jupp, Menstruation matters

Hashtag des Tages: #MenstruationMatters und #PeriodTalk

Ich habe letztes Jahr einen Artikel übers Bluten aus dem Uterusgeschrieben, nachdem ich zum ersten Mal seit Jahren wieder auf Wegwerfprodukte angewiesen war.
Inzwischen ist knapp ein Jahr vergangen und meine Hygienepraxis steht nun auf drei Säulen.
a) freie Menstruation
b) Stoffeinlagen
und c) der Mooncup

Nach dem Artikel erschienen zahlreiche Suchanfragen auf das Blog, die mich zwischen: “Oh, hm- also das will ich jetzt auch wissen” mit teils irgendwie doch angeekeltem “Irk” und “Oh- äh ja, das hätte ich vielleicht mal näher erklären sollen” schwanken ließen. Ersteres bezieht sich auf Sexfantasien und Letzteres auf Anfragen bezüglich der freien Menstruation.

Freie Menstruation meint im Grunde nichts anderes, als zur Toilette zu gehen, wenn sich eine gewisse Menge Blut und Schleimhautgemisch angesammelt hat.
In dem Buch dazu steht zwar, dass man seinen Muttermund so beeinflussen kann, dass er sich öffnet oder verschließt, ich habe das aber an mir so noch nicht überprüft,
Bei mir funktioniert das freie Bluten einfach über die Muskulatur des Beckenbodens und der Vagina selbst.
Da es sich bei Menstruationsblut, nicht um Blut wie beim Nasenbluten oder aus einer Wunde heraus handelt, funktioniert es mit weit weniger Kraftaufwand, als ich am Anfang gedacht hatte.
So zu menstruieren erfordert viele passende Faktoren, die für viele Menschen nicht immer und überall, vielleicht auch nie da sind oder sein können.
Da stehen am Anfang zum Beispiel die Bereitschaft sich seinem Körper soweit zu nähern und in der Nähe zu halten- mehrere Tage am Stück. Die doch auch gewisse Disziplin (hustzwanghaftigkeithust) im wahrsten Sinne des Wortes nicht locker zu lassen und die Möglichkeit auch ohne weiterführende Probleme zu scheitern und eben doch etwas vom Blut zu verlieren. Außerdem ist es wichtig ein Umfeld zu haben, in dem es keinen Zeitdruck und allgemeine Ruhe und Geborgenheit zur Nutzung der Toilette gibt.

So zu menstruieren hat schon auch etwas von einem Prozess des Gebärens und entgegen aller Abwertung die Menstruationsprozesse bzw. das Gewebe, das kein Leben im typischen Sinne mehr hervorbringt, erfährt, stellt es eben genau diese Ansprüche.
Hier ist die Anforderungspalette also sehr in sich und der eigenen Haltung zu seinem Körper verortet.
In verschiedenen Lebensstilen und Umständen aber, kann sich diese verschieben, weil man sich zum Beispiel an ein Umfeld anpassen muss, in dem die Toilette mit anderen Menschen geteilt werden muss; es nicht die Möglichkeit gibt sich wirklich gründlich zu waschen oder auch die Bedürfnisbefriedigung anderer Menschen mehr Raum einnimmt.
Und, es ist eine Frage der Persönlichkeit. Ich bin allgemein kein Mensch, der entspannt ist und locker lassen kann; brauche viel Raum allein, um mich zu spüren und eine gewisse Selbst-bezug-sicherheit zu haben. Andere Menschen sind vielleicht nicht so und haben mit dieser Art zu leben und eben auch zu bluten, entsprechend eher Schwierigkeiten.

Zum Glück gibt’s aber noch andere Möglichkeiten.
Ich habe meine Stoffeinlagen nicht weggeworfen. Sie sind ein doppelter Boden, wenn ich mich außerhalb meiner Wohnung befinde und in Kontakte gehe, in denen ich meine Mitte und innere Haltung eventuell aufgeben muss oder mir das unbewusst passiert.
Die guten Stücke sind jetzt auch schon fast 6 Jahre alt und ich habe überlegt, ob und wann ich mir mal neue kaufen möchte.
So habe ich von Blumenkinder.eu erfahren. Einem Onlineshop in dem neben Stoffwindeln und bunten Stoffbinden, auch die verschiedenen Modelle der Menstruationstassen erhältlich sind.

Ich hatte ja geschrieben, dass mich die Größennormierung verunsichert hatte. Am Ende hatte ich dann einen Mooncup in Größe A in der Hand und sagte mir, dass ich ihn im Fall, dass er sich doch als zu klein herausstellt in kürzeren Abständen leeren kann.
Und dann: Autschn
Ich hab mir bei den ersten Versuchen wirklich fies wehgetan und mich damit in Grund und Boden getriggert.
Ich brauchte zwei Zyklen und einmal guten tiefenentspannenden Sex vorher, um den richtigen Dreh zu finden und auch zu verstehen, was so schwierig war.

