monströs

Es gibt so viele Möglichkeiten, Menschen für den Rest des Lebens die Botschaft mitzugeben, dass sie es nicht verdient haben, Grundbedürfnisse erfüllt zubekommen, sobald sie etwas tun, was einen anderen Menschen verärgert/ ängstigt/ schmerzt/ bloßstellt/ nicht bestätigt.
Ein Grundbedürfnis ist der Kontakt zu anderen Menschen, zu Nähe, zu Wärme- dieses eine kleine Fünkchen, das um Mehrsamkeit versichert.

Egal, wie stark, wie mutig, wie autark und unabhängig das Handeln sein kann- das erste Geräusch von einem anderen Menschen, das sich an einen richtet und über das Dasein auf Erden in Zeiten und Sphären bewusst und versichert sein lässt,
– es ist ein verdammt großes Himmelreich in dem Zeppeline mit der Aufschrift: “Ja, du bist am Leben” herumfliegen, das Licht, das einem in die Augen schießt, irgendwas zwischen Glitzer und ätzender Säure ist und die Luft nach Freiheit schmeckt- egal, woraus sie besteht.

Es ist der Moment, in dem es die Chance auf einen Anfang gibt. Ein besseres; ein lieberes; ein artigeres; ein gleicheres Sein möglich ist. So eine Chance, sein Überleben durch Vollständigkeit der Optionen seine Grundbedürfnisse zu erfüllen noch sicherer zu machen.
Das Alte, Böse, das Monster, das man wegsperrte, von sich schob, mit dem Gesicht in die Zimmerecke stellte; auf die stille Treppe setzte; aus dem Klassenzimmer verwies; ins Gefängnis, in die Psychiatrie, ins Heim schickte, dem man jedes Gespräch, jede Klarheit, jedes (An-) Recht verweigerte- das ist ja weg.
Das bleibt da in seinem Käfig, als Kokonrest aus dem ein Schmetterling geschlüpft ist.

Als wir gestern im Gang des Ausweichzugs standen, in ein Abteil hinein starrten und den freien Platz darin nicht in Anspruch zu nehmen wagten, wurde mir klar, dass Isolation ein Sterben mit seinen 5 Phasen ist: Verleugnung, Wut, Verhandlung, Depression, Akzeptanz, und das auch noch viele Jahre später.

Am Ende ist so viel akzeptiert, dass alles okay ist, was nicht auch noch die Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung auf physischer Ebene eingrenzt.
So wird der Umstand ein Monster zu sein- auf immer und ewig- ohne Chance auf ein Sein als Schmetterling, zum Preis für ein physisches Überleben, das in einer unendlichen Schleife in Frage gestellt wird, durch die Befreiung noch vor Ende des Prozesses.

Genau deshalb meide ich Abhängigkeiten.
Genau deshalb ist meine mutigste Tat, mich an andere Menschen zu wenden und darauf zu verlassen, dass diese mir sagen, was ich tun kann/ darf/ soll/ muss, wenn ich es nicht weiß. Entweder, weil ich manche Dinge noch nie gemacht habe, oder weil mir (uns als Einsmensch) Lebenserfahrungsqualitäten fehlen.
Ich weiß, was ich machen muss, damit mir die Füße nicht weh tun- wie man sich stellen kann, wenn man tagelang irgendwo stehen muss. Ich weiß, wie man warm wird, wenns eisig ist; weiß, dass verhungern lange dauert; weiß, wie Durst in ganze, halbe und viertel Tropfen eingeteilt werden kann. Ich kann Dinge überleben, von denen andere Menschen hoffen, sie nicht einmal in Filmen sehen zu müssen.

Ich bin mit meiner Wut in die Freiheit gekommen.
Und jetzt fühlt es sich an, als hätte der Mensch, der mich fand ein Monster raus gelassen.
Ich kann nur Wut und Verhandeln.
Sowas will niemand und stößt es deshalb von sich.

Daran haben wir haben uns angepasst. Wir sind viele und können entsprechen.
Da sind Innens, die leugnen Bedürfnisse, akzeptieren alles und fragen ins Innen, ob sie so gefährlich sind, dass sie sterben sollten. Denken darüber nach, wie ein Sterben möglichst unauffällig und am Außen vorbei passieren kann- genauso, wie da Innens sind, die in Menschen immer “die Guten” sehen, die nett sind, sich kümmern, Klarheit um Umstände möglich machen.

Wir sind viele und genau deshalb bleibe ich wohl immer dieses Monster, das besser niemals raus gelassen worden wäre.

MonströsIch hab mich zu verpissen. Bin Affekt, bin bescheuert und nicht in der Lage Probleme zu erfassen- das einzige Problem ist ja, dass ich wütend bin. Schön mal beruhigen, dann kommt schon ein anderes Innen raus und man kann einsehen lassen, dass es ja gar kein Problem gibt- verhandeln hieße, etwas einzugestehen und ach- von wem ist das denn bitte abzuverlangen?

In meinem Innen gibt es mein Gefängnis noch.
Ich finds tröstlich, dass ich mich, wenigstens für mich allein, immer wieder einsperren und befreien kann.

