#idpet und Hitzlsperger

Seit Monaten steht auf der Online Plattform “Open-Petition” eine Petition (Link zum Zeitartikel) mit dem Titel: “Zukunft- Verantwortung- Lernen: Keine Bildungsreform 2015 unter der Ideologie des Regenbogens”.
Die offen lesbische Bloggerin Nele Tabler berichtet und recherchiert schon länger über diese Petition, die sich auf das Ziel der Bildungsreform 2015 zur Akzeptanz “sexueller Vielfalt” bezieht. (Twitterhashtag: #idpet)

Es ist ganz klar, dass dort seit Monaten eine homophobe Suppe kocht, die sich derartig in den Kommentaren offenbart, dass (zumindest in meinen Augen) bereits das Level der Hassrede erreicht ist. Doch die Petition steht nachwievor. Der Anbieter sieht sich ganz offensichtlich nicht in der Pflicht die Petition rauszunehmen. Immerhin gibt es inzwischen einen Meldebutton für Kommentare.
Lange genug hats gedauert und Symptombehandlung geht bekanntlich fix.

Dann taucht da ein Mensch auf, der seine Brötchen lange damit verdiente Fußball zu spielen und lüftet sein Geheimnis “Homosexualität” in der Zeit.
Jaja, es ist unbedingt nötig über Homosexualität im Fußball zu sprechen. Wie jede/r weiß braucht es volles Bewusstsein um sowohl die eigene Sexualpräferenz, als auch die der MitspielerInnen, um einen Ball in ein Tor zu schießen.

Perfektes Timing- falsches Ziel! möchte ich dem Menschen zurufen.
Irgendwann bequemte sich die Zeitung im Zuge der Hitzlspergerjubelei die Petition zu erwähnen und auf die über 60.000 zum Teil schwer idioti ideologisch eingefärbt denkenden Homophoben zu verweisen.

Nur- oh weh- die spielen gar nicht Fußball!
Die haben es auf die Bildungsreform abgesehen und denen ist ein nun offen lebender Schwuler, der irgendwann mal Fußball spielte, vermutlich noch ein Anlass mehr, Petitionen und Proteste laut zu machen. Indirekt bestätigt von homophoben CDU- Altmännern aus einer politischen Landschaft von Vorgestern, wie Norbert Blüm, der am letzten Wochenende Platz für seine Homophobie in der FAS bekam.

Was mir an den ganzen großen öffentlichen Debatten auffällt, ist ein gemeinsames Zentrum, das immer mehr aus dem Blick gerät.
Wir sprachen im letzten Jahr über die Grundfrage: “Wie gehen Männer* und Frauen* miteinander um?” und thematisierten allgegenwärtigen Sexismus, der sich in Biologismen und sozialen Ungerechtigkeiten sowie allgemeiner Verhaltens- Norm spiegeln.
Dann plötzlich kam Frau Schwarzer- ihres Zeichens Geschäftsfrau zum Thema “Feminismus” und BÄNG! sprachen wir über Prostitution, über FreierInnen und “Zwangsprostituierte” in einer Art und Weise, die lediglich Pro- oder Kontra zulässt.
Nun geht es um Homosexualität. Pro oder Kontra? Bildungsreform rein in die Schulen, oder raus? Wie offen darf/ kann/ muss/ soll der Umgang mit Sexualität sein?

Liebe/r LeserInnen, versteht mich nicht falsch- ich begrüße diese Debatten und denke, dass wir* (als Gesellschaft) davon profitieren können.
Ich denke aber, dass wir Fehler im öffentlichen Diskurs begehen, aus denen schon längst hätte gelernt werden können.

Ich habe auch hier wieder als Erstes die Medien im Blick, denn allein schon wie erneut über das Coming out einer Person der Öffentlichkeit geschrieben und berichtet wurde, lässt mir als Nichtjournalistin die Haare zu Berge stehen. Serviceinfo: Heute muss sich niemand mehr zu Homosexualität “bekennen”- das musste man bis zur Niederlegung des §175- als Homosexualität noch eine Straftat war. Hier ist ein schöner Artikel dazu verlinkt, wie es besser laufen könnte.
Es ist – mit Verlaub- einfach dumm, jemandem zum offenen Leben als Schwuler zu gratulieren- gleichzeitig aber zu schreiben, als sei er eigentlich ein Krimineller.

