Fundstücke #7

Mir fallen nach und nach diese Momente ein.
Das eine Mal, in dem mir mein Vater etwas unterstellte, das ich nicht getan hatte und er sagte: “Du wirst ja ganz rot im Gesicht – guck mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede – du lügst doch!” und meine abgrundtiefe Wut über seine Dummheit, sein anmaßendes Deuten, den Umstand, dass er mich einfach umklatschen kann, obwohl er unrecht hat.
Dass man schon mal rot im Gesicht werden kann, wenn man wütend ist, bringt einem jeder Bugs Bunny – Cartoon bei. Ich verstand nicht, wieso es scheinbar nur diese Option für ihn gab. Wieso war denn das einzig mögliche in seinem Denken über mich, dass ich eine miese lügende Person bin?
Und meine Verkrampfung in dem Moment. Diese eine seelische Gesamtstarre, die verhindert, dass man auseinanderfällt.

Im Moment wache ich ständig aus solchen Fetzen auf.
Ob es Erinnerungsprozesse sind, die davon angetickt werden, weil ich oft darüber nachdenke, welche Schwierigkeiten ich früher schon hatte und wie damit umgegangen wurde, weiß ich nicht genau.
Aber, es sind mehrere Ebenen und die Parallelen sind enorm.

Mir ist etwas eingefallen, das schon Lundy Bancroft in “Why does he do that?” formuliert hatte.
Wenn Menschen Gewalt ausüben, dann geht es um ihr Denken. Ihre Bewertungen und Perspektiven auf bestimmte Dynamiken, Personen (Dynamiken-Dynamiken in Fleisch gegossen) und weniger darum, welche Handlungsoptionen sie außer der Körperverletzung, Demütigung etc. haben.  Sie können (wollen, müssen) diese nicht sehen, wenn ihr Blick ihnen vermittelt im Recht zu sein oder/und in irgendeinem Aspekt von einer anderen Person bedroht zu werden.
Es geht darum, dass sie etwas als Bedrohung (Störung) bewerten und nicht sehen können (wollen, müssen), dass es nicht so ist bzw. von der anderen Person nicht als solche intendiert ist.
Unterstützt und antrainiert wird so eine Perspektive vor allem bei weißen, cismännlichen Personen. Wer alles hat, muss auch alles verteidigen. Die Spannung (der Zwang, die Wahrscheinlichkeit) zu einer Perspektive, die gewaltvolles Agieren rechtfertigt oder logisch erscheinen lässt, ist bei privilegierten Personen höher.

Daneben gibt es das Lernen. Wenn man immer wieder von jemandem umgeklatscht wird und nicht versteht, warum eigentlich (weil man die Perspektive nicht teilt; weil man nicht gleichsam privilegiert ist; weil man keinen Fehler an sich empfindet;  weil man weiß, dass man in anderen Kontexten anders behandelt werden würde etc. etc. etc.), dann übernimmt man mehr oder weniger diffus bis klar, die Gründe (das, was von der Perspektive der gewaltvoll agierenden Person nach außen tritt) und ermöglicht sich damit einen Hebel über den auch neurologische (Schein-)Verarbeitung passieren kann.

Es ist nicht zwingend, Täter_innenansichten auf sich zu übernehmen. Aber es gibt den Überlebenstrieb und der umfasst eben auch, sein Innenleben zusammenzuhalten und sich deshalb Dinge auch nur scheinbar logisch begreiflich zu machen.  Am Ende kommen dann so Selbstansichten wie, dass man einfach grottendämlich ist, nie was richtig macht, hässlich ist, man plump ist, zu nichts zu gebrauchen ist, immer lügt, nie macht, was alle anderen machen… dass man falsch ist. Dass man ein Fehler ist und deshalb immer wieder korrigiert werden muss. Und mit diesen Selbstansichten kommt auch das Potenzial, in jeder anderen Person, die einem früheren Ich gleicht, so umzugehen, wie mit einem selbst umgegangen wurde. Und das muss nicht einmal bedeuten zuzuschlagen.

Mir ist eine kleine digitale Armbanduhr eingefallen.
Rosa/Lila mit schwarzem Karomuster. Plastikfantastik. Ich spielte damit herum, mein Vater nahm sie mir weg, weil wir essen sollten. Er warf sie in eine Salatschüssel. Sie war kaputt. Sie war für mich im Wortnäpfchen “kaputt”/”falsch”, weil er unruhig wurde und mich anmeckerte. Ich begann zu weinen, weil ich nicht verstand – aber doch genau wusste, dass er dieses Nichtverstehen nicht verstehen würde – erst recht nicht, wenn er schon unruhig und laut ist.
Ich kann mich nicht erinnern, ob ich die Uhr danach überhaupt nochmal in der Hand hatte. Sie verschwand einfach. In meiner Fantasie blieb sie da. Bis ich mir selbst irgendwann in die Hand biss und damit eine Art inneres Dekret erließ, dass eine Zeigeruhr der Ersatz sein muss, weil meine Umgebung es als Ersatz sieht.
Ich musste ihre Sicht auf dieses Objekt annehmen und zwang mich selbst mit Gewalt dazu, weil ich etwas anderes vielleicht noch nicht gelernt hatte.

Ich bin bis heute eher Fan von Mechanik als Elektronik. Eine mechanische Uhr hätte man reparieren können. Ich hätte den Fehler – den Schaden erfassen und begreifen können. Mein Vater hätte nicht unruhig werden und sich freimeckern müssen.

Wenn ich so über meine Eltern rede – mit einem “müssen” im Satz – gibt es Impulse in Menschenstimmen, weil man meine Berücksichtigung ihrer Perspektive als etwas nimmt, das mit Rechtfertigung oder Entschuldigung einher geht. Ich will aber weder rechtfertigen noch entschuldigen, ich will mich befassen und die vollständige Logik bzw. das, was für mich eine vollständige Logik ist, äußern.
Das ist etwas, das meine Eltern nicht tun. Das ist, was auch manche meiner Verbündeten, Helfer_innen und Gemögten nicht tun. Weil sie es nicht müssen. Und manche auch: nicht können.

Es wird nie ein Ende geben, wenn ich Dynamiken ausblende. Es wird dieses Ende vor allem in mir drin nicht geben.
Meine Täter_innenintrojekte sind nicht alle ehemals kleine Kinder, die vor Angst schlotternd eine Boshaftigkeit nach der anderen rausspucken. Meine Täter_innenintrojekte brüllen mich auch an, ich soll sie gefälligst angucken, wenn ich mit ihnen rede. Sie brüllen, ich soll tun, was man mir gesagt hat. Sie schubsen mich, wenn ich träume, disse, in Details krabble und staune. Die zerren an mir herum und sagen, wie der Rest der Welt, dass ich unpassend handle, denke, fühle… bin. Und bis heute nehme ich sie wahr und verstehe nicht, was sie von mir wollen. Bis heute verstehe ich nicht, warum sie wollen, was sie wollen und wozu das nützen soll. Denn eigentlich geht es nur um sie. Um ihr Denken und auf mich drauf schauen, obwohl sie mir egal wären, wären nicht sie diejenigen, die mich umklatschen können, wollen, müssen.

Wir teilen uns einen Raum, aber bedeutet das zwangläufig, dass wir uns einander teilen müssen?

In all den Auseinandersetzungen von Menschen, die von der eigenen Familie misshandelt wurden, gibt es diese Annahme einer Verbundenheit, die über den physischen und sozialen Raum hinausgeht und auf diese Annahme werden Konstruktionen gebaut, die diesen Raum logisch machen sollen, es aber nicht tun. Zumindest nicht für mich, weshalb ich heute oft in Ausstiegsgedanken und Zweifeln anderer Menschen sitze und mich frage, wieso die Emotionen, die mit der Herkunftsfamilie einhergehen so viel mehr Raum einnehmen, als bei uns damals die Überlegungen, wo man schläft, isst, trinkt, wie die Alltagsgestaltung und der eigene Lauf der Dinge geschehen soll. Wir fanden es schade aus diesem Raum zu gehen, weil er ja viel auch Klarheit und bestimmte Ebenen von Logik hatte. Aber wir sind nicht gegangen um jemandem eins auszuwischen oder auf eine Art zu bestrafen oder ähnliches. Dass man unser Verhalten so lesen könnte, merkten wir erst als wir mit Menschen darüber redeten, dass wir gegangen waren.
Vor uns selbst gingen wir, weil es das Wissen gab, dort auf lange Sicht zu sterben. Wir mussten gehen. Punkt.