Die Menstruationstassen bestehen aus Silikon, manche Modelle auch aus Latex, und müssen zur Nutzung kleingestopft werden. Im Demonstrationsvideo wird diese Variante gezeigt: 

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Wie man vielleicht erkennt, brauche ich viel Druck auf dem oberen Rand, um den Becher klein zu halten und der Durchmesser des Bechers plus Daumen und Zeigefinger beträgt 3,5cm, die dann einfach mal so, ohne sexuelle Erregung und zwischendurch auf der Toilette in den Körper eingebracht werden sollen.
Bei Narbengewebe, dem eine gewisse Elastizität fehlt, kann das wirklich ein Problem sein. Außerdem ist die Vagina zwar ein Schlauch, trotzdem kein Rohr, das, wie in den anatomischen Zeichnungen der Gebärmutter, ganz senkrecht von Vulva zu Cervix reicht. Es gibt diesen klitzekleinen Knick am Schambein entlang, der mit dieser Faltmöglichkeit auch noch umschifft werden muss. Und zwar relativ schnell dann nicht nur mit 3,5cm für Becher und Finger, sondern auch mit dem Rest der Hand.
Für mich bedeutete also die erste Zeit des Herumtestens nicht nur zu probieren, wie ich mit einem neuen Hygieneprodukt zurecht komme, sondern auch, wie ich ein neues Hygieneprodukt mit den Folgen der Gewalt an mir vereinbart bekomme.
Es ist halt eben doch nicht alles, wie es hätte sein können.

Ich fand dann ein YouTubevideo, in dem eine Frau* folgende Faltmöglichkeit zeigte:

DSC_1604

Hier beträgt der Durchmesser nur noch knapp 2cm und der benötigte Druck auf den unteren Teil des Bechers ist kleiner.
Menstruationstassen basieren auf dem Prinzip des Vakuums. Deshalb sind die kleinen Löcher unter dem dickeren oberen Rand bei der Reinigung und der eng zusammengefaltete untere Teil des Bechers wichtig. Im Körper entfaltet dieser sich und die Löcher oben sorgen dafür, dass der Becher “fest sitzt”. (Das tut übrigens nicht weh, fühlt sich aber überraschend seltsam an ^^ )
Ein weiterer Vorteil bei der zweiten Faltmöglichkeit ist, dass man nur mit einem Finger auf dem Becher in den Körper eindringen muss und das auch nicht besonders weit. Menstruationstassen werden sowieso nicht so weit eingebracht wie Tampons, weshalb man beim Mooncup auch das kleine Stäbchen am unteren Teil für sich zurechtschneiden muss. Andere Modelle haben kein Stäbchen, sondern eine Kugel oder einen Ring, ein Modell hat dort gar nichts.
Ich finde das Stäbchen als Lösung sinnig, weil es einen Referenzpunkt bei der Entfernung bietet. Um die Tasse zu entfernen, muss man den unteren Teil zusammendrücken, um das Vakuum zu lösen- nicht am Stäbchen ziehen!
Ich bewege das Produkt immer ein bisschen nach vorn und hinten, um die kleinen Hautfalten im vorderen Scheideneingang nicht zu quetschen. Ich weiß nicht, ob das bei Körpern anderer Menschen auch wichtig ist, aber ich erspare mir damit weitere (Mikro)Risse.

Irgendwo habe ich gelesen, dass man den Becher nach der Verwendung einfach auswischen kann, wenn man unterwegs ist. Ich habe das Gewebe jetzt immer einfach in die Toilette geschüttet und direkt im Waschbecken daneben ausgespült, weil “auswischen” auch “Schleim abwischen” bedeutet und damit eine Einführhhilfe für mich wegfiele. Aber es ist ein praktikables Vorgehen.
Es gibt Menschen, die Menstruieren für eine “blutige Angelegenheit” halten. Tatsächlich ist es eine “blutiger Schleim – Angelegenheit”. Deshalb spritzt auch kein Blut irgendwo wild durch die Gegend, wenn man die Tasse entfernt oder reinigt. Aber deshalb ist es auch schwierig sich sauber zu halten, wenn das Waschbecken weiter von der Toilette entfernt ist. Schleim tropft halt nicht wie Flüssigkeit einfach ab, sondern zieht Fäden.

Und so kommen wir zum Hygieneaspekt, auf den sich auch der Menstruationshygienetag am 28. 5. bezieht.
Dabei geht es darum über die Menstruation aufzuklären, Mythen aufzudecken, Scham und Schandepraxis sowohl zu benennen, als auch zu beenden. Außerdem werden Aspekte der Umweltverschmutzung und Gesundheitsrisiken thematisiert.
Auf der Internetseite dazu gibt es jede Menge Tools und Materialien zum kostenlosen Verteilen.

