Mondfinsternis

Natürlich wusste ich, worauf ich mich einließ. Natürlich wusste ich, dass es weh tun könnte.
Doch genauso natürlich habe ich mich irgendwie mitgemeint gefühlt, als ich das Programm des Frauengesundheitskongresses las.

“Ich bin keine Frau”, sage ich oft, wenn ich mal wieder als solche einsortiert werde. “Ich bin eine queere Person.” schreibe ich in die noch viel zu selten eingepflegte dritte Option zur Frage nach dem eigenen Geschlecht.
Und doch.

Ich habe einen Körper wie die Menschen, die von der Mehrheit als “Frau” bezeichnet werden, ich mag feminines Sein und Wirken und sehe, dass vieles, das als weiblich benannt wird, etwas mit mir zu tun hat.  Aber ich bin keine Frau.
Selbst wenn ich wollte.
Selbst wenn ich mir für so einen Kongress vornehme mich ganz und gar nur auf meine weiblichen Anteile zu konzentrieren und zu beziehen, merke ich die Unaufrichtigkeit mir selbst gegenüber.
Ich merke einmal mehr: meine queere Identität ist kein Rollenspiel und hat nichts mit einer Ablehnung der “Frauen*rolle™” zu tun.
Ich bin einfach nur keine (Cis)Frau.

Ich kann schwanger werden und mit Glück auch Kinder gebären.
Mit noch mehr Glück lebende Kinder.
Mit noch ganz viel mehr Glück Kinder, die mich beerdigen, statt andersherum.
Das kann ich, weil in meinem Körper ein Organ ist, das das kann. Wenn die Umstände passen.
Ich mag dieses Organ. Ich mag aber auch meine Lunge und mein Herz. Vielleicht, weil ihr Beitrag zu meinem Leben ein klitzebisschen essenzieller ist, als der meines Uterus.
Aber wer weiß das schon.

In sozialen Blasen der “Heil- Kräuter-Lebens- und Kulturkunde” erscheint es mir manchmal so, dass dieses Organ entscheidend dafür ist, wer man ist. Ob man eine Frau, eine Mondin, eine Weise, eine mit der Urkraft der Welt verbundene Person ist – oder nicht.
Es ist als sei dort die Gebärmutter das Ticket für eine Reise zum Ursprung der Welt und des Laufs der Dinge, “wie er wirklich ist”.  Es ist wie ein Wahrhaftigkeitsversprechen, das einer langen Tradition folgend nur jenen gegeben wird, die ihm, im körperlichsten aller Sinne, gewachsen sind.

So fühlt es sich an wie ein Unwürdigkeitsbeweis, wie ich da so stehe, in mir umhersuche und außer einer Direktverbindung zum Schmerz dessen, was ich unterdrücke, um mich in dieser Umgebung passend zu machen und der zunehmend unbequemeren Frage danach, warum ich mir das hier eigentlich antue, nichts von dem finde, was doch in mir sein müsste.

Um konkreter zu werden.
Ich spreche hier nicht davon, dass ich herausgefunden habe, dass ich vielleicht doch keine Kinder möchte oder meine Menstruation gar nicht mal so geil finde, dass ich mir tiefere Gedanken dazu mache oder mich mit Gebräuchen und Erzählungen darüber auseinandersetzen will, oder, dass ich gemerkt habe, dass mir Räucherstäbchen und Meditationen im Wald vielleicht doch ein bisschen weniger gut helfen, um bei mir zu sein oder, dass ich Naturverehrung mit Gesängen zwar nett, aber politische Forderungen nach den Klimawandel abwendenden Maßnahmen noch ein bisschen netter fänd.

Ich spreche davon sich selbst zu respektieren und in den Aspekten zu ehren, oder zu achten, die man an sich selbst wichtig findet.

Ich kann es Menschen sehr gut lassen, sich in dem Umstand zu feiern, dass sie eine Gebärmutter haben und auch all ihre Aufladungen und Wertigkeiten.
Aber ich habe gemerkt, dass es im Gegenzug schwierig für mich ist, aus meiner Demut und meinen Auslieferungsgefühlen gegenüber meiner Körperlichkeit herauszugehen. Und noch schwieriger in so einem Stadium der Auseinandersetzung nicht gedacht zu werden, wenn ich mich in so einer Blase bewege.

Es kann sein, dass ich einfach gar nicht fit genug für diese Veranstaltung war. Viel zu dünnhäutig und überanstrengt von dem Lauf der Dinge, der im Moment ist. Vielleicht ist es aber auch einfach so, dass mir die Enttäuschung zunehmend mehr weh tut und ich es mehr spüre, seit ich weiß, dass ich “queer” zu dem sagen kann, was ich da merke, wenn ich darüber nachdenke, was ich (neben vielem anderen) bin.

Ich merke, dass es als ausgedacht, nicht echt, ein Quirk, eine Unnatur oder Ergebnis einer tiefen Verdrängung gilt, weder Mann noch Frau zu sein.
Das macht es für mich fast undenkbar meine Identität als queere Person jemals so aufzuladen, wie es die weiß alternative Kräuterbrigade für CisFrauen und in Teilen auch für CisMänner tut.
Was es für mich noch einmal schmerzlich macht.

Um es nochmal  zu sagen: ich finde es toll, dass diese Aufladung gibt. Ich sehe wie wichtig und hilfreich es für viele Menschen sein kann, auf einen kulturellen und spirituellen Fundus zurückgreifen zu können, der sich auf ganz verschiedene Aspekte des Lebens bezieht.

Aber ich sehe auch, wie ich aus dem Kongress hervorging und wusste, dass ich, wenn ich von meinem Uterus Gebrauch mache, wie ich es für mich in Kongruenz mit dem was ich bin, für richtig und gut halte, auf gar nichts zurückgreifen kann, außer biologistische Auseinandersetzungen und spirituelle Weisheiten, die Identitäten wie mich negieren.

der Bindentest und die Männlichkeit im menstruierenden Körper

Es begann mit einer Mail, in der sinngemäß stand: “Möchten Sie Kulmine-Stoffbinden testen und darüber in ihrem Blog schreiben?” und mündete in ein Moment, in dem mir klar wurde, dass meine Männlichkeit eigentlich nichts mit meinem Körper zu tun hat.

Für uns ist das Menstruieren immer noch so etwas vor dem wir stehen und fassungslos bemerken: “Blut ohne Verletzung – wie krass ist das denn?!” und für mich, der jedes Fragenbogenkreuzkästchen vor den Worten “männlich” und “weiblich” mit einem massiven Körperdysmorphflash beantwortet, alles andere als der “Weiberkram”, zu dem es in der Werbung von Always ultra, o.B. und oft ja auch noch von den menstruierenden Menschen selbst, gemacht wird.

Ich glaube nicht an “heiliges Bluten” oder “die weibliche Kraft der Menstruation”, “Mondfrauen” und “rote Göttinnen” – aber ich finds schön, dass sich diese teilweise uralten Bilder gehalten haben. Eine große Urgöttin die Leben aus sich rauslassen kann, find ich auch grundsätzlich irgendwie cooler als eine “sicher und diskret” verstopfte Person.
Als die Email kam, waren andere Innens gerade schon auf der Suche nach günstigen Stoffbinden, weil unsere alten einfach mal ausgedient haben.

Eigentlich bluten wir frei und halten uns diese 3 Tage im Monat auch immer leer, damit das in Ruhe funktionieren kann, aber unser Herbst und Winter war so vollgestopft mit Terminen und Anwesenheiten, dass das alles gar nicht funktionierte. Darüber kam es dann auch mal wieder zu einer Infektion und der Mooncup musste auch ein bisschen ruhen.
Also konnte das Angebot diese super hochwertigen Stoffbinden von Kulmine zu testen gar nicht passender kommen.

Wir hätten nicht das Geld gehabt, sie uns als Set zu kaufen. Ganz klar nicht. Umso mehr Luxusgefühle kamen auf, als wir dann das Päckchen mit Seidenpapier drum rum in der Hand hatten und umso intensiver haben wir uns den Stücken gewidmet. (Wahrscheinlich hätte ich das sonst nicht mitbekommen und auch nicht gesagt: “Ja, gut, ich teste die auch und schreib dann als Innenmann übers Bluten”).
Das Erste, was uns auffiel, war wie weich der Stoff ist.
Ich will einen Schlafanzug aus dem Stoff – ohne Scheiß jetzt.
Sie sind nicht labberig, aber auch nicht steif. Das ist mir auch gleich aufgefallen. Auch nach der ersten Wäsche (60° normale Wäsche) sind sie nicht zerknüddelt und trocknen auch so, dass sich keine Knicke bilden. Unsere alten haben das gerne gemacht und das hat sich manchmal
als Scheuerfaktor echt fies bemerkbar gemacht .

Es gibt verschiedene Modelle. Welche zum Knöpfen, welche zum Reinlegen, kleine große, dünne dicke und: faltbare
Die haben sich für uns als die, die für uns am besten gehen herausgestellt, obwohl wir eigentlich eher zur Flügelfraktion gehören. Die faltbaren Kulmines sind etwa 25 cm lang und 21 cm breit und man kann sie sich jeweils so zurecht falten, wie es grad wichtig und gut ist.
Man sieht, wenn sie durchgeblutet sind (auch bei den roten und blauen Modellen) und ich hatte, trotzdem es ja doch ein kleines Polster ist, das man unter sich trägt, kaum dieses typische Bindenwindelgefühl.

Aber klar sind es Binden. Wir hatten Auslaufmomente, es gab Stoffwülste, die im Sitzen auf die Vulva gedrückt haben, diese komische Art von Präsenz, die der Versuch von “Auffangen, was nirgendwosonst landen soll” mit sich bringt. Ich habe gemerkt, dass ich genau wieder anfing Ekelmomente zu haben, die lange weg waren, nur weil ich wieder Unter- und Strumpfhosen kalt auswaschen musste. So werden auch die Kulmines für uns weniger Dauereinrichtung als viel mehr Ergänzung oder Ersatz für Mooncup und freie Menstruation darstellen.

Ich hab mir auf die Schulter geklopft, als ich die Testerei durch hatte und dachte kurz drauf, wie blöd, das eigentlich ist.
Für mich war das Bluten ganz früher gar nie im Kopf und wurde eigentlich auch erst zum Problem, als ich lernte, es sei nicht normal, dass ich mich männlich wahrnehme. Schließlich hat mein (der) Körper Merkmale, die zu der Bezeichnung “Frau” führen und schließlich menstruiere ich. Als könnten Männer nicht auch in solchen Körpern stecken.
Überhaupt, als gäbe es nur Männer und Frauen und maximal noch irgendwie so etwas dazwischen. So komische Exoten oder Intersexuelle.