Die gleiche Dynamik war beim Thema Prostitution zu beobachten- eigentlich geht es darum, Menschen zu schützen, die in (staatlich anerkannte und mit Steuern belegte!) Arbeitsverhältnisse gezwungen werden. Das ist etwas, das genau gleich in Arbeitsbereichen der Haushaltsführung und auch im Baugewerbe zu beobachten ist: Menschen werden hergeschifft, ihnen werden sämtliche Papiere abgenommen und sie werden zur Arbeit gezwungen.
Doch anstatt tatsächlich über die Formen von Ausbeutung in unserer heutigen Gesellschaft zu sprechen, tauchten Artikel mit fast pornorösen in Rotlicht gehaltenen Symbolphotos auf und die Masse darf sich über eine Kluft zwischen Überfrau Schwarzer und der noch jungen SexarbeiterInnenlobby den Kopf ausschütteln.

Was kommt jetzt?
Sprechen wir darüber, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher Sexualpräferenz, allein aus diesem Grund von unserem Gesetz diskriminiert werden?
Sprechen wir darüber, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher Sexualpräferenz , allein aus diesem Grund als Exoten, die es sich ja auch anders aussuchen könnten, behandelt und im Diskurs benutzt werden?

Sprechen wir nun endlich einmal darüber wie wir als Gesellschaft mit Homosexualität umgehen?

Sprechen wir vielleicht endlich einmal darüber wie wir Menschen miteinander umgehen?

Sprechen wir vielleicht endlich einmal darüber, wie wir besser miteinander zurecht kommen können?

Nein.
Und das ist, was mich aufgerieben und traurig zurück lässt.
Wir leben in einem gesamtgesellschaftlichen Klima, das solche Debatten endlich (erneut) entfachen lässt, doch werden regiert von einer Bundesregierung die an Stoizismus in allen hier erwähnten Debatten nicht zu überbieten ist.

Unsere Regierung wird sich niemals hinstellen und sagen: Hey- ich diskriminiere dich, weil du eine Frau bist (und an den Herd/nach Hause/zu den Kindern gehörst) / weil du ein/e AusländerIn bist (und nur herkommst um an unserem sozialen Busen zu nuckeln- was ja jede/r nur wollen kann, wenn er aus Kriegsgebieten kommt) / weil du mit Menschen deines Geschlechtes Sex hast (was widernatürlich ist, keine Kinder zur Folge und ergo weder Schutz noch gleiche Rechte erfordert- du könntest diesen Quatsch ja auch sein lassen- Liebe ist für Deppen- es wird dir nicht weh tun dich G’tt zu zuwenden und viele viele Kinder zu machen… bis an dein Lebensende- komm schon demographischer Wandel bzw.. seine Folgen- du bist auch Deutschland du kleine ekelhafte Minderheit) etc. etc. etc..
Sie wirds einfach tun.

Vor allem, wenn öffentliche Debatten so einfach umzulenken sind und am Ende nichts weiter steht, als keifende Grüppchen ohne vergleichbare Strukturen, die gegen diese Mauer aus Ignoranz, wegen vermeintlicher Irrelevanz anreden.

Nachtrag: Die Bildungsreform 2015 sieht übrigens eine Vermittlung aller Formen von Sexualität, Geschlecht und Selbstpositionierung vor. Da sich der öffentliche Diskurs aktuell nur auf Homosexualität bezieht, schrieb ich diesen Artikel auch nur darüber.
Dies heißt aber nicht, dass ich als Autorin gewillt bin, andere Formen von Geschlecht, Sexualpräferenz und Selbstpositionierung unsichtbar zu machen.

#unsichtbar

Heute ist der Weltfrauentag. Frauenkampftag.
Die Taz möchte die Unsichtbaren zeigen.

Auf Twitter zwitscherte sie folgende Fragen:
„Was bedeutet es, übersehen zu werden? Ist das für euch Schutz oder Ignoranz? Antwortet uns zum
#Weltfrauentag unter #unsichtbar.“
„Manchmal ist es besser, „unsichtbar“ zu sein. Welche Erfahrungen habt ihr damit? Eure Verschleierungstaktiken am
#Weltfrauentag: #unsichtbar

Meine Fähigkeit mich 140 Zeichen kurz zu fassen ist begrenzt, doch diese Fragen zu beantworten halte ich für wichtig.
Ich habe bemerkt, dass ich nie unsichtbar war. Oder wirklich übersehbar.
Eigentlich, und das fällt mir gerade jetzt auf, wo ich mich etwas näher mit dem Zeitpunkt meiner Befreiung und meiner Biographie überhaupt befasse, war es nie so, dass ich- wir als Einsmensch unauffällig, übersehbar, übergehbar oder ignorierbar waren oder agiert haben.
Wenn die Menschen in unserer Umgebung gewollt hätten, zu wollen gekonnt und gedurft hätten; wenn sie Macht gehabt hätten, hätten sie uns und die Gewalt an uns (und den anderen Mitbetroffenen) sehen und beenden können.