Unter dem Twitterhashtag #MenstruationMatters finden sich viele interessante Links, (Werbung für verschiedene Produkte) aber auch Stimmen, die sich mit dem Thema beschäftigen.

Ich habe bei der Recherche zu dem Artikel letztes Jahr, übrigens einen Artikel gefunden, der sich auf die Hygienepraxis der Menschen im Altertum bezog. So haben sich die Menschen des alten Ägypten angeblich weiche Pflanzenfasern zu einer Art Tampon gerollt oder als eine Art Binde in die Wäsche gelegt, etwas anders wird hierdarüber geschrieben.
Ich schreibe hier übrigens auch ausdrücklich “angeblich”, weil die Geschichtsschreibung bis heute (bzw. mindestens überwiegend) von Menschen gemacht wird, die selbst nicht bluten und gerade dieser Aspekt der Hygiene bis heute nicht wertungsneutral aufgebracht wird.
Selbst das moderne Aufklärungstum zum Thema “Frauen*hygiene” kommt nicht ohne rassistische Konnotation und Kulturbashing aus, was ich schwierig finde.
Natürlich ist es eine verachtende Praxis, wenn Frauen* tagelang in Menstruationshütten vor dem Dorf ausharren müssen (ohne vor Gewalt geschützt und allgemein gut versorgt zu werden), es ist aber Bestandteil einer Kultur, die es zusätzlich dazu gibt und die mindestens auch respektiert und in Bezug auf Wissensvermittlung eingebunden werden muss.

Gerade in Ländern in denen HIV und AIDS so allgegenwärtig ist, wie bei uns Grippe und Allergien, ist die Aufklärung über die Menstruation wichtig und zwar nicht nur, weil Menstruationsblut eine Körperflüssigkeit ist, sondern auch, weil der besonders gefährdete Personenkreis für eine Ansteckung eben menstruierend, arm und ohne Bildung ist.
So geht es bei diesem Hashtag und der Kampagne dahinter, nicht nur darum die gesellschaftliche Ächtung bzw. die schamhafte Belegung der Menstruation abzuschaffen, sondern auch um Entwicklungshilfe.

Es gibt Menschen auf dieser Erde, die sich Sand, Gras, (zweifelhaft saubere) Kleidungsstücke in die Unterwäsche legen oder in ihren Körper hineinstopfen, um sich “sauber” zu halten und keinen Zugang zu Alternativen haben, weil wir* unseren Müllberg aus Ressourcen, die wir* diesen Menschen stehlen- für die wir* sie ausbeuten in ihrer ganzen Lebens- und Arbeitskraft!, vergrößern müssen.
Weil Tampons so hübsch unsichtbar sind, weil Wegwerfbinden weniger peinlich sind, weil Menschengeruch nicht Freshnessgeruch ist, weil synthetische Stoffe so praktisch und auch billiger sind… weil wir uns schämen (sollen).

Ich war und bin es leid mich für mich, meinen Körper, seine Gerüche und sein Bluten zu schämen und nicht für die Ausbeutung, die ich hier im reichen weißen Kartoffelland anderen Menschen ganz weit entfernt antue.
Auch deshalb sage ich “Menstruation matters!”

von Schleim, Blut, Sex und lila Schmetterlingsplastikbindenverpackungen mit Freshnessgestank

MenskunstWir sind im Sommer weggefahren und waren erstmals seit einigen Jahren wieder auf Wegwerfmonatsbinden angewiesen und das Thema Menstruation(sartikel) kam auf.

Dann dachte ich, dass ich das Thema in meinem Blog nicht so wirklich aufgreifen kann- aber eigentlich sollte und ja auch wollte und ach… eigentlich geht es ja eh nur darum zu bluten und dafür blöde Produkte zu verwenden… alles drum rum ist ja nichts, was ich einfach mal so schreiben könnte… man weiß ja nie… Wenn das jemand liest!

Dann fiel mir, dass ich bereits einen Artikel darüber geschrieben habe, welche Machtgefühle ich in Bezug auf Aspekte meiner Sexualität erlebe und dachte, dass es eben doch mein Blog ist und Eigenmacht eben auch so aussehen kann, dass ich über die Renovierungszeit meines Uterus schreibe und alles was mir so drum rum auffällt.

Also. Ich schreibe jetzt was über Menstruationsartikel, das Bluten und was, für mich, sonst noch so dazu kommt.

