Mut oder: die BÄÄÄMs der Anderen

Es begann mit einem Artikel der Mädchenmannschaft vor ein paar Monaten. Ein paar Klicks, ein paar Kommentaren, ein paar Artikel, ein bisschen gucken, lernen… und nun finde ich mich virtuell umgeben von lauter starken freien wachen bewussten Menschen. Mich fragend, ob ich auch so werden kann. 46164_web_R_K_B_by_Verena N._pixelio.de
Wie viel der Stärke und des Mutes, den ich in den ganzen Websites und Artikeln wahrnehme, ist wahr? Wie viel dieser Vehemenz, Courage, Reflektion, Stärke… Heilung? würde ich in der Realität sehen, träfe ich diese Menschen?

Ich verbrachte den gestrigen Tag am Fenster.
War kurz mit NakNak* im Park. Hatte noch Mut- Elanfunken von dem Innen, das immer schon von sich aus mutig und stark ist. Immer wieder aufstampfend; nach einem besseren Leben zu greifen bereit und mit mir diese ganzen Webseiten schier aufsaugend.
Doch diese Funken verpufften schnell wie ein Strohfeuer in meiner Brust, als ich plötzlich jemanden vor mir sah, der nicht wirklich da war.
Es war ein Doppelbild- eine Pseudohalluzination eines Täters.
Eine schattenhafte Halberinnerung an eine Situation vor über 20 Jahren. Damals hatte es auch so viel geschneit und ich war ähnlich erfüllt von aus Mut geborenem Elan- ich weiß nicht, ob es noch mehr Parallelen gab, die mein Gehirn zu diesem Assoziationsversuch veranlasste.

Damals gab es keine Chance.
Heute nahmen mich zwei Innens an die Hand, drehten den Körper herum und rannten los- mich in ihrer Mitte haltend, beschützend, mir und durch mich hindurch zuflüsternd, dass es vorbei ist, dass wir nun sicher sind. Dass es nur eine Erinnerung ist. Dass die warme Zunge an meiner Hand NakNak* gehört. Ob ich sie nicht mal streicheln wolle. Ein bisschen mit ihr herumgeikeln wolle. Ob ich den Schnee auf der Strumpfhose spüren würde. Immer wieder sagend, in welchem Jahr wir sind. Dass wir wirklich sicher vor ihm sind. Dass ein empfundener Mut berechtigt und absolut in Ordnung ist. Dass wir nie wieder so verlieren könnten.

Es gelang mir nicht mehr, wieder näher an das mutige Innen heran zu kommen. Meine Angst, mein dunkles, wie eine giftige Wolke hinter mir schwebendes Ahnen um die Situation früher absorbiert mich. Es ist,  als wäre da gar nichts Mutiges mehr im Innen.
Ich muss es mir sagen, mir hier hinein schreiben, dass es so ist. Damit ich mir dieses Wissen wenigstens rational nicht wieder aus mir herausstoße- oder von ihm weggestoßen werde?

Es ist mir nun schon so viel möglich.
Wie toll das ist! Wie groß unsere Therapieerfolge schon sind.
Noch vor 5 Jahren bin ich regelrecht abgeschmiert, wenn ich so einer Halberinnerung gegenüber stand. Da war nur Angst- sofort und direkt und ohne auch nur einen Fitzel Möglichkeit, dass ich mir selbst oder etwas aus dem Innen in diesem Moment die Gegenwart an mich- in mich eingebracht bekommen hätte. Jedes Mal das gleiche alte Erschrecken, die gleiche alte Ohnmacht, das gleiche innere Wegkippen als der Ahnungsdonner über mich hereinbricht, der gleiche Wechsel zum Innen, das die Gewalt wieder und wieder und wieder durchlebt.
Heute sind wir schon aktiver- wacher- klarer- bewusster. Ich habe die Möglichkeit noch direkt vor der Ohnmacht auf meine innere “Slowmotion-Taste” zu drücken, mir Hilfreiches aus dem Innen zu aktivieren- mich vom Innen tragen, statt mich hinein fallen zu lassen.

Und trotzdem stand ich dann doch wieder mehr oder weniger durchgehend, bis in die Nacht hinein, am Fenster und hörte den Sermon, den mir die BÄÄÄMs runterratterten. Über meine Unfähigkeit, meine Arroganz, meine Überheblichkeit, meine eigentliche Feigheit, mein “nie so stark- nie so mutig- nie so klar- nie so cool- Sein” wie die, deren Artikel ich da lese, deren Aktionen ich mitverfolge (die andere Innens sogar mitmachen) und die ich bewundere.

Ich hörte einfach nur zu, mich gleichzeitig fragend, ob die Starken da draußen keine BÄÄÄMs haben oder einfach nur schon besser gelernt haben, sich ihnen gegenüber taub zu stellen.

mit oder ohne Betäubung?

Ich mag es, wenn mich meine Zahnärztin das fragt.

Die Welt fragt das nicht und an Tagen wie diesen heute überlege ich, ob es die Möglichkeit der Dauernarkose für Menschen Dachschaden gibt. Sofort antwortet ein Stimmchen: “haha Ja klar- die Psychiatrie oder all den anderen Mist, den wir schon durch haben!”.

Ach man, ja.
Abschießen geht nicht. Abschießen lassen geht auch nicht. Abschießen wünschen ist auch eigentlich schon wieder feige und was bleibt? Aushalten. Spalten und sich darüber noch vorhalten schwach und unfähig zu sein. Großartig.
Das ist wie geradeaus mit Volldampf losfahren und erst in der Kurve drüber nachdenken, wo der Schwerpunkt seiner Karre sitzt.

Ich erwähnte es hier nicht, weils mir peinlich war- jetzt ist es mir egal und ich mache einen Überblick… oder besser gesagt- einen Ein und Ausblick.

Unsere Therapeutin hat 4 Wochen Urlaub- ist grundsätzlich okay- wir brauchen wache Helfer.
(Und eigentlich fehlt mir ja nichts- hey ist doch die Chance Urlaub von dem Theater mit dem Dauerstück “DIS- wie sie das Leben schuf”, zu schaffen! Und egal was das Problem für das Rumtheatern ist, es wird mir nicht schaden, einfach mal die Klappe zu meinen Kopfvorgängen zu halten…)

Aber 4 Wochen sind lang. Die Erste geht immer noch. Die EKG-Linie ist leicht wellig- wie sie soll- eventuelle Abweichungen sind einfach zu beheben, in dem man die Elektroden verschiebt bzw die Pflaster austauscht. In der zweiten Woche zeigen sich schon eindeutig pathologische Kringel in den Wellen- aber der Rhythmus ist gleichbleibend, weshalb man zwar mit dem Kardiologen spricht, sich aber doch erstmal für Sport und gesunde Ernährung entscheidet, statt zu Medis zu greifen.

Nun sind wir in der zwei-einhalbsten Woche und ich glaub, ich hatte einen Miniinfarkt. Das ist seltsam- kam der doch sonst immer erst nach der 3ten Woche. Aber halt- nein- das denke ich ja immer! Und dann stellt sich heraus, dass es nur ein “infarktähnliches Ereignis” war. Gut, also zurücklehnen und darüber nachdenken, wie man das Ende durch Herztod abwenden kann.

Hm… tja… und nu?
Mit Betäubung oder ohne Frau Rosenblatt?
”Mit! Mit!” schreie ich natürlich als Erste- um dann, wenn die ersten Wirkungen eintreten, entsetzt über das zu sein, was mir (inzwischen) hochbewusst nach und nach flöten geht. Körpergefühl zum Beispiel. Die Fähigkeit zu fühlen, ob mein Körper Anzeichen von Panik zeigt und wann das absolute Limit für Aktivität erreicht ist, das Durstgefühl muss plötzlich wieder nach Zeitplan und Mengenliste eingeschätzt werden. Das innere Echolot hängt, statt wie sonst 3 Meter, nur noch 1 Meter tief.

Wir haben mit unserer Therapeutin eine Gewichts- Ess-verbindliche Vereinbarung über die Therapie bei ihr getroffen. Das ist auch etwas Gutes… ganz grundsätzlich. Aber nach dem letzten Urlaub war ein spontaner Kommentar: “Sie haben abgenommen.”
Paff Anxiety fläzte sich von links nach recht und grunzte gleich wieder nach mehr. Madame Essstörung allerdings auszuhungern war schwer (und ist es jeden Tag). Gleichzeitig die BÄÄÄMs im Nacken und Peng: der innerpsychisch beschissenste Knebel innerhalb der SVV-Blüte die unseren Alltag sowohl bestimmt als auch reguliert.

