jährige, die den Boden küsste über den sie laufen durfte- komplett verwirrt über das was mit ihr passierte- ausgeliefert unmündig und hilflos.
Eine 15 Jährige, die sich von ihrem ambulanten Therapeuten hat missbrauchen lassen, weil sie unter anderem befürchten musste, wieder eingesperrt zu werden. Wieder ausgeliefert, unmündig und hilflos. (Und zu dem Zeitpunkt schon völlig allein auf sich gestellt).
Eine 16 Jährige, die anfängt sich an die erlittene Gewalt zu erinnern und gerade mal so das Glück hat, in einer psychosomatischen Klinik zu sein- statt in einer Psychiatrie, wo es alles noch viel schlimmer hätte sein können.
Eine 17 Jährige, die in 3 Jahren durch 7 Kliniken und 5 Jugendverwahrungseinrichtungen hindurch geflippert wurde und deren einziger Hoffnungsfunke auf Heilung und Leben ohne Gewalt, eine dreizeilige Email in ihrer Hosentasche ist; geschrieben von einem Menschen, mit dem sie vielleicht 2 Stunden Zeit verbracht hat und nicht einmal wirklich kennt.

Wir waren die ganze Zeit allein und hatten keine Menschenseele, die sich darum geschert hat, was mit uns dort passiert. Die, die Entwürdigung der Massenabfertigung und den Raub der Selbstbestimmung für uns beklagt hat. Da war niemand, dem wir unsere Gewalterfahrungen mit Pflegern hätten sagen können, ausser den Patientenvertretern zu denen wir aber keinen Kontakt aufnehmen konnten, ohne die Hilfe des Personals. Zusammen mit einer Diagnose die gleichbedeutend mit Unzurechnungsfähigkeit und  Realitätsverlust ist, hatten wir schlicht keine Chance.

Es war wie in der Hölle, die gerade vorher verlassen hatten.

Was wir durchgemacht haben ist unglaublich. Es ist unglaublich schlimm, unglaublich viel, unglaublich viel Nichthilfe. Und was wir in Bezug darauf heute wahrnehmen, ist unglaublich viel Ungläubigkeit.
Nein, uns wurde nicht das Gehirn unter Strom gesetzt. Nein, unser Frontallappen wurde nicht therapeutisch wertvoll verletzt. Unser Gehirn wurde uns ausgedörrt in den vielen hundert Stunden zwischen den “Behandlungen”, in denen man völlig auf sich geworfen ist- äußerlich strengstens reglementiert, während der Same des Wahnsinns unter dem tumben Starren auf Klinikflure, Klinikessen, Kliniktüren, Klinikroutine, Klinikklinikkliniklinikatmosphäre überhaupt erst zu wachsen in der Lage ist.

Wir wissen (zum Glück) nicht, wie es für Erwachsene ist, so in Not und ohne ausreichendes soziales Netz zu sein, dass man sich in eine Klinik begeben muss, um Schutz vor sich selbst (oder anderen Menschen) zu erfahren. Und freiwillig werden wir das auch nicht erfahren.

Die Psychiatrie war für uns das Trauma nach dem Trauma.
Die ersten 2 Therapiejahre nach der letzten Entlassung brauchten wir dafür auf, überhaupt auch nur wieder irgendeinen Helfer (nicht nur Menschen überhaupt)  näher als eine Diagnostik an uns heranzulassen. Ein öffentliches Feindbild wie zum Kindesmisshandler gibt es für Helfer nicht. Eine Hetzpropaganda, wie aktuell gegen die Institution Kirche, gibt es nicht für die Institution Psychiatrie. Vor der breiten Öffentlichkeit steht man vor solchen Erlebnissen ganz genauso verlassen und ohnmächtig, wie vor der gezielten sexuellen Ausbeutung von kleinen Kindern mitten in Deutschland. Jeder kriegt einen Schauer der den Rücken herunter rieselt, jeder hat seine Gedanken dazu. Doch wenn es darum geht eine Hand zu reichen, wird sich weggedreht und unsichtbar gemacht. Und in beiden Fällen muss man sich mehr oder weniger krassen Eigenschuld- (im Sinne einer Eigenverantwortungs-) zuweisungen aussetzen.

Vor ein paar Wochen noch, bekam unsere Therapeutin die volle Breitseite dessen ab, was hier los geht, wenn uns jemand mit der Einweisung bedroht. Und für uns beginnt die Bedrohung schon mit der überhaupt-igen Nennung der Psychiatrie als Option für Hilfe.

Keiner- absolut kein Mensch auf dieser Welt würde das, was real in einer Psychiatrie vor sich geht, als hilfreich bezeichnen, wenn man das Ganze schlicht losgelöst vom Status der „Retter der Gemütskranken“ heraushebt:
Eine Woche hat 168 Stunden
minus jeweils 8 Stunden Schlaf, ergibt das 112 Stunden Wachsein.
Davon werden ca. 8 Stunden therapeutisch gestaltet (je nach Klinik- ich nehme einfach mal den Standard aus meinen Zeiten in der Ballerburg).
Das ergibt unterm Strich: 104 Stunden geistig- seelische Nulllinie, die man mit Kettenrauchen, Gedankenkarussell, Patientengesprächen, Illustrierte lesen, nicht-an-seine-Probleme-denken-aber-doch-dazu-zwingen-weil-man-ja-dafür-da-ist und mit dem intensivem Beobachten aller emotionalen und sozialen Vorgänge auf der Station wiederzubeleben versucht.
Würde man diesen Behandlungsstandard auf ein akutes Herzversagen oder auch eine chronische Lungenentzündung übertragen hieße das unter Umständen: “Wie jetzt hier- sie kriegen so wenig Luft- sie kriegen doch schon 8 Stunden am Tag die Maschine an den Hals!”; “Ich hab schon 8 Sekunden mit der Lebensrettung verbracht- was will der denn noch?!”