Ich verwende Stoffbinden und versuche mich immer wieder im „freien Menstruieren„.
Ersteres ist nett zur Umwelt und meiner Scheidenflora und Letzteres bedient mein Kontrollbedürfnis, während es mich dazu bringt, mich bewusst mit meinem Körper auseinanderzusetzen und nicht die ganze Zeit des Blutens zu verdissen (meint: zu dissoziieren-
FAQ’s helfen).

Ich stand also im Sommer in der Drogerie und … naja… dachte ernsthaft darüber nach, die Reise abzusagen oder alternativ zu überlegen, wie viele Tage am Stück meine gebrauchten Stoffeinlagen in wie vielen Plastiktüten bleiben könnten, ohne, dass ich mich doch wieder vor meinem eigenen Blut ekelte, wenn ich wieder zu Hause und in Waschmaschinennähe wäre.

Es gibt inzwischen so absurd vermarktete Produkte, um das Menstruationsblut und ominöse andere Schleimig- und Flüssigkeiten aufzufangen, dass ich darüber nachdachte, darüber zu bloggen.
Ich kaufte ein lila Päckchen mit Schmetterlingen drauf.
Mein erstes selbst gekauftes Bindenpäckchen Mitte der 90 Jahre, war eins mit einer Ballerina drauf. Ich fand die Ballerina schön- die Binden da drin scheiße. Das waren welche, die sowohl am Slip als auch den Oberschenkeln klebten. Das fiel mir in dem Moment ein und ich musste gleich mal überprüfen, ob ich wieder so ein Modell erwischt hatte.

Sitzt ne Frau in der Bahnhaltestelle und macht ein Päckchen Binden auf…
Ups Stilbruch- verpackt wie die Kinderüberraschung für Mädchen, aber angucken ist erst allein aufm Klo okay. Hm. Interessant…

Folgende Informationen fand ich auf der Packung:
– ohne Duft, „Ultra Binden“, 4 Tropfen, die Bezeichnung „new Generation“, die Stückzahl, eine Entsorgungsanleitung (gelber Sack..!), eine Trageanleitung (mit Lageplan an einer Abbildung einer Binde), den Hinweis auf Latexfreiheit , einen Kreis in dem „Hautverträglichkeit dermatologisch getestet“ steht und eine Beschreibung der 5 Komponenten des Schutzes (Saugkern, Geruchschutz, Oberflächen- und Tragekomfort (denn wir* wissen ja: je komfortabler desto sicherer!) und Flexibilität).

Die Sache mit der Hautverträglichkeit interessierte mich als Erstes, denn nicht ohne Grund verwende ich Stoffbinden. Ich bin so oder so eine Dauerkandidatin für Infektionen und sonstige (Schleim-) Hautproblematiken im Intimbereich und sowohl Tamponverstopfung als auch Wegwerfbinden haben diese nie positiv beeinflusst.
An dieser Stelle auch ein Danke an meine Gewalterfahrungen, ohne euch wäre dies in dem Umfang und Ausmaß vielleicht nie möglich geworden.

Ich wollte wissen, worauf genau da dermatologisch getestet wurde und unter welchen Bedingungen. Was nützt mir denn das Wissen, dass die Dinger unter Laborbedingungen, wo so eine Binde vielleicht nur eine oder zwei Stunden auf der Haut eines gesunden Menschen verweilt, als „Hautverträglich“ eingeschätzt werden?
Wir sprechen hier von Produkten, die inzwischen fast komplett aus synthetischen Stoffen bestehen. Plastik in allen Verwandtschaftsgraden, versetzt mit Vitamin E und Seidenprotein, wie ich noch auf der Rückseite zum Oberflächenkomfort lesen konnte.

Wenn ich mein Gesicht für 2-3 Minuten in Klarsichtfolie wickle, still stehenbleibe und die Luft anhalte, würde ich auch von einer gewissen „Verträglichkeit“ im Abschluss sprechen können. Nicht aber, wenn ich das Gleiche bei einem Wettrennen über 2-3 Minuten tue.
Die Homepage des Herstellers schwieg dazu, gab aber das Testurteil der Stiftung Warentest an. Also rief ich bei der Servicehotline an.
Und dann rief ich dort noch mal an.
Und noch mal.
Und noch ein Mal, weil mir die Melodie der Warteschleife, aus der ich immer wieder flog, so gut gefiel.
Erreicht habe ich nichts (außer vielleicht genervte TelefonistInnen).
Ich fand einen interessanten
Artikel bei Ökotest.de und beließ es dann dabei- obwohl ich irgendwann dann doch mal beim Verbraucherschutz fragen will, ob Hersteller von- gerade solchen- Produkten, das überhaupt dürfen (vermutlich nicht… oder?).