Für alle die hier zum ersten Mal lesen: Hier gilt: entweder essen oder schlafen- beides gleichzeitig gibts nicht, da die dritte im Bunde die schwere Selbstverletzung (im Sinn der akuten Schädigung von Körperoberfläche) wäre, was wiederum komplett unterlassen sein soll- Ergo eiern wir seit Monaten zwischen Hungern und Ausschlafen herum, was wiederum bedeutet: Um Anxiety nicht zu füttern (weil wir ja nicht weiter abnehmen wollen und um den Platz nicht zu gefährden) durch potenzielle Ansage von Außen, sollte gegessen werden, was zwangsläufig zu was führt? Richtig: systematischer (und “selbst herbei geführter”) Schlafentzug, der ab einem bestimmten Zeitpunkt einfach nur unaushaltbar ist (und damit eigentlich schon die Selbstverletzung gebiert).

Jetzt ist es nicht so, dass wir tagelang wach durch die Gegend springen- wer schon mal mehr als 24 Stunden durchgehalten hat weiß, dass das gar nicht mehr wirklich möglich ist. Aber es ist auch nicht so, dass ich mich ins Bett lege und einfach nicht schlafen will oder kann oder “es unmöglich mache”. Ich mache es mir gut, sage immer wieder, dass es darf, es geht, es darf, es geht … und das mache ich so lange, bis ich plötzlich wieder “wach” werde. Ich weiß nicht, wie man diesen Zustand nennt (und jetzt komm mir bitte keiner mit “Dissoziation”), aber das ist die Art wie wir gerade “schlafen”. Und zwar in jeweils 2-3 Stunden Intervallen. 2-3 Stunden wach und aktiv (so es noch geht) und dann liegen, ruhen- mit offenen Augen ausgeschaltet sein für eine gewisse Zeit.

Um dann direkt vollgeBÄÄÄMt zu werden, ob der Unfähigkeit, der Inkonsequenz und so weiter.

Ob die Betäubung durch eine Notfallmedikation helfen würde? Ja sicher. Durchgängig und erst wieder beendet, wenn jemand da ist der mich dann auffängt- klar- bin ich dabei! Ich mag Betäubung- oh jaaaa bitte nichts mehr  mitkriegen von dem Mist hier, oh yes- keine Chance mehr für meinen Kopf irgendwas gruseliges, peinliches, abartiges, verbotenes, unpassendes SCHLIMMES (das K. Rosenblatt-sche “schlimm” betreffend), zu tun, für das ich die Verantwortung tragen muss, obwohl mir alles drum rum unklar ist.. haaach wie verlockend der Eintritt in den Nebel, der mich von dem ganzen Schweren trennt…

Und was dann? Wie würde unser Blog hier wieder aussehen?
Was würde aus NakNak* werden? (Ein Bordermisch auf Bewegungsentzug- das ist so spaßig wie ein Gummitwist als Leine für nen Mastiff mit Schaum vorm Maul)
Würden wir dann essen?
Würden wir noch irgendwas tun, was unsere minikleine Bubble erweitert?
Würden wir dann besser leben als jetzt?
Würde das auch nur irgendjemand (der nicht gerade Geld mit der Herstellung dieser Mittel verdient), auf die Idee kommen so einen Zustand noch “Leben” zu nennen?

Toll, die typischen Fragen und Schleifen aus der zwei-einhalbsten Woche.
Es ist klar, dass ich das wieder nicht so gehändelt kriege, wie ich das eigentlich, nach all den Jahren können sollte.
Es geht nun weiter mit der Unterwanderung der Gedanken, die man sich zur Therapeutin macht (sie ist nicht echt, sie spielt, sie will dir nur weh tun, sie hat Spaß an Wissenschaft- du bist nur ihr Kaninchen, sie kann dir nicht helfen, sie findet dich eklig und lässt dich nur da sein, damit sie sich toll fühlt, warte nur ab- wenn sie wieder da ist und da sitzt dann… ) und endet dort, wo ich fest davon überzeugt bin, dass ich die Therapie jetzt sofort beenden muss, weil ich eh ein hoffnungsloser Fall bin, weils ich eh nie lernen  werde, weil weil weil weil EH

EH, Sowieso und überhaupt und ganz grundsätzlich- bin ich ja doch scheiße und es nicht wert überhaupt zu sein. So. (Ja traurig- SO abhängig bin ich davon mehr oder weniger regelmäßig vermittelt zu kriegen, dass ich nicht scheiße bin und es Hoffnung auf ein Heilwerden gibt)
Damit endet die dritte Woche. 124787_web_R_K_by_Karin Schmidt_pixelio.de

Und dann- eigentlich kurz vor Schluss- wo ich eigentlich Zeit damit verbringen könnte, einen Countdown zu haben und mir zu überlegen, wie ein sinniger Wiedereinstieg aussehen kann (es gibt Innens die sich sagen, dass unsere HelferInnen sterben, wenn sie weg (unerreichbar) sind) – bin ich nicht mehr da.

Gestorben an einem Miniinfarkt.
Abgetrennt von der allgemeinen Wahrnehmungs-Bewusstseinsversorgung, bis ein Stant, bestehend aus Versicherung der Rückkehr, Überprüfung des Verhältnisses, Kommunikation dieses Umstandes gelegt ist, der mich wieder mit mir selbst versorgt.

Oh Wunder was Oh Wunder wei
Eigentlich ja cool, dass ich meinen inneren Tod vorhersehen kann. Doch das ist ja allgemein immer die Krux: nur weil mans vorher weiß, heißt das nicht, dass man es auch verhindern kann.
Und in Bezug auf diese Kiste hier, habe ich schlicht keine Chance. Ich werde wieder einknicken, wieder die BÄÄÄMs gewinnen lassen und wieder unempfänglich für was auch immer dann von Außen kommt sein.

Ich hoffe wirklich, wir schaffen es irgendwie, unser eigenes dunkelbuntes Imperium heller zu machen. Diese inneren Tode sind wirklich schlimm, denn sie betreffen nicht nur mich als einzelnen von Vielen hier.

Und nur weil Reanimation in der Regel klappt, heißt es nicht, dass ich mich nicht doch auch sofort wieder danach verzehre, gefragt zu werden: “Mit oder ohne Betäubung?”, weil mir das Bewusstsein, mein Da- Sein und das Leben selbst direkt wieder unglaublich schmerzhaft vorkommt.

Verantwortung, Schuld und was uns sonst noch so trennt

Eigentlich ist es doch eine ganz einfache Kette:
mir wurde Gewalt angetan —> ich erhielt etwas, dass ich ver- geben kann

Weshalb ich das gerade nicht tun kann, erklärte ich in dem Abschnitt der aufzeigte, dass die FolgenDavidPfister der zugefügten Gewalt von meiner Seele- meinem Sein- diesem blinkenden Kern der “uns” darstellt, bereits so aufgenommen wurde, dass jedes Vergeben hieße: “jemanden” von uns zu ver-geben. Im Sinne von “ein Innen weg- geben”.

Schnell entspinnen sich die Gedanken anderer Menschen auch um das Thema der Schuld und der Verantwortlichkeit von Menschen die zum Opfer (zwischenmenschlicher) Gewalt wurden.

Ja, gut.
Dann also die Themen Schuld und Verantwortlichkeit.

Gerade nach dem letzten Artikel hörte ich: “Nein- du hast keine Schuld gehabt- es war nicht deine Verantwortung.”
Was aber ist Verantwortung?
Entsprechend allgemein gültigen Wortdefinition, ist Verantwortung, eine Art Verpflichtung im Rahmen von geltenden (sozialen, kulturellen, moralischen, religiösen) Normen (die in Gesetzen festgehalten sind) zu interagieren. Es ist etwas, das wir Menschen uns gegenseitig aufdrücken, damit wir vernünftig miteinander leben können.

Das ist eine gute Idee wenn es darum geht, Schäden zu verhindern und Ansprüche auf Ausgleich und Gerechtigkeit definiert und geltend gemacht werden können.

Verantwortung ist keine flexible Pflicht. Sobald man sich in einem menschlichen Kontext mit einem Normenkonzept befindet, ist sie da. Man ist verantwortlich für alles was von einem ausgeht- wie für alles was zu- an einem herangetragen wird. Ganz grundlegend und immer und überall.
Es gibt nur genau einen Punkt an dem man trennen kann zwischen dem, was die eigene Verantwortung ist und dem, was die Verantwortung eines anderen Menschen ist. Und das ist der Punkt an dem etwas nicht mehr im eigenen Einfluss- Beeinflussungsbereich liegt.