Noch leichter war es, als klar war, dass wir in illegale Dynamiken eingebunden waren und im Grunde unhinterfragt Dinge taten, die eigentlich fremde Personen von uns verlangten.
Für uns standen in dem Moment keine moralischen Fragen im Raum oder ähnliches. Auf eine Art hatte es mehr Gefühle von vorweg genommener Scham und dem Wissen, dass Menschen nicht verstehen, welcher Hebel in einem da benutzt wurde. Selbst Personen, die von sich behaupten, sich auszukennen, verstehen das nicht. Sie nehmen einfach an, dass es der Hebel wäre, von dem sie bei anderen gehört/gelesen haben.

Und ich sitze da, beiße mir in die Hand und erlasse das Dekret mich an die 50 min Therapiezeit zu halten, anstatt zu versuchen es zu erklären und mich der Scham auszusetzen. Ich möchte nicht für so naiv und dumm gehalten werden, wie es unser Verhalten damals vermuten lassen könnte.

Ich weiß nicht, ob die Menschen, die sich schon lange mit traumatisierten Menschen und ihren Verarbeitungswegen auseinandersetzen, merken, welche Norm sie definieren, auch dann, wenn sie genau versuchen das nicht zu tun.
Als eine grundlegende Voraussetzung für Traumatisierungen gilt noch immer auch die Überforderung einer Person ihre Liebe für eine Person mit ihrem Hass, ihrer Ablehnung, ihrer Wut, ihrer Zärtlichkeit etc. etc. etc. zusammenzubringen.
Bis jetzt habe ich noch keine Publikation lesen können, in der die Problematik formuliert wird, sein Bewusstsein (seine Kognition?) für verschiedene Dynamiken, die mit (scheinbar) willkürlichen Emotionen und sozialen Rollen belegt werden, zusammenzuhalten.
So lese ich immer wieder von Kindern, die sich Liebe (im Sinne von Bedürfnisbefriedigung) wünschen und den Schmerz der Zurückweisung (im Sinne von “Bedürfnisse werden fehlinterpretiert/unbefriedigt/verdreht/missbraucht etc.)  als massiv zer-ver-störend erlebten und nicht verarbeiten konnten, nicht zuletzt, weil ihnen der Ausdruck verwehrt wurde – und nicht von Kindern, die sich fragen, ob es Liebe ist, wenn sie umarmt werden – es ihnen aber doch irgendwie weh tut und das doch eigentlich aber genau nicht Liebe sein soll – und die genau wegen ihres Ausdrucks dieses Konflikts misshandelt werden.

Ich nenne das heute “diese typische Alltagsgewalt”, die so ganz neben anderen Kontexten steht und eigentlich jeden Tag statt gefunden hat.
In der Öffentlichkeit. Im Grunde durch jede Person, die eine Dimension meines Raumes berührt hat.
Wenn ich heute sage, dass mein Leben schwierig ist (war), weil es einen Zustand permanenter Überforderungen bedeutet (hat), wird es schnell übersetzt mit: “es gab keine Misshandlungspausen” = “chronische Traumatisierungen” = “komplexe/schwere/tiefgreifende Schäden”.
Es wird normiert innerhalb von etwas, das es gibt, um einen bestimmten Bereich außerhalb der Norm zu definieren.

Gewaltvoller Alltag ist aber kein Norm-abweichungs-bereich.
Alltagsgewalt ist Alltag, ist alle Tage mit Gewalt voll.

Autismus und DIS #3

“Autistin, klingt nach Artistin.”, denke ich und schwanke aus der Straßenbahn direkt gegen eine Wand aus feuchtwarmer Luft.
Es ist kurz vor 20 Uhr und meine Bewegungen haben nichts mehr mit mir zu tun.

Während ich das Rad losschließe, denke ich darüber nach, wie es jetzt weiter geht und wer noch bleibt.
Ich denke an Mensch XY und wie er den Kopf schüttelte, als ich ihm sagte, dass ich mich auf die Diagnostik einlasse. “Nee – Autismus. Du nicht… oder?”, war seine erste Reaktion und obwohl ich weiß, dass die Zweite und Dritte nicht die Gleiche sein muss, ist mir klar, dass ich mich wieder in einer Situation befinde, in der ich Kraft aufbringen muss, wenn ich mit Menschen darüber reden werde. Ich muss mich auf Verletzungen und Anforderungen einstellen.

Als die DIS-Diagnose gestellt wurde, war das ähnlich.
Wir haben niemanden mehr aus der Zeit vor der DIS-Diagnose in unserem Leben und jeder Mensch, den wir danach neben uns fanden, hatte den Kontakt zu uns gewollt und dafür auch ausgehalten/ertragen/geduldet/akzeptiert, dass wir viele sind und damit manches einhergeht, das nicht einfach ist.

“Ich wünsche mir, dass die Menschen, die jetzt sind, bleiben.”, denke ich und merke, wie ein Jemand ein Kinderinnen verprügelt.
Menschen wünschen ist noch immer schwierig. In jeder Hinsicht.

Ich richte meine Aufmerksamkeit auf die in meinem Gesicht und unter der Haut zuckenden Muskeln. Atme durch.
Mit dem Fahrtwind im Gesicht und auf den freien Armen ist es schön. Federstreichelluft.
Ich habe ein Wimmern im Kopf und am Rand meines Bewusstseins pocht ein Schmerz. Vielleicht mache ich es nur schlimmer mit dem Gedanken, dass ich jetzt gern jemanden hätte, der statt mir einkauft. Oder auf mich warten kann, ohne selbst in Not zu kommen.

Sie stampft durch den Laden und geht die Route ab. Milch, Jagdwurst, passierte Tomaten, Wassereis. An der Kasse frage ich sie, ob wir uns das überhaupt leisten können. “Nein.”, antwortet sie mit einem Stolz in der Stimme, der deplatzierter nicht sein könnte.
Ich frage nicht nach. Nehme mir aber vor, in dieser Woche mein Honorar und die Fahrtkosten, die mir noch immer nicht gezahlt wurden, einzufordern.
Ihr Stolz stärkt mich. Ihr Stolz sagt: “Ich bin es wert, nicht betteln zu müssen.”.

Im Blindflug fahren wir nach Hause.
Als die Welt zu schwanken beginnt, steigt er vom Rad.
Zu Hause wartet NakNak*. Wir füttern sie, gehen mit ihr in den Garten.
Ich will meine Arbeit weiterführen. Ein Krampfanfall tritt mir in die Kniekehlen.
”Vielleicht habe ich Krampfanfälle, weil mein Körper versucht auf alles zu reagieren, was mein Denken und Fühlen anstößt.”, denke ich noch im Fallen.

Ich sehe diesen Körper ziellos durch die Luft um sich herum zucken.
“Hilflos, ohnmächtig, überfordert von den Prozessen, die alle gleichzeitig in mir und um mich herum passieren. “.
Der Satz will an mir vorbei fliegen. Vergessen werden.
Aber ich will ihn nicht vergessen.

Damals als die DIS-Diagnose gestellt wurde, hatte ich ihn einfach ziehen lassen.
Ich habe nicht geäußert, wie es für mich war damit konfrontiert zu sein und mich von den Implikationen überfordert zu fühlen.
Diesmal will ich es anders machen.

NakNak* legt ihren Kopf auf meine Brust und schließt die Augen.
Ich spüre ihrem Fell unter meiner Hand nach und merke, dass ich nicht verlassen bin.
Das Wimmern im Innen verstummt.