Ich bin in weiten Teilen meiner Präsenz im Alltag damit beschäftigt, mir den Körper als meinen eigenen bewusst zu halten. Das heißt: ihn mit all seinen Bedürfnissen und Funktionen nicht zu dissoziieren. Früher bin ich einfach losgerackt und habe getan, was getan werden musste.
Essen, trinken, ausscheiden, schlafen, wärmen – gehörte damals aber nie dazu.
Heute weiß ich, dass auch das soziale Umfeld, mit dem wir uns umgeben haben, mir das auch nicht aushaltbar gestaltet hätte.
Es gibt ja viel Scheiße, der Frauen(körper) entsprechen sollen (müssen) um als passend und “richtig” wahrgenommen und behandelt zu werden. Und in Abgrenzung dazu gibt es viel Scheiße, der Männer(körper) entsprechen müssen.
Mein Umfeld wusste, dass ich ein Mann bin und immer, wenn ich präsent wurde, war ich es, der Zeugs schleppen, ganz besonders cool und hart re-agieren sollte. Dem Technik gefallen und der Rest der Welt egal sein sollte. Ich sollte “auf Frauen stehen”. Niemand hat mich je gefragt, obs mir nicht besser gefiele, an der Seite von Frauen zu sein – ich sollte immer auf ihnen stehen, oder sie haben wollen, was mir jedes Mal neben sozialem Druck, auch echt Widerwillen zu Beziehung oder Miteinander (mit Frauen) ausgelöst hat.

Inzwischen ist unser soziales Umfeld anders. Es ist eins, in dem meine Beschäftigung mit dem Körper und auch dem Bluten als so kräftezehrend und doch auch spannend und organisch angenommen wird, wie es das für mich ist.
Mir ist während der Bindentests aufgefallen, wie empfindlich meine Haut ist und wie groß diese Empfindung für mich war. Einfach zu fühlen: das da ist meine Haut. Sie ist an mir dran, umgibt mich und hält mich zusammen. Und eben auch zu merken, dass ich keinen Penis brauche, um der Mann zu sein, der ich bin. Ich brauche auch nicht die Abwesenheit von Brüsten, Uterus und Vulva, um ein Mann zu sein.
Was wichtig ist, ist was ich fühle, wie ich es fühle und wie ich diese Empfindungen bei mir behalten kann.

Ein Umfeld, das das Bluten peinlich und eklig findet und lieber nie darüber redet, macht es mir schwer damit einen Umgang zu haben, der unbelastet ist (was nicht heißt, dass ich finde, alle Menschen müssten immer darüber reden wollen!) Ich habe meine Ekelmomente nicht gehabt, weil ich das Menstruationsblut eklig fand, sondern, weil das Auswaschen einfach eklig ist. Ich betrachte das Blut immer lieber so wie es ist und eben nicht so vermatscht oder auf Stoff. Irgendwie kommt es mir dann einfach echter vor und so, als hätte es wirklich etwas mit mir zu tun.
Ich erlebe es als bereichernd, wenn ich fühlen kann, dass der Körper etwas mit mir zu tun hat und in allem, was er tut, okay ist. Die Stoffbinden von Kulmine habe ich dabei als gute Unterstützung empfunden, gerade weil ich sie so nutzen kann, wie ich sie ge-brauchen kann.

Zum Abschluss noch ein paar Menslinks
der Artikel von dem Trans-Mann, der menstruiert (englisch)
die Liste, was man mit Mensblut so anstellen könnte (englisch)
die Petition für pestizidfreie Menstruationsartikel
der Artikel zum Tabu “Menstruation + Sportler_Innen” (englisch)
der Kulmineshop
unser letzter Menstruationsartikel

der “Tochter geboren Tag” meiner Mutter

Rosenwirbelvielleicht war meine Geburt doch ein bisschen wie in “Alien” – immerhin war ich 3 Tage “zu spät” und meine Mutter bekam, glaube ich, Wehenmittel, um mich abzusondern rauszuschieben auszuscheiden zu extrahieren
Vielleicht
mich zu dissoziieren?

Ich hab heute Geburtstag. Meine Mutter hat “Tochter geboren Tag”.

Es gibt diese Geschichte von der alten Frau, die inmitten ihrer Familie am Tisch sitzt und übers ganze Gesicht grinst. Auf die Frage, was sie so glücklich macht, sagt sie: “Ich dachte gerade daran, dass ihr alle irgendwie auf eine Art aus meiner Vagina gekommen seid.”.

In den letzten Wochen, seit dem Artikel über die Menstruation, seit ach seit FRAUENLEBEN as a thing of mine lerne ich, entdecke neu und fange an etwas zu spüren, das weit weit weit darüber hinaus geht, dass ich meine Familie verlassen habe – mich extrahiert und auf eine gewisse Art wieder_selbst_geboren habe.

Ich glaube nicht, dass ich diesen Weg, diese Art Bewusstsein für mich entwickelt hätte, würde ich noch im Schoß meiner Familie* leben.
Aber ich spüre gerade einmal mehr, dass da einfach auch Trauer ist. Nicht nur, dass ich jetzt hier sitze und meine Babymimosen als einzig lebenden Beweis für meine Potenz habe – die Tatsache, dass ich das so wahrnehme und auch noch “Potenz” nenne und eigentlich schon wieder davon zurückzucken will, weil niemand feminine Frauen* mit einem (ur)weiblichen Weiblichkeitsbegriff mag und lieber für abgedreht, übertrieben, unnötig, eingebildet und ach was weiß ich, hält

das macht mich traurig.

Es ist nicht nur, dass jetzt nicht die Tür aufgeht und sich meine Mutter zu mir ins Bett legt und mir von meiner Geburt und ihrem Erleben dessen erzählt.
Es ist nicht nur, dass jetzt nicht die Tür aufgeht und jemand mit einem Yestörtchen mit Kerze drin kommt und mich in den Arm nimmt.

Es ist, weil da etwas fehlt und vielleicht egal, wie mein Leben früher später irgendwann gelaufen wäre, in Bezug auf meine Mutter immer fehlen wird: Verbundenheit

Ja ja wir Menschen sind ja so autark und so tolle Egoinseln. Soziale SelbstversorgerInnen*, die Freiheit für erreicht halten, wenn sie frei von etwas sind und genau nur das haben, was sie gerne wollen.
Wir gebären nicht – das machen alles die Zellen.
Wir produzieren nicht- das machen alles die Arbeitsabläufe.

Wir schweben irgendwo im Nirgendwo und Essen, Schlafen, Ausscheiden und ein bisschen Wohlgefühl, das uns das Zittern aus den kalten Herzen treibt, das ist was uns ausmacht. Der Rest passiert einfach irgendwie so. Hupps! Kann ja alles mal passieren. Und nochmal. Und nochmal. Ist ja kein Drama. Es geht immer weiter. Wunderwerk Schöpfung. Geht irgendwie immer weiter, obwohl wir gar nix damit zu tun haben.

 

Ich hatte als 14 Jährige angefangen zu rauchen, weil meine Mutter raucht.
Die Verbundenheitsgefühle, die ich mir gewünscht hatte, stellten sich nicht ein. Ich erinnere kein einziges Mal, das wir entspannt und positiv belegt zusammen geraucht haben.

Sie hat jetzt ein Haus. Da hat sie ein Beet im Garten. Das kann man sogar bei Google Earth sehen.
Ich hab keine Ahnung, ob sie sich über die Pflanzen und ihr Gedeihen potent vorkommt oder nur denkt, sie wäre ein guter Gärtner (sigh).

Wenn ich mit ihr darüber reden würde… könnte ich es? Ich werde es vermutlich niemals.
Ob sie meine Geburt als einen Akt ihrer Potenz, ihrer Fähigkeiten als Frau wahrgenommen hat?
Ich warte seit Jahren darauf, dass ich ein bestimmtes Gefühl an meinem Geborenwordentag spüre. Eine Art Erinnerung meines Körpers, meiner Zellkerne daran, wie es war, als ich “hübsches Baby- du warst das hübscheste Baby im ganzen Krankenhaus. Du hattest so schöne Haare.” ganz neu, ganz ganz ganz ohne irgendeinen anderen Grund als den EINFACH NUR SO am Leben zu sein, diese Welt berührte.

In meiner Vorstellung ist es ein Vibrieren oder eine Art Druck, der als das Gegenstück zu einem Druck oder Vibrieren in ihrem Körper spürbar ist.
Ich meine… ja alles schief und krumm und schwer und jaaa Gewalt böse ja ja ja – aber es ist auch: ein Mensch, der aus einem anderen Menschen heraus gekommen ist, auch Mutter und Tochter auch Täterin und Opfer auch Macht und Ohnmacht auch potenzierte Kraft, die sich bis zu mir erstreckt hat- in mich hinein, in meine Zellen in mein physisches Dasein.
Ich bin nicht mehr da bei ihr, mit ihr, für sie – aber mich gibt es trotzdem. Ich bin ja trotzdem noch _da_ und hier. Ich existiere nicht kontextlos.

Wir sind trotzdem nicht verbunden.
Wir sind genau jetzt nicht verbunden, obwohl wir uns eigentlich genau jetzt verbinden könnten, um zusammen einfach mal kurz einzuatmen und unserem Dasein und unserer Kraft Raum zu geben. Sie zu würdigen. Einander Wissen, Unwissen, Fragen, Mut und Zweifel zu überreichen.
Wozu sonst sollte man eigentlich überhaupt Geburtstage feiern, wenn nicht dafür, das Wunder des Lebens in all seinen Facetten zu erspüren?

Wir sollten die Mütter an den Geburtstagen ihrer Kinder feiern und nicht am Muttertag, der sowieso by the way ursprünglich ein Tag war, an dem Mütter (Frauen*, die lebende Kinder geboren haben) dagegen demonstrierten, dass ihre Kinder und Ehemänner* in den Krieg ziehen sollten. Wir erinnern uns an die alte Frau oben im Text?

Ich lese gerade ein Buch, das die Vaporisierung – das Verschwinden der Frau aus dem kollektiven Gedächtnis aufgreift. Die Autorin nennt es “patriarchale Amnesie”.
Eine Lektüre, die mir das Gehirn nicht nur anstößt, sondern regelrecht an die Wände knallen lässt, um erlösend dran kaputt zu gehen.
Es tut weh das zu lesen, aber es heilt auch irgendwas in mir. Es macht meine Trauer um die fehlende Verbundenheit zu meiner Mutter und deren Mutter und deren Mutter und deren Mutter und deren Mutter und deren Mutter und deren Mutter und deren Mutter…. legitim und nachvollziehbar.
Es erscheint mir klarer und logischer, wieso mich Menschen fragen, ob Sexualität überhaupt so nötig ist, wie ich das wahrnehme. Oder warum Frauen, die von der großen Göttin sprechen und wissen, wie ihr Menstruationsblut schmeckt, als ganz besonders durchgeknallt und “nicht ganz in der Realität” bezeichnet und dargestellt werden “müssen”. Warum es so verdammt unsicher, schrecklich und nur abratbar ist, eine (feminine Cis)Frau* zu sein, die stolz auf ihre Biologie, ihre Leidenschaft, ihre Kraft, ihre sexuelle Potenz ist und sich weder dafür schämt, noch einen Hehl (im Sinne eines Verkaufs) für andere Menschen daraus macht.