Unsere (Staats-) Gesetzgebung nennt Kinder unmündig und stellt sie als besonders hilflos und schutzbedürftig dar. Das heißt: vor dem (Staats)Gesetz haben Kinder keine Verantwortung dafür zu tragen, wenn ihnen Gewalt angetan wird- da ihnen im Sinne der Gesetzgebung jede Möglichkeit zum Einfluss bzw. zur Beeinflussung fehlt.

Ich vermute, weil unsere demokratische Kultur das Konzept der Staatsmacht sehr hoch bewertet (da ihre Standbeine die Aufgabe haben, absolut neutral und ausschließlich den geltenden Gesetzen entsprechend zu agieren), heißt es heute sehr schnell, dass jemand eine Schuld trägt, weil er eine Verantwortung (entsprechend der staatsmächtlichen Normen) abgegeben hat oder einer hilflosen- (einer zu Einfluss unfähigen) Person übergeben hat.

Doch ist für mich- uns diese Überzeugung fern.
Sehr viel näher liegen uns die Felder der Verantwortung, auf die so bewusst scheinbar nur wenige noch Rücksicht nehmen, weil die Staatsmacht soviel Raum einnimmt.
(Pseudo)Religiöse (und damit schnell (sub)kulturelle) Normen und darin begründete Verantwortung wird (vor allem hier in Deutschland) meinem Empfinden nach verachtet- ja manchmal sogar missbilligt und jede weitere Pflicht, die man sich aus ihr heraus annimmt wird abgetan und teilweise sogar kriminalisiert.
Doch sie ist da. Und sie hat für viele Menschen unter Umständen genauso viel Gewicht wie die Staatsgewalt. (Stichwort “nicht integrationswillige Migranten”, Beschneidungsdebatte, Burkadebatte, das Kreuz im Klassenzimmer)

Wir sind mit einem Konzept aufgewachsen in dem unser Einfluss- unsere Möglichkeiten der Einflussnahme auf andere Menschen nicht als inexistent betrachtet wurde.

copy gnar.gn.funpic.deWir wuchsen mit dem Wissen und der Selbstverständlichkeit von Gewalt auf, weil sie in dem Kontext gerechtfertigt ist, aufgrund eben genau dieser Form der Selbstverantwortung und pseudoreligiöser Pflicht..

Wenn man etwas will, dann soll man es tun. Wenn man etwas nicht will, dann soll man es lassen.

Der Fall, dass man nicht will, dass etwas mit einem gemacht wird, ist schlicht nicht vorgesehen. Das gesamte Konstrukt ist darauf aufgebaut, dass jeder einen Schmerz oder einen Unwillen überwindet (und überwinden will) um stärker und damit wertvoller für alle zu werden.
Und das ist schon alles.

Alle Konflikte die sich darauf aufbauend entwickeln, sind begründet in dem Doppelleben das wir zu leben gezwungen waren (und es innerlich bis heute sind). In der einen Welt, der Welt in der Verantwortung mit potenzieller Schuld, Hand in Hand geht und Kinder vom Gesetz geschützt werden, können wir vieles was uns angetan wurde als definitiv unrecht betrachten und eine Unschuld im Sinne einer Unfähigkeit einer Einflussnahme, sowie all den Schmerz und die Demütigung annehmen. Das gilt zum Beispiel für alles was uns passiert ist, seit wir aus dem direkten Wohnumfeld der Täterkreise (also aus dem direkten pseudoreligösem Einfluss) heraus sind- nicht aber für das, was uns unter dem Deckmantelkonzept der Pseudoreligion angetan wurde, während wir direkt noch dort lebten. In jener anderen Welt hätten wir etwas verhindern können und haben es nicht getan.

Die vom Staat und auch der breiten Masse immer wieder unterstrichenen Trennung von Religion und Staat ist es zu verdanken, dass wir mit unserem Ansinnen diese Punkte irgendwie zu verbinden allein auf weiter Flur zu stehen scheinen.

Ich merke es, wenn ich auf der Suche nach Literatur zum Thema des geistigen Ausstiegs oder auch der spirituell-psychischen Selbstbestimmung bin. Ich merke es, wenn ich auf der Suche nach einem Konzept, einer Idee, einem Stichpunkt bin, der mir erlaubt meine eigene Verantwortung an der uns zugefügten Qual sowohl anzunehmen, als auch gleichzeitig als “Unrecht” zu bezeichnen.

Wir wollen (und können) nicht einfach unseren Kopf aufklappen und einmal feucht durchwischen, um dieses uns gleichsam zerstörende- wie aber auch haltende (Normen- und) Wertesystem abzubauen.
Oft stoßen wir damit auf Unverständnis, stürzen unter Umständen hilfreiche Phrasen, die sich jemand vorsagt, um mit seinen Gewalterfahrungen zurechtzukommen um, wenn ich sage, dass wir nicht vergeben oder wie nun hier, dass wir die grundlegende Verantwortung für das was uns passiert ist, nicht als inexistent oder zu Unrecht auf uns abgewälzt betrachten (können) bzw. beides gleichzeitig gesehen haben wollen.

Würde ich anfangen Tätern eine Verantwortung im Sinne der Gesetzgebung zuzuschreiben, würde ich ihnen eine Schuld aufdrücken, die sie aber im richtigeren Kontext (der ursächlich für die Handlung war) schlicht nicht haben. Ja, würde ich zu einem Richter gehen- der einzig dem juristischen Recht der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist- käme es zu einem Schuldspruch. Doch würde ich zu einem Richter gehen, der den Gesetzen jenes pseudoreligiösem Konstruktes entspricht, wäre meine Anklage ein Fall für einen Schuldspruch!

Ja, liebe ultra-Schlauen da draußen, es ist völlig klar, dass hier jemand schreibt, der einer Indoktrination unterworfen wurde und der Gedanke, dass diese Worte hier stehen, weil wir mit viel Angst dazu gebracht wurden, so zu denken und zu vertreten, ist verständlich.
Doch bedenken Sie bitte Eines: jemand der schlicht Täterkonzepte- und Inhalte repliziert, der sieht nicht beide Welten.

Wir haben eure Welt gesehen.
Wir sehen sie und wir wollen in ihr leben, wie alle anderen Menschen auch- doch… wo wir die Täter und die ganze Gewalt in uns haben und sie nie werden ver-weg-geben können, da haben wir auch ihre Werte und ihre Konzepte in uns.

Unser Ziel ist kein Zustand in dem wir von einer Freiheit dieser Inhalte sprechen.
Das Ziel ist ein Zustand der Integration, sowohl dessen was in mir ist- als auch mit dem was um mich herum ist.

P.S. So viele Parallelen: Ich denke: Ich möchte beides gelten lassen können. Ich möchte alles (da)sein lassen dürfen.
Und irgendwie ist es wieder auch das Thema: Ich möchte eine Erlaubnis für mein Sein- mein auch so viel(e) sein wie ich- wir eben sind.

Vergebung*

“Es könnte dir vielleicht helfen wenn du Vergebung zulässt. Sowas kann therapeutisch wertvoll sein, um aus der Opferrolle zu kommen…”

Meine Augen verengten sich, die Haut über meiner Stirn begann zu klüften… Der Vortrag über die richtige Verwendung des Begriffs der Opferrolle begann…
Übrig blieb dann aber doch das Echo der Vergebung.

Was mein Ich zu so vielen Du´s entwickelt hat, war weder eine wiederkehrende Naturgewalt, noch Kriegswirren oder eine andere Art vom Menschen zu abstrahierende Wendung des Schicksals. Hinter jedem Trauma das wir überlebten, standen mir mehr oder weniger nahe Menschen, die mir etwas zufügten- mir etwas gaben, was ich vergeben könnte. Oder auch vergeben lassen könnte?

Ich habe überlegt was wäre, wenn einer der Menschen die an uns zum Täter geworden waren, auf uns zukäme und ein Vergeben einforderte oder mir die Chance eines Vergebungserhaltes von dem Menschen einräumen würde.
Also ganz vermutlich würden wir zu allererst weglaufen wollen, was ich schon als beachtenswert und als Erklärung für den Umstand, dass “Vergebung” hier noch nicht Thema war, einschätze.

Nein, wir wollen diese Menschen nicht wiedersehen. Nein, eigentlich wollen wir nicht einmal an sie denken oder ihnen auch nur noch einen Fetzen unseres inneren Kosmos zugestehen.
Das stimmt so eigentlich aber auch nicht.
Und ist auch gar nicht möglich.