“fett”, “dumm”, “ungenügend”, “falsch” sind keine Gefühle

Das Video hat mich daran erinnert.
“fett” ist kein Gefühl. “dumm” ist kein Gefühl. “ungenügend” ist kein Gefühl. “falsch” ist kein Gefühl.

Das sind Zuschreibungen. Wertungen.
Und auch wenn ich sie ständig und immer, in allen möglichen Variationen im Kopf habe, sie höre, sie als Tritte, Stöße, Ziehen, Reißen, Kratzen, Brennen, Wucht und Energie in und an mir fühle, sind sie nicht von mir gemacht. Selbst wenn sie als Stimme aus mir herauskommen, meine Haut tragen und mein Leben an sich nehmen. Sie sind nicht ich.
Sie sind in mir geworden.
Weils nötig war. Weil Menschengehirne – weil Leben auf Spiegelung und Kopie beruht.

Mir ist aufgefallen, wie oft davon gesprochen wird von etwas oder jemandem getriggert zu sein. Trigger zu meiden oder einen Umgang zu finden. Immer wieder geht es um Trigger und darum bestimmte Handlungen zu unterdrücken. Zu vermeiden. Umzulenken.
Es geht nicht darum zu sagen: “Ich fühle wie damals, als eine Person, der ich mich unterlegen fühlte/von der ich abhängig war, mir sagte, ich sei fett, dumm, ungenügend, falsch, weil sie mich demütigen, abwerten, unterdrücken, brechen, verletzen, zerstören wollte.”. Es geht nicht darum zu sagen: “Ich erinnere mich an eine Gewalterfahrung.” oder “Diese Situation, unser gemeinsamer (sozialer) Kontext erinnert mich an eine Gewalterfahrung.”.
Es geht um Trigger_reize und darum das Framing dieses Begriffes zur Abstraktion von Gewalt und ihren Folgen zu miss-ge-brauchen.

Was ein Trigger ist, ist schnell erklärt und jede – wirklich jede Person versteht das Reiz-Reaktionskonzept “Trigger”.
Aber wird es auch begriffen? Wird mit der Erklärung des Begriffs – der Bewortung eines Vorganges, begriffen, dass es um die Folge eines An- und Eingriffs in das gesamte Denken und Werten bezüglich jeder Regung innerhalb eines Individuums geht?
Nein.

Oft passiert es sogar, dass eine Spaltung aufgeht, was ein “echter Trigger” sei und was “ein irgendwie anderes Dings”.
So gibt es die Idee, dass ein echter Trigger direkt zum Flashback oder zum dissoziativem Symptom führt und alles andere einfach schon immer so sei und vielleicht bei jedem sogar gleich. Denn schließlich fühlt sich ja heutzutage jede x-te Person “fett”, “dumm”, “ungenügend”, “falsch”.
Obwohl genauso jede Person wissen kann, dass das keine Gefühle sind.

Aber wie oft setzt man sich schon hin und denkt darüber nach, wie man sich eigentlich fühlt?
Wann kann man sich Gefühle eigentlich erlauben?
Wann kann man seine Gefühle ertragen oder aushalten?

Sicher nicht, wenn man glauben muss, man sei fett, dumm, ungenügend und falsch.
Ganz sicher nicht, wenn man andere Zuschreibungen nicht gleichsam wahrnehmen darf. Und ganz sicher nicht, wenn man sie sich nicht einmal zu erlauben überlegen können darf.
Weil man auf den “richtigen Trigger” warten muss, bis das zu etwas werden darf, das man als nicht von sich kommend markieren kann.
Weil es eine neue Machtinstanz* mit eigener Sprache erlaubt.
Nicht etwa man selbst.

 

*hier: die Psychotherapie/Psychologie als Wissensmacht ergo Gewalt

Perspektive 4

“Wieso spreche ich hier?”. Sie hatte sich vorgenommen, sich jedes Mal diese Frage zu stellen, wenn sie irgendwann mal – in “einer Zillion Jahren” – eventuell vielleicht – die Gelegenheit dazu bekäme.

Es ist sinnlos sinnlos sinnlos
BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM

“Weil es Menschen verletzend ist.”

Unreehehehehehehehehehehecht
BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM

“Weil sonst niemand drüber redet.”

Und dass das so ist, sagt dir nichts du
BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM

“Weil es etwas verändern helfen könnte”

Das hier zu ändern, ist
BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM

“Weil ich Glück hatte. Weil die Menschen mich nicht kennen und keine Ahnung von mir haben und lieber im Nachhinein bereuen, als Angst vor ’nem Griff ins Klo zu haben”

Du bist so eine
BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM

ES IST SINNLOS
ALLES WAS DU TUST IST SINNLOS

ES HAT KEINEN WERT
ES GEHÖRT NICHT ZU DIR

ES HAT NICHTS MIT DIR ZU TUN
DU GEHÖRST NICHT DAZU

BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM BÄM

“Ich will nicht, dass die Sprache, das Leiden, die Gewalt so bleibt, wie sie ist. Für die, die es betrifft. Wir müssen nicht sie sein und hier hergehören, um Dinge verändern wollen zu dürfen.”

Und was es bringt siehst du … exaaaaakt….
jetzt

Nachrichtenportal
Fernsehen
Zeitung
Interviews
Expertentalk
Verbündetensprech

das riesige Loch
wo mal Solidarität mit ihr war
bevor sie mit allen anderen solidarisch wurde

Dort, wo sie sich sicher fühlt, gibt es kein Licht. Keine Notwendigkeit für Augen.
Um zu tun, was sie zu tun für wichtig hält, muss sie nichts und niemandem ins Gesicht schauen.
Sie spricht mit der Menschheit, dem Kontext.

ein paar Fragen an mich, als “multiple Persönlichkeit”

Es ist mir eine Freude etwas hier wiedergeben zu dürfen.
Dies ist ein (leicht bearbeiteter) Mitschnitt von einem Austausch mit einer Leserin dieses Blogs. Ich werde sie im Folgenden “Martha” nennen.

Es begann damit, dass wir den Sendungsausschnitt von Frau TV, in dem die multiple Frau Liza von sich erzählt, gemeinsam anschauten.
Für alle, die ihn noch nicht kennen: hier kann man ihn sich ansehen.

C. Rosenblatt: Ich finde den Begriff „Persönlichkeiten“ immer so irreführend … das werd ich irgendwie auch mal noch aufnehmen im Blog
Martha: Oh, ich würde gern wissen warum ?
C. Rosenblatt: Weil die Innens keine Persönlichkeiten an sich sind. Also bei keinem Multiplen. Also klar- jetzt halt die Frage „Was ist Persönlichkeit?“ Es ist ja so, dass jeder Mensch irgendwie Abneigungen, Vorlieben, Begabungen und seine „Macken“ hat-  sein Sein halt einfach
Martha: Ja.14519_web_R_by_danii_pixelio.de
C. Rosenblatt: Okay. Nehmen wir mal eine Discokugel. Wenn man sie sich genau anguckt besteht sie aus vielen Spiegeln. Das coole Glitzern kommt von den Lichtstrahlen, die jeweils einzeln reflektiert werden. Bei nicht multiplen Menschen könnte man sagen- da gibts keine kleinen einzelnen Spiegel, sondern so ineinander fließende Dellen, Beulen und Huckel- manchmal auch Risse. Wenn eine Lampe draufleuchtet, wird nicht die ganze Kugel jeweils zurückreflektieren, aber auch nicht nur ein minikleiner Teil davon
Martha: Ja.
C. Rosenblatt: Bei Multiplen ist es so, dass eine Lampe auf so eine aus vielen Spiegelteilen (die jeweils voneinander getrennt sind) leuchtet und nur diese reflektiert. Das heißt, es ist ein Anteil der Gesamtpersönlichkeit der dort wie autark aussieht- es aber nicht ist.
Martha: Wow. Gut erklärt. Schreib das. Das ist wirklich nachvollziehbar- ich mein das ernst
C. Rosenblatt: Okay wow
Martha: Ich bin ja nun eine dellige beulige Huckelkugel und ich versteh’s
C. Rosenblatt (ein in sich freudig hopsendes Innen spürend): ^^
Martha: Und es macht auch Sinn…weil bei mir an manchen Stellen def. große Risse sind. Da wo der böse Mann war. Ja. Nein du zuerst
C. Rosenblatt: Hm- ich wollte nur einwerfen: Ja und da, wo so ein Splitter ist, da so am Riss- da würdest du ja auch nicht von dir sagen, dass das eine andere Persönlichkeit ist. Da fehlen einfach so ganz viele Aspekte, an denen man gemeinhin „Persönlichkeit“ festmacht.