Warum es in unserer Gesellschaft so wichtig sein kann – so existenziell hochnot nötig – die eigene Tochter nicht nur physisch auszuscheiden, sondern auch auf allen anderen Ebenen zum Frei von heits- Begriff zu erziehen.

Ich würde dieses Verstehen, dieses Erkennen und bewusst werden über diese Dinge so gern mit meiner Mutter und ihrer Mutter und deren Mutter und deren Mutter und und und
einem riesengroßen Haufen Frauen und Frauen* durchlaufen.
Ich mag es, wie sich auf politischer Ebene feministisch auseinandergesetzt wird. Wirklich.
Aber 50% Frauen im Bundestag, mehr Väter in Elternzeit und Werbung mit angezogenen Frauen, werden mich nicht mit meiner Mutter und der weiblichen Linie, deren gesamte Kraft ich in mir drin habe verbinden.
Was es erreichen kann ist, dass die Kraft, die ich weitergebe, wenn ich es denn kann und _ kann_ und im letzten Schritt auch will und _will_ einen weniger ausgedorrten Boden zur Entfaltung und Entwicklung vorfindet. Und ich werde dankbar dafür sein. Meine Kinder- unser aller Kinder werden uns dafür so dankbar sein, wie sie es können.

Ich habe heute morgen noch über die Nähe der Worte “Mode” – “Moder” – “modern” nachgedacht und jetzt tröstet es mich irgendwie einmal mehr.
Ja, da ist ein Loch, da ist keine Verbindung, da ist Moder und Rotte von etwas, was hätte sein können. Aber, wie auch die Schreiberin des Buches schreibt: nichts ist bunter als Kompost.

Vielleicht ist die Trauer auch Teil einer Art Verwesung, eine Art geistige Menstruation und ist da, weil sie da sein kann.
Jetzt.
Heute.

Endlich.
Nachdem ich mich daran erinnert hatte, dass ich eigentlich mal besser darin war, meinen Geburtstag unsichtbar zu machen.

Nachher esse ich Kuchen mit einer Gemögten.

Ich glaube, ich schenke meiner Mutter zu ihrem “Tochter geboren Tag” ein Licht an unserem Tisch.
Zum Gedenken.

jupp, Menstruation matters

Hashtag des Tages: #MenstruationMatters und #PeriodTalk

Ich habe letztes Jahr einen Artikel übers Bluten aus dem Uterusgeschrieben, nachdem ich zum ersten Mal seit Jahren wieder auf Wegwerfprodukte angewiesen war.
Inzwischen ist knapp ein Jahr vergangen und meine Hygienepraxis steht nun auf drei Säulen.
a) freie Menstruation
b) Stoffeinlagen
und c) der Mooncup

Nach dem Artikel erschienen zahlreiche Suchanfragen auf das Blog, die mich zwischen: “Oh, hm- also das will ich jetzt auch wissen” mit teils irgendwie doch angeekeltem “Irk” und “Oh- äh ja, das hätte ich vielleicht mal näher erklären sollen” schwanken ließen. Ersteres bezieht sich auf Sexfantasien und Letzteres auf Anfragen bezüglich der freien Menstruation.

Freie Menstruation meint im Grunde nichts anderes, als zur Toilette zu gehen, wenn sich eine gewisse Menge Blut und Schleimhautgemisch angesammelt hat.
In dem Buch dazu steht zwar, dass man seinen Muttermund so beeinflussen kann, dass er sich öffnet oder verschließt, ich habe das aber an mir so noch nicht überprüft,
Bei mir funktioniert das freie Bluten einfach über die Muskulatur des Beckenbodens und der Vagina selbst.
Da es sich bei Menstruationsblut, nicht um Blut wie beim Nasenbluten oder aus einer Wunde heraus handelt, funktioniert es mit weit weniger Kraftaufwand, als ich am Anfang gedacht hatte.
So zu menstruieren erfordert viele passende Faktoren, die für viele Menschen nicht immer und überall, vielleicht auch nie da sind oder sein können.
Da stehen am Anfang zum Beispiel die Bereitschaft sich seinem Körper soweit zu nähern und in der Nähe zu halten- mehrere Tage am Stück. Die doch auch gewisse Disziplin (hustzwanghaftigkeithust) im wahrsten Sinne des Wortes nicht locker zu lassen und die Möglichkeit auch ohne weiterführende Probleme zu scheitern und eben doch etwas vom Blut zu verlieren. Außerdem ist es wichtig ein Umfeld zu haben, in dem es keinen Zeitdruck und allgemeine Ruhe und Geborgenheit zur Nutzung der Toilette gibt.

So zu menstruieren hat schon auch etwas von einem Prozess des Gebärens und entgegen aller Abwertung die Menstruationsprozesse bzw. das Gewebe, das kein Leben im typischen Sinne mehr hervorbringt, erfährt, stellt es eben genau diese Ansprüche.
Hier ist die Anforderungspalette also sehr in sich und der eigenen Haltung zu seinem Körper verortet.
In verschiedenen Lebensstilen und Umständen aber, kann sich diese verschieben, weil man sich zum Beispiel an ein Umfeld anpassen muss, in dem die Toilette mit anderen Menschen geteilt werden muss; es nicht die Möglichkeit gibt sich wirklich gründlich zu waschen oder auch die Bedürfnisbefriedigung anderer Menschen mehr Raum einnimmt.
Und, es ist eine Frage der Persönlichkeit. Ich bin allgemein kein Mensch, der entspannt ist und locker lassen kann; brauche viel Raum allein, um mich zu spüren und eine gewisse Selbst-bezug-sicherheit zu haben. Andere Menschen sind vielleicht nicht so und haben mit dieser Art zu leben und eben auch zu bluten, entsprechend eher Schwierigkeiten.

Zum Glück gibt’s aber noch andere Möglichkeiten.
Ich habe meine Stoffeinlagen nicht weggeworfen. Sie sind ein doppelter Boden, wenn ich mich außerhalb meiner Wohnung befinde und in Kontakte gehe, in denen ich meine Mitte und innere Haltung eventuell aufgeben muss oder mir das unbewusst passiert.
Die guten Stücke sind jetzt auch schon fast 6 Jahre alt und ich habe überlegt, ob und wann ich mir mal neue kaufen möchte.
So habe ich von Blumenkinder.eu erfahren. Einem Onlineshop in dem neben Stoffwindeln und bunten Stoffbinden, auch die verschiedenen Modelle der Menstruationstassen erhältlich sind.

Ich hatte ja geschrieben, dass mich die Größennormierung verunsichert hatte. Am Ende hatte ich dann einen Mooncup in Größe A in der Hand und sagte mir, dass ich ihn im Fall, dass er sich doch als zu klein herausstellt in kürzeren Abständen leeren kann.
Und dann: Autschn
Ich hab mir bei den ersten Versuchen wirklich fies wehgetan und mich damit in Grund und Boden getriggert.
Ich brauchte zwei Zyklen und einmal guten tiefenentspannenden Sex vorher, um den richtigen Dreh zu finden und auch zu verstehen, was so schwierig war.

Die Menstruationstassen bestehen aus Silikon, manche Modelle auch aus Latex, und müssen zur Nutzung kleingestopft werden. Im Demonstrationsvideo wird diese Variante gezeigt: 

DSC_1603

Wie man vielleicht erkennt, brauche ich viel Druck auf dem oberen Rand, um den Becher klein zu halten und der Durchmesser des Bechers plus Daumen und Zeigefinger beträgt 3,5cm, die dann einfach mal so, ohne sexuelle Erregung und zwischendurch auf der Toilette in den Körper eingebracht werden sollen.
Bei Narbengewebe, dem eine gewisse Elastizität fehlt, kann das wirklich ein Problem sein. Außerdem ist die Vagina zwar ein Schlauch, trotzdem kein Rohr, das, wie in den anatomischen Zeichnungen der Gebärmutter, ganz senkrecht von Vulva zu Cervix reicht. Es gibt diesen klitzekleinen Knick am Schambein entlang, der mit dieser Faltmöglichkeit auch noch umschifft werden muss. Und zwar relativ schnell dann nicht nur mit 3,5cm für Becher und Finger, sondern auch mit dem Rest der Hand.
Für mich bedeutete also die erste Zeit des Herumtestens nicht nur zu probieren, wie ich mit einem neuen Hygieneprodukt zurecht komme, sondern auch, wie ich ein neues Hygieneprodukt mit den Folgen der Gewalt an mir vereinbart bekomme.
Es ist halt eben doch nicht alles, wie es hätte sein können.

Ich fand dann ein YouTubevideo, in dem eine Frau* folgende Faltmöglichkeit zeigte:

DSC_1604

Hier beträgt der Durchmesser nur noch knapp 2cm und der benötigte Druck auf den unteren Teil des Bechers ist kleiner.
Menstruationstassen basieren auf dem Prinzip des Vakuums. Deshalb sind die kleinen Löcher unter dem dickeren oberen Rand bei der Reinigung und der eng zusammengefaltete untere Teil des Bechers wichtig. Im Körper entfaltet dieser sich und die Löcher oben sorgen dafür, dass der Becher “fest sitzt”. (Das tut übrigens nicht weh, fühlt sich aber überraschend seltsam an ^^ )
Ein weiterer Vorteil bei der zweiten Faltmöglichkeit ist, dass man nur mit einem Finger auf dem Becher in den Körper eindringen muss und das auch nicht besonders weit. Menstruationstassen werden sowieso nicht so weit eingebracht wie Tampons, weshalb man beim Mooncup auch das kleine Stäbchen am unteren Teil für sich zurechtschneiden muss. Andere Modelle haben kein Stäbchen, sondern eine Kugel oder einen Ring, ein Modell hat dort gar nichts.
Ich finde das Stäbchen als Lösung sinnig, weil es einen Referenzpunkt bei der Entfernung bietet. Um die Tasse zu entfernen, muss man den unteren Teil zusammendrücken, um das Vakuum zu lösen- nicht am Stäbchen ziehen!
Ich bewege das Produkt immer ein bisschen nach vorn und hinten, um die kleinen Hautfalten im vorderen Scheideneingang nicht zu quetschen. Ich weiß nicht, ob das bei Körpern anderer Menschen auch wichtig ist, aber ich erspare mir damit weitere (Mikro)Risse.

Irgendwo habe ich gelesen, dass man den Becher nach der Verwendung einfach auswischen kann, wenn man unterwegs ist. Ich habe das Gewebe jetzt immer einfach in die Toilette geschüttet und direkt im Waschbecken daneben ausgespült, weil “auswischen” auch “Schleim abwischen” bedeutet und damit eine Einführhhilfe für mich wegfiele. Aber es ist ein praktikables Vorgehen.
Es gibt Menschen, die Menstruieren für eine “blutige Angelegenheit” halten. Tatsächlich ist es eine “blutiger Schleim – Angelegenheit”. Deshalb spritzt auch kein Blut irgendwo wild durch die Gegend, wenn man die Tasse entfernt oder reinigt. Aber deshalb ist es auch schwierig sich sauber zu halten, wenn das Waschbecken weiter von der Toilette entfernt ist. Schleim tropft halt nicht wie Flüssigkeit einfach ab, sondern zieht Fäden.

