das gefräßige Monstrum

P1010238Paula Puzzlestücke und Riotmango haben zu Pseudo- Konsumkritik gerantschrieben und ich dachte einmal mehr darüber nach, was das Problem an Konsumkritik ist.

Selbst kritisiere ich weniger Konsum, als die Notwendigkeit bzw. die Unmöglichkeit von Nichtkonsum. Und vor allem- hey warum wird der Konsum kritisiert und nicht, was Konsum mit sich bringt und What about the capitalism?!
Für mich besteht das Problem „Konsum“ weniger in den Produkten, als in dem Kapital, das damit bewegt wird.
Natürlich bedeutet “mehr” von etwas immer “mehr”: Mehr Auswahl, mehr Müll, mehr Umweltbelastung, mehr Vielfalt, mehr Freude, mehr Möglichkeit, mehr Erbe an die nächste Generation – aber eben auch mehr Druck, diesen Status zu halten und auszubauen. Wo immer mehr ist, da wird auch immer mehr erwartet und je mehr Erwartung herrscht, desto größter ist die “Gefahr” der Enttäuschung.

Das Problem: das kapitalistische “Mehr” interessiert nur deshalb, was “weniger” ist, damit es sich anpassen und dann weiter ver-mehren kann.
Auch deshalb ist Verzicht in Gesellschaften, die auf Kapital beruhen, dieses sowohl in ihren Gütern als auch in sich selbst und ihren Fertig- und Fähigkeiten sehen und einzig damit wirtschaften, keine “gelebte Konsumkritik” sondern einzig eine Herausforderung, die sich maximal zu einer Stasis entwickeln kann- nicht aber zu einer Veränderung führen.

Ich bin nicht böse, wenn ich schreibe: Einzig, weil mehr gehen soll, wird sich aktuell auch auf Menschen die behindert werden und/oder chronisch krank sind und auch auf Menschen, die mit 67 Jahren noch kräftig und motiviert genug sind, konzentriert. Einzig das kapitalistische Interesse steht hinter Inklusionsdebatten und scheitert immer wieder grandios an genau der Stelle, an der klar wird: “Oh, wären da nicht diese und jene kapitalistisch begründeten Barrieren allein, dann lebten wir schon längst (wieder) inklusiv(er)”.

Kapitalismus ist nicht reflektiv- er ist einzig aussendend und sich seine Bahnen suchend (und Dank kapitalistisch sozialisierter Gesellschaften: auch immer wieder findend).

Ich habe einmal darüber nachgedacht, ob ich in der Schule jemals überhaupt andere Wirtschaftssysteme als die des Kapitalismus gelernt habe. Natürlich habe ich etwas über Tauschkultur und Selbstversorgung gelernt, habe aber auch schnell die Grenzen dieser Systeme begriffen. Sie funktionieren nur in kleinem Kreis, weil sie Entwicklungen entschleunigen und sehr viel mehr äußeren (unkontrollierbaren) Bedingungen unterworfen sind.

Einmal wollte ich gerne in die Gemeinschaft der Selbstversorgenden hineingehen und merkte aber schnell: Meine Krankheit* würde mich in Gemeinschaften zu einem Mitglied werden lassen, das öfter mitgetragen werden muss. Ein Umstand, der für mich mit Abhängigkeiten und damit Unfreiheit, gleich der, die ich in kapitalistischen Systemen lebe, einhergeht.
Allein mich selbst versorgend, würde ich spätestens im Winter oder Frühling abkacken und in der Folge nicht einmal mehr die Aussaat für die Sommerernten schaffen.
Das sagt mir: Menschen brauchen Solidargemeinschaften (was für mich persönlich den Begriff von „Familie“ übrigens auch noch einmal umgemodelt hat).

Solidarität ist allerdings ein Privileg, das nicht auf Zwang oder Notwendigkeit hin entsteht, sondern, weil man es sich leisten kann.
Leisten kann man sich in unseren bestehenden Gesellschaftssystemen immer erst dann etwas, wenn man ein Etwas oder ein Jemand ist (bzw. verkaufen kann oder könnte). Ergo inkludiert, in Lohnarbeit oder wirtschaftlicher Selbstständigkeit oder mindestens in Besitz von Fähig- und Fertigkeiten, die für egal welches System von Nutzen ist.
Das heißt, dass auch Solidargemeinschaften, die sich weit weit weit am Rand der Gesellschaft bewegen, immer doch an irgendeiner Stelle auf diesem Privileg basieren, dass sich mindestens eine Person in ihr immer noch anders entscheiden kann.