Das ist zum Beispiel auch ein Punkt, der die Therapie und die Kommunikation so schwer macht. Es ist schwer für Menschen ohne DIS die Flachheit seines Gegenübers zu erfassen. Also wenn ich etwas sage, dann meine ich auch nur genau das- ohne große Emotion oder Intension. Manche Menschen sagen mir aber trotzdem, nachdem ich ihnen etwas erklärt habe, dies sei eine tolle Begabung oder ich wäre ja so lieb, ihnen das zu sagen. Ich bin aber weder lieb, noch begabt. Ich gebe einfach eine Information weiter.
Dass mir eine Dimension fehlt im Erleben, ist mit so ein Knackpunkt an der DIS. Und deshalb mag ich auch den Blog so. Es ist ein flaches Medium- ich wirke „dicker- globaler“ als ich bin und komme so leichter in Kontakt.
Ich bin jetzt fertig 🙂

Martha: Ok, da würde ich gern einhaken hehehe
C. Rosenblatt: Okay
Martha:  Also: wenn zum Beispiel Leute dir sagen, du wärst so lieb ja…dann gibt /gab es ja eine Interaktion und das ist einmal die Dimension der Person, die dich als lieb interpretiert und deine.
Erstmal hat natürlich eine andere Person das Recht auf ihre jeweiligen Gefühle und Eindrücke…es kann also schlicht bedeuten…du warst lieb zu mir, das hat sich wohlig angefühlt, stimmig…dieses Gefühl gehört dann der Person…unabhängig davon, ob du diese Intention dabei hattest oder eben nicht, wie du sagst.
Dann bist da du. Du hast dieses Gefühl eben nicht in dem Moment, sondern warst schlicht ganz und gar Informationsträger und Weiterleiter…hab ich das soweit richtig verstanden ?
C. Rosenblatt: Ich habe diese Gefühle nie. Sie sind schlicht nicht in mir drin. Also das ist so… hm… wie eine kartographierte Discokugel- ich bin ein kleiner Spiegel der ganz weit weg und durch viele Barrieren von dem Bereich der Gefühle getrennt ist. Aber zum Beispiel ein anderes Innen „sitzt“ vielleicht direkt in mitten dieses Gefühlsbereichs und kann ausschließlich diese Gefühle reflektieren- aber nicht das wo ich draufsitze (Ratio) Dieses Innen kann (eigentlich fast ausschließlich) lieben und mögen- aber nicht sehen, ob das schlau ist
Martha: Ja. So habe ich das auch verstanden. Als Abgetrennt-Sein.

Stehst du dann mit dem jeweiligen Innen (um beim Beispiel zu bleiben hier mit jenem, das gerade liebt und mögt) im Kontakt oder kannst zumindest versuchen, Kontakt herzustellen und ist das von Fall zu Fall verschieden ?
C. Rosenblatt: In der Regel haben wir keinen Kontakt. Aber zum Beispiel werden die Aussenpersonen manchmal zu sowas wie einer dieser „Ums Eck“-Spiegel. Zum Beispiel in der Therapie die Therapeutin oder Gemögte im Alltag, die viel mit uns zu tun haben.Zum Beispiel hm.. ich erkläre gerade etwas und das Gegenüber sagt oder fragt oder macht etwas, das ein bisschen Licht über die ganzen Sperren bringt und das andere Innen auch anleuchtet. Dann nimmt die Aussenperson manchmal etwas wahr und meldet es mir zurück (z.B. Du weinst ja- bist du traurig?)
Ich kann dann versuchen nachzuvollziehen, was wohin geleuchtet hat und so dann sehen: Aha es kommt von Innen XY. Und manchmal ist es auch so, dass ich etwas merke- aber das Gegenüber nicht. Dann sage ich: Oh, ich merke, da kommt gerade ein Herzklopfen und ein Zittergefühl in den Muskeln (oder: Ich merke da ein Innen, “hinter mir”) und das Gegenüber kann mir helfen, indem es mir hilft einzuordnen was das ist (z.B. Angst) und mit mir reinleuchten, wo es her kommt
Martha: Verstehe.

Weißt du eigentlich wie viele Innens und bämms (sind das eigentlich auch Innens, spezielle Innens?) du hast ? Falls nicht, ist es wichtig rauszufinden wieviele es gibt?
C. Rosenblatt: Also die BÄÄÄMs sind Täterintrojekte und täterloyale Innens. Eigentlich sind sie Innens wie wir alle. Aber dadurch, dass sie so bedrohlich empfunden werden und (also die Introjekte) ganz genau den Tätern nachgebildet sind, bilden sie eine eigene Gruppe für sich. Wir sind heute nur  noch XYZ Innens (als “ganze Innens”), und hm, zu wissen wieviele es gibt, ist eigentlich (ganz streng genommen) irrelevant. Wichtig ist nur zu wissen, wer bzw. was alles da ist. Das ist zumindest unsere Erfahrung. Es gibt ja noch ganz viele Zwischenstufen auf dem Weg zu Heilung. Da werden aus einzelnen klar umrissenen Innens irgendwann einfach so „Huckel und Dellen“ und so. Wenn man dann immer so eine Zahl im Hinterkopf hat, stelle ich mir das kontraindiziert vor.  Es schürt eine Angst zu sterben oder zu verschwinden
Martha:  Ja, das ist nachvollziehbar.

Liza hat ja gesagt, sie händele all das wie eine innere WG. Hast du auch so ein Bild  oder passt das nicht für dich?
C. Rosenblatt: Das passt nicht für uns. Wir haben mal für die Therapeutin ein Bild gestaltet in dem wir den „Ecken“ innen so symbolisch gezeichnet haben. (Also die BÄÄÄMs wohnen zum Beispiel in einem furchteinflößendem Gebäude mit Wassergraben und hohen Mauern das dauernd brennt, der Schwan wohnt in einer besonders sicheren, warmen Umgebung, manche Prä-Teenie-Innenkinder in so einer Höhle… ) Wir sagen einfach immer „das Innen“ und benutzen Metaphern für die „Umgebung“/“die Gefühle“ um die jeweiligen Innens herum. Früher haben wir auch mal diese „Hausgemeinschafts-Metapher“ verwendet, doch sie passt nicht, weil manches einfach zu sehr auf der Metaebene ist. Da geht das Bild zu schnell dran kaputt.

Martha: Du sagst, ihr habt keinen Kontakt zueinander…wie kommuniziert ihr ? Geht das dann immer nur mit einer spiegelnden Außenperson ?
C. Rosenblatt: Nicht nur. Es ist am Effizientesten (da mehrere Ebenen „bedient“ werden), aber wir schreiben eigentlich ständig etwas auf, was gerade aufwallt oder irgendwie wichtig erscheint. (Zettelwirtschaft Aaaah!) Und so ist dann das Papier ein bisschen Außenspiegel. Und manche Innens haben auch so Kontakt- manchmal sind die nicht so stark von einander getrennt oder- so wie der Schwan ein Innen ist, das „auf der Spitze sitzt“ und über viele Trennungen hinweg schauen kann und so Kontakt machen kann.
Martha:  Ja, Zettel hatte ich irgendwie auch im Kopf…alles aufschreiben…macht Sinn.
C. Rosenblatt: Das ist ein bisschen immer so wie bei Rasenlatscherei- je öfter man über die Grenzen hinweg geht, desto weniger Grün wächst dazwischen und desto mehr Austausch geht dann. Das ist dann eben so etwas Gedanken-impulsiges.