Allein. Autark.
Monströs stark.

Wertvolles für Innenkinder

“Sag mal, wieso bist du eigentlich immer so fies zu den Kleinen bei dir?”.
Da sitzt sie auf unserer Küchenbank, friemelt einzelne NakNak*haare von ihrem Wollrock, spielt mit dem Teebeutelzettel und stellt seelenruhig so eine Frage.

“Was meinst du mit “fies”? Du weißt, es sind keine echten Kinder. Nur kindliche Impulse, die…”
”Jaaaa”, sie rollt die Augen, stöhnt auf, legt sich halb über die Tischplatte, “Jattata Jattata Jattata… ich weiß, du musst dir das sagen und so, aber sie sind doch da. Ich mein, du kriegst das ja nicht mit, wenn eins mal da ist, aber das ist wirklich sowas von echt! Wie ein echtes Kind.” Sie schaut ernst. “Wie ein Kind, das nichts hat, außer einer kleinen Stoffente mit Quietscher drin und einer Höhle aus Umzugskartons, die du dauernd abbaust.”
-“Im Keller ist noch jede Menge Zeug!”
”Und du meinst es ist nicht fies “Zeug” zu Sachen zu sagen, die sie gern haben?”
-“Es IST Zeug”
”Du bist fies zu ihnen. Du hast selbst gesagt, dass ihr als Körperkind viel entbehren musstet…”
– “ANSCHEINEND! Ich weiß nicht, ob das so ist!”
”Ja egal- was ist so schlimm daran jetzt ein paar Sachen zu haben- hier!- die für die Kinder bei dir sind? Ich hab diese Doku gesehen von einer anderen Multiplen, die hatte sogar richtig so ein Spielzimmer. Hach- so was fänd ich sogar für mich schön! Und ich hab keine Kinder in mir.”
-“Doch hast du- für dich fühlt es sich nur nicht so fremd an.”
”Du lenkst ab. Zu nah?”
-“Ich denke, vielleicht schreiben wir mal im Blog darüber.”

Wir gehen raus und spielen mit NakNak*.

Außenmenschen und Innenkinder.
Innenerwachsene und Innenkinder.

Ich bin nicht der Schwan. Ich bin eine Alltagsperson. Eine von denen die “Erwachsenensachen” macht. Eine Frontgängerin.
Und ich mag die Innenkinder nicht.

Was interessant für mich ist, ist, das Mami-ding, welches um die Innenkinder ständig kreist. Ich sage: “Ich mag die Innenkinder nicht” und kann schon fast hören, wie der Tonfall, in dem sonst immer “Rabenmutter” gesagt wird, um die Reaktion auf diese Aussage gewickelt wird.
Ist doch seltsam, oder: Wenn andere Leute von sich sagen: “Ich mags nicht, wenn ich zum Piepsestimmchen werde, weil mich einer anmault”, dann kommt dieser Tonfall nicht. Wenn es um Kinder geht allerdings… meine Güte noch eins!
Dieser gesellschaftliche Zwangsreflex immer und immer alle Kinder toll finden zu müssen (auch die Rotzblagen, die einem vors Knie treten und beschimpfen) nervt mich schon im Alltag ganz erheblich. Denn- Kinder gut zu behandeln, schließt dieser Reflex nicht ein.
Ich sitze immer da und denke, dass man Kinder nicht mögen muss. Man muss darauf achten sie nicht zu verletzen, zu entwürdigen, zu demütigen und sie zu schützen und zu versorgen, ja. Aber niemand muss sie deshalb automatisch- reflexhaft- auch mögen.

Ich mag unsere Innenkinder nicht, weil sie gruselig sind.555548_web_R_K_by_Manuel Gäck_pixelio.de

Es gab mal so einen Horrorfilm von einem Kinderheim, in dem die Kinder alle einen mysteriösen Tod gestorben sind und dann dort auftauchten, als die einzige, dann erwachsene, Überlebende dort auftauchte, weil sie das Haus gekauft hatte.
In meinem inneren Universum bin ich die Überlebende.
Und- oh ja- wenn ich vielleicht eeeeetwas unbeherrschter wäre, würde ich wohl auch permanent herum schreien und mir vor Angst in die Hosen machen oder so, wenn sie so auftauchen und in meinem Leben herumfuhrwerken.

Sie sind heartbreaking. Sie sind kümmerlich. Sie sind bedürftig.
Sie haben riesengroße Kulleraugen, die was wollen!
Und was sie wollen ist etwas, das nichts mit Malbüchern oder so, zu tun hat.
Sondern mit Gemocht werden, geschützt werden, in ihrer Würde geachtet werden. Vielleicht hats auch was mit ”Puste auf mein Weh, damits weg geht” zu tun, das weiß ich nicht genau. Aber es hat nichts mit einer Masse an Zeug oder mit niedlichem Kinderspielzeug zu tun.