Unsere „Verschleierungstechnik“ war und ist bis heute, die strukturelle Dissoziation.
Praktikum in der Zimmererwerkstatt, BauCamp im Handwerksbildungszentrum, männliche Kunden, die eine Vogelvoliere in Auftrag geben, einkaufen im Baumarkt… badabumms taucht ein fast klischeehaft männliches Innen auf, dass niemand auf die Idee kommt, der Körper könnte weiblich sein. Dass niemand auch nur im Entferntesten glaubt, vor ihm stünde ein Mensch dessen Körper Gewaltorgien und systematische Folter überlebt hat.
Hundesitting, Haustierhalterberatung, Pflegestelle… zack, tauchen Innens auf, die freundlich zugewandt, sachlich offen und neutral eine Verbindung aufzubauen helfen zwischen Mensch und Tier. Niemand käme auch nur auf die Idee, durch welche Qualen es zu dieser Fähigkeit gekommen ist. Was für grässliche Bilder und Gefühle hinter den Augen dieses Menschen toben, während diese Arbeit getan wird.
Diese und viele andere kleinere und größere Alltagssituationen, lösen einen stetigen Wechsel von Innens aus. Jedes Innen steht auf seine Art, wie eine Schutzmauer vor einem tiefen Elend und macht es nach außen hin unsichtbar. Aus Selbstschutz. Um selbst nichts von dem Elend zu spüren oder gar zu wissen. Um nach außen hin perfekt angepasst zu sein, an jene Gesellschaft, die ebenfalls ihre Schutzmauern hat.

Es ist eine Verschleierung, die nicht gezielt und geplant ist. Erst wenn sie angewendet wird, fällt auf, dass es auch dabei um eine Art Überleben geht.
Ein Bestehen in einer Welt, in der nur jene bestehen, die möglichst weit von ihrem Schmerz entfernt sind. Die möglichst kalt und angepasst sind. In der jene ohne Schlenker im Lebenslauf, ohne Falte im Jackett, ohne Makel im Lächeln, eine reellere Chance auf einen Arbeitsplatz, der sie finanziell absichert, haben, als jene, bei denen das nicht so ist.
Unsere Gesellschaft- unser Miteinander macht unsichtbar, weil Unsichtbarkeit heute ein Garant für finanzielles- und damit auch soziales und am Ende direkt biologisches Überleben ist.
Sind unsere Körper so dünn, dass sie fast unsichtbar sind, gelten wir als schön und stark, was wiederum Eigenschaften sind, mit der man zu einer Absicherung kommen kann.
Ist unsere Meinung so gleich wie die der Gruppe, dass sie in der Masse unsichtbar wird, können wir uns des Schutzes selbiger sicher sein und so wiederum unsere Chancen auf ein Überleben sichern.
Geben wir uns selbst auf und werden zum ausführenden Organ jener, die über unsere Absicherung verfügen, werden wir überleben.

Nein, wir waren kein Kind, dass man leicht übergehen konnte. Keck, gewitzt, arrogant, sportlich, musisch begabt, extrovertiert.
Kein Wettkampf wurde ausgelassen, kein Turnier, kein Wettbewerb, kein Konzert je abgesagt. „Schau was ich kann!“ brüllten wir in die Reihen des Publikums und stärkten unseren Selbstschutz mit ihrem Applaus- dem Gradmesser der Beachtung, der Wertschätzung, des Maßes an Sicherheit durch erbrachte Leistung.
Niemals brüllten wir gleichsam in die Gesichter der Lehrer, Betreuer, Freunde, Ärzte, Eltern von Freunden, Nachbarn-  den Bekannten und Verwandten ins Gesicht: „Sieh, was mir gerade Schreckliches passiert! Sieh, wie ich und die anderen Kinder zerstört werden! Sieh… mich

Unsichtbarkeit hat zwei Seiten. Jene, die nicht sichtbar macht und jene die Sichtbarkeit gefährlich macht.
Was geschieht mit männlichen Menschen die hässliche Dinge sichtbar machen?
Denen wird in aller Regel zu ihrem Mut gratuliert, da sie eine Minderheit stellen.

Was geschieht mit weiblichen Menschen die hässliche Dinge sichtbar machen?
Denen wird in aller Regel nicht einmal zweifelsfrei geglaubt.

Was geschieht mit männlichen Menschen, denen hässliche Dinge passiert sind und sich sichtbar machen?
Was geschieht mit weiblichen Menschen, denen hässliche Dinge passiert sind und sich sichtbar machen?
Ihnen passiert genau das Gleiche. Sie machen sich auf eine Art angreifbar, die ihr direktes Leben auf mindestens einer Ebene bedroht.