Als Nächstes dachte ich über die Tropfen nach.
Ich bemühe mich ja schon, mich relativ bewusst damit zu befassen, wie viel da aus meinem Körper heraus kommt, doch die Menge in Relationen zu setzen erscheint mir schwierig mit nur einem Produkt. Netter Versuch der Kundenbindung- gleich mal zig Produkte für einen Lauf oder wie?!
Und dann: BOOM! Konnte ich überhaupt nicht mehr einschätzen, wie viel da kam. Alles weg. Verschwunden in diesen 2,5mm dicken Dingern. Egal wie oft oder weniger oft ich die Einlage wechselte, sah es immer gleich viel aus. Auch die Einschätzung, ob wir uns bei letzten Überresten am Ende der Menstruation befanden oder nicht, war kaum möglich: egal ob das Blut tiefrot oder geronnen und eher braun aussieht- die Plastikbinde machte daraus ein undefinierbar blutfarbiges „Mittendrin- Rot“.

Kann sein, dass das nicht vielen Menschen wichtig ist. Mir aber schon. Ich bin keine regelmäßig und vorhersehbare Regelbluterin. Auch hier wieder ein herzliches Dankenicken in Richtung Gewalterfahrungen: „Danke- auch dies etwas, das ihr direkt mit beeinflusst.“.
Meistens sind es bei mir nur zwei Tage oder drei. Wenn ich mehr als 4 Tage auslaufe, weiß ich, dass ich direkt kurz vorher an einem Problem oder Konflikt gekaut haben und alles angehalten muss. (Wie das noch aussehen kann hab ich
hier mal beschrieben) Die langen Phasen haben bei mir immer irgendwas damit zu tun, endlich loszulassen. Laufen- und eben auch aus-laufen zu lassen.
Wenn ich Stress, Ängste, Kummer oder Ärger habe, blute ich eben auch mal Monate lang gar nicht. Doch wenn es soweit ist, will ich wenigstens sehen und abschätzen können, wo ich gerade im Verlauf stehe.
Die Anfälligkeit biologisch in einen Stressmodus zu schalten, hat sich mein Körper von früher antrainiert, um mit einem Gewaltalltag umzugehen. Ergo habe ich dann doch auch relativ selten „Erdbeerwoche“ und fühle mich schon auch ein bisschen beklaut, wenn ich dann nicht so richtig alles davon auch wahrnehmen kann.

Apropos beklaut- wieso wollen die Hersteller eigentlich neben Würde durch Schmetterlings- und Blümchenlastige Verpackung auch noch Eigengeruch klauen und durch chemischen Kackscheiß ersetzen, der dann auch noch „Freshness“ genannt wird?!
Das Nuf hat neulich schon mal was darüber gebloggt und ebenfalls zum kollektiven Kopfschütteln aufgerufen.
Ich würde gern ja gerne mal noch eine Entwicklungsschlaufe hinzufügen:
Jetzt nennt sich dieser Gestank noch „Freshness“- bald könnte dieser Geruch auch nur noch für Menstruation gelten- ja quasi eine Limitierung passieren: „Na- nee- dieses Persil kann nicht mehr nach „Freshness“ riechen- so riecht schon die „rote Tante“!“.

Außerdem: wer schnüffelt denn bitte im Alltag im Schritt anderer Menschen, wenn er Körpergerüche ekelhaft findet?!
Mal ganz davon abgesehen, dass Blut erst ab einer gewissen Menge und einem gewissen Alter nach „Blut“ riecht. Was mensch riecht, wenn er sich eine Wegwerfbinde zum Wechseln vornimmt, sind Bakterien, die sich über warm- feuchten Stau in wenig belüfteter Gegend freuen und dies gleich mal mit Wachstum feiern. Ja und vielleicht noch mit einem Hauch von Blutgeruch, wenn es eben 5 vor 12 mit dem Bindentauschen ist.

Wenn mensch gesund ist, riecht der ganze Mensch halt nach Mensch. Auch sämtliche Ausflüsse, die by the way nicht nur da sind um in Binden und Slipeinlagen zu tropfen, sondern auch um die Gesundheit zu erhalten.
Als Infektionserfahrene kann ich am Geruch und der Konsistenz immer wieder perfekt abschätzen, wie der Stand ist. Riechts da nach „Mensch“ ist alles gut.
Würde ich oder meine Geliebte da plötzlich nach „Freshness“ riechen, würd ich mir Sorgen machen (müssen).

Eigentlich ist das Bluten nichts irgendwie Großes finde ich.
Aber irgendwie dann doch.
Ich mein-hallo! mensch blutet, ohne verletzt zu sein. Manchen tuts weh und manchen nicht. Manche Menschen sehen, dass sie bluten und denken: „Hurra- nicht schwanger!“ und manche Menschen denken: „Mee das wars dann jetzt die nächsten Tage.“. Bei manchen Menschen geht alles ganz alltäglich weiter und bei manchen ist in der Zeit absolutes Berührungsverbot.
Auch an sich selbst.