Und so kommen wir zum Hygieneaspekt, auf den sich auch der Menstruationshygienetag am 28. 5. bezieht.
Dabei geht es darum über die Menstruation aufzuklären, Mythen aufzudecken, Scham und Schandepraxis sowohl zu benennen, als auch zu beenden. Außerdem werden Aspekte der Umweltverschmutzung und Gesundheitsrisiken thematisiert.
Auf der Internetseite dazu gibt es jede Menge Tools und Materialien zum kostenlosen Verteilen.

Unter dem Twitterhashtag #MenstruationMatters finden sich viele interessante Links, (Werbung für verschiedene Produkte) aber auch Stimmen, die sich mit dem Thema beschäftigen.

Ich habe bei der Recherche zu dem Artikel letztes Jahr, übrigens einen Artikel gefunden, der sich auf die Hygienepraxis der Menschen im Altertum bezog. So haben sich die Menschen des alten Ägypten angeblich weiche Pflanzenfasern zu einer Art Tampon gerollt oder als eine Art Binde in die Wäsche gelegt, etwas anders wird hierdarüber geschrieben.
Ich schreibe hier übrigens auch ausdrücklich “angeblich”, weil die Geschichtsschreibung bis heute (bzw. mindestens überwiegend) von Menschen gemacht wird, die selbst nicht bluten und gerade dieser Aspekt der Hygiene bis heute nicht wertungsneutral aufgebracht wird.
Selbst das moderne Aufklärungstum zum Thema “Frauen*hygiene” kommt nicht ohne rassistische Konnotation und Kulturbashing aus, was ich schwierig finde.
Natürlich ist es eine verachtende Praxis, wenn Frauen* tagelang in Menstruationshütten vor dem Dorf ausharren müssen (ohne vor Gewalt geschützt und allgemein gut versorgt zu werden), es ist aber Bestandteil einer Kultur, die es zusätzlich dazu gibt und die mindestens auch respektiert und in Bezug auf Wissensvermittlung eingebunden werden muss.

Gerade in Ländern in denen HIV und AIDS so allgegenwärtig ist, wie bei uns Grippe und Allergien, ist die Aufklärung über die Menstruation wichtig und zwar nicht nur, weil Menstruationsblut eine Körperflüssigkeit ist, sondern auch, weil der besonders gefährdete Personenkreis für eine Ansteckung eben menstruierend, arm und ohne Bildung ist.
So geht es bei diesem Hashtag und der Kampagne dahinter, nicht nur darum die gesellschaftliche Ächtung bzw. die schamhafte Belegung der Menstruation abzuschaffen, sondern auch um Entwicklungshilfe.

Es gibt Menschen auf dieser Erde, die sich Sand, Gras, (zweifelhaft saubere) Kleidungsstücke in die Unterwäsche legen oder in ihren Körper hineinstopfen, um sich “sauber” zu halten und keinen Zugang zu Alternativen haben, weil wir* unseren Müllberg aus Ressourcen, die wir* diesen Menschen stehlen- für die wir* sie ausbeuten in ihrer ganzen Lebens- und Arbeitskraft!, vergrößern müssen.
Weil Tampons so hübsch unsichtbar sind, weil Wegwerfbinden weniger peinlich sind, weil Menschengeruch nicht Freshnessgeruch ist, weil synthetische Stoffe so praktisch und auch billiger sind… weil wir uns schämen (sollen).

Ich war und bin es leid mich für mich, meinen Körper, seine Gerüche und sein Bluten zu schämen und nicht für die Ausbeutung, die ich hier im reichen weißen Kartoffelland anderen Menschen ganz weit entfernt antue.
Auch deshalb sage ich “Menstruation matters!”

von Schleim, Blut, Sex und lila Schmetterlingsplastikbindenverpackungen mit Freshnessgestank

MenskunstWir sind im Sommer weggefahren und waren erstmals seit einigen Jahren wieder auf Wegwerfmonatsbinden angewiesen und das Thema Menstruation(sartikel) kam auf.

Dann dachte ich, dass ich das Thema in meinem Blog nicht so wirklich aufgreifen kann- aber eigentlich sollte und ja auch wollte und ach… eigentlich geht es ja eh nur darum zu bluten und dafür blöde Produkte zu verwenden… alles drum rum ist ja nichts, was ich einfach mal so schreiben könnte… man weiß ja nie… Wenn das jemand liest!

Dann fiel mir, dass ich bereits einen Artikel darüber geschrieben habe, welche Machtgefühle ich in Bezug auf Aspekte meiner Sexualität erlebe und dachte, dass es eben doch mein Blog ist und Eigenmacht eben auch so aussehen kann, dass ich über die Renovierungszeit meines Uterus schreibe und alles was mir so drum rum auffällt.

Also. Ich schreibe jetzt was über Menstruationsartikel, das Bluten und was, für mich, sonst noch so dazu kommt.

Ich verwende Stoffbinden und versuche mich immer wieder im „freien Menstruieren„.
Ersteres ist nett zur Umwelt und meiner Scheidenflora und Letzteres bedient mein Kontrollbedürfnis, während es mich dazu bringt, mich bewusst mit meinem Körper auseinanderzusetzen und nicht die ganze Zeit des Blutens zu verdissen (meint: zu dissoziieren-
FAQ’s helfen).

Ich stand also im Sommer in der Drogerie und … naja… dachte ernsthaft darüber nach, die Reise abzusagen oder alternativ zu überlegen, wie viele Tage am Stück meine gebrauchten Stoffeinlagen in wie vielen Plastiktüten bleiben könnten, ohne, dass ich mich doch wieder vor meinem eigenen Blut ekelte, wenn ich wieder zu Hause und in Waschmaschinennähe wäre.

Es gibt inzwischen so absurd vermarktete Produkte, um das Menstruationsblut und ominöse andere Schleimig- und Flüssigkeiten aufzufangen, dass ich darüber nachdachte, darüber zu bloggen.
Ich kaufte ein lila Päckchen mit Schmetterlingen drauf.
Mein erstes selbst gekauftes Bindenpäckchen Mitte der 90 Jahre, war eins mit einer Ballerina drauf. Ich fand die Ballerina schön- die Binden da drin scheiße. Das waren welche, die sowohl am Slip als auch den Oberschenkeln klebten. Das fiel mir in dem Moment ein und ich musste gleich mal überprüfen, ob ich wieder so ein Modell erwischt hatte.

Sitzt ne Frau in der Bahnhaltestelle und macht ein Päckchen Binden auf…
Ups Stilbruch- verpackt wie die Kinderüberraschung für Mädchen, aber angucken ist erst allein aufm Klo okay. Hm. Interessant…

Folgende Informationen fand ich auf der Packung:
– ohne Duft, „Ultra Binden“, 4 Tropfen, die Bezeichnung „new Generation“, die Stückzahl, eine Entsorgungsanleitung (gelber Sack..!), eine Trageanleitung (mit Lageplan an einer Abbildung einer Binde), den Hinweis auf Latexfreiheit , einen Kreis in dem „Hautverträglichkeit dermatologisch getestet“ steht und eine Beschreibung der 5 Komponenten des Schutzes (Saugkern, Geruchschutz, Oberflächen- und Tragekomfort (denn wir* wissen ja: je komfortabler desto sicherer!) und Flexibilität).

Die Sache mit der Hautverträglichkeit interessierte mich als Erstes, denn nicht ohne Grund verwende ich Stoffbinden. Ich bin so oder so eine Dauerkandidatin für Infektionen und sonstige (Schleim-) Hautproblematiken im Intimbereich und sowohl Tamponverstopfung als auch Wegwerfbinden haben diese nie positiv beeinflusst.
An dieser Stelle auch ein Danke an meine Gewalterfahrungen, ohne euch wäre dies in dem Umfang und Ausmaß vielleicht nie möglich geworden.

Ich wollte wissen, worauf genau da dermatologisch getestet wurde und unter welchen Bedingungen. Was nützt mir denn das Wissen, dass die Dinger unter Laborbedingungen, wo so eine Binde vielleicht nur eine oder zwei Stunden auf der Haut eines gesunden Menschen verweilt, als „Hautverträglich“ eingeschätzt werden?
Wir sprechen hier von Produkten, die inzwischen fast komplett aus synthetischen Stoffen bestehen. Plastik in allen Verwandtschaftsgraden, versetzt mit Vitamin E und Seidenprotein, wie ich noch auf der Rückseite zum Oberflächenkomfort lesen konnte.

Wenn ich mein Gesicht für 2-3 Minuten in Klarsichtfolie wickle, still stehenbleibe und die Luft anhalte, würde ich auch von einer gewissen „Verträglichkeit“ im Abschluss sprechen können. Nicht aber, wenn ich das Gleiche bei einem Wettrennen über 2-3 Minuten tue.
Die Homepage des Herstellers schwieg dazu, gab aber das Testurteil der Stiftung Warentest an. Also rief ich bei der Servicehotline an.
Und dann rief ich dort noch mal an.
Und noch mal.
Und noch ein Mal, weil mir die Melodie der Warteschleife, aus der ich immer wieder flog, so gut gefiel.
Erreicht habe ich nichts (außer vielleicht genervte TelefonistInnen).
Ich fand einen interessanten
Artikel bei Ökotest.de und beließ es dann dabei- obwohl ich irgendwann dann doch mal beim Verbraucherschutz fragen will, ob Hersteller von- gerade solchen- Produkten, das überhaupt dürfen (vermutlich nicht… oder?).

Als Nächstes dachte ich über die Tropfen nach.
Ich bemühe mich ja schon, mich relativ bewusst damit zu befassen, wie viel da aus meinem Körper heraus kommt, doch die Menge in Relationen zu setzen erscheint mir schwierig mit nur einem Produkt. Netter Versuch der Kundenbindung- gleich mal zig Produkte für einen Lauf oder wie?!
Und dann: BOOM! Konnte ich überhaupt nicht mehr einschätzen, wie viel da kam. Alles weg. Verschwunden in diesen 2,5mm dicken Dingern. Egal wie oft oder weniger oft ich die Einlage wechselte, sah es immer gleich viel aus. Auch die Einschätzung, ob wir uns bei letzten Überresten am Ende der Menstruation befanden oder nicht, war kaum möglich: egal ob das Blut tiefrot oder geronnen und eher braun aussieht- die Plastikbinde machte daraus ein undefinierbar blutfarbiges „Mittendrin- Rot“.