Man sagt nicht ohne Grund: “mir wurde Gewalt angetan”, oder: “mir wurde eine Verletzung zugefügt”. Mit jedem Mal, dass uns etwas angetan wurde, wurde etwas vom Aggressor selbst oder dessen Handlung(skonsequenzen) in uns hineingepflanzt. Die BÄÄÄMs, täglich auftretende (Erinnerungs-)Schmerzen, quälende Ängste und immer wieder nötige Dissoziation zum Schutz vor Erinnerungen- unterm Strich: die gesamte DIS = die komplette (Nicht- Selbst-)Wahrnehmung, die es heute für uns als Gesamtperson gibt, ist das, was uns an-hin(ein)gegeben wurde, von den Menschen, die an uns Gewalt ausübten.

Würden wir anfangen zu vergeben, würden wir also uns ver-geben- uns weg-geben- uns wieder denen hin-geben, die sich uns dereinst einfach (von vorn, von hinten, von irgendwo runterhängend, von irgendwo gefesselt oder von jemanden festgehalten- ) nahmen.

Wir hätten das Recht ein Vergeben einzufordern. Doch was hieße das im Umkehrschluss?
Ich glaube, dass auch wenn man zum Täter wird, ebenso Teile des Opfers im Täter landen. Sadismus lebt davon, dass das Leiden des Opfers gespürt wird- in sich aufgenommen werden kann, genauso wie manche Spielart der menschlichen Sexualität genau darin ihren Reiz hat, das Ausgeliefertsein- die Erniedrigung des “passiven” Partners in sich aufnehmen zu können, um eine Befriedigung zu erfahren.
Wir würden nicht erhalten, was uns genommen wurde. Wir bekämen keine Würde und auch keine Integrität zurück. Wir würden ausschließlich das Leid, das sich im Täter zu Befriedigung antreibender Gefühle verwandelt hat, erhalten.

Würden wir Tätern vergeben würden wir- genau wie die Täter von uns- ein in ihnen verwandeltes Abbild vom uns erhalten. Und bei aller Überlegenheit, die sich eventuell auch einstellen würde, würden wir es nicht verkraften so eine Abgabe an uns- so ein erneutes Einpflanzen in uns- auszuhalten.

Beim Aufschreiben von Taten für den OEG-Antrag fällt mir auf, dass es eine Art Lieblingstäter-Typ gab. Das ist der Typ Mensch der aussieht wie alle anderen- der macht was alle anderen machen- der verlangt was alle anderen verlangen- der Typ Mensch den man auf der Straße nicht wiedererkennen würde- der Typ Mensch der uns gleichsam zum Wegwerfartikel gemacht hat, wie er von uns zu “einem von vielen” gemacht wurde.
Bei solchen Menschen wäre Vergebung möglich. Aber gleichzeitig auch sinnlos. Denn was dieser Typ gewaltausübender Mensch zufügte, fügten wir ihm auch zu: Objektivierung in Reinkultur. Was soll man mit der Ver-Gabe eines Objektes?

Die Wichtigkeit von Vergebung im therapeutischen Kontext kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber ich frage mich, für welchen Aspekt genau so ein Sich-Abgeben bzw. der Erhalt einer Selbst-Vergabe wichtig sein könnte.
Ich erinnere mich an eine Situation in der Schule in der jemand mich um Vergebung bitten sollte, weil er mich geschubst hatte. Er wollte es gar nicht und ich hatte einfach nur Schmerzen im aufgeschlagenen Knie. Es war der dritte Akteur (die Lehrerin) die den anderen Menschen dazu drängte mich um Vergebung zu bitten- und zwar damit: “dann alles wieder gut ist”- damit “Ruhe ist”- damit “man sich wieder verträgt”- damit “du lernst, dass man das nicht macht”…

Ich bezweifle den Lernerfolg von Zwangsvergebungen unter Kindern. Wenn man jemanden schubst, dann lernt  man: “Oh guck- der fängt an zu heulen und will nicht mehr mit mir spielen”. Und egal was dann folgt, ob sich das Kind um Vergebung bittet oder nicht, es lernt, dass man jemandem Schmerzen bereitet mit Schubsen und Hinfallen und, dass derjenige keinen Bock mehr auf einen hat- es sei denn man schafft, dass der Andere sein Mitgefühl für den erlittenen Schmerz spürt und sein aufrichtiges Bedauern darum. Zum Beispiel in dem man um Vergebung bittet und Gesten der Zuwendung und Ausgleichs tätigt. (Klar- Kinder müssen diese Gesten erst lernen- aber im günstigsten Fall bekommen sie solche Gesten vorgelebt von den Erwachsenen im Umfeld).

Worauf ich hinauswill ist, dass ich bei der “therapeutisch wertvollen Vergebung” einen dritten Akteur wittere. Entweder im Form des Therapeuten oder einen noch weiter Außenstehenden, der sich (aus ganz egoistischen Motiven heraus), für die betroffenen Parteien wünscht, “dass alles wieder gut wird” oder “dass man sich verträgt” (bei Erwachsenen wird seltsamerweise nie von einem Lernerfolg ausgegangen in Bezug darauf- trotzdem gibts (Verhaltens)Therapieen für Straftäter…Logik?!).

Der Aspekt des sich ver-tragens nach einer Vergebung ist auch nicht uninteressant. Ich habe schon mit einigen weiblichen Menschen (ja, das Geschlecht ist in diesem Kontext wichtig) gesprochen die von ihren Vätern sexuell misshandelt wurden und die davon sprachen, dass es ihnen nach einem “Aussprechen und einander Vergeben” besser ging. Sowas nehme ich selbstverständlich erstmal nicht wertend auf. Ich stecke nicht in ihrer Haut- zu Gefühlen anderer habe ich keine Meinung zu haben.
Doch etwas nachgebohrt ergab sich dann doch immer wieder, dass die Erleichterung weniger aus einer seelischen Erleichterung oder Gleichgewicht kam, sondern von zugestandenen Erbteilen, beendeten Familienfehden oder sogar von der Herausgabe schmerzlich vermisster Kindheitserinnerungsstücke in der Folge. So betrachte ich (für mich persönlich) diese “Vergebung” nicht als echt. So etwas ist eine verleugnete Selbst-Abgabe der Opfer gegenüber der Täter- erneut (und perfiderweise von sich selbst aus, was noch wohlwollend betätschelt wird, von anderen)! Auch, wenn es dabei nicht um körperliche Versehrung oder Zwang im üblichen Sinne ging.

Sich zu ver- tragen bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass man eine Last ausgleichend verteilt, um sie besser tragen zu können, sondern es bedeutet für das Opfer ein Ver- ERtragen, weil es etwas gewinnt, was ihm die Last des zu tragenden Unrechts evtl. erleichtert- letztlich aber doch noch mehr Ballast aufbürdet, den es zu tragen hat.

“Damit alles wieder gut wird”
Ist für mich der so ziemlich gemeinste Anspruch in Bezug auf ein Vergeben, den es geben kann. Für wen soll denn “wieder alles gut” werden? Was bedeutet: “gut”? Was genau meint: “alles”?309233_380546228700118_1453393758_n

Wenn man geistig stirbt, weil man durch die Körperlichkeit eines anderen Menschen bereits körperlich fast stirbt, dann gibt es kein “gut” oder “schlecht” mehr. Dann gibt es nur noch “Leben” oder “Tod” und das für den Rest der Existenz.
Ich kann mich an keinen einzigen Zeitpunkt in unserem Leben erinnern (und mich gibt es schon seit der Körper 5 ist) an dem es (das Leben, das Sein- die eigene Existenz) einfach nur “gut” war. Weder für uns-mich allein, noch für uns-mich vor anderen Menschen. Wir waren nie “gut” für andere- waren nie in Gänze einfach “gut”. Nie war in unserem Leben irgendetwas einfach gut- immer gab es soziale oder emotionale oder ökonomische oder moralische Fallstricke, die uns das Gefühl “gut” zu sein oder “gut für jemanden zu sein” wieder stahlen.
Wieso sollten wir eine Vergebung anstreben. damit “alles gut wird”?
Es ist das Streben nach einem Zustand dem alle Menschen nachjagen: bedingungslose Annahme seiner Selbst als schlicht “gut” und der Erfüllung aller Grundbedürfnisse zur gleichen Zeit.