Es gibt inzwischen Tampons mit Applikator zu kaufen. Was sagt mensch dazu?
Ich hab erst mal „Umweltverschmutzung“ gesagt, denn diese Applikatoren bestehen wieder aus Plastik, was um die 1000 Jahre zur Verrottung braucht und ebenfalls den Wertstoffmüllberg vergrößert. Mal abgesehen davon, dass Tampons selbst ebenfalls alles andere als umweltfreundlich sind. Wer denkt, diese Dinger bestehen nur aus Watte irrt. Inzwischen finden sich in  Tampons ebenfalls Kunststoffe, Bleichmittelrückstände und Pestizide, die sich unglaublich viele Menschen vor ihren Muttermund schieben, wenn aus diesem Menstruationsblut austritt.

Dann dachte ich, dass so ein Applikator Selbstberührung verhindert und fragte mich, ob es einen echten Vorteil geben kann daran. Einen habe ich gefunden: Warzen und Co oder vielleicht allgemein Infektionskrankheiten, bei gleichzeitiger Problematik rund um die Handhygiene aufgrund von zum Beispiel aufgeklebten Fingernägelkrallen. Es gibt ja Menschen, die sich Macheten heranzüchten oder aufkleben lassen und das Ganze dann „Nail-Art“ nennen. So einen Swarovskicrystalfingernagel mit Blut zu versauen ist vielleicht wirklich nicht so fein. Aber eine Woche BlingBling auf dem Zeigefinger für 1000 Jahre Rottungsprozess?

Überhaupt Tampons und die Geschichte mit Ursache und Wirkung.
Ich habe gesehen, dass es inzwischen Tampons „mit Probiotik“ gibt. Probiotik meint den verkaufsfördernden Ersatz des Naturjogurtklassikers als Hausmittelhelfer gegen juckende Infektionen. Dass genau dies überhaupt erst nötig wird, weil Tampons und stets und ständige Einlagentragerei diese Infektionen wenn nicht auslösen so doch aber mindestens erheblich mittragen, steht weder auf der Packung, noch wird dieser Umstand so breit kommuniziert, wie es eigentlich nötig ist.

Selbst eine Gynäkologin hatte mich lediglich darauf hingewiesen, dass mein damals übermäßiges Sauberkeitsbemühen Schuld an immer wiederkehrenden Infektionen sei- nicht etwa die Unmöglichkeit von Schleimverteilung als Grundlage für Wachstum von positiven Kulturen.

Schleim ist nicht so gern gesehen.
Im Fall von Krankheiten kann ich das ja sogar verstehen, aber die Abwesenheit von Schleim bedeutet eben nicht auch die Abwesenheit von Krankheit. Wenn es um den Intimbereich geht, ist Schleim eigentlich das, wofür ein roter Teppich und Empfangsmusik bereitstehen sollte.
Es ist halt ein ziemlich gut geeichtes Zeug, wenn mensch sich unsicher ist, ob es gut um die Gesundheit steht; wo mensch sich in seinem Zyklus befindet; ob das, was man selbst oder der Mensch, der einen dort gerade berührt, tut eigentlich das ist, was wirklich Lust auf mehr macht.

Mir ist diese ganze seltsam verschobene Schutz- und Kontrollgeschichte in Sachen Menstruation und- naja- durch Slipeinlagen eben auch, vielleicht generell in Sachen „ein weibliches Genital besitzen“, irgendwie befremdlich.
Auf meiner Lilaschmetterlingspackung Binden steht: Idealer Wäscheschutz
Ich weiß nicht, was andere Menschen so für Unterwäsche tragen, wenn es etwas ist, das so unglaublich doll geschützt sein muss. Ich persönlich trage ja Schlüpfer in erster Linie um vor Dreck geschützt zu sein. Meinen Schutz zu schützen, erscheint mir da einfach irgendwie seltsam.
Und was ist eigentlich mit den Menschen, die keine Unterwäsche tragen?
Christina Aguilera hat (angeblich) mal frei menstruiert und die ganze Welt konnte es sehen.
Absicht? Zufall? Wars ihr peinlich?

Ich glaube, es geht auch viel um Scham vor der sich geschützt wird. Vielleicht auch rein praktisch halt den Umstand, das Blut nicht leicht rauswaschbar ist- trotzdem denke ich, dass sich viele Menschen eher für die Sichtbarkeit ihrer Menstruation- vielleicht auch durch den Wäscheschutz an sich schämen, als sich darüber zu ärgern, dass die Unterwäsche nicht wieder ganz die Farbe hat, wie vorher.
Ich hab drei Kategorien Unterwäsche: für meine Tage (rotbraun verfleckt und eng anliegend), für meine anderen Tage (irgendwie halt das was mensch sich so greift) und für geplante „Ich will Sex mit dir haben und dich mit dieser wunderschicken Verpackung darauf hinweisen- du weißt, dass ich diesen Fetzen niemals im Alltag anziehen würde und ich weiß das auch- also…“- Situationen.
Alle Stücke kann ich hygienisch auskochen und bisher hat sich kein Mensch, mit dem ich Sex hatte oder sonst wie intim war, dazu geäußert.