Diese Sache mit dem “alles aufschreiben” Das wird meiner Meinung nach, auch oft vernachlässigt in Büchern. Also das wird zum Beispiel in „Aufschrei“ von Truddi Chase erwähnt- zu Anfang- aber dann nie wieder. Wir hatten früher extrem viele Listen und wehe eine war weg- Hölle!
Inzwischen gibt es nur noch ein-zwei- wenn es uns schlecht geht , vielleicht drei, die so nebeneinander her laufen und aber alle nicht mehr stark voneinander abweichen. Aber wir brauchen sie nachwievor wie die Fische zum Leben. Sonst gibt es Chaos.

Martha: Gibt es das längerfristige Ziel die Innens langsam zu Huckeln und Dellen zu machen, oder ist es so, wie es jetzt ist schon gut lebbar? Wenn meine Freundin zum Beispiel sagt, dass sie durch ein Außen (SPIEGEL) drauf gebracht wurde, dass ein BÄMM besonders dominant auftritt gerade…welche Möglichkeiten hat sie jetzt?
C.  Rosenblatt: Also wir haben dieses Ziel definitiv. Unser „System“ war mal fast doppelt so groß wie jetzt- du kannst dir nicht vorstellen wie verstümmelt man existiert. Bzw. wie krass einem die Verstümmelung bewusst wird, je näher man aneinanderrückt. Wir empfinden es als sehr bereichernd- wenn auch beängstigend diese Trennungen weg zu haben. Aber nicht alle Multiple haben das als Ziel.
Manche wollen und brauchen- gerade wenn sie noch Gewalt ausgesetzt sind, oder eine Familie versorgen müssen oder einen Beruf haben der extrem belastend ist (Arzt, Pädagoge,Lehrer…) auch unbedingt noch diese Trennung. Bei denen gibt es den Wunsch nach einem Funktionsmodus und einem Ende der akuten PTBS (die meistens irgendwie am Anfang der Diagnose steht) und wollen dann einfach „funktionieren“ ohne zu leiden. Das ist zumindest etwas, das ich so mitbekommen habe. Ob das ein Zustand ist, der lange hält weiß ich natürlich nicht.

Die Frage mit den Möglichkeiten nach dem dominanten Auftreten des BÄÄÄMs habe ich jetzt nicht so ganz erfasst, glaube ich. Kannst du die Frage bitte anders formulieren?
Martha: Das bezog sich jetzt explizit auf die Situation meiner Freundin…dass da ein Anteil aufgetaucht ist, der an ein Familienmitglied erinnert (also ein BÄÄÄM)…dieser ist nur in ihr Bewusstsein gelangt, weil eine außenstehende Person sie darauf angesprochen hat. Sie hatte vor allem eins: Erinnerungslücken…ihr hat das große Angst gemacht als sie darauf aufmerksam gemacht wurde…welche Möglichkeiten hat sie jetzt aus deiner Sicht damit einen konstruktiven Umgang zu finden ?215236_web_R_K_B_by_S. Hofschlaeger_pixelio.de
C. Rosenblatt: Also jemand schrieb ja neulich schon, ein bisschen „ran zutasten“. Also zu schauen, was genau dieses Innen- oder auch BÄÄÄM das kann ja nur deine Freundin wissen, wo sie dieses Innen einsortieren würde (- nach der Reaktion darauf, denke ich aber, dass es sich um ein Täterintrojekt und damit also ein „BÄÄÄM“ handelt), anleuchten zu lassen oder selbst anzuleuchten.
Nun weiß ich aber nicht wie weit sie schon ist. So wie das klingt, wusste sie noch nichts von diesem Innen und muss sich jetzt erstmal ganz viel darüber erschrecken und schlimm fühlen. Und dann akzeptieren dass es da ist, dann rausfinden, warum es gerade in dieser Situation auftauchte… und bei all dem werden sie und ihre Innens die Mauer dazwischen etwas niedergetreten und können dann einen Umgang mit diesem Innen absprechen. Und wenn das alles respektvoll und im richtigen Maß abläuft, wird das auch klappen.
Jedes Innen, das auftaucht kommt, weil es gebraucht wird. Weil seine Präsenz bzw. die an es gebundenen Handlungsmuster wichtig und sinnig zum Erhalt des Schutzes ist.
Martha: Ja. Das kenne ich ja auch. Das ist grundsätzlich etwas, was alle Menschen entwickeln die von Traumata betroffen sind. Muster. Automatismen. Persönlichkeitsanteile, die die Regie übernehmen. Gewünscht ist eine Kompensation, die das Erleben aushaltbar macht. Die in diesen Moment(en) Sinn mach(t)e und später, wenn die akute Not vorüber ist hinderlich/einschränkend/u.Ä. ist auf irgendeine Art, wenn auch erstmal oft unbewusst weil verdrängt. Ich fand zudem auch einen wichtigen Aspekt in dem Beitrag über Liza, dass all das nur eine gesunde Reaktion darstellt die das Überleben sichert..auf das eigentlich Kranke, das der/die Täter verübt/en…

Hast du manchmal Angst, dass du auch übergriffig sein könntest, irgendwann irgendwo bei irgendwem ? Ich habe diese Angst manchmal…
C. Rosenblatt: Ja.
Obwohl ich inzwischen ziemlich genau spüre, dass es nicht dazu kommen wird, weil es in uns als Gesamtperson (so wie ich sie gerade erahne oder besser gesagt so durch die Rückmeldungen von Außen zusammenstückle) weder eine Neigung zu Sadismus noch zu einer allgemeinen Befriedigung durch Macht über andere Menschen (oder auch Tiere) gibt. Selbst die Täterintrojekte und jene die angeblich bereitwillig anderen Menschen geschadet haben, taten dies, weil sie es mussten- nicht von sich aus.
Das ist zum Beispiel etwas in dem Aspekt der Dimensionalität wichtig ist. Es kann sein, dass ein BÄÄÄM zum Beispiel in einer Situation in dem es von Außen erneut gezwungen wird (oder sich gezwungen fühlt und es keine andere Möglichkeit für das Gesamtsystem gibt, anders zu handeln) etwas zu tun, ganz genauso handelt wie früher und übergriffig wird. Aber sobald auch nur ein einziger Aspekt  deutlich anders ist als früher (und dieses BÄÄÄM in der Lage ist sich zu orientieren in der Zeit), wird es nicht zu dieser Handlung kommen. Das Muster bezieht sich in der Regel auf genau eine bestimmte Art Emotion(s-Befindlichkeitenmischung), Aussensituation und/oder Anspruch von Außen und wird dann quasi abgespult. Fehlt etwas davon oder ist einfach anders eingefärbt, kommt es zwar zu einem „Triggergefühl“ der ordentlich Schlimmes mit sich bringt, aber switcht dann eher zu einem Innen das mit einer Situationsumgebung wie der sich bietenden assoziiert ist.
Also als Beispiel, mussten wir mal im Biounterricht ein Tier sezieren. An sich ist das etwas, dass jemand schon mal machen musste. Dieses Innen stand auch extrem nah „vorn“ kam aber nicht heraus, weil die Grundsituation (Schule, anderes Sozialgefüge, anderes Grundgefühl, Zwang- aber doch Handlungsalternative…) eine andere war. Das Ergebnis war ein „Ahnungsdonner“ für die Person die gerade in der Schule stand und es gab einen Switch zu einem anderen Innen, das weiter entfernt von sowohl dem „Schul- Innen“ als auch dem „Sezier-kundigen- Innen“ war und weder Gespür für die beiden Innens noch Erinnerung an irgendwas von dem hatte, was gewesen ist,
So in etwa verlaufen inzwischen fast alle Situationen die uns in eine real bedrohliche Situation führen könnten. Es ist noch nie passiert, dass ein BÄÄÄM jemanden tatsächlich aus Spaß oder aus eigenem Antrieb verletzte, wie die Täter früher.
Was nicht heißt, dass es keine aggressiven Innens gibt, die sich auch körperlich wehren bzw. verteidigen- aber da stehen andere Sachen hinter.