Man führt ein Leben wie Schrödingers Katze:  eingesperrt in einer Box und ob man noch lebt oder nicht ist Definitionssache. Und die Macht über diese Definition, könnte mit dem Gesetz nun auch noch in jedem Fall- egal wie diese ausfällt (ob zutreffend oder nicht) rein bei den Ärzten bleiben. Komplett unhinterfragt oder in der Lage die Box zwecks Überprüfung zu öffnen.

Es ist ein Witz. Es ist infam. Es ist eine gesellschaftliche Schande, dass wir solche großen, relativ sicher finanzierten Kästen wie die Psychiatrie, überhaupt noch haben und sogar brauchen.
Es ist die medizinisch-kapitalistisch-sozialdarwinistische Vermeidungsblase, die uns davor bewahrt den Wahnsinn, Kontrollverluste und schiere menschliche Natur zu nah uns heranzulassen. Realitätsverlust als “kann mal vorkommend” zu betrachten. Menschliches Elend von uns fern zuhalten. Uns nicht zu belasten. Uns nichts ans Bein zu binden. Um uns vor gesellschaftlicher Verantwortung zu drücken.
Uns selbst nicht zu fragen, wie wir verhindern können, dass es anderen Menschen schlecht geht.

Uns daran zu hindern jedem unserer Freunde zu sagen, dass sie auch mitten in der Nacht bei uns klingeln dürfen, um von uns vor sich geschützt zu werden-von mir aus auch eingeschlossen zu werden und die nötigen Mittel aufgedrängt zu bekommen und die Hand durch die Neben- und Nachwirkungen zu halten.

Wir sind dankbar dafür, dass wir uns in der Hinsicht auf unsere Gemögten verlassen können. Niemand von ihnen würde uns abweisen, stünden wir mit diesem Anliegen vor ihrer Tür.

Als wir (noch vor 6 Jahren) nicht in der Lage waren zu essen wie Menschen, gab uns unser mit uns verbündeter Mensch den Rahmen der nötig war- ohne uns zu verachten. Als wir nicht wussten, ob und wenn ja wer, von uns Kontakt zu Tätern aufnehmen könnte/versuchen würde, sich das Leben zu nehmen/versuchen würde, ihn zu verletzen… Als wir so depressiv waren, dass sogar das Heben der Augenlider eine einzige Qual war… Als schon ein unsichtbares Geräusch Innenkinder hochspülte die noch mitten im Traumaerleben sind… Als wir so richtig tief in der psychischen Scheiße standen- alle Weichen auf Psychiatrie standen, brauchte es doch nur jemanden, der schlicht da war und den Schlüssel zur Wohnung versteckte. Taschentücher, Kotzeimer, Schlaftabletten, ein starkes Rückgrat und ein liebevoll fürsorgliches Herz hat.

Leider ist das etwas, das die Krankenkasse nicht leisten kann und der Staat, oder diejenigen die es leisten könnten, nicht leisten wollen.

Denn die wahre Hilfe kommt von Menschen, deren freies starkes Dasein einfach unbezahlbar ist.

Interessantes und Nützliches zum Thema
– die schlaue Patientenverfügung gibt hier zum Download
– Steinmädchen schreibt auf ihrem Blog über “Psychiatrisch- Patriarchale Kontrolle” und unterstreicht die Notwendigkeit von geschlechtsspezifischen Therapiemöglichkeiten
– viele Bücher, Sachwissen und Zugang zu Alternativen bietet der Antipsychiatrieverlag von Peter Lehmann
– die internationale Arbeitsgemeinschaft “Soteria” stellt sich und seine Ziele hier vor
– das Berliner “Weglaufhaus” sollte jedem sofort in den Kopf kommen, wenn es um Alternativen zur Psychiatrie geht- es braucht so viele NachahmerInnen, sowie offene UnterstützerInnen wie nur möglich
– zum Thema Psychopharmaka und Psychiatrie mein Artikel „auf wundersame Weise“
– als weitere hilfreiche Anlaufstelle bietet sich auch der sog. „Trialog“ (Patient, Klinik, Mittler) der Stadt an- Kontakt hierzu bekommt man über den sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt in der man wohnt
– zu: „einem erweiterten Verständnis psychischer Störungen, neuem Wissen über genesungsfördernde Faktoren in der Psychiatrie, der Entwicklung neuer Methoden und umfassender Inhalte in der Fachkräfteausbildung und innovativen Angeboten psychiatrischer Dienste“ informaiert und aktiviert „Ex-In„. Ein vielversprechendes und umfangreiches Pilotprojekt. Weitere Informationen zur Genesungsbegleitung durch „Ex-In“ gibt es auch auf dieser Website.
– grundsätzlich muss das Motto derzeit leider noch immer sein: „Niemals allein Kontakt mit der Institution „Psychiatrie“ haben- hab immer jemanden mit im Boot, der dich im Zweifel da raus streitet und für dich eintritt“

 

Vielleicht an alle die aus Angst vor Täterkontakten regelmäßig in de Psychiatrie gehen (müssen):
Immer wenn ihr raus seid- greift zum Weberschiffchen und vernetzt euch. Es ist schwer und gruselig- vielleicht sogar noch verboten. Aber wenn ihr etwas anderes erreichen wollt, als das was ihr jetzt gerade durchmachen müsst, dann müsst ihr auch etwas anderes tun als jetzt.

