der Throwback auf „Menstruation als trans Person“

Dieser Artikel enthält Werbung für Kulmine, einem Onlineshop für umweltbewusste Menstruationshygieneprodukte.

Vor 5 Jahren schrieben wir den Artikel „der Bindentest und die Männlichkeit im menstruierenden Körper„.
M., der damals die Binden für uns getestet hat, gibt es so nicht mehr. Er ist so sehr Teil von mir, dass ich seine Männlichkeit nicht mehr als „männlich, so wie M. ist“ fühle, sondern eher als „das männliche, neben allem anderen von mir, das mich zu einer nicht binären und also im weiteren Sinne trans Person macht“.
Was Menstruation für uns heute vor allem bedeutet, ist das Ende einer Woche von zunehmender Genderdysphorie und der Anfang einer Woche der Trauer um eine Schwangerschaft, die hätte sein, aber nicht werden konnte.

Wenn wir heute bluten, dann schwellen die Finger, die Füße, der Bauch, die Brüste wieder ab, die prämenstruelle Stimmungslage hellt sich auf. Es wird wieder leichter Dinge zu machen, die uns guttun – unter anderem auch Umfelder und Kontakte zu verlassen, die unsere geschlechtliche Identität missachten oder ignorieren.
In den letzten 5 Jahren hatten wir keine Ruhe mehr für freies Menstruieren – und auch nicht mehr die dissoziative Distanz zum Trauma sexualisierter Gewalt, die dazu beitrug, dass wir Viele wurden. Es ist uns zuweilen unerträglich zu fühlen, wie man aus der Vagina blutet und wir sind froh, nach wie vor die meiste Zeit der Blutung auf Menstruationstassen zurückgreifen zu können und die Kulmine-Stoffbinden eher für die letzten Tage zu nutzen.

Die Binden sind jetzt nach 5 Jahren immer noch absolut gut in Schuss. Keine raushängenden Fäden, die Nähte sitzen. Der Stoff hat nicht gefranst, nichts ist verzogen. Gerade bei den Flügelbinden mit Druckknopf hatte ich erwartet, bald Rost zu entdecken, doch sie sind immer noch völlig in Ordnung. Verfärbt haben sie sich vom Menstruationsblut auch nicht – aber von einem Medikament, das wir eine Zeit lang nehmen mussten. Das zeigt uns, dass sie ihr Geld wirklich wert sind.
Tatsächlich haben wir in den letzten 5 Jahren kein Geld mehr für Menstruationshygiene ausgegeben, was schon sehr toll ist, wenn man sich mal grob überschlägt, was Tampons pro Monat und Jahr kosten – auch der Umwelt und also unser aller Zukunft.

Vor 5 Jahren war mir wichtig zu vermitteln, dass in vielen Binden und Tampons Pestizid und Bleichmittelrückstände gefunden wurden, der Müll ein Problem ist und das viel des Marketings von Menstruationshygieneprodukten dazu beiträgt, zu definieren, was weiblich ist, was hygienisch ist, was sicher ist. Heute erscheint es mir fern, wie viel Abwehr und Furcht und auch Abwertung ich selbst, bedingt durch sexistisches Marketing und sich im Zusammenspiel mit der patriarchalen cis hetero zentrierten Gesellschaft entwickelnden Wertvorstellungen, meinen Körperfunktionen gegenüber hatte. Und wie schwierig es jedes Mal war, auszuhalten mit verzerrter Bodypositivity konfrontiert zu werden, die mich als trans Person, die Behinderung und Traumafolgen im Leben hat, überhaupt nicht mitdenkt, aber trotzdem den Appell an mich richtet, mich doch zu lieben und meinen Körper zu feiern.

Heute weiß und merke ich sehr deutlich: Mein Körper ist einfach da. Ich bin einfach da. Daran ist nichts positiv und nichts negativ, aber alles lebendig.
Mich darauf zu konzentrieren und zu schauen, wie und womit ich mein Leben mit ihm und all seinen Funktionen, Bedarfen und Potenzialen so gestalten kann, dass ich gut zurechtkomme, mich wohlfühle und an eine lebenswerte Zukunft glauben kann, ist für mich allgemein sehr wichtig geworden. Meine Menstruation ist nur ein kleiner Teil meines Lebens, aber er ist einer, der mein Leben jeden Monat erheblich beeinflusst. Dafür eine gute Lösung gefunden zu haben, ist mir sehr wertvoll geworden.