Hier endet der Teil des Austauschs, den wir gern mit unseren LeserInnen und BesucherInnen teilen. Vielleicht war die eine oder andere Frage ja auch für meine anderen nicht selbst von DIS betroffenen LeserInnen interessant.

Wie immer wird hier kein Anspruch auf Ausschließlichkeit und das Zutreffen der dargestellten Abläufe und Gegebenheiten bei allen Menschen mit DIS erhoben.
Ich weise außerdem darauf hin, dass es sich hier um einen Mitschnitt unter Betroffenen handelt- nicht um einen Austausch unter professionell mit dem Thema arbeitenden Menschen.
Weiterhin geht es hier nicht um die subjektive Wahrnehmung meines Innenlebens sondern um eine annähernde Darstellung der Struktur des Selbigen.

müde

Es ist der dritte Tag in Folge ohne Schlaf.
Es ist der Punkt an dem ich Halluzinationen in der Sichtperipherie habe, mein Kopf auf eine dysfunktional verstümmelte Kurzstreckenwahrnehmung eingestellt ist.234247_web_R_K_by_Sarmakant_pixelio.de

Langsam über den Tag verteilt spüre ich Sandkörner in den Gelenken, die sich mit jedem Schritt vermehren. Wie Brause prickelt es unter meiner Haut und ab und an keimt die Idee in mir auf, dass es sich dabei um Insekten handelt. Am Abend höre ich dann das Aufquietschen meiner übersäuerten Muskeln und das kratzende Geräusch, welches meine Augenlider verursachen, wenn sie sich über die brennend tränenden Augäpfel zu schieben versuchen.

Ich versuche es wirklich. Ich will nicht jammern und rumheulen. Ich will nicht schwächeln und in diesen Moloch aus Selbstmitleid und Trauer verfallen.

In solchen Zeiten merke ich dann aber doch, dass ich versucht bin, nach einer Mami zu weinen- obwohl ich zeitgleich kindlich-erwachsen spüre und denke, dass keine kommen wird. Weil keine da ist. Weil ich keine habe. Weil die, die es gibt nie kommt. Weil ich ganz eigentlich auch gar nicht will, dass sie kommt, weil sie…
Weil ich eine Mami will- nicht meine Mutter.

Dieses Jahr ist es das erste Jahr in dem es keine Post um die entsprechende Zeit gab.
Keine Aufforderung. Kein Zeichen. Nichts.
Nun also nicht einmal mehr eine pseudoreligiöse Bestimmung?
Es ist wundergut- fantasischlimm und stellt den Mixer an, der sich in das Impulsgelee versenkt und alles so durchpflügt, dass ein uneinheitliches Bitterbunt in mir herumschwappt.
[Meine Mutti hat mich nicht mehr lieb.-BÄÄÄM–  Ja ne ist klar- die Olle hat dich nie lieb gehabt, begreifst du das denn nicht?!- BÄÄÄM BÄÄÄM BÄÄÄM- Hey heißt das, dass wir jetzt noch ein bisschen freier sind?- Sie wollen sicher, dass wir uns melden. Das hätten wir schon längst tun sollen. Vielleicht denken, sie, dass wir tot sind und sie trauern um uns?- BÄÄÄM BÄÄÄM- Mutti soll nicht traurig sein. Ich sollte anrufen und sagen…-Sag mal spinnst du jetzt komplett?! Wir sind nicht bis hierhin gekommen, damit du Leuten entgegen gehst, vor denen wir weggelaufen sind!- Ich bin mutterseelen allein. Mutterverlassen. Verlassen… verlassen…. verlassen _ Eine Tür knallt_  BÄÄÄM BÄÄÄM BÄÄÄM]

Ich habe mich in einer Nacht im Schlafanzug und ohne Schuhe, etwa 10km entfernt von meiner Wohnung wiedergefunden. Nach einer Flucht, wie ich denke.
Ich hatte so eine Angst vor einem ausbrechendem Feuer, dass ich mich nicht getraut habe, den Haustürschlüssel so verpackt mit Anweisungen wie es meine Therapeutin vorgeschlagen hatte, in meiner Wohnung liegen zu haben.
Ich habe wirklich Angst vor Verletzungen in so einem Zustand, Angst um Sookie, Angst um mich, Angst davor irgendwann von jemandem aufgegriffen zu werden, Angst einmal irgendwo aufzutauchen von wo ich den Heimweg nicht so einfach wiederfinde.
Angst davor zu wissen, wovor ich meine so weglaufen zu müssen.
Ich habe Angst vor Angst zu sterben.

Ich esse, nehme zu und schaue “Anxiety” dabei zu, wie sie sich mit den BÄÄÄMs vereint. Wie sie gemeinsam an der Klinge wetzen, über die sie mich springen lassen wollen, während ich Schokolade, Chips, Säfte, Zucker und allgemein ungesundes Zeug, in Massen in mich hineinschaufle, um mich mit dem Schmerz des überfüllten Bauches zu strafen und doch gleichzeitig auch auf Ebenen zu sättigen, die selbst die wertvollste Köstlichkeit nie erreichen wird.

Voilà!
Der wohl misslungenste Versuch einer Houdini-Schülerin sich aus dem kopfeigenen Selbstzerstörungs- und Ängstenetz zu befreien!
Nicht nur noch tiefer verheddert, sondern gleich noch ein paar Fesseln mehr angelegt.
Hat wohl nicht genug geschlafen!
Versagerin.
Und jetzt fängt sie auch noch an zu heulen!

von Weltuntergängen und anderen Feiertagen

Der Weltuntergang hat uns auch beschäftigt.
Und Religion. Und Pseudoreligion.
Und Atheismus. Und Pseudoatheismus.
Und unsere Angst haben wir nebenbei auch beguckt.
Aber da gibts kein Pseudo.

War schräg.
Auf einmal- keiner weiß woher- geisterten überall und überall Omen, dunkle Zeichen, Channelingsergebnisse, Geister und große neblige Mächte, zusammen mit atheistisch motivierter Religions- und Kirchenverachtung, wissenschaftlichen Analyseergnissen und lapidarem Schwarzätzhumor in einem groteskten Massentanz wie bei Disney, vor unseren Augen durch die Medien. 

Und unsere inneren Augen hatten große Pupillen.
Plötzlich drehte sich nicht nur unsere innere Welt um diesen einen Tag, sondern auch noch die Äussere. Und das auch noch auf die gleiche Art wie hier bei uns im Innen bis dato!

Die jährlichen Sonnenwendfeiertage sind in unserem inneren Weltbild verankert- auch wenn der pseudoreligiöse Inhalt dazu, alles andere als eindeutig zu benennen ist und mir das bis heute nicht schlüssig ist. Ich habe aufgehört diesen Teil der an uns verübten Gewalt im Ganzen verstehen zu wollen. Es ist uns schlicht (noch) nicht möglich nachzuvollziehen worum es ging und wieviel “echter Pseudomist” geschah und wieviel davon einfach besser verkaufbares “Thema” von Gewalt und Folterdokumentation war.
Wir leben heute einen individuellen-hilfreich-kaputtmach-(pseudo)religiösen Mischmasch aus Altem, Neuem, Gutem und Schlechtem (aber notwendigem). Alles hat seine Geschichte, seine Berechtigung und damit seinen Platz. Es herrscht der Konsens, dass wir erst verstehen und dann bewerten wollen. So kommen wir uns am Wenigsten ins Gehege und schaffen eine neutrale Basis.

Das Ganze sah dann am Tag des vorhergesagten Weltuntergangs und der Wintersonnenwende etwa so aus: 
Da gibts eine ganze Batterie von Innens, die wie ein verschrecktes Häschen in der Ecke hockt und wartet/ hofft/ fast umkommt vor Angst/ in den Startlöchern herumhibbelt, auf das die Nachricht zu uns kommt, die ihrer Meinung nach garantiert und echt wirklich immer kommt und ins Laufen kommt, was ihrer Meinung nach immer echt und wirklich und auf jeden Fall kommt. (Was seit Jahren nicht mehr geschiet, sie aber nicht mitkriegen, da sie als Anteil dieser Persönlichkeitsstruktur schlicht getrennt vom Alltagsbewusstsein sind).