Einen wirklichen Schutz erfährt nur, wer geschützt wird.
Vom Gesetz und dessen gleichberechtigter Anwendung; vom sozialen Umfeld; von seiner Fähigkeit sich blitzschnell auch wieder unsichtbar machen zu können und das System für sich zu nutzen.
Und wer hat dabei bis heute die besseren Chancen?
Der männliche Mensch.

Ja, heute in der Frauentag. Der Frauenkampftag.
Der Frauensichtbarmachtag.

Doch, was für Frauen genau, hast du heute schon gesehen?342533_web_R_B_by_onkel jo_pixelio.de
Hast du die Frau im Frauenhaus gesehen?
Hast du die Frau, die eine andere Frau liebt gesehen?
Hast du die Frau unterm Hiab gesehen?
Hast du die Frau, die sich als Mann fühlt gesehen?
Hast du die Frau im Asylantenheim gesehen?
Hast du die Frau im Rollstuhl gesehen?
Hast du die Frau gesehen, die jetzt noch ein Kind ist?

Hast du die Frau hinter der Schutzmauer gesehen?

Oder nicht doch eher das makellose Lächeln auf einem Werbeplakat, das dir sagt, dass es heute 50% Rabatt auf Schuhe gibt?

der bestmögliche Mensch

Der bessere Mensch

Es ist es nicht interessant, wie wir uns selbst gegenseitig schon mit der Formulierung abwerten? Wer oder was definiert, wer ein schlechter oder guter und wer ein besserer oder schlechterer Mensch ist? Ist es das, was er tut oder das, was er lässt? Macht uns eine bestimmte Meinung besser als andere? Macht uns ein Weltbild oder die Auffassung von selbiger zu einem besseren Menschen?

Warum reicht uns Menschen nicht, die Annahme, dass jeder Mensch der bestmögliche Mensch ist?
Warum müssen wir immer ein Wertgefälle erzwingen, wo gar keines nötig ist?

Ich hatte mal einen Artikel darüber geschrieben, dass ich denke, dass wir Menschen es uns eigentlich leicht machen sollten und uns eine gewisse Art “Tiersein” zugestehen sollen.
Unser Hund ist immer der bestmögliche Hund für uns. Sie ist immer die Tollste- ganz egal ob sie sich schon zum 3ten 4ten oder eine Millionsten Mal in Dreck gewälzt hat, mir den x-ten dicken Knüppel auf die Füße wirft oder einfach immer noch kein Schmusehund ist. Wir wissen, dass sie tut was sie tut, weil sie es tun kann und nicht, weil sie sich besser oder schlechter stellen will.
Genauso wie wir Menschen im Grunde auch nur tun was wir tun, weil wir es können.

Aber immer wieder müssen wir uns aufwerten, Unterschiede noch unterschiedlicher machen, um unsere Individualität nochmal und nochmal zu unterstreichen. Ohne uns zu überlegen- uns bewusst zu machen, was genau wir damit tun und was wir unter Umständen mit diesem Verhalten nähren.

Neulich sind wir mit NakNak* durch den Wald gegangen und es raste uns ein Sportradler entgegen. Kopfhörer auf den Ohren, Kippe um Mundwinkel, bergab durch den Wald. Ich sah NakNak* schon seinen Rädern und rief sie ran, nahm sie an die Seite, hielt sie fest. Der Radler stoppte und schaute mich an. Ich winkte ihm zu, er könne uns nun gefahrlos überholen (als wäre NakNak* oder ich die Gefahr- nicht er in seiner stumpf-rücksichtslosen Art durchs Naturschutzgebiet zu donnern). Er aber blieb oben und schrie (!) mich an, ob ich mir denn jetzt wie ein besserer Mensch vorkäme.
Ich war erschreckt, sagte nichts, ließ NakNak* laufen und ging weiter. Dachte aber: Hm, ich kam mir zuvorkommend, mich selbst und meinen Hund schützend, feige und defensiv vor- aber wie ein “besserer Mensch”? Er hatte doch nicht seine Biologie verändert, oder?