 

Bei Kulmine gibt es inzwischen ein interessantes neues Stoffbindenmodell – die Hela. Für zwei Lagen, die bleiben, wo sie sein sollen.
Im Shop gibt es aber auch noch Cups, Schwämmchen und vieles mehr. Schaut doch mal rein.

der Bindentest und die Männlichkeit im menstruierenden Körper

Es begann mit einer Mail, in der sinngemäß stand: “Möchten Sie Kulmine-Stoffbinden testen und darüber in ihrem Blog schreiben?” und mündete in ein Moment, in dem mir klar wurde, dass meine Männlichkeit eigentlich nichts mit meinem Körper zu tun hat.

Für uns ist das Menstruieren immer noch so etwas vor dem wir stehen und fassungslos bemerken: “Blut ohne Verletzung – wie krass ist das denn?!” und für mich, der jedes Fragenbogenkreuzkästchen vor den Worten “männlich” und “weiblich” mit einem massiven Körperdysmorphflash beantwortet, alles andere als der “Weiberkram”, zu dem es in der Werbung von Always ultra, o.B. und oft ja auch noch von den menstruierenden Menschen selbst, gemacht wird.

Ich glaube nicht an “heiliges Bluten” oder “die weibliche Kraft der Menstruation”, “Mondfrauen” und “rote Göttinnen” – aber ich finds schön, dass sich diese teilweise uralten Bilder gehalten haben. Eine große Urgöttin die Leben aus sich rauslassen kann, find ich auch grundsätzlich irgendwie cooler als eine “sicher und diskret” verstopfte Person.
Als die Email kam, waren andere Innens gerade schon auf der Suche nach günstigen Stoffbinden, weil unsere alten einfach mal ausgedient haben.

Eigentlich bluten wir frei und halten uns diese 3 Tage im Monat auch immer leer, damit das in Ruhe funktionieren kann, aber unser Herbst und Winter war so vollgestopft mit Terminen und Anwesenheiten, dass das alles gar nicht funktionierte. Darüber kam es dann auch mal wieder zu einer Infektion und der Mooncup musste auch ein bisschen ruhen.
Also konnte das Angebot diese super hochwertigen Stoffbinden von Kulmine zu testen gar nicht passender kommen.

Wir hätten nicht das Geld gehabt, sie uns als Set zu kaufen. Ganz klar nicht. Umso mehr Luxusgefühle kamen auf, als wir dann das Päckchen mit Seidenpapier drum rum in der Hand hatten und umso intensiver haben wir uns den Stücken gewidmet. (Wahrscheinlich hätte ich das sonst nicht mitbekommen und auch nicht gesagt: “Ja, gut, ich teste die auch und schreib dann als Innenmann übers Bluten”).
Das Erste, was uns auffiel, war wie weich der Stoff ist.
Ich will einen Schlafanzug aus dem Stoff – ohne Scheiß jetzt.
Sie sind nicht labberig, aber auch nicht steif. Das ist mir auch gleich aufgefallen. Auch nach der ersten Wäsche (60° normale Wäsche) sind sie nicht zerknüddelt und trocknen auch so, dass sich keine Knicke bilden. Unsere alten haben das gerne gemacht und das hat sich manchmal
als Scheuerfaktor echt fies bemerkbar gemacht .

Es gibt verschiedene Modelle. Welche zum Knöpfen, welche zum Reinlegen, kleine große, dünne dicke und: faltbare
Die haben sich für uns als die, die für uns am besten gehen herausgestellt, obwohl wir eigentlich eher zur Flügelfraktion gehören. Die faltbaren Kulmines sind etwa 25 cm lang und 21 cm breit und man kann sie sich jeweils so zurecht falten, wie es grad wichtig und gut ist.
Man sieht, wenn sie durchgeblutet sind (auch bei den roten und blauen Modellen) und ich hatte, trotzdem es ja doch ein kleines Polster ist, das man unter sich trägt, kaum dieses typische Bindenwindelgefühl.

Aber klar sind es Binden. Wir hatten Auslaufmomente, es gab Stoffwülste, die im Sitzen auf die Vulva gedrückt haben, diese komische Art von Präsenz, die der Versuch von “Auffangen, was nirgendwosonst landen soll” mit sich bringt. Ich habe gemerkt, dass ich genau wieder anfing Ekelmomente zu haben, die lange weg waren, nur weil ich wieder Unter- und Strumpfhosen kalt auswaschen musste. So werden auch die Kulmines für uns weniger Dauereinrichtung als viel mehr Ergänzung oder Ersatz für Mooncup und freie Menstruation darstellen.