Es ist ein dem Kapitalismus verschuldetes Privileg auch auf den Kapitalismus verzichten zu können.
Die VerliererInnen* im Kapitalismus sind in aller Regel die GewinnerInnen* der Solidargemeinschaften, weil sie dort nur gewinnen können. Wer nichts hat, kann nichts verlieren. Und wo alles etwas ist, da gelten andere Maßstäbe für die Begriffe “viel” oder “wenig”. Da ist das eigene Dasein, die eigene Präsenz etwas, das irrelevant für den Rest der Welt sein mag, doch gut, nahrhaft, wertig für die Gruppe, ihre Normen, Werte, ihre Kultur und damit ein Grundstoff, für den der Kapitalismus bis heute kein Substitut hat erfinden können.

Ich denke, dass es sich noch immer zu leicht gemacht wird und nur allzu gern letztlich doch der Kapitalismus das genutzte System ist, wenn es darum geht Dinge zu verändern, oder “kritisch” zu konsumieren.
Der Vegan- Bio- Ökoboom im Supermarkt ist ein Paradebeispiel. Dem folgen Fair Trade Kaffee und Schokolade und Biobaumwollshirts im Discounter, sowie Ökotrockenfutter für Heimtiere.
Man will weder giftverseuchte Kleidung, noch Hungerlöhne für die ProduzentInnen* bzw. LieferantInnen*, also kauft man etwas anderes oder verzichtet auf das Eine, um dann zum Anderen zu greifen. Die Frage, ob man als KonsumentIn*, der/die/* man nun einmal ist, weil man nun mal nicht mehr so lebt, als das man sich alles selbst machen und in Stand halten kann, überhaupt in der Position ist, die Dinge durch sein (Kauf)Verhalten zu verändern, kommt noch immer viel zu selten auf.

Wir leben derzeit in einem so ekelhaften Tauschsystem, das vielleicht auch gar nicht bewusst sein darf.
Jede/r* von uns ist KonsumentIn* und ProduzentIn* in einem und so bald die Fähigkeiten zur Produktion wegfallen, wird man selbst zum Werkstück, das verbessert und/ oder moduliert werden muss. “Lohnt” alles das nicht mehr, wird man zum Objekt der Pflegearbeit. Konsumieren tun wir aber alle und zwar die ganze Zeit und inzwischen über den ganzen Planeten verteilt. Wir tauschen permanent Fähigkeit und Existenz gegen Produkt und Status.
Moral und menschlicher Wert wird synonym mit Prüderie (Abwesenheit von Lust und Freude) und Zwang gedacht, was als verpönt gilt, obwohl auch das Leben ohne lebensbestimmende Moral seine gesellschaftlichen Zwänge produziert, die einzig über Konsum lösbar sind.

Die Lust unserer Kultur liegt im Wissen um Sicherheiten und direkt hinterdrein das allgemeine Wohlgefühl, das “satt”, “warm”, “allgemein angenehm” eben mit sich bringt.
Konsumkritik allein ist dumm und wie Paula schon schrieb: verkürzt.
Meiner Meinung nach, befindet sich der weiße Konsum an einem Punkt, an dem er sich alle, die er zuvor noch nicht vereinnahmt hat, jetzt fressen will, weil er denkt, er müsse dies tun.
Das beginnt bei dieser durchsichtigen Verwertungsinklusion und endet vermutlich noch lange nicht bei dem Unterricht in Kapitalismus für Menschen in so genannten “armen Ländern” in “unteren Schichten”, denn nichts anderes tut die sogenannte “wirtschaftliche Entwicklungshilfe” verschiedener weißer Hilfsorganisationen in Ländern wie zum Beispiel Indien, Indonesien, verschiedenen afrikanischen Staaten.

Kapitalismus kann und darf nicht denken: “So, jetzt haben wir genug.” Kapitalismus bedeutet “Hunger” und hat er früher einmal vielleicht tatsächlich Bäuche mit Nahrung gefüllt und füllt er heute vorrangig machtgierig aufgerissene Egos von eigentlich längst Satten.

Meiner Meinung nach, ist es wichtig sich klar zu machen, dass dieses gefräßige Monstrum genug gefressen hat und jemanden wie mich nicht haben muss, nur weil es jemanden, wie mich will.
Ich bin mit meinen Unfähigkeiten jetzt schon so lange so wertlos, so unverwertbar und einzig als Objekt nutzbar gewesen – es wird sich nichts verändern, wenn ich mich hergebe für etwas, von dem ich doch nichts habe. Und während ich das weiß und mich hoffentlich noch lange in klitzekleinen Solidargemeinschaften (und nicht zuletzt dem ,was wir hier als “sozial_staatliche Hilfe” bezeichnen) bewegen und halten kann/darf, bleibt vorerst nur zu hoffen, dass sich dieser Widerstand auch bei anderen Menschen in anderen Ländern, in anderen Kontexten, in anderen Gesellschaften regt und letztlich gewinnt.