So gemein es klingt, hatte Einstein schon Recht als er sagte:
“Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun, aber immer ein anderes Ergebnis zu erwarten.”

Immer wenn ihr eine Fingerspitze aus der Scheiße herausstrecken könnt- versucht nach echten Helfern zu greifen. Es lohnt sich, denn es geht um euer Leben und eure persönliche Freiheit.
Ihr dürft das.

die Suche nach dem Porno in meinem Blog

Die Offenlegung von sexualisierter Gewalt und auch dessen Folgen ist schnittig-schneidend- eine mehrfache Klinge umschiffend. Teilweise eine mitten in sie hineinfallende Sache…

Heute trat ein Thema in meinen Twitternachrichten gehäuft auf und ich möchte es gern mal aufnehmen.

Immer wenn jemand eine Suche, mittels einer Suchmaschine im Internet, startet, scannt das Programm das Internet durch und spuckt als Ergebnis die dem Algorhythmus entsprechend relevanten Homepages aus.
Logisch, dass entsprechend bei mir auf den Blog in dem das Wort “Sex” so derartig oft vorkommt (und sei es in der Vorsilbe der SEXualisierten Gewalt oder der SEXuellen Misshandlung) auch immer wieder Suchende bei mir landen, die Anfragen stellten wie: Sex mit gelangweilter Hausfrau; sexy Teens Wollstrumpfhose; Will Sex jetzt…

Und ganz offensichtlich klicken sie dann auch auf meinen Blog- sonst würde ich diese A608876_web_R_K_B_by_Gerd Altmann_pixelio.denfrage wohl kaum im Dashboard sehen.

Nun die Frage: Was macht mein Kopf damit? Was passiert, wenn wir merken, dass unser Tun hier potenzielle (Miss-)Ge-braucher anlockt? Versuchen wir unseren Blog mehr zu schützen? Verändern wir unser Tägverhalten? Verändern wir die Themen? Verändern wir unsere Art aufzuzeigen, wofür wir so lange Anlauf nehmen mussten?

Als wir die erste Anfrage mit Ziel “Pornografie” hier fanden (“geile Fotze gierig nach Sex”) sind wir erst mal gepflegt kotzen gegangen. Mussten uns ausweinen, im Wald stehen und ein paar Seelen rausschreien. Wir fühlten uns direkt wieder benutzt und hatten das Gefühl, dass unser Leiden evtl. konsumiert wurde. Und das, obwohl hier niemals genau diese Worte standen oder wir irgendwelche plastischen Details ausgeschrieben haben.
Der gleiche Kanal der anspringt, wenn mich jemand direkt anschaut, sprang auch dann an. Sofort gab es das Gefühl, dass derjenige welche von meiner Verderbtheit wusste und wusste, dass er mich benutzen kann, wie er es will. Erst nach etwas Abstand konnte ich mir die Entfernung durch dieses so scheinbar nahe Medium Internet verdeutlichen und mir klarmachen, dass der Mensch nicht mich- oder einen Teil von mir- sondern lediglich eine von mir gestaltete Website im Internet gesehen hat.

Doch ohne Folgen blieb es nicht.

Es pflanzten sich Zweifel ein, ob wir es schaffen würden, mit den gefühlt weitverbreiteten Mythen um sexualisierte Gewalt bzw. sexualisierte Misshandlung, welche durch verwaschene Sprache und gesellschaftlichen Tabus entstehen, aufzuräumen.
Würde es möglich sein eine Vergewaltigung zu beschreiben, so dass mit der Vorstellung Schluss ist, dass es sich um schlicht “harten Sex” oder “tumbes Beine breit machen müssen” handelt- ohne aber irgendeinen Kopf da draußen damit  sexuell erregend zu stimulieren? Wie strikt sachlich kann man das Fastersticken durch die Körperlichkeit eines anderen Menschen beschreiben, ohne kalt und nicht darunter leidend zu wirken? Kann man abgrundtiefe Demütigung und fasertiefste Qualen erwähnend andeuten, ohne, dass sich nicht vielleicht doch irgendjemand mit sadistischer Neigung daran ergötzt?

Wir erkannten, dass das nicht möglich ist.
An dieser Erkenntnis hatten wir dann noch mal viele Tränen zu vergießen, weil man sich   ohnmächtig und ausgeliefert fühlte- und das obendrein auch noch selbstverursacht!
“Was führst du denn auch so einen Blog- wieso schreibst du manches auch so aus? Bist doch selber Schuld wenn dann einer kommt und …”
Ja ja die lieben BÄÄÄMs mal wieder. Für sie ist sowas natürlich gleich noch ein gefundenes Fressen. Sie finden in der breiten massenmedialen Welt schon Futter ohne Ende und oft genug auch im direkten Kontakt mit anderen Menschen, wenn es darum geht die erlebte Gewalt runterzureden, zu verharmlosen und zu relativieren. Unterm Strich: unsichtbar und weniger schlimm zu machen.

(Dann sind da noch ganz andere Aspekte die auch recht bald aufkamen: das Mitleid, die Erschütterung, das Entsetzen, die Dankbarkeit, die Bewunderung, das ehrliche Mitfühlen der Leser.
Und auch: der schlichte Konsum- zig Besucher die nicht auch nur einen Pieps von sich geben (können oder wollen). Uff!)