Ich hab mir auf die Schulter geklopft, als ich die Testerei durch hatte und dachte kurz drauf, wie blöd, das eigentlich ist.
Für mich war das Bluten ganz früher gar nie im Kopf und wurde eigentlich auch erst zum Problem, als ich lernte, es sei nicht normal, dass ich mich männlich wahrnehme. Schließlich hat mein (der) Körper Merkmale, die zu der Bezeichnung “Frau” führen und schließlich menstruiere ich. Als könnten Männer nicht auch in solchen Körpern stecken.
Überhaupt, als gäbe es nur Männer und Frauen und maximal noch irgendwie so etwas dazwischen. So komische Exoten oder Intersexuelle.

Ich bin in weiten Teilen meiner Präsenz im Alltag damit beschäftigt, mir den Körper als meinen eigenen bewusst zu halten. Das heißt: ihn mit all seinen Bedürfnissen und Funktionen nicht zu dissoziieren. Früher bin ich einfach losgerackt und habe getan, was getan werden musste.
Essen, trinken, ausscheiden, schlafen, wärmen – gehörte damals aber nie dazu.
Heute weiß ich, dass auch das soziale Umfeld, mit dem wir uns umgeben haben, mir das auch nicht aushaltbar gestaltet hätte.
Es gibt ja viel Scheiße, der Frauen(körper) entsprechen sollen (müssen) um als passend und “richtig” wahrgenommen und behandelt zu werden. Und in Abgrenzung dazu gibt es viel Scheiße, der Männer(körper) entsprechen müssen.
Mein Umfeld wusste, dass ich ein Mann bin und immer, wenn ich präsent wurde, war ich es, der Zeugs schleppen, ganz besonders cool und hart re-agieren sollte. Dem Technik gefallen und der Rest der Welt egal sein sollte. Ich sollte “auf Frauen stehen”. Niemand hat mich je gefragt, obs mir nicht besser gefiele, an der Seite von Frauen zu sein – ich sollte immer auf ihnen stehen, oder sie haben wollen, was mir jedes Mal neben sozialem Druck, auch echt Widerwillen zu Beziehung oder Miteinander (mit Frauen) ausgelöst hat.

Inzwischen ist unser soziales Umfeld anders. Es ist eins, in dem meine Beschäftigung mit dem Körper und auch dem Bluten als so kräftezehrend und doch auch spannend und organisch angenommen wird, wie es das für mich ist.
Mir ist während der Bindentests aufgefallen, wie empfindlich meine Haut ist und wie groß diese Empfindung für mich war. Einfach zu fühlen: das da ist meine Haut. Sie ist an mir dran, umgibt mich und hält mich zusammen. Und eben auch zu merken, dass ich keinen Penis brauche, um der Mann zu sein, der ich bin. Ich brauche auch nicht die Abwesenheit von Brüsten, Uterus und Vulva, um ein Mann zu sein.
Was wichtig ist, ist was ich fühle, wie ich es fühle und wie ich diese Empfindungen bei mir behalten kann.

Ein Umfeld, das das Bluten peinlich und eklig findet und lieber nie darüber redet, macht es mir schwer damit einen Umgang zu haben, der unbelastet ist (was nicht heißt, dass ich finde, alle Menschen müssten immer darüber reden wollen!) Ich habe meine Ekelmomente nicht gehabt, weil ich das Menstruationsblut eklig fand, sondern, weil das Auswaschen einfach eklig ist. Ich betrachte das Blut immer lieber so wie es ist und eben nicht so vermatscht oder auf Stoff. Irgendwie kommt es mir dann einfach echter vor und so, als hätte es wirklich etwas mit mir zu tun.
Ich erlebe es als bereichernd, wenn ich fühlen kann, dass der Körper etwas mit mir zu tun hat und in allem, was er tut, okay ist. Die Stoffbinden von Kulmine habe ich dabei als gute Unterstützung empfunden, gerade weil ich sie so nutzen kann, wie ich sie ge-brauchen kann.

Zum Abschluss noch ein paar Menslinks
der Artikel von dem Trans-Mann, der menstruiert (englisch)
die Liste, was man mit Mensblut so anstellen könnte (englisch)
die Petition für pestizidfreie Menstruationsartikel
der Artikel zum Tabu “Menstruation + Sportler_Innen” (englisch)
der Kulmineshop
unser letzter Menstruationsartikel