Ich hoffe sehr, dass wir als Gesellschaft irgendwie und irgendwann an den Punkt kommen, an dem Dinge nicht erst dann wertvoll sind, wenn man sie reproduzieren und konsumieren kann, sondern, wenn sie schlicht da und nutzbar sind. An den Punkt an dem Menschenleben in ihrem Wert nicht an Status, Lebensumstand und Gestaltung gemessen werden, sondern vorrangig daran, was jeder einzelne Mensch in die Gemeinschaft einbringt, einfach weil es ihn gibt und, weil der Mensch tut, was er gut kann und auch können will.

jupp, Menstruation matters

Hashtag des Tages: #MenstruationMatters und #PeriodTalk

Ich habe letztes Jahr einen Artikel übers Bluten aus dem Uterusgeschrieben, nachdem ich zum ersten Mal seit Jahren wieder auf Wegwerfprodukte angewiesen war.
Inzwischen ist knapp ein Jahr vergangen und meine Hygienepraxis steht nun auf drei Säulen.
a) freie Menstruation
b) Stoffeinlagen
und c) der Mooncup

Nach dem Artikel erschienen zahlreiche Suchanfragen auf das Blog, die mich zwischen: “Oh, hm- also das will ich jetzt auch wissen” mit teils irgendwie doch angeekeltem “Irk” und “Oh- äh ja, das hätte ich vielleicht mal näher erklären sollen” schwanken ließen. Ersteres bezieht sich auf Sexfantasien und Letzteres auf Anfragen bezüglich der freien Menstruation.

Freie Menstruation meint im Grunde nichts anderes, als zur Toilette zu gehen, wenn sich eine gewisse Menge Blut und Schleimhautgemisch angesammelt hat.
In dem Buch dazu steht zwar, dass man seinen Muttermund so beeinflussen kann, dass er sich öffnet oder verschließt, ich habe das aber an mir so noch nicht überprüft,
Bei mir funktioniert das freie Bluten einfach über die Muskulatur des Beckenbodens und der Vagina selbst.
Da es sich bei Menstruationsblut, nicht um Blut wie beim Nasenbluten oder aus einer Wunde heraus handelt, funktioniert es mit weit weniger Kraftaufwand, als ich am Anfang gedacht hatte.
So zu menstruieren erfordert viele passende Faktoren, die für viele Menschen nicht immer und überall, vielleicht auch nie da sind oder sein können.
Da stehen am Anfang zum Beispiel die Bereitschaft sich seinem Körper soweit zu nähern und in der Nähe zu halten- mehrere Tage am Stück. Die doch auch gewisse Disziplin (hustzwanghaftigkeithust) im wahrsten Sinne des Wortes nicht locker zu lassen und die Möglichkeit auch ohne weiterführende Probleme zu scheitern und eben doch etwas vom Blut zu verlieren. Außerdem ist es wichtig ein Umfeld zu haben, in dem es keinen Zeitdruck und allgemeine Ruhe und Geborgenheit zur Nutzung der Toilette gibt.

So zu menstruieren hat schon auch etwas von einem Prozess des Gebärens und entgegen aller Abwertung die Menstruationsprozesse bzw. das Gewebe, das kein Leben im typischen Sinne mehr hervorbringt, erfährt, stellt es eben genau diese Ansprüche.
Hier ist die Anforderungspalette also sehr in sich und der eigenen Haltung zu seinem Körper verortet.
In verschiedenen Lebensstilen und Umständen aber, kann sich diese verschieben, weil man sich zum Beispiel an ein Umfeld anpassen muss, in dem die Toilette mit anderen Menschen geteilt werden muss; es nicht die Möglichkeit gibt sich wirklich gründlich zu waschen oder auch die Bedürfnisbefriedigung anderer Menschen mehr Raum einnimmt.
Und, es ist eine Frage der Persönlichkeit. Ich bin allgemein kein Mensch, der entspannt ist und locker lassen kann; brauche viel Raum allein, um mich zu spüren und eine gewisse Selbst-bezug-sicherheit zu haben. Andere Menschen sind vielleicht nicht so und haben mit dieser Art zu leben und eben auch zu bluten, entsprechend eher Schwierigkeiten.