Es war die Zeit in der wir uns sehr klar machen mussten, dass wir schlicht keinen Einfluss haben und es hinnehmen müssen, was wie wo ankommt und wirken kann.
Doch auch, dass wir deshalb nicht gänzlich ohnmächtig und ausgeliefert sind. Wir können Einfluss darauf nehmen, was genau für eine Botschaft beim Leser ankommt, indem wir die Dinge beim Namen nennen und so global wie uns möglich schildern.

Würde ich von “erzwungenem Oralverkehr” schreiben, sage ich etwas Anderes als wenn ich von “oraler Vergewaltigung” oder wie oben vom “Fastersticken an der Körperlichkeit eines anderen Menschen” schreibe. Schreibe ich von “Sex mit Erwachsenen” sage ich etwas deutlicher, als mit dem Begriff des “Kindesmiss-ge-brauchs” oder gar mit dem absolut infamen Wort “Kindersex”.

So wird deutlich sichtbar, was ich zeigen will und es gibt weniger Raum für sexuell stimulierendes Kopfkino, da die Belegung dieser Worte eindeutiger mit Gewalt assoziiert sind. Sie tauchen seltener in Pornos und anderen Massenmedien auf.

Konsumenten von Pornografie oder auch pädokrimineller Dokumentation vergeht hier (meiner Einschätzung nach) so oder so schnell die Lust. Es ist nicht schön, wenn Objekte plötzlich einen Namen, ein Gesicht, eine Seele und eigenen Willen bekommen. (Das Objekt plötzlich eine Globalität annimmt und zum echten Gegenüber wird)
Niemandem schießt das Blut in die Scham, wenn es um Gewalt an einem lebendigen, bunten, eigenwilligen, lebensfrohen, starken, mutigen, sich nicht mehr manipulieren lassen wollenden Menschen, wie man selbst einer ist (oder sein will) geht.
Wozu die Mühe- gibt es doch täglich um die 20.000 neue frische Pornowebsites im WorldWideWeb, wo sie genau das bekommen können, was sie eigentlich wollen: platt abgebildete- genormte-nackte- Objekte, die nur zur Benutzung- zum sexuellen Gebrauch existieren.

Ich bilde mir ein, dass wir hier genug Realität einbringen, um ein Abtauchen in sexuelle Fantasien zu verhindern- und wer sie doch empfindet ist eben die Ausnahme der Regel.
Mag sein, dass ich mich damit ein bisschen selbst beschummle und mir etwas einrede, was nicht stimmt- aber ich kanns ja auch nicht überprüfen, sondern nur von mir auf Andere schließen.
Wenn ich etwas im Internet suche, springe ich auch nicht auch gleich auf alles an, was lediglich in der Peripherie mit dem Suchziel zu tun hat. Also wenn ich Schuhe suche- bin ich von Schuhmacherwebsites und Schuh-Fashionblogs eher genervt, als dass ich mich da noch ewig aufhalte.

Was allerdings übrig bleibt, ist der schale Geschmack des “Hinnehmen müssens”.
Ich verstehe nicht, warum es Programme gibt, die dafür sorgen, dass man unbemerkt vom Chef am Arbeitsplatz herumsurfen kann, zig tausend Trojaner, Viren und Würmer, Hacker und was es nicht sonst noch so alles gibt- aber keine Möglichkeiten der Suchmaschinen zwischen den Wortbedeutungsebenen und Wortkontext zu unterscheiden.
Warum gibt es keine deutlich ausgezeichneten Internetebenen?
Eine reine Konsumebene, eine Werbeebene, eine (niedere) Gelüste Ebene (Pornos, Trash, Klatsch und sonstiges seicht Schönes) und eine Begegnungs-Kommunikationsebene.

Jedes Mal wenn wir unseren Browser hochfahren und eine Internetseite aufrufen, müssen wir ein Rätselraten veranstalten: Worum gehts bei Fratzbuck wirklich- Werbung, Austausch oder Verteilung von Informationen? Was ist das Ziel meines Blogs- und was ist das Ziel eines anderen Blogschreibers: Dokumentation, Kommunikation, Werbung, Bedienung von (niederem) Gelüst?

Diese Klarheit wäre es, die uns sehr gefiele.
Sie würde den Post-it an der Laptopseite mit der Botschaft “die Anfragen haben nix mit dir zu tun” unnötig machen- es wäre viel klarer, dass der Suchende im Fall des Falls der Trottel ist- nicht ich oder die Suchmaschine.

Es würde allen Seiten deutlicher machen, dass Menschen hinter den Internetseiten sitzen, die sich Gedanken machen und Gefühle haben.

 

Und heute neu: die Frage an meine BlogleserInnen
Wie geht es euch mit solchen Anfragen? Wie geht ihr damit um? Habt ihr Schutzmaßnahmen getroffen? Wenn ja, welche?

Türen und Fenster auf!

Es scheint ein wichtiges Thema zu sein diese Religionen und der Glaube…

Ich merke immer wieder, wie wenige Menschen sehen, dass es sich beim Begriff der Religion nicht um ein Synonym für Irrationalität oder den Glauben als solchen handelt.
Und wie pauschalisierend jeder Gläubige zum Anhänger einer Religion  bzw. einer religiösen Praxis gemacht wird. Wie verachtend auf die religiöse Institution geschaut wird, wenn es eigentlich um eine religiöse Pflicht geht.

Für den Begriff der Religion gibt es keine allgemein gültige Definition.
Wir für uns betrachten die Religionen dieser Welt, als Ausdrucksoption von Überzeugung und Anspruch. Und als Kommunikationsmittel über viele soziale Begrenzungen hinweg.
Mehr nicht.