Wir wissen, dass es das niemals kostenlos geben wird.  Unsere HelferInnen zum Beispiel, die uns annehmen und als “gut” sehen, werden alle in irgendeiner Form bezahlt (auch wenn sie nicht direkt für ihre Gefühle bezahlt werden- so ist es die Möglichkeit an diesen Gefühlen Anteil zu haben die bezahlt wird). Niemals wird uns auch nur ein Mensch auf der ganzen Welt ganz genau so bedingungslos annehmen, in einem Kontext der alle unsere Grundbedürfnisse befriedigt, wie es jene hätte tun müssen, die uns geboren hat. Ich glaube, dass der Ausspruch “damit alles gut wird” tatsächlich nur eines bedeutet: “damit du in einen Zustand kommst, in dem du keine Sorgen und keine Ängste haben musst” (“damit du dich so sicher und geborgen (“gut”) wie Bauch/ im Arm deiner Mutter fühlen kannst”).

Dieses Streben ist es was mich-uns so von vielen nicht- (von (sexualisierter) Gewalt in der Familie seit der frühen Kindheit)-betroffenen Menschen trennt. Viele laufen genau diesem Ideal nach, während wir froh sind, um jedes Grundbedürfnis, dass wir durch uns selbst wahrzunehmen und zu befriedigen in der Lage sind. Wir kennen “alles gut” nicht so, wie diese Menschen vielleicht. Wir haben gelernt, dass es überlebensnotwendig ist, immer alle Ängste und Sorgen wahrzunehmen. Sie abzulegen bedeutet für uns existenzielle Bedrohung- nicht entspanntes Schaukeln in der Hängematte.

Vielleicht macht mich dieser Satz auch ein bisschen wütend, weil er nach dem Satz “Vergeben und Vergessen- alles wieder gut” klingt. Oder auch, weil er oft von Menschen gesagt wird, die genervt sind, hilflos sind und damit nicht gut zurecht kommen. Ich fühle mich dann oft in der Position in der ich um Vergebung darum bitten möchte, keine Vergebung einzufordern bzw. zu geben. Wie das Kind, das um der Lehrerin zu entsprechen eine Vergebung vorschiebt, um nicht um Vergebung für die Verweigerung bitten zu müssen.

Ja, das Thema Vergebung ist ein Großes.

Jemand sagte mal zu mir, dass er an uns den Wunsch zur Überlegenheit gegenüber den Tätern vermisst und fragte, ob wir deshalb keinen außergerichtlichen Täter- Opferausgleich oder sogar eine offene Anzeige anstreben, um eine Vergebung zu erhalten. Er meinte, dass wir so weniger um unsere Würde kämpfen müssten und mehr von der Genugtuung hätten.

Ich sagte ihm, dass Objekte- Fallnummern nirgendwo Würde hätten und, dass wir vermutlich alles fühlen würden was nur irgend möglich sei, würden wir diesen Menschen wiederbegegnen- doch das Genugtuung mit “etwas genug zu tun” zu tun hätte.
Ich lächelte ihn damals schon an- so wie ich es heute wieder tat und sagte: “Es gibt nie ein “der Sache genüge getan”, wenn einem der Körper so zerstört und die Seele in Stücke gerissen wurde, dass das Leben und das Sein zur Definitionsfrage wird. Mir geht es nur darum eine Antwort auf diese Frage zu finden- nicht, darum mich “besser” im Sinne von “überlegenen” zu fühlen.”

*Ich verwende durchgehend den Begriff der Vergebung- nicht der “Entschuldigung” oder “Verzeihung”, weil es mir in diesem Artikel nicht um den Schuldaspekt von Straftaten geht, sondern um den Aspekt des Ausgleichs und der sozialen, sowie der seelischen Balance

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Es ist der dritte Tag in Folge ohne Schlaf.
Es ist der Punkt an dem ich Halluzinationen in der Sichtperipherie habe, mein Kopf auf eine dysfunktional verstümmelte Kurzstreckenwahrnehmung eingestellt ist.234247_web_R_K_by_Sarmakant_pixelio.de

Langsam über den Tag verteilt spüre ich Sandkörner in den Gelenken, die sich mit jedem Schritt vermehren. Wie Brause prickelt es unter meiner Haut und ab und an keimt die Idee in mir auf, dass es sich dabei um Insekten handelt. Am Abend höre ich dann das Aufquietschen meiner übersäuerten Muskeln und das kratzende Geräusch, welches meine Augenlider verursachen, wenn sie sich über die brennend tränenden Augäpfel zu schieben versuchen.

Ich versuche es wirklich. Ich will nicht jammern und rumheulen. Ich will nicht schwächeln und in diesen Moloch aus Selbstmitleid und Trauer verfallen.

In solchen Zeiten merke ich dann aber doch, dass ich versucht bin, nach einer Mami zu weinen- obwohl ich zeitgleich kindlich-erwachsen spüre und denke, dass keine kommen wird. Weil keine da ist. Weil ich keine habe. Weil die, die es gibt nie kommt. Weil ich ganz eigentlich auch gar nicht will, dass sie kommt, weil sie…
Weil ich eine Mami will- nicht meine Mutter.

Dieses Jahr ist es das erste Jahr in dem es keine Post um die entsprechende Zeit gab.
Keine Aufforderung. Kein Zeichen. Nichts.
Nun also nicht einmal mehr eine pseudoreligiöse Bestimmung?
Es ist wundergut- fantasischlimm und stellt den Mixer an, der sich in das Impulsgelee versenkt und alles so durchpflügt, dass ein uneinheitliches Bitterbunt in mir herumschwappt.
[Meine Mutti hat mich nicht mehr lieb.-BÄÄÄM–  Ja ne ist klar- die Olle hat dich nie lieb gehabt, begreifst du das denn nicht?!- BÄÄÄM BÄÄÄM BÄÄÄM- Hey heißt das, dass wir jetzt noch ein bisschen freier sind?- Sie wollen sicher, dass wir uns melden. Das hätten wir schon längst tun sollen. Vielleicht denken, sie, dass wir tot sind und sie trauern um uns?- BÄÄÄM BÄÄÄM- Mutti soll nicht traurig sein. Ich sollte anrufen und sagen…-Sag mal spinnst du jetzt komplett?! Wir sind nicht bis hierhin gekommen, damit du Leuten entgegen gehst, vor denen wir weggelaufen sind!- Ich bin mutterseelen allein. Mutterverlassen. Verlassen… verlassen…. verlassen _ Eine Tür knallt_  BÄÄÄM BÄÄÄM BÄÄÄM]

Ich habe mich in einer Nacht im Schlafanzug und ohne Schuhe, etwa 10km entfernt von meiner Wohnung wiedergefunden. Nach einer Flucht, wie ich denke.
Ich hatte so eine Angst vor einem ausbrechendem Feuer, dass ich mich nicht getraut habe, den Haustürschlüssel so verpackt mit Anweisungen wie es meine Therapeutin vorgeschlagen hatte, in meiner Wohnung liegen zu haben.
Ich habe wirklich Angst vor Verletzungen in so einem Zustand, Angst um Sookie, Angst um mich, Angst davor irgendwann von jemandem aufgegriffen zu werden, Angst einmal irgendwo aufzutauchen von wo ich den Heimweg nicht so einfach wiederfinde.
Angst davor zu wissen, wovor ich meine so weglaufen zu müssen.
Ich habe Angst vor Angst zu sterben.

Ich esse, nehme zu und schaue “Anxiety” dabei zu, wie sie sich mit den BÄÄÄMs vereint. Wie sie gemeinsam an der Klinge wetzen, über die sie mich springen lassen wollen, während ich Schokolade, Chips, Säfte, Zucker und allgemein ungesundes Zeug, in Massen in mich hineinschaufle, um mich mit dem Schmerz des überfüllten Bauches zu strafen und doch gleichzeitig auch auf Ebenen zu sättigen, die selbst die wertvollste Köstlichkeit nie erreichen wird.

Voilà!
Der wohl misslungenste Versuch einer Houdini-Schülerin sich aus dem kopfeigenen Selbstzerstörungs- und Ängstenetz zu befreien!
Nicht nur noch tiefer verheddert, sondern gleich noch ein paar Fesseln mehr angelegt.
Hat wohl nicht genug geschlafen!
Versagerin.
Und jetzt fängt sie auch noch an zu heulen!

von Weltuntergängen und anderen Feiertagen

Der Weltuntergang hat uns auch beschäftigt.
Und Religion. Und Pseudoreligion.
Und Atheismus. Und Pseudoatheismus.
Und unsere Angst haben wir nebenbei auch beguckt.
Aber da gibts kein Pseudo.

War schräg.
Auf einmal- keiner weiß woher- geisterten überall und überall Omen, dunkle Zeichen, Channelingsergebnisse, Geister und große neblige Mächte, zusammen mit atheistisch motivierter Religions- und Kirchenverachtung, wissenschaftlichen Analyseergnissen und lapidarem Schwarzätzhumor in einem groteskten Massentanz wie bei Disney, vor unseren Augen durch die Medien. 