Zum Glück gibt’s aber noch andere Möglichkeiten.
Ich habe meine Stoffeinlagen nicht weggeworfen. Sie sind ein doppelter Boden, wenn ich mich außerhalb meiner Wohnung befinde und in Kontakte gehe, in denen ich meine Mitte und innere Haltung eventuell aufgeben muss oder mir das unbewusst passiert.
Die guten Stücke sind jetzt auch schon fast 6 Jahre alt und ich habe überlegt, ob und wann ich mir mal neue kaufen möchte.
So habe ich von Blumenkinder.eu erfahren. Einem Onlineshop in dem neben Stoffwindeln und bunten Stoffbinden, auch die verschiedenen Modelle der Menstruationstassen erhältlich sind.

Ich hatte ja geschrieben, dass mich die Größennormierung verunsichert hatte. Am Ende hatte ich dann einen Mooncup in Größe A in der Hand und sagte mir, dass ich ihn im Fall, dass er sich doch als zu klein herausstellt in kürzeren Abständen leeren kann.
Und dann: Autschn
Ich hab mir bei den ersten Versuchen wirklich fies wehgetan und mich damit in Grund und Boden getriggert.
Ich brauchte zwei Zyklen und einmal guten tiefenentspannenden Sex vorher, um den richtigen Dreh zu finden und auch zu verstehen, was so schwierig war.

Die Menstruationstassen bestehen aus Silikon, manche Modelle auch aus Latex, und müssen zur Nutzung kleingestopft werden. Im Demonstrationsvideo wird diese Variante gezeigt: 

DSC_1603

Wie man vielleicht erkennt, brauche ich viel Druck auf dem oberen Rand, um den Becher klein zu halten und der Durchmesser des Bechers plus Daumen und Zeigefinger beträgt 3,5cm, die dann einfach mal so, ohne sexuelle Erregung und zwischendurch auf der Toilette in den Körper eingebracht werden sollen.
Bei Narbengewebe, dem eine gewisse Elastizität fehlt, kann das wirklich ein Problem sein. Außerdem ist die Vagina zwar ein Schlauch, trotzdem kein Rohr, das, wie in den anatomischen Zeichnungen der Gebärmutter, ganz senkrecht von Vulva zu Cervix reicht. Es gibt diesen klitzekleinen Knick am Schambein entlang, der mit dieser Faltmöglichkeit auch noch umschifft werden muss. Und zwar relativ schnell dann nicht nur mit 3,5cm für Becher und Finger, sondern auch mit dem Rest der Hand.
Für mich bedeutete also die erste Zeit des Herumtestens nicht nur zu probieren, wie ich mit einem neuen Hygieneprodukt zurecht komme, sondern auch, wie ich ein neues Hygieneprodukt mit den Folgen der Gewalt an mir vereinbart bekomme.
Es ist halt eben doch nicht alles, wie es hätte sein können.

Ich fand dann ein YouTubevideo, in dem eine Frau* folgende Faltmöglichkeit zeigte:

DSC_1604

Hier beträgt der Durchmesser nur noch knapp 2cm und der benötigte Druck auf den unteren Teil des Bechers ist kleiner.
Menstruationstassen basieren auf dem Prinzip des Vakuums. Deshalb sind die kleinen Löcher unter dem dickeren oberen Rand bei der Reinigung und der eng zusammengefaltete untere Teil des Bechers wichtig. Im Körper entfaltet dieser sich und die Löcher oben sorgen dafür, dass der Becher “fest sitzt”. (Das tut übrigens nicht weh, fühlt sich aber überraschend seltsam an ^^ )
Ein weiterer Vorteil bei der zweiten Faltmöglichkeit ist, dass man nur mit einem Finger auf dem Becher in den Körper eindringen muss und das auch nicht besonders weit. Menstruationstassen werden sowieso nicht so weit eingebracht wie Tampons, weshalb man beim Mooncup auch das kleine Stäbchen am unteren Teil für sich zurechtschneiden muss. Andere Modelle haben kein Stäbchen, sondern eine Kugel oder einen Ring, ein Modell hat dort gar nichts.
Ich finde das Stäbchen als Lösung sinnig, weil es einen Referenzpunkt bei der Entfernung bietet. Um die Tasse zu entfernen, muss man den unteren Teil zusammendrücken, um das Vakuum zu lösen- nicht am Stäbchen ziehen!
Ich bewege das Produkt immer ein bisschen nach vorn und hinten, um die kleinen Hautfalten im vorderen Scheideneingang nicht zu quetschen. Ich weiß nicht, ob das bei Körpern anderer Menschen auch wichtig ist, aber ich erspare mir damit weitere (Mikro)Risse.