Wann fühle ich mich besser vor als andere?
Nie. Ich fühle mich nachwievor immer schlechter, wertloser, widerlich anderen gegenüber.
Wann wird mir gesagt, ich sei besser als andere?
Wenn ich einen Wettbewerb mittels einer meiner Fähigkeiten gewonnen oder im Wettstreit mit jemandem war und mittels einer mir eigenen Handlung siegte.
Wann bin ich ein besserer Mensch? Wann und in welchem Kontext kann ich mir besser in meinem Menschsein vorkommen?
Immer dann wenn ein Maßstab zu meinem Gunsten angelegt wird.
Also… zum Beispiel bin ich ein besserer Mensch als mein Hund. Oder mein Laptop. Ich bin ein besserer Mensch, als ein Skelett. Und so weiter.
Aber wenn ein anderer Mensch neben mir steht… Er ist einer- ich bin einer. Homo Sapiens Sapiens. Beide gleich. Hier verbietet sich jeder Vergleich- jede Wertung ist hier fehl am Platz.

Unsere Existenz ist in jedem Fall gleich- immer. Und unser Sein ist ganz grundsätzlich immer “menschlich”.  Unser Verhalten kann schwanken, unsere Empfindungen und unsere Werte ebenso- aber sie alle können nur so weit schwanken wie es unser Sein- das Menschsein- zulässt. Wir Menschen können uns noch so sehr verhalten wie die Tiere- wir werden nie aufhören ein Mensch zu sein. Und wir werden im Vergleich der Tierischkeit immer abstinken gegen echte Tiere.

In der Philosophie des Humanismus geht man soweit, dass man davon ausgeht, dass Menschen in ihrer Menschlichkeit einen Rang erreichen könnten. So seien es „Taten der Güte”  (Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Menschenliebe und Mitgefühl) die Menschen zu besseren Menschen machten. Als unmenschlich gilt wem andere Menschen egal in ihrem Sein und Leiden sind. Auch diese Philosophen erzwangen einen Dualismus, obwohl sie doch- gerade sie!- , sich doch mit dem Menschen auseinandersetzten und dies als etwas typisch Menschliches hätten erkennen sollen! Kein Tier macht so was! Und Pflanzen auch nicht.
Kein Mensch ist fähig zu Unmenschlichkeit. Keiner!

Man kann sich verhalten, als wäre man keiner. Man kann so tun, als sei man keiner. Aber grundsätzlich ist jeder Mensch menschlich.

Und egal was ein Mensch sagt, ob er sich überheblich darstellt, oder arrogant ausdrückt; ob er sich egoistisch verhält, raffgierig, unbarmherzig, sadistisch oder offen brutal; ob er mordet oder unglaublich viele Kinder zeugt; ob er Tiere oder andere Menschen quält oder liebevollen Respekt, Menschenliebe und Solidarität lebt… er ist immer “Mensch”.
Jeder Mensch ist immer der bestmögliche Mensch.

Ich pfeife darauf, ein besserer Mensch sein zu wollen- bin aber unglaublich verletzt wenn mir jemand unterstellt, ich würde mich als ein “besserer Mensch” aufgrund einer Meinung, meiner Fähigkeiten oder meiner Taten betrachten.

Der Punkt an dem ich es mir (uns) erlaubte, mich als Mensch überhaupt anzunehmen und so mir selbst zu erlauben, dass ich einen Platz in der menschlichen Großgesamtheit einnehme, war der größte Frevel, der mutig brutalste Schritt zur Heilung, den wir bisher genommen haben.
Ich bin zutiefst dankbar dafür, dass wir uns inzwischen wenigstens das ohne Wertedualismus und ohne Tausch im Innen zugestehen können.

Ich bin froh, dass ich unter meine Avatarbeschreibung schreiben kann: “Ich bin ein Mensch”.
Denn für mich galt das lange nicht.
Ich sah mich in meinem Sein wie ein grundlegend schlechtes DING. Ein Es. Ein Objekt. Es wollte mir nicht in den Kopf, dass Menschen eben auch absolut brutal, empathielos und sadistisch gegenüber Menschen sein können. Dass man, um solche Qualen zu erleben, kein Objekt für andere sein muss.

Indem ich meine Gefühle und Gedanken als die eines Menschen annahm, nahm ich auch alles unmenschliche Verhalten von mir und anderen Menschen an. Und als ich das tat, wurde mir eine Wertung und damit eine stetige Quelle von Verletzungen gleichgültig.

Man kann jede Biologisierung für menschliches Verhalten ablehnen, weil sie Dinge ausschließt, die wichtig sind. In Punkto Menschlichkeit aber, sollte sie ganz dringend wieder Einzug finden und getrennt werden von sozialbezüglichen Wertigkeiten.

Alles andere ist die Abwertung der Grundlage unseres Seins als Menschen in dieser Welt.
Wir sind in der Lage auch wertschätzend und liebevoll, rücksichtsvoll und nächstenlieb miteinander umzugehen, ohne besser oder schlechter zu gelten oder gelten zu wollen.