Und unsere inneren Augen hatten große Pupillen.
Plötzlich drehte sich nicht nur unsere innere Welt um diesen einen Tag, sondern auch noch die Äussere. Und das auch noch auf die gleiche Art wie hier bei uns im Innen bis dato!

Die jährlichen Sonnenwendfeiertage sind in unserem inneren Weltbild verankert- auch wenn der pseudoreligiöse Inhalt dazu, alles andere als eindeutig zu benennen ist und mir das bis heute nicht schlüssig ist. Ich habe aufgehört diesen Teil der an uns verübten Gewalt im Ganzen verstehen zu wollen. Es ist uns schlicht (noch) nicht möglich nachzuvollziehen worum es ging und wieviel “echter Pseudomist” geschah und wieviel davon einfach besser verkaufbares “Thema” von Gewalt und Folterdokumentation war.
Wir leben heute einen individuellen-hilfreich-kaputtmach-(pseudo)religiösen Mischmasch aus Altem, Neuem, Gutem und Schlechtem (aber notwendigem). Alles hat seine Geschichte, seine Berechtigung und damit seinen Platz. Es herrscht der Konsens, dass wir erst verstehen und dann bewerten wollen. So kommen wir uns am Wenigsten ins Gehege und schaffen eine neutrale Basis.

Das Ganze sah dann am Tag des vorhergesagten Weltuntergangs und der Wintersonnenwende etwa so aus: 
Da gibts eine ganze Batterie von Innens, die wie ein verschrecktes Häschen in der Ecke hockt und wartet/ hofft/ fast umkommt vor Angst/ in den Startlöchern herumhibbelt, auf das die Nachricht zu uns kommt, die ihrer Meinung nach garantiert und echt wirklich immer kommt und ins Laufen kommt, was ihrer Meinung nach immer echt und wirklich und auf jeden Fall kommt. (Was seit Jahren nicht mehr geschiet, sie aber nicht mitkriegen, da sie als Anteil dieser Persönlichkeitsstruktur schlicht getrennt vom Alltagsbewusstsein sind).

Dann sind da die knackharten Alltagsinnens, die mit diesem ganzen Kram mal so gar nichts zu tun haben und sich eigentlich nur über heftige Schmerzen und ab und an aufwallendes Weinbedürfnis wundern und sich die ganze Schose rational und weltlich wissenschaftlich darlegen. Sie schauen nicht nach links und nicht nach rechts, dümpeln sicher und stumpf durch den Tag. Haben aber immerhin schon klar, keine Verachtung mehr ins Innen zubringen, wenn es um (Todes-)Ängste und Todeserwartung geht und achten so gut es ihnen möglich ist, auf reale Bedrohungen von aussen, um sofort Schutzmaßnahmen einzuleiten.

Und dann sind da die Innens die so dazwischen stehen. Die sich ihre guten Inseln gesichert haben schon als der Körper noch ganz klein war. Die ihre eigenen Erklärungen vom Funktionieren der Welt und der Seele haben. Es sind so die Innens, die sehen, wie die Natur Sonne ausatmet, die an Chanukka nicht nur “eine Kerze anzünden”, sondern Lichter in die Welt und an die “schon inordnungingen Stellen in der Welt und in die Leutmenschen dadrin” bringen. Die einfach für sich völlig klar im Glauben sind- komplett unabhängig von religiöser oder weltlicher Bedeckmantelung.
Sie wissen einfach, dass es ein Morgen gibt. Immer.

Durch den Umstand, dass überall aussen etwa gleiche “Lager” zu sehen waren, wie wir sie innen haben, haben wir zum ersten Mal in den ganzen Jahren direkt sehen können, was uns helfen kann über ganz allgemein alte- schwere- (pseudo)religiöse Feiertage (Yom Kippur ist auch nicht ohne für uns) zu kommen und gut für uns zu sorgen.

– Wertneutralität- keine Verachtung oder Hohn gegenüber jedwedem Gedankengut
– Offenheit für einander
– Angstmachendes benennen und sich gegenseitig zeigen was davon heute und was früher war, Alltagsinnens festen Handlungsrahmen für selbiges zeigen
– Ängste annehmen- nicht dämpfen oder kleinreden ganz allgemein
– Pläne für die Tage danach machen
– einen oder mehrere Kontaktknotenpunkte nach aussen haben (sich zum telefonieren und einfach “Blabla machen” verabreden)
– sich von aussen nicht ins Innenleben bzw. das Glaubens-Religions-Peseudoreligionskonstrukt reden lassen (bzw. eher “drüber reden”, als es zu erklären oder rechtfertigen)
[ba- ich erkenne hier ein Muster bei uns *Augenroll* haha]
– Schmerzmittel, Taschentücher und (allgemein akzeptierte) Nahrung im Haus haben

Hab ich schonmal erwähnt, dass wir dankbar für die Gnade der späten Geburt sind?
Wie lange hätte uns das eine Therapeutin oder irgendwelche schlaue Literatur erzählen können, ohne, dass wir die Notwendigkeit so wirklich mal aufgezeigt bekommen hätten?

So, durch den Weltuntergangshype, haben wir mit angesehen, wie es sich auswirkt wenn Atheisten, Religionsverächter und missachtende Rede auf (todes)ängstliche Menschen treffen. Und wie wertvoll die Menschen, die einfach wissen, dass es immer ein “Morgen” gibt, sind für solche Szenarien.

Schon irgendwie interessant zu sehen, dass man einen im Aussen gewünschten Umgang miteinander nicht hinkriegt- aber auf jeden Fall irgendwie doch bei sich selbst.

Danke liebe Mayas… wer weiß wie es gekommen wäre, wenn ihr euch um noch ein paar Jahre mehr verrechnet hättet und wir nie davon erfahren hätten?

so richtig

“…Ach und- nicht vergessen: Du bist so richtig- ihr seid so richtig!…”
Es regnete und obwohl wir gerade nur ein kurzes Stückchen gelaufen waren waren, glänzte der Schirm schon vor Feuchtigkeit.
Mensch XY drehte sich nach meiner reflexhaften Antwort um und lief in den Abend hinein.
Ich stand im Hauseingang roch meine angesengten Nackenhaare.

[“Na für wen bist du richtig?”
”Nur für dich und immer und immer nur für dich”
„Hmmm”.]
Ich fühlte schier körperlich, wie sein Nicken die Hitze an mir herunterfliessen liess.

So manches Mal lasse ich mich dazu hinreißen diesem Schönen zu glauben. Dieser Bestätigung meiner Gedanken und meines So- Seins als Gesamtperson. Es sind solche Sätze, die spürbar gemochte Zwei-Mehrsamkeit und sogar der mutige Tanz währenddem ich ein Herz an meinem Ohr habe.
Sie sind Träume von einem schönen Morgen, Futter für die uns tragende Überidealisierung des Lebens auf das Wir hinleben und gleichzeitig der schlimmste Verrat.

Manchmal komme ich davon, indem ich eine falsche Realität nach innen leite.
“Es war nur ein Traum… nur ein Traum… nur ein schöner- ja ich weiß: verbotener Traum- bestraf mich dafür so zu träumen… ich habe aber nichts real getan… es war nur ein Traum…”.

Manchmal aber erreichen mich solche Worte komplett und stärken mich wirklich. Sie klären mich und helfen mir, mich zu positionieren- neu zu positionieren.
Mensch XY macht mich verrückt! Ver- Rückt. Ver-rückt meine Gedanken und Gefühle in Richtungen die ich nicht kenne, die neu sind, die schön sind, die spannend und aufregend und sooooo viel Leben sind.

Die BÄÄÄMs wollen auch leben. Aber sie haben eine andere Grundlage dazu als ich.
Wo ich nach dem Leben mit anderen Menschen strebe, Hund, Kind, Mensch und zusammenpassende Schlafanzüge will; wollen sie nur die Lebenskraft die ihrer Meinung nach aus Schmerz und Qualen geboren wird. Ohne wirklich eine Idee zu haben, was sie mit all dieser Lebenskraft dann anfangen wollen.
Ohne zu wissen, wie leer man von Leben ist, wenn man vergewaltigt und noch anders gequält wurde.

Sie sind so richtig. Was wissen sie denn Anderes? Haben sie mal ein schlagendes Herz gehört? Haben sie mal eine lebende, tröstende Hand gefühlt? Haben sie mal jemanden gehabt der sie annimmt, ohne ihre Loyalität zu verachten oder für sich in seinem Kämmerlein konträr zu bewerten und ohne, dass sie zusätzlich den Körper und die Kontrolle darüber, was mit ihm geschiet, abgeben mussten?