Dann sind da die knackharten Alltagsinnens, die mit diesem ganzen Kram mal so gar nichts zu tun haben und sich eigentlich nur über heftige Schmerzen und ab und an aufwallendes Weinbedürfnis wundern und sich die ganze Schose rational und weltlich wissenschaftlich darlegen. Sie schauen nicht nach links und nicht nach rechts, dümpeln sicher und stumpf durch den Tag. Haben aber immerhin schon klar, keine Verachtung mehr ins Innen zubringen, wenn es um (Todes-)Ängste und Todeserwartung geht und achten so gut es ihnen möglich ist, auf reale Bedrohungen von aussen, um sofort Schutzmaßnahmen einzuleiten.

Und dann sind da die Innens die so dazwischen stehen. Die sich ihre guten Inseln gesichert haben schon als der Körper noch ganz klein war. Die ihre eigenen Erklärungen vom Funktionieren der Welt und der Seele haben. Es sind so die Innens, die sehen, wie die Natur Sonne ausatmet, die an Chanukka nicht nur “eine Kerze anzünden”, sondern Lichter in die Welt und an die “schon inordnungingen Stellen in der Welt und in die Leutmenschen dadrin” bringen. Die einfach für sich völlig klar im Glauben sind- komplett unabhängig von religiöser oder weltlicher Bedeckmantelung.
Sie wissen einfach, dass es ein Morgen gibt. Immer.

Durch den Umstand, dass überall aussen etwa gleiche “Lager” zu sehen waren, wie wir sie innen haben, haben wir zum ersten Mal in den ganzen Jahren direkt sehen können, was uns helfen kann über ganz allgemein alte- schwere- (pseudo)religiöse Feiertage (Yom Kippur ist auch nicht ohne für uns) zu kommen und gut für uns zu sorgen.

– Wertneutralität- keine Verachtung oder Hohn gegenüber jedwedem Gedankengut
– Offenheit für einander
– Angstmachendes benennen und sich gegenseitig zeigen was davon heute und was früher war, Alltagsinnens festen Handlungsrahmen für selbiges zeigen
– Ängste annehmen- nicht dämpfen oder kleinreden ganz allgemein
– Pläne für die Tage danach machen
– einen oder mehrere Kontaktknotenpunkte nach aussen haben (sich zum telefonieren und einfach “Blabla machen” verabreden)
– sich von aussen nicht ins Innenleben bzw. das Glaubens-Religions-Peseudoreligionskonstrukt reden lassen (bzw. eher “drüber reden”, als es zu erklären oder rechtfertigen)
[ba- ich erkenne hier ein Muster bei uns *Augenroll* haha]
– Schmerzmittel, Taschentücher und (allgemein akzeptierte) Nahrung im Haus haben

Hab ich schonmal erwähnt, dass wir dankbar für die Gnade der späten Geburt sind?
Wie lange hätte uns das eine Therapeutin oder irgendwelche schlaue Literatur erzählen können, ohne, dass wir die Notwendigkeit so wirklich mal aufgezeigt bekommen hätten?

So, durch den Weltuntergangshype, haben wir mit angesehen, wie es sich auswirkt wenn Atheisten, Religionsverächter und missachtende Rede auf (todes)ängstliche Menschen treffen. Und wie wertvoll die Menschen, die einfach wissen, dass es immer ein “Morgen” gibt, sind für solche Szenarien.

Schon irgendwie interessant zu sehen, dass man einen im Aussen gewünschten Umgang miteinander nicht hinkriegt- aber auf jeden Fall irgendwie doch bei sich selbst.

Danke liebe Mayas… wer weiß wie es gekommen wäre, wenn ihr euch um noch ein paar Jahre mehr verrechnet hättet und wir nie davon erfahren hätten?

so richtig

“…Ach und- nicht vergessen: Du bist so richtig- ihr seid so richtig!…”
Es regnete und obwohl wir gerade nur ein kurzes Stückchen gelaufen waren waren, glänzte der Schirm schon vor Feuchtigkeit.
Mensch XY drehte sich nach meiner reflexhaften Antwort um und lief in den Abend hinein.
Ich stand im Hauseingang roch meine angesengten Nackenhaare.

[“Na für wen bist du richtig?”
”Nur für dich und immer und immer nur für dich”
„Hmmm”.]
Ich fühlte schier körperlich, wie sein Nicken die Hitze an mir herunterfliessen liess.

So manches Mal lasse ich mich dazu hinreißen diesem Schönen zu glauben. Dieser Bestätigung meiner Gedanken und meines So- Seins als Gesamtperson. Es sind solche Sätze, die spürbar gemochte Zwei-Mehrsamkeit und sogar der mutige Tanz währenddem ich ein Herz an meinem Ohr habe.
Sie sind Träume von einem schönen Morgen, Futter für die uns tragende Überidealisierung des Lebens auf das Wir hinleben und gleichzeitig der schlimmste Verrat.

Manchmal komme ich davon, indem ich eine falsche Realität nach innen leite.
“Es war nur ein Traum… nur ein Traum… nur ein schöner- ja ich weiß: verbotener Traum- bestraf mich dafür so zu träumen… ich habe aber nichts real getan… es war nur ein Traum…”.

Manchmal aber erreichen mich solche Worte komplett und stärken mich wirklich. Sie klären mich und helfen mir, mich zu positionieren- neu zu positionieren.
Mensch XY macht mich verrückt! Ver- Rückt. Ver-rückt meine Gedanken und Gefühle in Richtungen die ich nicht kenne, die neu sind, die schön sind, die spannend und aufregend und sooooo viel Leben sind.

Die BÄÄÄMs wollen auch leben. Aber sie haben eine andere Grundlage dazu als ich.
Wo ich nach dem Leben mit anderen Menschen strebe, Hund, Kind, Mensch und zusammenpassende Schlafanzüge will; wollen sie nur die Lebenskraft die ihrer Meinung nach aus Schmerz und Qualen geboren wird. Ohne wirklich eine Idee zu haben, was sie mit all dieser Lebenskraft dann anfangen wollen.
Ohne zu wissen, wie leer man von Leben ist, wenn man vergewaltigt und noch anders gequält wurde.

Sie sind so richtig. Was wissen sie denn Anderes? Haben sie mal ein schlagendes Herz gehört? Haben sie mal eine lebende, tröstende Hand gefühlt? Haben sie mal jemanden gehabt der sie annimmt, ohne ihre Loyalität zu verachten oder für sich in seinem Kämmerlein konträr zu bewerten und ohne, dass sie zusätzlich den Körper und die Kontrolle darüber, was mit ihm geschiet, abgeben mussten?

Wo ich so richtig bin, wenn ich mir die Augen ausweine, weil ich gefühlt nirgendwo Selbsthilfeaustausch finde, wo ich gehalten und in meiner Ansicht gestärkt werde, da ist auch die absolute Loyalität jener richtig, die mich genau für den Wunsch danach quälen und stellvertretend foltern.

Es fühlt sich seltsam an, die BÄÄÄMs so zu betrachten. Es ist eine neue, fremde, spannende, aufregende Position, ihnen zuzugestehen, dass ihr Handeln, Denken, Einfordern… all ihr Sein, auch richtig ist.
Genau wie ich es für zumindest diesen einen ge-XYpsilonten Menschen auf der Welt bin.

Selbst-s-Folter ist immernoch Folter

Also ganz ehrlich- ja- wir sind ne Sprachmimose. Ja ja ja stimmt!
Wir haben ne Grammatikmacke und hassen es, wenn Menschen “zu” und “nach” falsch verwenden, kriegen die Krise, wenn jemand “als” und “wie” falsch einsetzt und schreihen auf, wenn jemand meint die Begriffe “Vergewaltigung” und “Zwang” synonym verwenden zu können.