Letztlich gehts mir bei meinen Binden nicht um Unterwäscheschutz, sondern um Sicht- und Kleidungsschutz. Einen Zwölferpack Schlüpfer gibts an jeder Ecke- ein schöner Rock findet sich nicht so schnell und günstig.
Ich möchte überhaupt ja auch selbst entscheiden, wer sehen und wissen darf, dass ich gerade blute. In der Hinsicht danke ich dem modernen Sozialdiktat.

In dem Artikel „The shame of menstruation“ steht, dass es noch um 1900 für weibliche Menschen aus der Unterschicht normal war, auf den strohbedeckten Boden zu bluten, weil es von ihrer Fruchtbarkeit zeugte, was wiederum attraktiv für männliche Menschen sein sollte.
Für mich wirkt diese Praxis wie eine Ausstellung der Körperlichkeit vor anderen Menschen, quasi wie eine Art freiwillige Funktionsdarstellung im Sinne der damaligen Werte: „Wenn du mich heiratest, garantiere ich dir viele Kinder- guck, wie ich blute“.

Würde ich mir das auf ein Singleprofil oder Speeddating übertragen, könnte ich andere Menschen beim Schwimmen beobachten, was wiederum so lustig wäre, wie die Reaktionen der PassantInnen, als ich das Paket Binden in der Haltestelle öffnete und offen begutachtete.
Fruchtbarkeit wird irgendwie gar nicht mal mehr so an der Menstruation gemessen, oder? Wird heute überhaupt noch auf Fruchtbarkeit geachtet, wie damals? Wann in unserem Miteinander kommt der Punkt an dem über Fruchtbarkeit nachgedacht und gesprochen wird? Ist es noch cool fruchtbar zu sein?

Ich habe die These, dass die Scham rund um die Menstruation mit der Unsichtbarkeit einher ging.
Da wird etwas unsichtbar gemacht- vielleicht verheimlicht, dann muss es ja was Verbotenes/ Dreckiges/ Schlimmes sein. Und, dass die Menstruation eh etwas Schlimmes sein muss, beweisen ja schon diverse „Reinheits“-Mythen rund ums Bluten aus dem Uterus.
Dass es bei dem Verheimlichen darum ging, vielleicht trotz Menstruation seiner Arbeit nachzugehen, seine Fruchtbarkeit nicht fremdbewerten bzw. von Unbeteiligten einschätzen zu lassen, vielleicht auch um diverse religiös- kulturell verankerte Praktiken zu umgehen, muss laut „shame on the women“- Gesetzmäßigkeit mit Unglück und Schande und in der Folge: Scham belegt werden, damit es nicht zu bunt getrieben wird.

Dabei lädt heute gerade die Maschinerie rund um Damenhygieneprodukte, die inzwischen nicht mehr nur aus Binden, Tampons und Slipeinlagen bestehen, sondern auch noch aus Deos und Seifen speziell für Slipinhalte, dazu ein, unbedingt noch alles tun zu können, als würde mensch gar nicht menstruieren.
Das ist eine verwirrende Botschaft finde ich. Einerseits muss mensch sich sehr viel mit dem eigenen Körper und einigen Aspekten des Blutens befassen (diese Produkte wollen ja schon richtig angewendet werden)- andererseits wird es gehändelt, als sei es unwichtig (mensch kann ja noch alles tun), um dann aber doch wieder mit diesem Schamding belastet zu sein (es muss alles frisch und neutral riechen bzw. aussehen).

Außerdem stimmt es ja gar nicht, dass alle menstruierenden Menschen den gleichen Alltag haben, wie sonst. Manche haben sehr große Schmerzen und können dann gar nicht so unterwegs sein wie sonst.

Ich bins auch nicht. Bei aller Konzentration und Beherrschung über mich, ist das erste Bemerken meiner Regelblutung der Moment, in dem ich mich über Zeit und Raum, mein Erwachsen- und Unversehrtsein versichern muss. Ich muss am ersten Tag auch Schmerzmittel einnehmen, damit ich die Kontrolle halten kann- was aber nicht bedeutet, dass der Schmerz weg ist.
Der Druck und die Anspannung des Gewebes ist dann immer noch spürbar und das ist ein Gefühl, das mir mein Innenleben auf den Kopf stellt. So gehen da Schotten runter, was eben wiederum meine Produktivität nach außen auch erheblich mit beeinflusst.