Wo ich so richtig bin, wenn ich mir die Augen ausweine, weil ich gefühlt nirgendwo Selbsthilfeaustausch finde, wo ich gehalten und in meiner Ansicht gestärkt werde, da ist auch die absolute Loyalität jener richtig, die mich genau für den Wunsch danach quälen und stellvertretend foltern.

Es fühlt sich seltsam an, die BÄÄÄMs so zu betrachten. Es ist eine neue, fremde, spannende, aufregende Position, ihnen zuzugestehen, dass ihr Handeln, Denken, Einfordern… all ihr Sein, auch richtig ist.
Genau wie ich es für zumindest diesen einen ge-XYpsilonten Menschen auf der Welt bin.

Selbst-s-Folter ist immernoch Folter

Also ganz ehrlich- ja- wir sind ne Sprachmimose. Ja ja ja stimmt!
Wir haben ne Grammatikmacke und hassen es, wenn Menschen “zu” und “nach” falsch verwenden, kriegen die Krise, wenn jemand “als” und “wie” falsch einsetzt und schreihen auf, wenn jemand meint die Begriffe “Vergewaltigung” und “Zwang” synonym verwenden zu können.

Aber wenn sich jemand hinstellt und meint, Folter sei nicht gleich Folter, wenn ich von Folter spreche… da zieht sich nicht nur mein Mimonseninnenleben in sich selbst zurück, sondern mein dunkelbuntes Imperium breitet sich aus wie die Nesselkapseln einer Feuerqualle.

Der Begriff der Folter beschreibt Handlungen um jemandem seinen Willen zu brechen (und in Folge dessen an Informationen heranzukommen oder ihn allgemein gefügig zu machen bzw. zu halten). Diese Handlungen sind immer und in jedem Fall quälend auf irgendeine Art und Weise. Und sie hinterlassen immer einen Schaden.

Mag sein, dass man heute den Begriff nur noch im Zusammenhang mit pseudopolitischer Auseinandersetzung (Politik geht ohne Gewalt- für uns ist Krieg immer nur Gewalt- deshalb steht hier “pseudopolitisch”) hört und dann direkt an sogenanntes “waterboarding” oder vermummte Menschen mit dicken Peitschen in der Hand, denkt.
Dass, auch andere Handlungen völlig subtil und vorallem aus dem eigenen Körper herauskommend, gleichsam eine Folter darstellen können und auch genau als solche empfunden werden, das scheint aber irgendwie doch “übertrieben ausgedrückt”.

Ja danke auch!
Ich geleite mal von oben draufschauend in unsere eigene Folterkammer.
Wir haben einen Kontakt gemacht, der uns gut tut. Der uns Spaß macht und den Horizont erweitert. Der absolut nichts mit den früheren Loyalitäten zu tun hat.
Konflikt: Altes gegen Neues.
versuchte Lösung: Politik- gibst du mir, geb ich dir
innere Ausführung: Maßnahmen, um die politischen Feinde im Innern in ihrem Willen zu brechen, ein neues Leben zu beginnen und an die Gesetze von früher zu binden.
Mittel der Wahl: Todesangst
gern genutzter Verstärker: Schmerzen, forcierte und immer wieder bestätigte Verunsicherung, Bilder der Folgen, die das Handeln haben kann, direkt ausgeübter Zwang quälend peinigende  Handlungen von früher durch die eigene Hand zu wiederholen
Unterm Strich: Selbst-s- Folter!

Ja, es sieht für Aussenstehende aus wie selbstverletzendes Verhalten, eine Essstörung, eine Zwangsstörung, wie schlichte Flashbacks- für uns aber- für unsere Innenkinder und uns Alltagspersonen, die komplett zwischen den inneren Stühlen stehen und einfach nur noch ständig und immer hilflos mit der kleinen weißen Fahne wedeln können, ist es verdammt nochmal Folter.

Ja, ich denke, in diesem Beitrag mache ich mich auf. Ja, ich glaube es ist von Sinn, wenn ich es zeige. Es zeigt eine Dimension.

Insgesamt 20 Stunden nicht zur Toilette gehen zu dürfen (und jedes Mal bei einem Versuch dorthin von Bildern und furchtbaren Gefühlen überflutet zu werden), weil man mit einer Gemögten gesprochen hat, die einem anbietet, etwas anderes zu tun, als das was einem die BÄÄÄMs aufdrücken wollen- ist Folter.
Seinem Körper hilf- und tatenlos dabei zusehen zu müssen, wie er sich immer und immer wieder kochendes Wasser zwischen die Beine schüttet, weil man sich von jemandem anderem, als jenem dem einzig und allein die Loyalität und Liebe gelten soll, gemocht fühlt- ist Folter.
Stundenlang stehen zu müssen, weil man sich nach Stunden in der Kälte ein warmes Getränk zuführen will- es aber nicht darf, weil es den Glaubenssätzen der BÄÄÄMs widerspricht und jene uns immer wieder in diese stehende Haltung zurückzwingen, durch die Provokation von Schmerzen und furchtbaren Ängsten, ist Folter.

Ja, es steht hier niemand neben uns und tut uns das an. Niemand aussen zwingt uns jetzt direkt dazu, das zu tun. Das ist ja aber auch gar nicht nötig. Es ist ja alles im eigenen Selbst installiert. Wir wurden so hingebrochen, um uns genau das hier selbst anzutun, um uns selbst, wenn kein äusserer Täter neben uns steht, immer wieder in das Überzeugungskonstrukt und Handlungskorsett der Gruppierung hineinzufoltern.

Und wenn wir es schaffen, genau das, als das zu bezeichnen, was es ist- nämlich Folter- Selbst-s-Folter, dann sollte nicht von Übertreibung die Rede sein.
Sondern von einer Chance und einem wichtigen Schritt zur Heilung.

Es ist unsere Chance diese Handlungen zu enttarnen und unsere weiße Fahne beiseite zu legen, bei den inneren Verhandlungen. Wer foltert, begeht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Und der Kern jeder guten Politik ist die Ahndung solcher Verbrechen.
Wenn wir sehen, dass sowas bei uns passiert, dann machen wir eine Anzeige bei unseren verbündeten Mitgliedsstaaten und die helfen uns dann, das zu beenden in dem man Verhandlungen aufnimmt, Forderungen beguckt, einer Prüfung unterzieht und Handlungsmöglichkeiten einführt.

Das geht aber nur, wenn wir das Schlimme, das in uns selbst weiterhin passiert, auch so benennen können und wir uns nicht zu schämen und zu bezweifeln brauchen.
Es ist schon schwer genug.
Wie schwer kann man ja auch sehr schön im Aussen betrachten.
Oder was meinen die Zweifler, warum Guantanmo oder Abu- Ghuraibh nachwievor existieren?
Die Tatsache, dass man es “Verhöre von Menschen im Zusammenhang mit terroristischer Aktivität” nennt und nicht “Folter”, spielt definitiv eine Rolle!

Wir wollen die Fehler anderer nicht an uns selbst wiederholen. Das tun wir auf anderen Ebenen bereits oft genug und oft genug von aussen tatsächlich aufgezwungen.

Wenigstens uns selbst gegenüber machen wir das nicht mehr.
Wenigstens das.

Das ist Gefangenschaft in Freiheit

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Heute war der 100ste Tag, nach Befreiung von täterunterstützender Kontrolle.

Wir sind enttäuscht, dass sich dieser Teil Freiheit nicht besonderer anfühlt.
Dass wir dennoch gefangen sind.

Man sieht- es ist kein gebackener Kuchen. “Anxiety” und die BÄÄÄMs haben es geschafft, dass wir uns keinen richtig echten Kuchen zugestehen konnten.
Hart erkämpft und schmerzhaft teuer bezahlt haben wir diesen Keks, die kleine Kerze und die Zuckerschrift.

Wir sind frei und doch haben uns unsere Geschichte und alle Folgen von ihr noch immer in ihrem Käfig.

Das ist keine Freiheit.
Das ist
Gefangenschaft in Freiheit.

Und doch hören wir nicht auf an den Käfiggittern zu rütteln und zu kämpfen.
Das hier ist noch lange nicht das Ende.
Wir sind erschöpft, fühlen uns schwach und klein.
Aber wir wissen, dass dies bald auch wieder zu Ende geht. Dass dies eine dieser schmerzhaften Phasen ist, durch die man manchmal gehen muss. Und, dass wir bis jetzt immer an irgendeiner Stelle gestärkt wieder aus solchen Phasen heraus gekommen sind.