Kann sein, dass das nicht vielen Menschen wichtig ist. Mir aber schon. Ich bin keine regelmäßig und vorhersehbare Regelbluterin. Auch hier wieder ein herzliches Dankenicken in Richtung Gewalterfahrungen: „Danke- auch dies etwas, das ihr direkt mit beeinflusst.“.
Meistens sind es bei mir nur zwei Tage oder drei. Wenn ich mehr als 4 Tage auslaufe, weiß ich, dass ich direkt kurz vorher an einem Problem oder Konflikt gekaut haben und alles angehalten muss. (Wie das noch aussehen kann hab ich
hier mal beschrieben) Die langen Phasen haben bei mir immer irgendwas damit zu tun, endlich loszulassen. Laufen- und eben auch aus-laufen zu lassen.
Wenn ich Stress, Ängste, Kummer oder Ärger habe, blute ich eben auch mal Monate lang gar nicht. Doch wenn es soweit ist, will ich wenigstens sehen und abschätzen können, wo ich gerade im Verlauf stehe.
Die Anfälligkeit biologisch in einen Stressmodus zu schalten, hat sich mein Körper von früher antrainiert, um mit einem Gewaltalltag umzugehen. Ergo habe ich dann doch auch relativ selten „Erdbeerwoche“ und fühle mich schon auch ein bisschen beklaut, wenn ich dann nicht so richtig alles davon auch wahrnehmen kann.

Apropos beklaut- wieso wollen die Hersteller eigentlich neben Würde durch Schmetterlings- und Blümchenlastige Verpackung auch noch Eigengeruch klauen und durch chemischen Kackscheiß ersetzen, der dann auch noch „Freshness“ genannt wird?!
Das Nuf hat neulich schon mal was darüber gebloggt und ebenfalls zum kollektiven Kopfschütteln aufgerufen.
Ich würde gern ja gerne mal noch eine Entwicklungsschlaufe hinzufügen:
Jetzt nennt sich dieser Gestank noch „Freshness“- bald könnte dieser Geruch auch nur noch für Menstruation gelten- ja quasi eine Limitierung passieren: „Na- nee- dieses Persil kann nicht mehr nach „Freshness“ riechen- so riecht schon die „rote Tante“!“.

Außerdem: wer schnüffelt denn bitte im Alltag im Schritt anderer Menschen, wenn er Körpergerüche ekelhaft findet?!
Mal ganz davon abgesehen, dass Blut erst ab einer gewissen Menge und einem gewissen Alter nach „Blut“ riecht. Was mensch riecht, wenn er sich eine Wegwerfbinde zum Wechseln vornimmt, sind Bakterien, die sich über warm- feuchten Stau in wenig belüfteter Gegend freuen und dies gleich mal mit Wachstum feiern. Ja und vielleicht noch mit einem Hauch von Blutgeruch, wenn es eben 5 vor 12 mit dem Bindentauschen ist.

Wenn mensch gesund ist, riecht der ganze Mensch halt nach Mensch. Auch sämtliche Ausflüsse, die by the way nicht nur da sind um in Binden und Slipeinlagen zu tropfen, sondern auch um die Gesundheit zu erhalten.
Als Infektionserfahrene kann ich am Geruch und der Konsistenz immer wieder perfekt abschätzen, wie der Stand ist. Riechts da nach „Mensch“ ist alles gut.
Würde ich oder meine Geliebte da plötzlich nach „Freshness“ riechen, würd ich mir Sorgen machen (müssen).

Eigentlich ist das Bluten nichts irgendwie Großes finde ich.
Aber irgendwie dann doch.
Ich mein-hallo! mensch blutet, ohne verletzt zu sein. Manchen tuts weh und manchen nicht. Manche Menschen sehen, dass sie bluten und denken: „Hurra- nicht schwanger!“ und manche Menschen denken: „Mee das wars dann jetzt die nächsten Tage.“. Bei manchen Menschen geht alles ganz alltäglich weiter und bei manchen ist in der Zeit absolutes Berührungsverbot.
Auch an sich selbst.

Es gibt inzwischen Tampons mit Applikator zu kaufen. Was sagt mensch dazu?
Ich hab erst mal „Umweltverschmutzung“ gesagt, denn diese Applikatoren bestehen wieder aus Plastik, was um die 1000 Jahre zur Verrottung braucht und ebenfalls den Wertstoffmüllberg vergrößert. Mal abgesehen davon, dass Tampons selbst ebenfalls alles andere als umweltfreundlich sind. Wer denkt, diese Dinger bestehen nur aus Watte irrt. Inzwischen finden sich in  Tampons ebenfalls Kunststoffe, Bleichmittelrückstände und Pestizide, die sich unglaublich viele Menschen vor ihren Muttermund schieben, wenn aus diesem Menstruationsblut austritt.

Dann dachte ich, dass so ein Applikator Selbstberührung verhindert und fragte mich, ob es einen echten Vorteil geben kann daran. Einen habe ich gefunden: Warzen und Co oder vielleicht allgemein Infektionskrankheiten, bei gleichzeitiger Problematik rund um die Handhygiene aufgrund von zum Beispiel aufgeklebten Fingernägelkrallen. Es gibt ja Menschen, die sich Macheten heranzüchten oder aufkleben lassen und das Ganze dann „Nail-Art“ nennen. So einen Swarovskicrystalfingernagel mit Blut zu versauen ist vielleicht wirklich nicht so fein. Aber eine Woche BlingBling auf dem Zeigefinger für 1000 Jahre Rottungsprozess?

Überhaupt Tampons und die Geschichte mit Ursache und Wirkung.
Ich habe gesehen, dass es inzwischen Tampons „mit Probiotik“ gibt. Probiotik meint den verkaufsfördernden Ersatz des Naturjogurtklassikers als Hausmittelhelfer gegen juckende Infektionen. Dass genau dies überhaupt erst nötig wird, weil Tampons und stets und ständige Einlagentragerei diese Infektionen wenn nicht auslösen so doch aber mindestens erheblich mittragen, steht weder auf der Packung, noch wird dieser Umstand so breit kommuniziert, wie es eigentlich nötig ist.

Selbst eine Gynäkologin hatte mich lediglich darauf hingewiesen, dass mein damals übermäßiges Sauberkeitsbemühen Schuld an immer wiederkehrenden Infektionen sei- nicht etwa die Unmöglichkeit von Schleimverteilung als Grundlage für Wachstum von positiven Kulturen.

Schleim ist nicht so gern gesehen.
Im Fall von Krankheiten kann ich das ja sogar verstehen, aber die Abwesenheit von Schleim bedeutet eben nicht auch die Abwesenheit von Krankheit. Wenn es um den Intimbereich geht, ist Schleim eigentlich das, wofür ein roter Teppich und Empfangsmusik bereitstehen sollte.
Es ist halt ein ziemlich gut geeichtes Zeug, wenn mensch sich unsicher ist, ob es gut um die Gesundheit steht; wo mensch sich in seinem Zyklus befindet; ob das, was man selbst oder der Mensch, der einen dort gerade berührt, tut eigentlich das ist, was wirklich Lust auf mehr macht.

Mir ist diese ganze seltsam verschobene Schutz- und Kontrollgeschichte in Sachen Menstruation und- naja- durch Slipeinlagen eben auch, vielleicht generell in Sachen „ein weibliches Genital besitzen“, irgendwie befremdlich.
Auf meiner Lilaschmetterlingspackung Binden steht: Idealer Wäscheschutz
Ich weiß nicht, was andere Menschen so für Unterwäsche tragen, wenn es etwas ist, das so unglaublich doll geschützt sein muss. Ich persönlich trage ja Schlüpfer in erster Linie um vor Dreck geschützt zu sein. Meinen Schutz zu schützen, erscheint mir da einfach irgendwie seltsam.
Und was ist eigentlich mit den Menschen, die keine Unterwäsche tragen?
Christina Aguilera hat (angeblich) mal frei menstruiert und die ganze Welt konnte es sehen.
Absicht? Zufall? Wars ihr peinlich?

Ich glaube, es geht auch viel um Scham vor der sich geschützt wird. Vielleicht auch rein praktisch halt den Umstand, das Blut nicht leicht rauswaschbar ist- trotzdem denke ich, dass sich viele Menschen eher für die Sichtbarkeit ihrer Menstruation- vielleicht auch durch den Wäscheschutz an sich schämen, als sich darüber zu ärgern, dass die Unterwäsche nicht wieder ganz die Farbe hat, wie vorher.
Ich hab drei Kategorien Unterwäsche: für meine Tage (rotbraun verfleckt und eng anliegend), für meine anderen Tage (irgendwie halt das was mensch sich so greift) und für geplante „Ich will Sex mit dir haben und dich mit dieser wunderschicken Verpackung darauf hinweisen- du weißt, dass ich diesen Fetzen niemals im Alltag anziehen würde und ich weiß das auch- also…“- Situationen.
Alle Stücke kann ich hygienisch auskochen und bisher hat sich kein Mensch, mit dem ich Sex hatte oder sonst wie intim war, dazu geäußert.

Letztlich gehts mir bei meinen Binden nicht um Unterwäscheschutz, sondern um Sicht- und Kleidungsschutz. Einen Zwölferpack Schlüpfer gibts an jeder Ecke- ein schöner Rock findet sich nicht so schnell und günstig.
Ich möchte überhaupt ja auch selbst entscheiden, wer sehen und wissen darf, dass ich gerade blute. In der Hinsicht danke ich dem modernen Sozialdiktat.

In dem Artikel „The shame of menstruation“ steht, dass es noch um 1900 für weibliche Menschen aus der Unterschicht normal war, auf den strohbedeckten Boden zu bluten, weil es von ihrer Fruchtbarkeit zeugte, was wiederum attraktiv für männliche Menschen sein sollte.
Für mich wirkt diese Praxis wie eine Ausstellung der Körperlichkeit vor anderen Menschen, quasi wie eine Art freiwillige Funktionsdarstellung im Sinne der damaligen Werte: „Wenn du mich heiratest, garantiere ich dir viele Kinder- guck, wie ich blute“.

Würde ich mir das auf ein Singleprofil oder Speeddating übertragen, könnte ich andere Menschen beim Schwimmen beobachten, was wiederum so lustig wäre, wie die Reaktionen der PassantInnen, als ich das Paket Binden in der Haltestelle öffnete und offen begutachtete.
Fruchtbarkeit wird irgendwie gar nicht mal mehr so an der Menstruation gemessen, oder? Wird heute überhaupt noch auf Fruchtbarkeit geachtet, wie damals? Wann in unserem Miteinander kommt der Punkt an dem über Fruchtbarkeit nachgedacht und gesprochen wird? Ist es noch cool fruchtbar zu sein?

Ich habe die These, dass die Scham rund um die Menstruation mit der Unsichtbarkeit einher ging.
Da wird etwas unsichtbar gemacht- vielleicht verheimlicht, dann muss es ja was Verbotenes/ Dreckiges/ Schlimmes sein. Und, dass die Menstruation eh etwas Schlimmes sein muss, beweisen ja schon diverse „Reinheits“-Mythen rund ums Bluten aus dem Uterus.
Dass es bei dem Verheimlichen darum ging, vielleicht trotz Menstruation seiner Arbeit nachzugehen, seine Fruchtbarkeit nicht fremdbewerten bzw. von Unbeteiligten einschätzen zu lassen, vielleicht auch um diverse religiös- kulturell verankerte Praktiken zu umgehen, muss laut „shame on the women“- Gesetzmäßigkeit mit Unglück und Schande und in der Folge: Scham belegt werden, damit es nicht zu bunt getrieben wird.

