Und es kommt, wie es kommt.
Hat aber nichts mit mir zu tun. Nein, es ist Zufall. Kurz nachdem ich kommuniziert habe, dass wir Dinge anders machen müssen. Alles Zufall und Struktur. Weil ich erst brauche, was wir erarbeiten hätten müssen, um so viele Termine zu packen, wie von ihr gewünscht. Niemand kann etwas dafür, Verantwortung muss in dieser Sache niemand übernehmen, denn es gibt keine. Es ist einfach, wie es ist. Dafür soll ich Verständnis haben, aber das habe ich schon vor Jahren verloren. Tja.
Und so geht man dann auseinander. Ohne Ende. Mit viel Ent_Täuschung.
Und Wut.
Auf mich.
Denn ich bin ja noch da. Als einzige_r, die_r damit zu tun hatte.
Und dann die Stille.
Diese rasende Kakophonie der Ohnmacht, des Verlassenseins, des sich selbst ĂĽberlassen seins.
Das alte, das frĂĽhere, es wird jetzt zur Waffe gegen mich. Wie klein jemand ist, die_r so etwas macht. Peinlich, irgendwie. Erbärmlich. Das auch. Was ich fĂĽhle, das rahmt sie als nicht angemessen, weil es traumabedingt ist – und was passiert ist, das kann ja kein Trauma sein. Es geht ja nicht um mich. Sondern die Strukturen. Was sie da gemacht hat, das kann ja unmöglich weh tun oder etwas mit Gewalt zu tun haben.
Schade, dass das nötig ist, um den Abstand herzustellen. Statt sich respektvoll zu begegnen, schrieb sie eine E-Mail. Statt ehrlich mit mir über die Gründe zu sprechen, schiebt sie Strukturen, die sie selber konstruiert und aufrechterhält, vor.
Wieso mĂĽssen mir die Red Flags eigentlich immer erst die Fresse polieren, bis ich es merke.
Warum ist es so leicht fĂĽr Behandler_innen wie sie, die professionelle Abgrenzung als Werkzeug zur Verantwortungsabgabe zu benutzen.
Mein Respekt fĂĽr sie ist verloren gegangen. Das finde ich schade, weil es mir jetzt so egal sein kann, wie ihr egal ist, wie es fĂĽr mich weitergeht. Was das mit mir macht. Und meinen GefĂĽhlen in Bezug auf Hilfen, Helfer_innen, Behandler_innen.
Respekt ist das einzige, was ich Helfer_innen nach all den Erfahrungen mit unvermittelten Arbeits_BeziehungsabbrĂĽchen aufrichtig entgegenbringen kann, wenn ich es will. Es bedeutet etwas, wenn ich ihn spĂĽre, es ist mir wichtig ihn zu pflegen, weil er mir dabei hilft Grenzen und Absprachen einzuhalten.
Ihn jetzt nicht mehr fĂĽhlen ist, als wĂĽrde ich mir selbst etwas nehmen.
Wie geht es weiter, ich habe keine Ahnung.
Ich kann jemanden anrufen. Bin nicht verlassen auf der weiten Welt, bin unterstĂĽtzt, wenn ich das möchte. Das ändert viel, aber doch nicht alles. Es ist eine Wiederholung. Ein weiterer Schlag auf eine ungeheilte Wunde. Eine Re_Traumatisierung. Auch wenn nichts blutet und mein Leben nicht auf dem Spiel steht. Selbst wenn es wirklich nicht so ist, wie ich denke – nämlich, dass sie mich und sich und alle anlĂĽgt, weil sie keinen Bock auf kompliziertes Zeugs hat – selbst dann nicht. Weil es nicht um sie geht.
Inzwischen habe ich eine Nacht geschlafen und drei Schlucke von meinem Kaffee getrunken. Die Sonne scheint von einem glatten Himmel auf junggrĂĽne Felder, etwas Wind strubbelt am zarten Laub des Baumes vor meinem Fenster.
Ich bin froh, dass ich meine Arbeit habe. So kann ich mehr fĂĽhlen als kindliche Agonie, jugendlichen Furor, jung erwachsene Ver_Zweiflung an sich selbst. Mehr denken als meinen Selbsthass, mir mehr ĂĽberlegen als GrĂĽnde fĂĽr die Notwendigkeit eines Lebens ohne Menschen.
Man lernt durch Wiederholung.
Ich weiß noch nicht genau, was ich jetzt lerne. Einmal mehr, dass es nicht schützt, bereits am Anfang des Kontaktes zu sagen, dass man schon oft so fallen gelassen wurde. Einmal mehr, dass zu sagen und zu vertreten, was man in der gemeinsamen Arbeit braucht, nur am Anfang klargeht (wenn die_r Behandler_in noch nicht glauben will oder kann, dass es wirklich komplex ist und etwas (mehr) (oder anderes) (als sonst) von ihr_ihm abverlangt). Einmal mehr, dass es Behandler_innen gibt, die sich nicht kritisch reflektieren. Einmal mehr, dass man absolut ohnmächtig vor der Dummheit anderer Menschen ist. Einmal mehr, dass die fehlende Verantwortungsübernahme für Verletzungen einen ganz erheblichen Anteil daran hat, dass ich die Situation nicht als eine soziale rahmen kann, sondern als etwas von mir produziertes. Also etwas woran ich selbst schuld bin und daher auch selbst hätte verhindern können.
Durch die Wiederholung von traumatischen Erfahrungen habe ich bisher nur Anpassung gelernt. Schnauze halten, Konflikte vermeiden, mitmachen, die Sachebene fokussieren. Diese Anpassung schĂĽtzt nicht. Das ist auch ein Lernergebnis.
Aber was ist die Konsequenz, wenn Schweigen nicht schĂĽtzt und Sprechen zu Verletzung fĂĽhrt? Was soll ich denn dann machen?
In gewaltvollen Kontexten gibt es nichts, was nicht verletzen kann. Gewalt ist immer absolut.
Ich weiĂź, dass meine Suche nach dem richtigen Verhalten, der richtigen Strategie klassisches Opferdenken ist. WeiĂź aber auch: Ich bin auf Hilfen angewiesen und diese Hilfen gibt es einfach nicht im gewaltfreien Raum.
Möglicherweise spreche ich im Herbst bei einer Veranstaltung darüber. Über Helfergewalt und gewaltvolle Hilfe.
Dazu werde ich Worte finden und Wege aufzeigen können. Gewalt ist transformierbar, wenn sie verstanden ist.
Mein Helfertrauma habe ich verstanden. Glaube ich zumindest.
Transformieren kann ich es noch nicht.
Wie denn auch.