Unser persönlicher Glaube wird nicht davon beeinflusst. Glaube ist die Abwesenheit von Zweifel. Wir brauchen keine Bestätigung von einer Führungsperson dafür, dass es Dinge gibt, die nicht in unserer Hand liegen, die nicht wir zu kontrollieren und zu lenken haben. Wir müssen uns keine Geschichten davon erzählen lassen, wie umfassend groß unsere Ohnmacht ist, wenn das Schicksal, G’tt, die Natur zuschlägt. Wir wissen für uns- glauben für uns- sind davon überzeugt- dass es so ist. Doch sind wir dies nicht durch die Religion, sondern durch das Leben selbst. Wir wären sogar ohne unsere Gewalterfahrungen zu dieser Erkenntnis gelangt.

Wir wissen, dass es Dinge gibt, die uns das Gefühl vermitteln, diese Überzeugung auszudrücken. Genauso wie wir wissen, dass es Dinge gibt, die uns das Gefühl geben, manche Geschehnisse doch beeinflussen, kontrollieren zu können. Jeder Mensch weiß, dass man sich Gründe für Ereignisse sucht. Vielleicht auch konkret ausdenkt, um sie sich erklärbar und damit leichter zu ertragen zu machen.

Genauso wie sich viele meiner kleinen Herzen überlegten, dass Dinge geschehen, weil es Zauberei oder Wunderblitze gibt, haben sich die Menschen in Zeiten in denen das rein körperliche Überleben ein noch viel grundlegender Teil des Lebens war, die Welt und ihren Schmerz erklärt.

Es ist eine Fähigkeit des Menschen zu glauben- selbst wenn seine gesamte Wahrnehmung eingeengt und dysfunktional ist. Blind, taub, gefühllos, ohne Geschmacks- und Geruchsempfinden zu sein, hindert die Menschen nicht daran glauben zu können, dass ihr Sein einen Grund und ein Ziel hat. Genauso wie auch diese Menschen sich- wenn auch nicht auf die gleiche Art (im Sinne der biologischen Reizverarbeitungs-Sortierungsart)- darüber klar sind, was sie beeinflussen können und was nicht.

Wie genau sich das darstellt und bewertet wird- der Grund des Seins und das Ziel… genau das allein ist abhängig von der Umwelt und findet seinen Ausdruck in der Religion(spraxis) und/ oder  dem Gesellschafts-/Staatsgefüge.
Im Zweifel ist ausschließlich die bare Existenz eines in seiner Wahrnehmung so verstümmelten Menschen, der Grund für andere Menschen, sich der eigenen Befähigungen und Wunderbarkeit ihrer Sinne bewusst zu werden. Sich dem Wunder ihres Selbst bewusst zu werden und Dankbarkeit dafür zu empfinden. Oder aber auch den allgemeinen Umgang mit so einem Menschen zu prüfen.

Ich denke, es gibt verschiedene Grundüberzeugungen, die sich unsere Religionen und mit ihnen 521944_web_R_K_B_by_Angelika Wolter_pixelio.deauch die (Religions)Gemeinschaften/Gesellschaften haben entwickeln lassen und sie alle wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Besprochen, entwickelt, sie verzweigten sich, änderten sich in Gänze oder nur in Teilen.

Eine Religionsreinheit- im Sinne einer schieren Religionsgläubigkeit kann es entsprechend nicht mehr geben. Einen Ausschliesslichkeitsanspruch auf Wahrheit und Einzigkeit kann es allein schon deshalb nicht geben. Vielleicht konnte es das auch nie- egal wie weit wir in der Zeit zurück gehen.
Dass es Menschen gab (und gibt) die diesen Anspruch vertreten und auf verschiedene Arten durchsetzen wollen ist menschlich. Und doch nur eine Blüte der großen Pflanze der menschlichen Natur.

Wir Menschen sind so entwickelt Zusammenhänge zu verstehen und für uns zu nutzen. Wir alle sind egoistische Opportunisten mit Abhängigkeit von Sozialität, was schließlich dafür verantwortlich ist, dass wir heute überhaupt noch existent sind.
Doch wo der Ursprung für unser Sein liegt, werden wir uns nie in Gänze und schier glaubend erklären können. Ich denke, immer wird es einen Zweifel geben. Egal wie religiös oder nicht religiös wir sind

Ob Urknall oder g’ttlicher Funke.
Physikalische Kettenreaktion oder eine Macht die mit ihren Fähigkeiten eine Welt erschuf, die Erklärung schwankt, die Überzeugungen driften oft sehr weit auseinander- scheinen sich sogar auszuschließen und doch…

Glaubt jeder Mensch, erklärt sich jeder Mensch sein Leben, seine Welt, sein Sein und seine Existenz und drückt sie aus. Ob wir das nun mittels Riten und Gebräuchen, religiösen Schriften und Überlieferungen tun oder in naturwissenschaftlichen Beweisen, Experimenten oder Thesen.

Es hilft uns allen, uns und das Leben zu erleben und anzunehmen.

Ich denke die ständige Aktualität des Themas ist die (oft verleugnete oder von sich gewiesene) Intoleranz, Unwilligkeit sich selbst zu reflektieren und zu hinterfragen, was man eigentlich gerade genau sagt bzw. zum Ausdruck bringt oder auch für Erwartungen und Ansprüche pflegt.
So wird zum Beispiel über manche Menschen gesagt, sie seien christlichen Glaubens, dabei sind sie lediglich IHRES Glaubens und drücken diesen zufällig mittels des Christentums bzw. der christlichen Institution oder den christlichen Riten und Gebräuchen aus.
Oder- für mich persönlich eine sehr spannende Sache, die “Beschneidungsdebatte” im letzten Jahr.