Dabei lädt heute gerade die Maschinerie rund um Damenhygieneprodukte, die inzwischen nicht mehr nur aus Binden, Tampons und Slipeinlagen bestehen, sondern auch noch aus Deos und Seifen speziell für Slipinhalte, dazu ein, unbedingt noch alles tun zu können, als würde mensch gar nicht menstruieren.
Das ist eine verwirrende Botschaft finde ich. Einerseits muss mensch sich sehr viel mit dem eigenen Körper und einigen Aspekten des Blutens befassen (diese Produkte wollen ja schon richtig angewendet werden)- andererseits wird es gehändelt, als sei es unwichtig (mensch kann ja noch alles tun), um dann aber doch wieder mit diesem Schamding belastet zu sein (es muss alles frisch und neutral riechen bzw. aussehen).

Außerdem stimmt es ja gar nicht, dass alle menstruierenden Menschen den gleichen Alltag haben, wie sonst. Manche haben sehr große Schmerzen und können dann gar nicht so unterwegs sein wie sonst.

Ich bins auch nicht. Bei aller Konzentration und Beherrschung über mich, ist das erste Bemerken meiner Regelblutung der Moment, in dem ich mich über Zeit und Raum, mein Erwachsen- und Unversehrtsein versichern muss. Ich muss am ersten Tag auch Schmerzmittel einnehmen, damit ich die Kontrolle halten kann- was aber nicht bedeutet, dass der Schmerz weg ist.
Der Druck und die Anspannung des Gewebes ist dann immer noch spürbar und das ist ein Gefühl, das mir mein Innenleben auf den Kopf stellt. So gehen da Schotten runter, was eben wiederum meine Produktivität nach außen auch erheblich mit beeinflusst.

Ich mache jetzt keine „Was hilft bei Menstruationsbeschwerden?“- Liste. Das haben sowohl Esme als auch Anna und viele andere Menschen schon oft getan.
Ich ziehe meine Socken aus und glitsche auf der Blutspur direkt zu einem verbindenden Element, das prima bei diesem Schmerz hilft: Orgasmen

Die nehme ich ganz gerne mal mit und wenn ich meine Tage habe noch ein Mal mehr. Ich weiß nicht genau warum es so gut hilft, wenn um die sich zusammenziehende Gebärmutter die Muskeln auch noch mal zusammenziehen, aber so ist es bei mir.
Manche Menschen halten Sex während der Menstruation für eklig. Manche menstruierenden Menschen wollen dann auch nicht angefasst werden.
Ich bin froh, dass das bei mir nicht so ist.

Das Einzige, worauf ich achten muss, ist nicht hinzugucken und auf penetrierende Praktiken zu verzichten, um keine Erinnerungsprozesse an erlebte Gewalt zu triggern. Wenn ich gerade eine Geliebte habe, die mit mir Sex hat, sage ich das auch so. Früher hab ichs nicht und hatte dann nicht mal was vom Sex, außer das blöde „knock- out“-Gefühl von früher nach Gewalterlebnissen. Und das Ganze neben der Erklärungsnot, wieso ich (ich sage meinen Geliebten nicht, dass ich multipel/ schwer traumatisiert bin. Dafür sind sie Geliebte- nicht Gemögte- andere Geschichte) geweint habe oder Ähnliches.

Ich habe festgestellt, dass es für mich nicht besonders sinnvoll ist auf einen Orgasmus hinzuarbeiten, wenn ich mich gerade scheiße finde oder richtige BÄÄÄMs in meiner Nähe wabern. Das wird meistens eher eine Selbstverletzungsarie und auch eine Geliebte habe ich dann nicht zur Hand (bin ja dann scheiße). Trotzdem ist ein vibrierendes Sexspielzeug dann wirklich praktisch und guttuend für mich. Einfach mal die Massagegeräte zur Massage des Unterleibs (nicht nur der Vulva) verwenden.

Übrigens habe ich inzwischen einen Mooncup im Haus, den ich bei Gelegenheit mal testen werde.
Bei diesem Produkt schlich ich ja ein bisschen herum, weil es Größenangaben gibt. S M und L  „Schade“, dachte ich, „Dass ich weder Maßband noch Spekulum noch finanzielle Ressourcen zum Kauf aller Größen zum Testen besitze“. Es ist ja nun doch ein Fremdkörper, den ich in meinen Körper einbringen muss, was ich halt nicht immer einfach mal so machen kann. Gibt halt Tage, da fühle ich mich zerstörter als an anderen.

Jetzt ist er da und kommt mit in mein Ressourcicum zur roten Welle fern von Daheim, wo ich eben nicht frei menstruieren und/ oder meine Stoffbinden verwenden kann.

Die lila Schmetterlingsplastikbindenpackung steht derweil in meinem Bad herum.
Vielleicht erwischt es mal unerwartet Besuch von mir und es wird eine gebraucht. Dann bin ich gerüstet.
Verrotten wirds ja frühestens in 1000 Jahren.

 

Bonusmaterial:
Ich hab zum Geburtstag ein Buch geschenkt bekommen, dass ich gerne weiter empfehle: „
Muschiland- Exkursion in eine kulturelle Intimzone“ von Ulrike Helmer. Darin sind neben angenehm leicht lesbaren Texten zu nicht immer leichten Aspekten, auch viele Literaturtipps und Verweise zu finden, was das Buch sehr wertvoll macht, wenn mensch sich (feministisch) mit dem Thema auseinandersetzen möchte.

Das „the period blog“  (englisch) mal durchzuschauen kann ich auch nur empfehlen. Leider wird es inzwischen wohl nicht mehr aktualisiert.

Ich hab das Thema „MenstruationsApp“ + „Gender“ nicht im Artikel erwähnt, weil ich meinen Zyklus weder von einer Maschine „berechnen“ lassen will, noch ein Smartphone besitze. Die Femgeeks haben sich aber schon mal damit befasst.
Meine „MenstruationsApp“ ist das Kalenderbuch „Alle meine Tage„, das sich für mich als am Besten geeignet herausgestellt hat.

Die rappende Gruppe „Hand Job Acamedy“ hat der Menstruation einen Song mit dem Titel „Shark Week“ gewidmet.

Allison von „Jew in the City“ erklärt in einem Video ausführlich die jüdische Mikvah.

Weitere Links und Literaturtipps zum Thema sind gern gesehen und werden in den Artikel übertragen.

#unsichtbar

Heute ist der Weltfrauentag. Frauenkampftag.
Die Taz möchte die Unsichtbaren zeigen.

Auf Twitter zwitscherte sie folgende Fragen:
„Was bedeutet es, übersehen zu werden? Ist das für euch Schutz oder Ignoranz? Antwortet uns zum
#Weltfrauentag unter #unsichtbar.“
„Manchmal ist es besser, „unsichtbar“ zu sein. Welche Erfahrungen habt ihr damit? Eure Verschleierungstaktiken am
#Weltfrauentag: #unsichtbar

Meine Fähigkeit mich 140 Zeichen kurz zu fassen ist begrenzt, doch diese Fragen zu beantworten halte ich für wichtig.
Ich habe bemerkt, dass ich nie unsichtbar war. Oder wirklich übersehbar.
Eigentlich, und das fällt mir gerade jetzt auf, wo ich mich etwas näher mit dem Zeitpunkt meiner Befreiung und meiner Biographie überhaupt befasse, war es nie so, dass ich- wir als Einsmensch unauffällig, übersehbar, übergehbar oder ignorierbar waren oder agiert haben.
Wenn die Menschen in unserer Umgebung gewollt hätten, zu wollen gekonnt und gedurft hätten; wenn sie Macht gehabt hätten, hätten sie uns und die Gewalt an uns (und den anderen Mitbetroffenen) sehen und beenden können.

Unsere „Verschleierungstechnik“ war und ist bis heute, die strukturelle Dissoziation.
Praktikum in der Zimmererwerkstatt, BauCamp im Handwerksbildungszentrum, männliche Kunden, die eine Vogelvoliere in Auftrag geben, einkaufen im Baumarkt… badabumms taucht ein fast klischeehaft männliches Innen auf, dass niemand auf die Idee kommt, der Körper könnte weiblich sein. Dass niemand auch nur im Entferntesten glaubt, vor ihm stünde ein Mensch dessen Körper Gewaltorgien und systematische Folter überlebt hat.
Hundesitting, Haustierhalterberatung, Pflegestelle… zack, tauchen Innens auf, die freundlich zugewandt, sachlich offen und neutral eine Verbindung aufzubauen helfen zwischen Mensch und Tier. Niemand käme auch nur auf die Idee, durch welche Qualen es zu dieser Fähigkeit gekommen ist. Was für grässliche Bilder und Gefühle hinter den Augen dieses Menschen toben, während diese Arbeit getan wird.
Diese und viele andere kleinere und größere Alltagssituationen, lösen einen stetigen Wechsel von Innens aus. Jedes Innen steht auf seine Art, wie eine Schutzmauer vor einem tiefen Elend und macht es nach außen hin unsichtbar. Aus Selbstschutz. Um selbst nichts von dem Elend zu spüren oder gar zu wissen. Um nach außen hin perfekt angepasst zu sein, an jene Gesellschaft, die ebenfalls ihre Schutzmauern hat.

Es ist eine Verschleierung, die nicht gezielt und geplant ist. Erst wenn sie angewendet wird, fällt auf, dass es auch dabei um eine Art Überleben geht.
Ein Bestehen in einer Welt, in der nur jene bestehen, die möglichst weit von ihrem Schmerz entfernt sind. Die möglichst kalt und angepasst sind. In der jene ohne Schlenker im Lebenslauf, ohne Falte im Jackett, ohne Makel im Lächeln, eine reellere Chance auf einen Arbeitsplatz, der sie finanziell absichert, haben, als jene, bei denen das nicht so ist.
Unsere Gesellschaft- unser Miteinander macht unsichtbar, weil Unsichtbarkeit heute ein Garant für finanzielles- und damit auch soziales und am Ende direkt biologisches Überleben ist.
Sind unsere Körper so dünn, dass sie fast unsichtbar sind, gelten wir als schön und stark, was wiederum Eigenschaften sind, mit der man zu einer Absicherung kommen kann.
Ist unsere Meinung so gleich wie die der Gruppe, dass sie in der Masse unsichtbar wird, können wir uns des Schutzes selbiger sicher sein und so wiederum unsere Chancen auf ein Überleben sichern.
Geben wir uns selbst auf und werden zum ausführenden Organ jener, die über unsere Absicherung verfügen, werden wir überleben.