Irgendwo habe ich gelesen, dass man den Becher nach der Verwendung einfach auswischen kann, wenn man unterwegs ist. Ich habe das Gewebe jetzt immer einfach in die Toilette geschüttet und direkt im Waschbecken daneben ausgespült, weil “auswischen” auch “Schleim abwischen” bedeutet und damit eine Einführhhilfe für mich wegfiele. Aber es ist ein praktikables Vorgehen.
Es gibt Menschen, die Menstruieren für eine “blutige Angelegenheit” halten. Tatsächlich ist es eine “blutiger Schleim – Angelegenheit”. Deshalb spritzt auch kein Blut irgendwo wild durch die Gegend, wenn man die Tasse entfernt oder reinigt. Aber deshalb ist es auch schwierig sich sauber zu halten, wenn das Waschbecken weiter von der Toilette entfernt ist. Schleim tropft halt nicht wie Flüssigkeit einfach ab, sondern zieht Fäden.

Und so kommen wir zum Hygieneaspekt, auf den sich auch der Menstruationshygienetag am 28. 5. bezieht.
Dabei geht es darum über die Menstruation aufzuklären, Mythen aufzudecken, Scham und Schandepraxis sowohl zu benennen, als auch zu beenden. Außerdem werden Aspekte der Umweltverschmutzung und Gesundheitsrisiken thematisiert.
Auf der Internetseite dazu gibt es jede Menge Tools und Materialien zum kostenlosen Verteilen.

Unter dem Twitterhashtag #MenstruationMatters finden sich viele interessante Links, (Werbung für verschiedene Produkte) aber auch Stimmen, die sich mit dem Thema beschäftigen.

Ich habe bei der Recherche zu dem Artikel letztes Jahr, übrigens einen Artikel gefunden, der sich auf die Hygienepraxis der Menschen im Altertum bezog. So haben sich die Menschen des alten Ägypten angeblich weiche Pflanzenfasern zu einer Art Tampon gerollt oder als eine Art Binde in die Wäsche gelegt, etwas anders wird hierdarüber geschrieben.
Ich schreibe hier übrigens auch ausdrücklich “angeblich”, weil die Geschichtsschreibung bis heute (bzw. mindestens überwiegend) von Menschen gemacht wird, die selbst nicht bluten und gerade dieser Aspekt der Hygiene bis heute nicht wertungsneutral aufgebracht wird.
Selbst das moderne Aufklärungstum zum Thema “Frauen*hygiene” kommt nicht ohne rassistische Konnotation und Kulturbashing aus, was ich schwierig finde.
Natürlich ist es eine verachtende Praxis, wenn Frauen* tagelang in Menstruationshütten vor dem Dorf ausharren müssen (ohne vor Gewalt geschützt und allgemein gut versorgt zu werden), es ist aber Bestandteil einer Kultur, die es zusätzlich dazu gibt und die mindestens auch respektiert und in Bezug auf Wissensvermittlung eingebunden werden muss.

Gerade in Ländern in denen HIV und AIDS so allgegenwärtig ist, wie bei uns Grippe und Allergien, ist die Aufklärung über die Menstruation wichtig und zwar nicht nur, weil Menstruationsblut eine Körperflüssigkeit ist, sondern auch, weil der besonders gefährdete Personenkreis für eine Ansteckung eben menstruierend, arm und ohne Bildung ist.
So geht es bei diesem Hashtag und der Kampagne dahinter, nicht nur darum die gesellschaftliche Ächtung bzw. die schamhafte Belegung der Menstruation abzuschaffen, sondern auch um Entwicklungshilfe.

Es gibt Menschen auf dieser Erde, die sich Sand, Gras, (zweifelhaft saubere) Kleidungsstücke in die Unterwäsche legen oder in ihren Körper hineinstopfen, um sich “sauber” zu halten und keinen Zugang zu Alternativen haben, weil wir* unseren Müllberg aus Ressourcen, die wir* diesen Menschen stehlen- für die wir* sie ausbeuten in ihrer ganzen Lebens- und Arbeitskraft!, vergrößern müssen.
Weil Tampons so hübsch unsichtbar sind, weil Wegwerfbinden weniger peinlich sind, weil Menschengeruch nicht Freshnessgeruch ist, weil synthetische Stoffe so praktisch und auch billiger sind… weil wir uns schämen (sollen).

Ich war und bin es leid mich für mich, meinen Körper, seine Gerüche und sein Bluten zu schämen und nicht für die Ausbeutung, die ich hier im reichen weißen Kartoffelland anderen Menschen ganz weit entfernt antue.
Auch deshalb sage ich “Menstruation matters!”