Um es gleich vornweg zu sagen: Wir lehnen die Beschneidung von kleinen Jungen aus religiösen Motiven ab- doch wir tun das nicht, weil wir diese Art seinen Bund mit G’tt zu beschließen ablehnen oder meinen, man würde seinem Kind eine religiöse Bürde ohne seine Zustimmung aufdrücken. Sondern, weil wir uns selbst, unseren persönlichen Glauben, unsere Auffassung/ Interpretation des Judentums und auch unsere weltlichen Ansprüche und Wünsche reflektierten und uns mit der Intension einer Gemeinsamkeit- einer Verbindung aller dieser Ebenen damit beschäftigten und zu einem entsprechendem Ergebnis kamen.

In der großen Debatte allerdings, schossen altbekannter Antisemitismus, allgemeiner Religionshass, internalisierte Haltungen und ein allgemeines Durcheinander aus Fehlinterpretation und Miss-(Un-Sach)Verstand aus der Medienlandschaft und als Ergebnis blieb: “Scheiß Religionen- die wollen die Menschen nur ausnutzen und unterdrücken und dummhalten und die Leute, die das glauben, denken gar nicht darüber nach, was sie da alle machen. Die folgen alle nur alten Männern mit grauen Rauschebärten”.
So wurde aus einem berechtigten Anstoß sich mit seiner eigenen Ethik und Glaubensausdruckspraxis kritisch auseinanderzusetzen, das Absprechen der Fähigkeit desselben, Vertiefung der Kluft zwischen Religion und Rationalismus und ganz unterm Strich doch nur wieder eines: Trennung, statt Verbindung.

Für manche Botschaften ist Religionsverachtung oder auch schlichte Ablehnung religiöser Institutionen sehr praktisch- machen wir uns nichts vor- hätte Norbert Denef nicht im Kontext der katholischen Kirche so gelitten, wie er leiden musste, hätte er noch ganz erheblich viel mehr Kraft aufbringen müssen, sein Leid und seinen Willen zur Veränderung der Lage der Opfer von sexualisierter Gewalt so sicher zum Ausdruck zu bringen. Es ist klar, dass viele Kirchenkritiker und Religionsverächter nur auf solche Ausbrüche warten, um wiederum ihre eigene Botschaft zu verbreiten. Wenn sie nebenbei noch was für die Opfer tun, ist das dann “schon okay”.
Hier in Deutschland- dem Kessel der Kulturen, der großen Bushaltestelle in mitten der Völkerwanderungen- gab und gibt es immer die gesamte Bandbreite der Ausdrucksmittel für seinen Glauben und seine Wünsche. Als neutrales Standbein bietet sich der Rationalismus und auch der Atheismus definitiv an, um eine grundlegende Gemeinsamkeit- einen Staat zu bilden und unter ihm gemeinsam zu sein.

Sich unter diesem großen Dach zusammen zu finden, dient der Lebensqualität aller Menschen, die hier leben. Sich an diese Regeln- Gesetze zu halten, ergibt eine Grundnorm, die allen als Anker und Grenzposten dienen kann.
Doch auch dieses Standbein darf- bei aller Sicherheit und Neutralität- nicht als das einzig tragende Element gelten. Auch dieses Ausdrucksmittel verleiht (und definiert) Macht. Und auch Rationalität und Atheismus haben den Hang zu Instrumenten des Machtmissbrauchs, der Unterdrückung und der Gewalt benutzt zu werden.

Alles was wir Menschen uns zu eigen machen, kann dazu werden! Vor allem wenn wir weder sie noch uns selbst nicht hinterfragen und immer wieder überprüfen bzw. anpassen, wenn es nötig erscheint.

Ich merke an uns, dass uns die Religion als Ausdrucksmittel des persönlichen Glaubens (im Sinne einer Abwesenheit von Zweifeln) stützt und entsprechend oft trägt. Vieles aus dem Innen zieht unerschöpfliche Kraft aus der Möglichkeit ihren Glauben mit anderen Menschen teilen zu können und auf die gleiche Art auszudrücken. (Und das gilt sowohl für die Innens die jüdisch leben, als auch für die Innens die sich dem Konstrukt der früher gelebten Pseudoreligion verpflichtet fühlen.)

So ist es, als sei man in einem großen grundsätzlichem Haus (der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland), in einem besonders schönen Zimmer.

304163_web_R_by_berwis_pixelio.deWas manche Menschen (sowohl innerhalb als auch außerhalb des Zimmers) ab und an zu vergessen scheinen, ist, denke ich, dass Zimmer, Türen und Fenster haben, die ruhig die ganze Zeit offen bleiben können und sollten.
Sonst fängt es an zu stinken- und zwar so zum Himmel zu stinken, dass der Vorwurf der Unterdrückung und (geistigen) Gefangenschaft sehr berechtigt ist. Wobei dann oft wieder vergessen wird, dass nicht nur die Insassen die Tür geschlossen haben, sondern manchmal auch der Schlüssel von Außen steckt.

Dieser Artikel ist bemüht das Menschlein im Flur zu sein, das an die Anwesenheit dieser Ventilationsmöglichkeiten erinnert.
Mehr nicht.