Nein, wir waren kein Kind, dass man leicht übergehen konnte. Keck, gewitzt, arrogant, sportlich, musisch begabt, extrovertiert.
Kein Wettkampf wurde ausgelassen, kein Turnier, kein Wettbewerb, kein Konzert je abgesagt. „Schau was ich kann!“ brüllten wir in die Reihen des Publikums und stärkten unseren Selbstschutz mit ihrem Applaus- dem Gradmesser der Beachtung, der Wertschätzung, des Maßes an Sicherheit durch erbrachte Leistung.
Niemals brüllten wir gleichsam in die Gesichter der Lehrer, Betreuer, Freunde, Ärzte, Eltern von Freunden, Nachbarn-  den Bekannten und Verwandten ins Gesicht: „Sieh, was mir gerade Schreckliches passiert! Sieh, wie ich und die anderen Kinder zerstört werden! Sieh… mich

Unsichtbarkeit hat zwei Seiten. Jene, die nicht sichtbar macht und jene die Sichtbarkeit gefährlich macht.
Was geschieht mit männlichen Menschen die hässliche Dinge sichtbar machen?
Denen wird in aller Regel zu ihrem Mut gratuliert, da sie eine Minderheit stellen.

Was geschieht mit weiblichen Menschen die hässliche Dinge sichtbar machen?
Denen wird in aller Regel nicht einmal zweifelsfrei geglaubt.

Was geschieht mit männlichen Menschen, denen hässliche Dinge passiert sind und sich sichtbar machen?
Was geschieht mit weiblichen Menschen, denen hässliche Dinge passiert sind und sich sichtbar machen?
Ihnen passiert genau das Gleiche. Sie machen sich auf eine Art angreifbar, die ihr direktes Leben auf mindestens einer Ebene bedroht.

Einen wirklichen Schutz erfährt nur, wer geschützt wird.
Vom Gesetz und dessen gleichberechtigter Anwendung; vom sozialen Umfeld; von seiner Fähigkeit sich blitzschnell auch wieder unsichtbar machen zu können und das System für sich zu nutzen.
Und wer hat dabei bis heute die besseren Chancen?
Der männliche Mensch.

Ja, heute in der Frauentag. Der Frauenkampftag.
Der Frauensichtbarmachtag.

Doch, was für Frauen genau, hast du heute schon gesehen?342533_web_R_B_by_onkel jo_pixelio.de
Hast du die Frau im Frauenhaus gesehen?
Hast du die Frau, die eine andere Frau liebt gesehen?
Hast du die Frau unterm Hiab gesehen?
Hast du die Frau, die sich als Mann fühlt gesehen?
Hast du die Frau im Asylantenheim gesehen?
Hast du die Frau im Rollstuhl gesehen?
Hast du die Frau gesehen, die jetzt noch ein Kind ist?

Hast du die Frau hinter der Schutzmauer gesehen?

Oder nicht doch eher das makellose Lächeln auf einem Werbeplakat, das dir sagt, dass es heute 50% Rabatt auf Schuhe gibt?

nicht das Gleiche- nur bei allen Frauen gleich

Es ist nicht vergleichbar.
Nein überhaupt nicht.

Das hier nennt man medizinische Hilfe.
Nicht Gewalt.

Es schreit im Kopf.
Doch es ist nicht das Gleiche.

Es tut weh und es gibt keine Alternative.
Ohnmächtig fühlend und nicht in der Lage sich zu äussern oder zu flüchten.
Doch es ist nicht das Gleiche.

Man wird gedemütigt.
Doch es ist nicht das Gleiche.

Uns wird das Leben gerettet
und dabei, aus Versehen, die Seele erschüttert.

Das ist nicht das Gleiche, denn andere bestimmen, was gleich ist und was nicht.

Wir waren nur beim Arzt
nicht bei einem Vergewaltiger.

Es war nur Verhelfgewaltigung.
Nichts worüber man klagen sollte.

Das erleben ja jeden Tag viele Frauen.159177_web_R_K_by_Dieter Kreikemeier_pixelio.de
Das ist ja nichts Besonderes.

Was lässt du dir das auch bieten?
Geh doch woanders hin!
Wehr dich doch!
Es ist doch nicht das Gleiche!

Eine Art #Aufschrei
Immerhin

einen Tag später, nach 30km Flucht

der fremde männliche Mensch

Habe ich gestern Mittag noch in einem Blog kommentiert, wie mutig und toll ich es finde, wenn ein (weiblicher) Mensch nicht nur lächelt, wenn er sich eigentlich unwohl und bedrängt von einem Fremden fühlt- aber selbst gedacht: “Hm, wäre ich auch so mutig?”, so hatte ich gestern Abend die Gelegenheit zur Selbstüberprüfung.

Zuerst mal möchte ich mir Note 2+ geben- ich war gut! Wenn auch nicht perfekt (aber das Thema hatten wir schon- deshalb das Plus)

Heute war ich verabredet und fuhr dann im Dunkeln allein nach Hause.
Obwohl ich selbst genau weiß, dass der Überfall vom “schwarzen Mann” im Park seltener ist, als der Überfall durch einen mir bekannten Menschen in einer Wohnung, lässt dieser Umstand den Adrenalinpegel (und das Dissoziationslevel) bei uns steigen (was oft genug zur Folge hat, dass ich “Kleinigkeiten” wie zum Beispiel einen auf dem Eis verstauchten Knöchel, erst Stunden später spüre oder allgemein noch mehr von meiner (Selbst)Wahrnehmung einbüße als sowieso schon abhanden kommt).
So auch gestern.
Schon in der Straßenbahnunterführung (dem Startpunkt) hat mich ein junger männlicher Mensch angesprochen, ob ich zufällig die Sprache spreche, die Erinnerungsprozesse in mir antriggert. Ganz freundlich, aber schon eindeutig zu nah an mir dran und offensichtlich mit einem Flirtbeginnswunsch. Mein Innenleben begann auf seine Art loszujaulen bzw. noch lauter als schon vorher in einen sirenenartigen Hintergrundseelenton zu verfallen, was mich nervös und unsicher machte- ganz unabhängig von dem Kontakt mit dem Menschen an sich.

Ich lächelte freundlich und sagte: “Nein, kann ich nicht. Schönen Abend noch.”
Er versuchte ganz offen Kontakt mit mir aufzunehmen- was ich mit einer wie ich finde sehr klaren Körpersprache ablehnte: Ich wendete mich ab und stöpselte meinen Kopf zu.
Bis dahin alles tutti- zwei Fishermänner, schöner Platz in der neuen Bahn und es pegelte sich gut wieder runter.
Noch schnell einkaufen.

Wer kommt mir im Laden entgegen? Der junge männliche Mensch von der Straßenbahnunterführung. Erstmal war ich schon verwirrt darüber, dass ich das überhaupt mitbekommen habe (Wieso bemerke ich immer erst in solchen Momenten meine Therapiefortschritte? Genau in dem Moment wäre es doch viel praktischer gewesen, wenn Frau Zarin ihm begegnet wäre- sie hätte ihn wie einen Untertan desinteressiert beguckt und gut… aber ja…Leben kein Wunschkonzert und Wunschdissos gibt’s nicht- also…). Dann aber war ich obendrein noch verwirrt, warum mich der Mensch überhaupt nochmal angesprochen hat. War ich nicht deutlich genug?
Ich wandte mich wieder ab, nachdem ich ihm ein Nicken des Wiedererkennens (aber schon kein Lächeln mehr) gegeben hatte.

Nach den üblichen Einkaufs-interputus-Überforderungsängsten und dem damit einhergehendem Wechsel (und einem weiteren Fishermann, um eine grundsätzliche Orientierung zu halten) gingen wir aus dem Laden.
Wo wer wartete und mich genau in der Dissoziationsnaht abfing? Der fremde männliche Mensch.

Er fing gleich an zu beteuern, er sei kein Arsch und ich bräuchte mich nicht bedrängt fühlen… Worauf ich sagte (und wer mich kennt weiß: hier ist der Platz für den Trommelwirbel mit anschließendem Tusch): “Ja, kann sein, dass ich mich nicht bedrängt fühlen MUSS- aber ich tue es! Sie sprechen mich immer wieder an, obwohl ich nicht mit Ihnen sprechen will und treten mir viel zu nah! Bitte lassen Sie mich in Ruhe!”

Das war wohl deutlich genug. Er ging. Ob er noch etwas gesagt hat, weiß ich nicht, weil ich mir gleich ganz schnell den Kopf wieder zugestöpselt hab, um wegen einer eventuellen Antwort nicht direkt ein noch schlechteres Gewissen zu haben.
Aber- ich habs geschafft!
Die Pflicht* hab ich gut geschafft.
Ein “sehr gut” hätte ich mir für die gelungene Kür  gegeben, wenn ich mich a) hinterher nicht schuldig im Sinne von „zur Entschuldigung geneigt” gefühlt hätte und b) das direkt bei der ersten Begegnung gesagt hätte.

Bei aller “sich selbst auf die Schulterklopferei”, treibt mich diese Episode aber nun doch um.
Da sind zwei Punkte.
Zum Einen: Wieso unterstellt mir der junge männliche Mensch, ich würde ihn für einen Arsch (oder Vergewaltiger?) halten, wenn ich doch eigentlich nur kein Interesse an (und ja, ehrlich gesagt einfach nur panische (alte) Angst vor) einem Gespräch mit einem mir völlig fremden Menschen habe?

Und zum Anderen: Wo kommt dieser Drang zur Entschuldigung meiner Verweigerung her?
Ich hatte am Donnerstag noch bei Fratzbuck ein Foto geteilt:

sorry

Offensichtlich geht es nicht nur mir so. Schön. Aber was der Feminismus nun in dem Punkt helfen soll oder könnte, mich eben nicht mehr zur Entschuldigung geneigt zu fühlen, verstehe ich dann aber doch nicht so ganz (soviel zur Überzeugung dessen was wir so bei Fratzbuck teilen…)
Ich könnte mir gut vorstellen, dass auch ein männlicher Mensch diesen Impuls in sich fühlt, wenn er von einem anderen (weiblichen) Menschen so angegangen wird. Ich hätte mich auch so gefühlt, wenn der männliche Mensch ein weiblicher Mensch gewesen wäre.

Es ist doch ein ganz basales Symptom unseres Miteinanders, dass wir uns jederzeit und immer wieder als offen und verfügbar darstellen (sollen oder sogar müssen). Selbstbestimmung wird irgendwie selten gern gesehen oder gar widerspruchlos anerkannt. Ich kann keine große Exklusivität des Körpergeschlechtes in Bezug zur Selbstbestimmung erkennen. Die Erscheinungsformen variieren ganz klar, aber die Folgen sind die Gleichen: A will B nicht zur Verfügung stehen, verweigert sich und fühlt sich hinterher mies, obwohl es eigentlich unnötig ist.