Aber wenn sich jemand hinstellt und meint, Folter sei nicht gleich Folter, wenn ich von Folter spreche… da zieht sich nicht nur mein Mimonseninnenleben in sich selbst zurück, sondern mein dunkelbuntes Imperium breitet sich aus wie die Nesselkapseln einer Feuerqualle.

Der Begriff der Folter beschreibt Handlungen um jemandem seinen Willen zu brechen (und in Folge dessen an Informationen heranzukommen oder ihn allgemein gefügig zu machen bzw. zu halten). Diese Handlungen sind immer und in jedem Fall quälend auf irgendeine Art und Weise. Und sie hinterlassen immer einen Schaden.

Mag sein, dass man heute den Begriff nur noch im Zusammenhang mit pseudopolitischer Auseinandersetzung (Politik geht ohne Gewalt- für uns ist Krieg immer nur Gewalt- deshalb steht hier “pseudopolitisch”) hört und dann direkt an sogenanntes “waterboarding” oder vermummte Menschen mit dicken Peitschen in der Hand, denkt.
Dass, auch andere Handlungen völlig subtil und vorallem aus dem eigenen Körper herauskommend, gleichsam eine Folter darstellen können und auch genau als solche empfunden werden, das scheint aber irgendwie doch “übertrieben ausgedrückt”.

Ja danke auch!
Ich geleite mal von oben draufschauend in unsere eigene Folterkammer.
Wir haben einen Kontakt gemacht, der uns gut tut. Der uns Spaß macht und den Horizont erweitert. Der absolut nichts mit den früheren Loyalitäten zu tun hat.
Konflikt: Altes gegen Neues.
versuchte Lösung: Politik- gibst du mir, geb ich dir
innere Ausführung: Maßnahmen, um die politischen Feinde im Innern in ihrem Willen zu brechen, ein neues Leben zu beginnen und an die Gesetze von früher zu binden.
Mittel der Wahl: Todesangst
gern genutzter Verstärker: Schmerzen, forcierte und immer wieder bestätigte Verunsicherung, Bilder der Folgen, die das Handeln haben kann, direkt ausgeübter Zwang quälend peinigende  Handlungen von früher durch die eigene Hand zu wiederholen
Unterm Strich: Selbst-s- Folter!

Ja, es sieht für Aussenstehende aus wie selbstverletzendes Verhalten, eine Essstörung, eine Zwangsstörung, wie schlichte Flashbacks- für uns aber- für unsere Innenkinder und uns Alltagspersonen, die komplett zwischen den inneren Stühlen stehen und einfach nur noch ständig und immer hilflos mit der kleinen weißen Fahne wedeln können, ist es verdammt nochmal Folter.

Ja, ich denke, in diesem Beitrag mache ich mich auf. Ja, ich glaube es ist von Sinn, wenn ich es zeige. Es zeigt eine Dimension.

Insgesamt 20 Stunden nicht zur Toilette gehen zu dürfen (und jedes Mal bei einem Versuch dorthin von Bildern und furchtbaren Gefühlen überflutet zu werden), weil man mit einer Gemögten gesprochen hat, die einem anbietet, etwas anderes zu tun, als das was einem die BÄÄÄMs aufdrücken wollen- ist Folter.
Seinem Körper hilf- und tatenlos dabei zusehen zu müssen, wie er sich immer und immer wieder kochendes Wasser zwischen die Beine schüttet, weil man sich von jemandem anderem, als jenem dem einzig und allein die Loyalität und Liebe gelten soll, gemocht fühlt- ist Folter.
Stundenlang stehen zu müssen, weil man sich nach Stunden in der Kälte ein warmes Getränk zuführen will- es aber nicht darf, weil es den Glaubenssätzen der BÄÄÄMs widerspricht und jene uns immer wieder in diese stehende Haltung zurückzwingen, durch die Provokation von Schmerzen und furchtbaren Ängsten, ist Folter.

Ja, es steht hier niemand neben uns und tut uns das an. Niemand aussen zwingt uns jetzt direkt dazu, das zu tun. Das ist ja aber auch gar nicht nötig. Es ist ja alles im eigenen Selbst installiert. Wir wurden so hingebrochen, um uns genau das hier selbst anzutun, um uns selbst, wenn kein äusserer Täter neben uns steht, immer wieder in das Überzeugungskonstrukt und Handlungskorsett der Gruppierung hineinzufoltern.

Und wenn wir es schaffen, genau das, als das zu bezeichnen, was es ist- nämlich Folter- Selbst-s-Folter, dann sollte nicht von Übertreibung die Rede sein.
Sondern von einer Chance und einem wichtigen Schritt zur Heilung.

Es ist unsere Chance diese Handlungen zu enttarnen und unsere weiße Fahne beiseite zu legen, bei den inneren Verhandlungen. Wer foltert, begeht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Und der Kern jeder guten Politik ist die Ahndung solcher Verbrechen.
Wenn wir sehen, dass sowas bei uns passiert, dann machen wir eine Anzeige bei unseren verbündeten Mitgliedsstaaten und die helfen uns dann, das zu beenden in dem man Verhandlungen aufnimmt, Forderungen beguckt, einer Prüfung unterzieht und Handlungsmöglichkeiten einführt.

Das geht aber nur, wenn wir das Schlimme, das in uns selbst weiterhin passiert, auch so benennen können und wir uns nicht zu schämen und zu bezweifeln brauchen.
Es ist schon schwer genug.
Wie schwer kann man ja auch sehr schön im Aussen betrachten.
Oder was meinen die Zweifler, warum Guantanmo oder Abu- Ghuraibh nachwievor existieren?
Die Tatsache, dass man es “Verhöre von Menschen im Zusammenhang mit terroristischer Aktivität” nennt und nicht “Folter”, spielt definitiv eine Rolle!

Wir wollen die Fehler anderer nicht an uns selbst wiederholen. Das tun wir auf anderen Ebenen bereits oft genug und oft genug von aussen tatsächlich aufgezwungen.

Wenigstens uns selbst gegenüber machen wir das nicht mehr.
Wenigstens das.

Das ist Gefangenschaft in Freiheit

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Heute war der 100ste Tag, nach Befreiung von täterunterstützender Kontrolle.

Wir sind enttäuscht, dass sich dieser Teil Freiheit nicht besonderer anfühlt.
Dass wir dennoch gefangen sind.

Man sieht- es ist kein gebackener Kuchen. “Anxiety” und die BÄÄÄMs haben es geschafft, dass wir uns keinen richtig echten Kuchen zugestehen konnten.
Hart erkämpft und schmerzhaft teuer bezahlt haben wir diesen Keks, die kleine Kerze und die Zuckerschrift.

Wir sind frei und doch haben uns unsere Geschichte und alle Folgen von ihr noch immer in ihrem Käfig.

Das ist keine Freiheit.
Das ist
Gefangenschaft in Freiheit.

Und doch hören wir nicht auf an den Käfiggittern zu rütteln und zu kämpfen.
Das hier ist noch lange nicht das Ende.
Wir sind erschöpft, fühlen uns schwach und klein.
Aber wir wissen, dass dies bald auch wieder zu Ende geht. Dass dies eine dieser schmerzhaften Phasen ist, durch die man manchmal gehen muss. Und, dass wir bis jetzt immer an irgendeiner Stelle gestärkt wieder aus solchen Phasen heraus gekommen sind.

Es fühlt sich nicht so an. Nein es fühlt sich überhaupt gar nicht so an.
Jetzt sind wir im Tal der Tränen. Betteln die Gefängniswärter an, uns freizugeben.

Aber bald können die Tränen wieder trocknen.
Und dann werden wir Stein für Stein weiter diese Gefängnismauern abtragen.
Wir wissen, dass wir das können. Wir wissen, dass wir dabei Hilfe bekommen werden.

Bald.

[P.S. Ja- wir sind echt so spießig und häkeln uns Tischdeckchen haha]