Wir haben bei uns gemerkt, dass uns die Ablehnung des Glaubens und die Verweigerung von religiöser Praxis auseinander treibt und nicht nur eine Kraftquelle nimmt, sondern auch Druck aufbaut, der aus dem inneren dunkelbunten Imperium hervorkommt.
Es gab früher immer wieder diese Grabenkriege im Innen, was denn nun die Allmacht sei- was man denn nun glauben darf und was nicht.
Was genau geglaubt wird- ist es G’tt oder der Gegenpol? Ist es Liebe oder Hass? Licht oder Dunkelheit? Gut oder Böse?
Statt zu sehen wie wach und kritisch wir waren/ sind- allein schon durch die Tatsache, dass wir überhaupt in der Lage waren, uns diese Fragen zu stellen bzw. einander und die Täter (bzw. deren pseudoreligiöse Handlungen) zu hinterfragen- haben wir uns gegenseitig kaputt gemacht, um ausschließlich eine Linie einnehmen zu können. Wir fühlen oft eine Verpflichtung zu einer einzigen Linie.

Wir merken sehr deutlich, dass wir mehr Freiheit und innere Nähe leben können, wenn die Fragen- die Kritik angebracht werden, aber jede Antwort für sich stehen darf. Wenn bestimmte Grundsätze schlicht da sein dürfen und gelebt/ gedacht/ gefühlt werden können, solange sie gemeinsam getragen werden und nicht den geltenden Gesetzen entgegen stehen.
Seitdem wir also ganz bewusst mehrgleisig fahren- multipel glauben- multipel religiös sind, geht es uns in der Hinsicht besser- auch und gerade wenn es darum geht, die Täter zu enttarnen und uns der erlebten Gewalt Stückchen für Stückchen zu nähern.

Seit wir unsere Fenster und Türen offen haben, können wir besser miteinander in Kontakt treten und das Ergebnis ist: Verbindung, Nähe… Chance auf Integration durch Reflektion der Ursachen.

Herr Trigger und das Aktenordnergehirn

Es ist wie beim Domino Day:

fällt ein Stein- fallen sie alle.

Und wer beim Aufbau schlampt, der verhindert, dass wirklich alle Etappen abgeräumt werden.

Unser Gehirn schlampt nie.
Ein Trigger und die Schotten fallen herab.
Manche direkt, manche indirekt, manche bewusst und manche unbemerkt.

Unter anderen Umständen-. wenn wir einigermaßen ausgeruht und versorgt sind. In der Lage sind Sozialkontakte zu machen und ach überhaupt gesund sind, ist ein Trigger in der Regel nicht mehr sehr schlimm. Nach kurzer Zeit schaffen wir es die Schotten innen wieder zu öffnen.

Nach 10 Jahren vornehmlicher Stabilisierungsarbeit ist es genau das, was wir einigermaßen gut können: Herr Trigger sagen, dass er nur ein Reiz ist und, dass er nun jetzt bitte mal aufhören soll in unserem unordentlichen Aktenordergehirn herum zu machen.

Wir kennen einander inzwischen so gut, dass manche Wechsel vorhersehbar und sicher durch die Belastung eines bestimmten Hirnareals (eines anderen als den, der uns das HD mit Gefühlsimitation ins Kopferinnerungskino treibt) sind.

Doch es gibt nachwievor Zeiten, wie jetzt in den letzten Tagen.
Eigentlich rasten wir mit angezogener Handbremse auf eine Wand zu und hätten das merken müssen- konnten wir aber nicht, weil die entsprechenden “Melder” bereits abgeschottet waren.

Man muss in der Lage sein, Herr Trigger als solchen wahrzunehmen.
Wenn es sich um etwas ganz profanes, wie zum Beispiel der Klang von Wasser auf Wellblech ist, oder der Druck in der Kniekehle wenn man die Beine übereinander schlägt, kann allein schon die Wahrnehmung sehr dauern.
Dann muss man ihn als solchen anerkennen- und wie oft sagt man sich dann doch: “Ach komm-  ist doch Quatsch- steht doch in gar keinem Verhältnis”.
Und dann muss man in der Lage sein, die Kraft haben, genug offene Schotten haben, sich zu reorientieren und in der Gegenwart zu verankern.

Genau die hatten wir nicht mehr am letzten Samstag.
Es gab eine Situation die uns komplett überforderte- sowohl sozial, als auch emotional- als auch rational. Eine Bekannt-Gemögte, die uns noch nicht gut kennt; eine Situation, die schreckliche Angst machte und das alles auf leerem Bauch, nach einer Nacht mit einem Fremden; nach 3 Wochen Therapeutenurlaub; viel Auseinandersetzung mit Schuld, Verantwortung und Vergebung; einem sehr schlimmen Stromausfall und latentem Schlafentzug…

Klar fielen noch die letzten Schotten und purzelten einzelne Innens herum, die einerseits zwar sehr entfernt von Erinnerungen sind- andererseits aber definitiv bewusst haben, dass sie verletzte Innens schützen.SONY DSC

Die Therapiestunde heute, wirkte wie ein Klotz vor den letzten kippenden Steinen und Öl im Motor des Apparates, der die inneren Schotten sowohl heben als auch senken kann.

Wenn die Kraft bei uns fehlt, brauchen wir Außen jemanden, der uns verdeutlicht und nach innen mitsagt, dass es vorbei ist. Dass es eine Erinnerung ist und das die heutige Realität lebbar ist.