Ich mache jetzt keine „Was hilft bei Menstruationsbeschwerden?“- Liste. Das haben sowohl Esme als auch Anna und viele andere Menschen schon oft getan.
Ich ziehe meine Socken aus und glitsche auf der Blutspur direkt zu einem verbindenden Element, das prima bei diesem Schmerz hilft: Orgasmen

Die nehme ich ganz gerne mal mit und wenn ich meine Tage habe noch ein Mal mehr. Ich weiß nicht genau warum es so gut hilft, wenn um die sich zusammenziehende Gebärmutter die Muskeln auch noch mal zusammenziehen, aber so ist es bei mir.
Manche Menschen halten Sex während der Menstruation für eklig. Manche menstruierenden Menschen wollen dann auch nicht angefasst werden.
Ich bin froh, dass das bei mir nicht so ist.

Das Einzige, worauf ich achten muss, ist nicht hinzugucken und auf penetrierende Praktiken zu verzichten, um keine Erinnerungsprozesse an erlebte Gewalt zu triggern. Wenn ich gerade eine Geliebte habe, die mit mir Sex hat, sage ich das auch so. Früher hab ichs nicht und hatte dann nicht mal was vom Sex, außer das blöde „knock- out“-Gefühl von früher nach Gewalterlebnissen. Und das Ganze neben der Erklärungsnot, wieso ich (ich sage meinen Geliebten nicht, dass ich multipel/ schwer traumatisiert bin. Dafür sind sie Geliebte- nicht Gemögte- andere Geschichte) geweint habe oder Ähnliches.

Ich habe festgestellt, dass es für mich nicht besonders sinnvoll ist auf einen Orgasmus hinzuarbeiten, wenn ich mich gerade scheiße finde oder richtige BÄÄÄMs in meiner Nähe wabern. Das wird meistens eher eine Selbstverletzungsarie und auch eine Geliebte habe ich dann nicht zur Hand (bin ja dann scheiße). Trotzdem ist ein vibrierendes Sexspielzeug dann wirklich praktisch und guttuend für mich. Einfach mal die Massagegeräte zur Massage des Unterleibs (nicht nur der Vulva) verwenden.

Übrigens habe ich inzwischen einen Mooncup im Haus, den ich bei Gelegenheit mal testen werde.
Bei diesem Produkt schlich ich ja ein bisschen herum, weil es Größenangaben gibt. S M und L  „Schade“, dachte ich, „Dass ich weder Maßband noch Spekulum noch finanzielle Ressourcen zum Kauf aller Größen zum Testen besitze“. Es ist ja nun doch ein Fremdkörper, den ich in meinen Körper einbringen muss, was ich halt nicht immer einfach mal so machen kann. Gibt halt Tage, da fühle ich mich zerstörter als an anderen.

Jetzt ist er da und kommt mit in mein Ressourcicum zur roten Welle fern von Daheim, wo ich eben nicht frei menstruieren und/ oder meine Stoffbinden verwenden kann.

Die lila Schmetterlingsplastikbindenpackung steht derweil in meinem Bad herum.
Vielleicht erwischt es mal unerwartet Besuch von mir und es wird eine gebraucht. Dann bin ich gerüstet.
Verrotten wirds ja frühestens in 1000 Jahren.

 

Bonusmaterial:
Ich hab zum Geburtstag ein Buch geschenkt bekommen, dass ich gerne weiter empfehle: „
Muschiland- Exkursion in eine kulturelle Intimzone“ von Ulrike Helmer. Darin sind neben angenehm leicht lesbaren Texten zu nicht immer leichten Aspekten, auch viele Literaturtipps und Verweise zu finden, was das Buch sehr wertvoll macht, wenn mensch sich (feministisch) mit dem Thema auseinandersetzen möchte.

Das „the period blog“  (englisch) mal durchzuschauen kann ich auch nur empfehlen. Leider wird es inzwischen wohl nicht mehr aktualisiert.

Ich hab das Thema „MenstruationsApp“ + „Gender“ nicht im Artikel erwähnt, weil ich meinen Zyklus weder von einer Maschine „berechnen“ lassen will, noch ein Smartphone besitze. Die Femgeeks haben sich aber schon mal damit befasst.
Meine „MenstruationsApp“ ist das Kalenderbuch „Alle meine Tage„, das sich für mich als am Besten geeignet herausgestellt hat.

Die rappende Gruppe „Hand Job Acamedy“ hat der Menstruation einen Song mit dem Titel „Shark Week“ gewidmet.

Allison von „Jew in the City“ erklärt in einem Video ausführlich die jüdische Mikvah.

Weitere Links und Literaturtipps zum Thema sind gern gesehen und werden in den Artikel übertragen.