Mal ein Spiel spielen, mal etwas malen, mal eine Puppe anziehen… nach außen sieht es aus wie Spaß- im Innen ist es ein Funktionieren. Da sitzt ein Kind, das genau das AUSHALTEN kann- nicht das Kind, dem man den Spaß und die Unbeschwertheit wünscht. Man denkt, vielleicht kommt etwas davon innen an und sie merken, dass heute heute ist und sie das nun gefahrlos tun können, doch das passiert nicht (zumindest nicht bei uns jetzt heute- ich weiß  nicht, ob so was grundsätzlich geht. Hier wird gepuzzelt und gemalt, um sich zu erden oder etwas auszudrücken).

Bei aller Vergleicherei kann ich nicht verstehen, wieso gerade das nicht so übertragen wird. Schon mal erlebt, dass ein Aussenkind voll rundum überhäppy ist, wenns nen Lolli in den Hals gedrückt kriegt, statt das angeklatschte Knie bepustet zu bekommen? Spätestens in der Teeniezeit wird man sehen, dass Trost mit Süßkram ne scheiß Strategie war.
Wieso sollte ich das bei “meinen Kindern” wiederholen?

Wir versuchen uns beizubringen, dass heute alles anders ist als früher. Wir versuchen es zu schaffen, dass unser Gehirn etwas Neues lernt, als das Umschalten auf Anpassung an eine Situation, die von Lerninhalt gleich ist- aber nicht vom Zusammenhang heute.

Das klingt immer so super gemein und defizitär, aber Kinderinnens tauchen nicht auf, weil sie irgendwas so super toll finden außen, sondern weil unser Gehirn den Bereich benutzt in dem die Kinderinnens verortet sind. Und das tut das Gehirn wiederum, weil es in unserem Aktenordnerwustgehirn steht und einen-heute unpassenden- Aktenorder in der Hand hält und entsprechende Assoziationen und Fähig- und Fertigkeitsausübungsmöglichkeiten bereitstellt.

Ja, manche Kinderinnens sind richtige Spaßvögel, keck, frech und rotzig. Schlau, fast weise. Aber sie sind keine Kinder, die einfach gut drauf sind und “einfach so” da sind. Sondern frühere Alltagspersonen, die (zumindest bei uns) so sind, weil sie mit ihrem Verhalten früher Menschen schon dazu gebracht haben, sich den Körper nicht zu nehmen oder einfach nur nett zu ihnen/uns zu sein.

Wenn ich erfahre, dass Kinder- oder auch Teenagerinnens “da” waren und mit unseren Helfern gesprochen haben, dann weiß ich, dass Holland nicht nur in Not, sondern eigentlich schon Katastrophengebiet ist.

Tschuldigung, wenn ich Boten der innerseelischen Apokalypse nicht mit Plüschteddys und Spieluhren empfange, sondern zusehe, dass Hilfe rankommt. Entweder um wirkliche Krisen abzuwenden oder, dass eine deutliche Unterscheidung von früher und heute möglich wird.

Ja, es ist fies, wenn die Frontfrau Puzzles in den Keller bringt, weil sie weiß, dass sie von dort nicht einfach wieder auftauchen im Moment. Doch auch sie hat einen Grund dafür.
Ja es ist fies, wenn ich die Umzugskartonhöhle wegräume- aber wie wohnen nun mal nicht in einem Loft mit unbegrenztem Platz und irgendwo muss der Wäscheständer nun mal stehen.
Ja es ist fies, wenn es nicht jeden Tag Schokopudding mit Senf gibt, aber es ist noch fieser, wenn Anxiety hier rumwütet, weil der Körper zu dick ist.

Ja, von mir aus findet es fies, dass ich meine Innenkinder nicht mag.
Aber, ich beschütze sie. Ich würdige sie. Ich demütige sie nicht. Und ich versuche alles, dass wir heute so versorgt sind, wie sie es früher vielleicht nicht waren.
Ganz ehrlich- ich finde, das ist viel wertvoller, als ne Bude voll mit Rüschen und Bärchenmobiles.

nicht das Gleiche- nur bei allen Frauen gleich

Es ist nicht vergleichbar.
Nein überhaupt nicht.

Das hier nennt man medizinische Hilfe.
Nicht Gewalt.

Es schreit im Kopf.
Doch es ist nicht das Gleiche.

Es tut weh und es gibt keine Alternative.
Ohnmächtig fühlend und nicht in der Lage sich zu äussern oder zu flüchten.
Doch es ist nicht das Gleiche.

Man wird gedemütigt.
Doch es ist nicht das Gleiche.

Uns wird das Leben gerettet
und dabei, aus Versehen, die Seele erschüttert.

Das ist nicht das Gleiche, denn andere bestimmen, was gleich ist und was nicht.

Wir waren nur beim Arzt
nicht bei einem Vergewaltiger.

Es war nur Verhelfgewaltigung.
Nichts worüber man klagen sollte.

Das erleben ja jeden Tag viele Frauen.159177_web_R_K_by_Dieter Kreikemeier_pixelio.de
Das ist ja nichts Besonderes.

Was lässt du dir das auch bieten?
Geh doch woanders hin!
Wehr dich doch!
Es ist doch nicht das Gleiche!

Eine Art #Aufschrei
Immerhin

einen Tag später, nach 30km Flucht