Langsam öffnet sich wieder etwas und es wird nicht mehr nur überlebt.
Der Körper scheint sich sogar noch richtig was Gutes zu tun, indem er sich für Fieber und Virenkrieg entscheidet…

Mach mal ruhig du toller Mitkämpfer… putz sie ruhig alle weg… Herr Trigger könntest du vielleicht gleich mit… ach Atommacht, hm? Ja… hm… friedliche Akzeptanz, wie?
Naja…
erst mal einen Krieg gewinnen… Minensuche und politische Arbeit kommen dann dran.

die Leben der Anderen

Ich habe eine Suchanfrage auf meinen Blog gesehen, die da lautete:
Wie ist das Leben als multiple Persönlichkeit?
Ob der Mensch, hier bei mir, eine Antwort auf die Frage bekommen hat, weiß ich natürlich nicht, aber ich fand die Frage irgendwie schön- stelle ich sie mir doch auch öfter mal.

Wie ist mein Leben denn so? Was führe ich für ein Leben- und was für ein Leben führt mein Innenleben, während es so tut, als wäre es ihres?
Ich glaube, manche (auch in meiner direkten Umgebung) denken, es wäre mehr oder weniger gleichförmig: aufstehen, überleben, Hund, Gemögte volljammern, zwischendurch mal was aufs Papier bringen, hinlegen.

Nun, für mich ist es auch so. Das ist mein Leben. Das ist was ich erinnere.
Ich weiß, dass ich aufstehe, weil ich mich in meinem Bett befinde und aufstehe, bevor ich auf die Bewegung meiner Hündin sofort wieder nach innen wegkippe.
Das Jammern kommt mit dem Kontakt und irgendwann finde ich mich dann am Laptop wieder und sehe meinen Händen zu, wie sie über die Tastatur tanzen, schreibend von dem Leben und Gedanken der anderen. Ich stehe auf und gehe zu meinem Bett und weiß, dass ich wieder überlebt habe.

Alles andere ist nicht meins.
Ich sehe Vorlesungsverzeichnisse, Notizen, Bücherwünsche und verzweifelte Dialoge über Dummheit, Unfähigkeit, quälenden Wissensdurst und Ohnmacht sich nicht richtig satt zu bekommen.
Manchmal stolpere ich über Gemälde und Stoffcollagen, um sie Tage später als verkokeltes Knäul im Müll wiederzufinden, weil der Auftraggeber unzufrieden war. Ähnliches bei Handarbeiten und gebauten Volieren und Käfigen.
Plötzlich habe ich Geld auf dem Konto vom Verlag einer Zeitschrift für einen Artikel der bald erscheinen soll. Ich suche nach ihm in meinen Unterlagen und entdecke dabei, welche Ausmaße mein Manuskript für das Buch inzwischen hat- obwohl ich nicht einen Tastenschlag gemacht habe. Finde Flyer, Plakate und Demotermine von Umweltaktivisten, Freizeitrevolutionären, Feministen, Maskulinisten, Bilder die unglaubliche brutale Gewalt darstellen und dazwischen zuckrig pinke Krickelbilder von Feen und Elfen.
Wenn ich mal das Glück habe, einen Spaziergang mit dem Hund ganz zu erleben, grüßt mich jeder dritte Spaziergänger, weil ich schon mal für ihn gearbeitet habe. Ich kenne keinen einzigen von ihnen.

Und über allem und allem schwebt Angst. Mein Leben ist das, was andere den “Zustand zwischen Angst die sich beruhigt und Angst die sich langsam wieder aufbaut bis zum Point of no return” nennen. Es passiert nichts, wenn ich da bin, weil nichts in mir passiert. Ich kann nichts und bin nur da, um die Lücke zu füllen mit meinem Nichtssein.

Auf die gleiche Frage antwortet mein Innenleben ganz anders.
Ihr Leben ist bunt. Sie schaffen richtig fast freundschaftliche Kontakte, könnten fast ein richtiges Studentenleben führen hätten sie nicht so viele Amnesien, jemand malt und gestaltet auf Auftrag unter seinem Innennamen- wird geschätzt für seine Arbeit und hat doch nichts davon, weil er genau wie ich wieder nach innen wegbricht, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Da sind die Handwerker, die auch im Winter auf Dachstühlen herumklettern, weil sie den Zimmerern beim Arbeiten zugucken, um zu lernen. Da gibt es so viele Möglichkeiten und Optionen, so volle Tage. Niemals ist es wirklich so, dass der Körper einfach nur in der Gegend herumsitzt und Depressionen oder Schlaflosigkeit ausbrütet, weil er keinen Input oder Sonne bekommt. Alles das könnte, wenn es nicht multipliziert auseinandergerissen und autark nebenaneinander her laufen würde, sogar das sein, dass uns ein Auskommen ohne Hartz4 zu bescheren in der Lage wäre.

Und doch ist das alles nichts, was ich angeben kann, wenn mich jemand fragt, was für ein Leben ich so führe. Es ist nicht meins.
Es ist das Leben der Anderen, in meinem Leben drin.

Ihre Leben sind ewig ungesehen, unerwähnt, nicht geschätzt. Unsichtbar, wie sie selbst, wenn ich mich wie die Rinde eines Baumes um sie lege.

All ihr Können zählt nicht, weil es ausgestanzt und entfernt von Offizialität und den nahen Kontakten aufblüht.
Wir haben keine Berufsausbildung, haben nie mehr geschafft, als einen Realschulabschluss an der Abendschule. Sie sind nicht in der Lage ihr Leben durchgängig zu leben und es mit meinem zu verbinden.

Ihres ist gestückelt wie meins.
Universum in Universum in Universum.
Menschenleben in Menschenleben in Gesellschaft in der nur zählt, was durchgängig, ewig gleichförmig, so wie eins-dimensional gelebt wird.