Eine Antwort habe ich noch nicht, bis hierhin muss ich vorerst ein “Denkstatus under construction”-Schild aufstellen. (Antwortvorschläge wie immer bitte gerne in die Kommentare)

Nun noch kurz zur Unterstellung des “Arschseins”.
Er hat es nicht gesagt, aber es kam bei mir so an, als ginge der Mensch ganz selbstverständlich davon aus, ich hielte ihn für “schlecht” oder sogar “gefährlich”, weil er mich (allein und im Dunkeln) abfing und Kontakt suchte.

Gemäß unserer Biologie sind wir Menschen alle verunsichert, wenn wir allein und im Dunkeln unterwegs sind. Das ist ein total schlauer Mechanismus, der uns im Zweifel genug Adrenalin zum Kampf oder zur Flucht ausschütten lässt, sollte aus dem Dunkel tatsächlich mal eine Gefahr auf uns zukommen. Ich brauche mich nicht dafür zu schämen oder meine Weiblichkeit als Grund für meine Vorsicht und mein mulmiges Gefühl vorzuschieben.
Und ich verstehe nicht, wo es herkommt, dass es offenbar viele andere Menschen tun und/ oder mir diese Einstellung unterstellen.

Ich denke, dass wir uns mit dieser Einstellung um viel Kontakt und damit Austausch und damit widerum um die Chance auf ein friedliches Miteinander bringen. Das macht mich traurig.

Und plötzlich denke ich, dass ich mich vielleicht dafür entschuldigen wollte.
Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie abwies, wie ich Sie abwies: Ohne zu sagen, dass es nicht daran liegt, dass ich Sie für einen “gefährlichen schwarzen Mann im Parkgebüsch” hielt.
Ohne zu sagen, dass ich einfach nur keinen Kontakt mit einem mir fremden Menschen wollte.

Ohne zu sagen, dass mir Menschen ganz grundsätzlich eine Todesangst einjagen, egal wie freundlich oder unfreundlich sie sich mir gegenüber verhalten.

masculum-feminam humana

“Sag mal- wie ist das eigentlich für dich, wenn der Körper menstruiert?”
Toll- das hat man davon, wenn man Gemögten erlaubt, einfach zu fragen, wenn sie was fragen wollen…
Ich oute mich in diesem Artikel mal als das, was ich bin: ein Mann

Ich bin ein männlicher Anteil einer Psyche, die in einem biologisch weiblichen Körper steckt.
Was so paradox klingt, ist eigentlich total normal.
Und irgendwie logisch. Also immerhin haben alle Menschen auch Brustwarzen, weil die “biologische Entscheidung” zum Geschlecht des Menschen später, als die Anlage zu Brustwarzen kommt… und naja- wenn man davon ausgeht, dass Leben in erster Linie Metabolismus ist… dann  ist doch irgendwie auch logisch, dass alle Menschen auf dem ganzen Planeten schon von Natur aus auch männliche Anteile haben müssen. Denn für eine Entscheidung brauchts die Möglichkeit zu wählen.
Hm- Mist irgendwie klingt das nach einer Rechtfertigung für die Weigerung sich sämtliches Körperhaar abzusäbeln und schlunzige Jogginghosen zu Holzfällerhemden zu tragen. Aber das soll sie eigentlich nicht sein.
Ich nehme mich als Mann wahr, habe dieses Selbstbild von mir und werde auch von Menschen aussen  als Anteil “der mit von eher als männlich bezeichneten Eigenschaften behaftet ist” wahrgenohmmen. Also einfacher ausgedrückt: ich passe eher in das Bild, das man vom Klischeekerl hat, als von der Klischeetussi von dem ausgehend, was ich so mitbringe.

Eigentlich total interessant, wie ich so betrachtet werde und was mir so auch entgegen gebracht wird, wenn ich mich als männliches Innen zu erkennen gebe.
Irgendwie ist da ganz automatisch so eine Selbstverständlichkeit, dass ich voll der harte Kerl bin, mindestens ein Beschützer im System, ein Handwerker oder so- voll stark, frech und großmäulig. Vielleicht irgendwie auch ein Weiberheld oder so.
Aber das bin ich nicht. Ja es gibt bei uns auch männliche Innens, die so sind- aber es gibt auch weiblche Innens, die so sind!
Die Zugehörigkeit der Geschlechter läuft bei uns wirklich nur über so eine Gefühlsschiene. So nach dem Motto: “Ich fühle mich männlich, also bin ich männlich. Ich fühle mich weiblich, also bin ich weiblich. Ich fühle mich ungeschlechtlich, also bin ich ungeschlechtlich.” Jeder eben so wie er sich fühlt.

Kann ich den Körper einfach so annehmen? Nein- natürlich nicht.
Aber die weiblichen Innens können das auch nicht einfach so.
Wir haben inzwischen so ein Stadium des (mehr oder weniger zähneknirschenden) Hinnehmens erreicht und das ist schon ganz okay so. Vor vielen Jahren war ich noch ziemlich krass in Sachen Verleugnung und Unterdrückung der körperlichen Weiblichkeit. Aber nicht, weil ich sie als solche irgendwie schlimm fand oder triggernd oder so (so wie andere Innens bei uns), sondern weil ich doch irgendwie dieser äusseren Rollenkiste von Männlichkeit entsprechen wollte.
Ich hab mal überlegt, ob mir jemals ein Mensch so richtig direkt mal gesagt hätte “Ein Mann macht aber dies und das” oder “Jungs müssen dieses und jenes”- nee das ist nie passiert. Aber irgendwie kam schon öfter sowas wie “Für dich wird das ja kein Problem sein, ne?” oder “M- komm mal her- ich brauch ne starke Hand!”. So als wäre ich voll der starke Typ- was ich aber gar nicht bin- es gibt viel stärkere Innens bei uns. Und was mir alles Probleme bereitet, hab ich irgendwie dann nicht mehr so sagen können, wenn mir bei bestimmten Sachen so eingeschoben wurde, dass sie mir ja keine Probleme machen würden.
Das ist nie mit Absicht passiert, glaub ich. Aber es ist passiert und das finde ich irgendwie seltsam. Ich kenne mich mit solchen Genderfragen und Forschungsdingsizeugs nicht so aus und eigentlich find ichs auch total schräg, dass man sowas beforschen muss. Also einfach, weil ich mich frage was für einen Nutzen das bringt, aber naja… das kann man sich ja bei so einigen Sachen, die beforscht werden, fragen.
Für mich ist das nicht wichtig. Ich fänds eigentlich nur interessant wie sowas passiert. Also das man denkt, dass manche Eigenschaften oder so, typisch männlich und manche typisch weiblich sind.
Zum Beispiel unsere Kleidung.
Wir haben uns im Zuge von vermehrter Observanz, irgendwann zum Rauswurf aller Hosen (bis auf zwei Exemplare) entschieden und tragen nur noch Röcke. Am Anfang war es irgendwie so: “Hm- bin ich dann noch ein Mann, auch wenn ich so richtig traditionell weibliche Sachen trage?” -Ja klar! Die Frauen haben doch die ganzen Jahre vorher auch immer wieder Hosen getragen und waren trotzdem noch Frauen. Diese Kiste war ein für uns total runder und guter Schritt sich mit dem Körpergeschlecht- mit der Körperbiologie zu beschäftigen. Aber es gibt auch Menschen in unserem Umfeld, die mich schräg angucken und fragen, ob ich mich denn so wohl fühlen kann. Oder, ob ich mich nicht unterdrückt fühle. (Klar ist ja eh auch so- die bösen bösen Religionen, die unterdrücken die armen dummen Menschen ja nur und haben nix anderes zum Ziel als die Unterdrückung von Frauen mittels Regeln und Verdammnisdrohung… hm schon klar…) Ob ich mir nicht vorkomme, wie ein Mädchen. Ja- halloho?! haha

Oder auch so was Vorlieben und Sexualität betrifft.
Also klar- ich bin hetero und zufällig ist mein Körper weiblich. Also lebe ich für Aussenstehende eine lebische Liebe. Inzwischen ist es so, dass ich meinen Gefährtinnen nicht mehr sage, dass ich ein männlicher Anteil bin (zumindest nicht, wenn wir keine Beziehung, sondern einfach nur ein Techtelmechtel pflegen). Es macht sonst einfach keinen Spaß mehr und die meisten Gespräche drehen sich darum, wieso ich mich männlich fühle und was das im tieferen Sinn bedeutet und bla…
Immer wieder wird ab dann auch von mir mehr oder weniger erwartet, irgendwie auch besonders hart im Bett zu sein, oder irgendwie wird mir halt immer wieder untergeschoben, bestimmte Praktiken toll zu finden oder so. Nee- ist voll nicht so!
Ich finds schon irgendwie schön, für meine Freundin zu sorgen und so- so ein bisschen die Beschützer und Versorgernummer, ne (wieso die als so besonders männlich gilt, hätte ich ja auch gerne mal beforscht…). Aber das heißt nicht, dass ich den mir von der Biologie versagten Penis so dringend ersetzt haben muss. Wenn ich aber sage, dass ich mich als männlich wahrnehme und Frauen anziehend finde… ja… irgendwie scheint es diese Sachen dann immer gleich mitzubedeuten. Obwohl es genauso auch in der lesbischen Szene Frauen gibt, die eine männliche Position einnehmen.
Und obwohl es bei uns auch weibliche Innens gibt, die lesbisch lieben und ebenfalls eher in der als “eher männlich” dargestellten Vorliebenschiene agieren. Die werden aber nie so konfrontiert wie ich.

“Und wie entstehen männliche Innens? Wie bist du entstanden?”
Also wie genau ich entstanden bin, weiß ich selber nicht genau. Aber ich sag mal wie ich nicht entstanden bin:
Ich bin nicht aus dem innigen Wunsch heraus entstanden, jemandem zu gleichen oder weil dem Körper was passiert ist, “was nur Männern so passiert”. Ich hab mal ein Buch in der Hand gehabt, welches diese zweite These vertrat. Der Autor meinte damit die Vergewaltigung, die mit der Penetration des Anus einher geht. (Meine Güte- alle Menschen haben diese Einbahnstraße im Körper und können so vergewaltigt werden- wie hoch meint der Autor, ist die Quote von männlichen Innens/ States auf diesem Planeten?!)
Ich glaub, ich bin männlich, weil die Seele von Menschen von Natur aus männliche Anteile hat und wir durch die dissoziative Identitätsstruktur eben noch deutlicher und selbstständiger agieren können. So eben als die Anteile die jede Seele nun mal hat.

Ich fänds gut, wenn sich die Menschen alle so betrachten können würden.
Ich denk, dann würd ne Menge Vorurteilsblödsinn wegfallen. Und keiner würd mich mehr anders betrachten als vorher, nur weil ich ihm sage, zu welchem Geschlecht ich mich, ausgehend von meinem Empfinden, zuordne.

Und wie ist es nun für mich in einem weiblichen Körper zu stecken?
Also- naja…
ich hab ja keine Vergleichswerte, also würd ich mal sagen, es ist so wie in jedem anderen Körper auch. haha