Es fühlt sich nicht so an. Nein es fühlt sich überhaupt gar nicht so an.
Jetzt sind wir im Tal der Tränen. Betteln die Gefängniswärter an, uns freizugeben.

Aber bald können die Tränen wieder trocknen.
Und dann werden wir Stein für Stein weiter diese Gefängnismauern abtragen.
Wir wissen, dass wir das können. Wir wissen, dass wir dabei Hilfe bekommen werden.

Bald.

[P.S. Ja- wir sind echt so spießig und häkeln uns Tischdeckchen haha]

Schmerz

“Wenn man ein eigenes Blog oder eine eigene Website hat, ist der Wunsch nach Anerkennung des Geschaffenen permanent vorhanden; zumindest latent”, ereichte mich heute ein Kommentar.

Oh man- will ich Anerkennung? Gesetzt den Fall, es gäbe welche- wäre sie erlaubt? Nein- natürlich nicht! Aber ich brauche es ja auch nicht zu befürchten. Kommt ja keine.
Und wenn doch, dann wird sie mir gleich wieder weggenohmmen von den “BÄÄÄM”s (oder von der allgemeinen Dissoziation- eigentlich braucht man diese Anerkennung ja nur einem Innen zu sagen, zu dem ich (noch) keinen Kontakt habe. So oder so bin ich also (vorerst) sicher davor, Anerkennung oder Lob aushalten zu müssen.
Phu! Na, dem Himmel sei Dank!

Trotzdem schleicht sich nach dem Kommentar die Frage ein, was ich hier (im Leben, in dieser Welt) eigentlich treibe. Gut- das frage ich mich jeden Tag und selten bekomme ich wirklich eine Antwort darauf. Meistens habe ich sowieso nicht genug Kapazität dann darüber ins Grübeln oder vielleicht ins Bedauern zu kommen, dass ich keine Ahnung habe.
Heute aber ist ein Feiertag, es regnet, ist grau und trüb, ich habe Schmerzen und fühle mich ganz grundsätzlich schlecht. Perfekte Bedingungen also mal so richtig nachzudenken.

Ergebnis bis jetzt: Ich lebe einen Alptraum und will das perfekte Leben.

Liebe Nichtbetroffenen: So stelle ich mir eure Welt vor:

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Die Gefahr im Rücken- aber wenn man nicht hinguckt, dann ist alles gut (und hey seien wir mal ehrlich- soooo groß und schlimm ist die Gefahr wohl auch nicht, oder?). Niemand ist allein. Die Sonne scheint, Blumen blühen und in der Nähe ist das sichere Zuhause.

So sieht meine Welt aus:

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Es gibt kein Entkommen. Kein Schutz. Nichts und niemanden ausser sich selbst und das große gefährliche böse Ding, das jeden Moment über einen herfällt.
Meine Tage vergehen damit vorsichtig- unmerklich- langsam- klammheimlich zu versuchen an diesem riesengroßen Ding vorbei zu kommen. Ich habe ja schliesslich ein Ziel! Ich will auch so leben wie ihr. So schön eben wie ich mir das ausmale.

Aber dieses Ding ist das, was sich Leben schreiht. Mein (Er-)Leben.
Realität nach einer Kindheit wie man sie, würde man sie verfilmen, nicht mal im Splattergenre verkauft bekommt (oder gerade da- was weiß ich).

Wie anmaßend ist es eigentlich von mir zu denken, mein Schreiben könnte auch nur im Entferntesten dazu in der Lage sein diese Kluft zu überbrücken? Eine Schnur für ein Büchsentelefon zu spannen, den Morsecode zu übermitteln… hach es gibt so viele Metaphern.

Was denke ich mir eigentlich? Was zum Geier treibe ich hier?
Komm wir nehmen einfach wieder die alte Schleife: ”Dich hört eh keiner, dir hilft eh keiner, dir steht eh keiner bei- is nicht schlimm- guck mal tut ja gar nicht weh. Du bist ja eh… [BÄÄÄM]”, möchte mir an dieser Stelle mein Innenleben helfen.
Ja, diese alten Schleifen sind so éinfach. Manchmal sogar tröstlich, weil es alles das in einen Kontext bringt, was ich von mir aus sonst nicht in einen Zusammenhang bekomme.
Ich dachte immer, man hätte nur nicht laut genug NEIN gesagt. Hätte sich einfach nicht genug gewehrt. Ich dachte immer meine Sprache wäre unverständlich. Dass mich niemand versteht, weil ich unverständlich kommuniziere und deshalb auch unverstehbar bin.
Dann höre ich immer wieder und wieder, dass meine Sprache gut ist. Dass es vielen Menschen leichter fällt zu verstehen, wenn sie von mir etwas erklärt bekommen. Dass meine Worte etwas in den Menschen bewegen, auch wenn sie selbst nicht in meiner Art alptraumhaftem Leben leben müssen oder mussten.
Und dann? Dann bin ich so mutig- und frech- so einen riesengroßen superfrevelhaften (und sehr teuren) Schritt auf dieses so unglaublich beängstigende Ding zugegangen und muss feststellen, dass es doch sehr viel schwerer ist, als gedacht. Dass ich doch unverständlich bin.

Und, dass die Folgen meiner extremen Qualen eben doch sehr einsam machen. Und kommunizieren kann wie ich will- dass mich doch niemand hört. Hören will? Hören kann? Verstehen kann? Verstehen will?
Dass, also nicht nur mein früheres Leiden mich von anderen Menschen isoliert hat, sondern auch noch das, was mir dadurch entstanden ist:
ein Leben, das nachwievor aus zwei Dritteln Todesangst und Todeserwartung (mit allen dissoziativen Bewältigungsmechanismen selbiger) und einem Drittel Hoffnung auf dieses schöne, hoffentlich leichtere und vermutlich hemmunglos überidealisierte Leben „der Anderen“ besteht.

Das tut weh.

Und es gibt keine Worte, die euch- die ihr da draussen seid und keine Ahnung habt- diesen Schmerz näher bringen oder gar erklären können.

Ich schreibe dies Blog hier, weil ich denke- fest davon überzeugt bin (und es verdammt nochmal sein MUSS), dass Menschen, die Elend sehen und verstehen, selbiges verhindern möchten. Einfach aus Menschlichkeit und einer Art Mitgefühl heraus.

Es geht hier um mich, weil ich nicht für andere sprechen kann und will. Es geht nicht um mich oder mein Leben, weil ich es für so besonders spannend halte oder für besonders exemplarisch. Oder weil ich mich so toll finde. Oder weil ich von der grauen Masse da draussen gelobt werden will. Das wäre für meine inneren Narzissten sicher schön und vielleicht gibt es Winkel in mir, die sich über Anerkennung freuen würden- aber treibende Kraft war hier und ist hier immer der Wunsch nach Hilfe und Kontakt gewesen.

Ich zitiere einmal aus einem Brief,den ich vor ein paar Wochen schrieb.

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„Wir wollen, dass sich andere Multiple, Ärzte,Therapeuten, Angehörige, Freunde und vielleicht auch Menschen mit ein bisschen Einflussmöglicheit da [hier im Blog] wieder finden. Impulse in sich finden.
Mutig werden ihre Gedanken und Zweifel zu kommunizieren.
Ich will dass die Menschen da draussen zu Querulanten werden. Dass logisch gedacht wird. Ich will das Hilfe keine Wareneinheit mehr ist.
Ich will dass es irgendwann so ist, dass ich in einer Therapie ohne Zeitdruck sitzen kann und alles ausbreiten kann, was ich immer mehr spüre (und immer weniger aushalten kann).

Ja, das ist egoistisch und deshalb tarne ich es in in einer Querulantenbildungsmission. Weil es andere dann einfordern für Menschen wie mich und damit implizieren, dass es okay und gerechtfertigt ist, wenn Menschen wie ich viel Raum, viel Zeit, viel Nähe und viel Menschlichkeit wollen und bekommen müssen.Weil ich dann aussen habe was ich innen so dringend brauche: Eine Erlaubnis für mein Sein.
Weil ich die Haltung „Wie immer: Ich höre zu“ so dringend brauche.“

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Und nun entlasse ich den Leser dieses Artikels.
Wie immer mit der Hoffnung ein bisschen gesehen und gehört worden zu sein.
Wenn schon nicht direkt für mich oder um meinetwillen, so doch für alle anderen, denen es auch so geht und sich (noch) gar nicht ausdrücken können.