Autismus und DIS #1

„Mussten Sie als Kind verschiedene Rituale durchführen?“, fragte der Psychologe im Autismus Therapiezentrum und schaute mich an.

Für mich sind durch die Frage viele Aspekte noch einmal bewusster geworden. Zum Einen ist mir aufgefallen, dass ich die Frage sofort als eine überprüfte, die sowohl wörtlich als auch auf die faserige Art zu verstehen ist, was ich früher nicht so bemerkt hätte.
Weil mir das aufgefallen war, ist mir eine globale Tragik aufgefallen, die in mein so typisches Hadern um all das “hätte würde wenn”, das über meiner Kindheit und frühen Jugend schwebt, gehört. Hätte man mich vor vielleicht 20 – 23 Jahren mit dieser Frage konfrontiert – was hätte ich dann geantwortet? Ich weiß, dass ich vor 12 Jahren danach gefragt wurde und keine Antwort gab.

Ich weiß, dass ich heute solche Fragen absichtlich mit Wortspielen wegvermeidungstanze, etwa in dem ich antworte: “Ja klar – wir haben jedes Weihnachtsfest begangen, jedes Silvester, jeden Geburtstag – klar mussten wir eine Zillion Rituale in unseren Leben durchführen.”, denn bisher wurde ich nämlich nur nach Ritualen gefragt, um zu erfahren, ob ich sogenannte “rituelle Gewalt” erfahren habe, weil das gängige Bild von Menschen, die viele sind, genau diese eine Art der Gewalterfahrung beinhaltet.

Ich bin amnestisch für meine Kindheit und frühe Jugend – es kann alles und nichts passiert sein. Kein Ja oder Nein zu einer Frage nach etwas, das über die zur Verfügung stehenden Worte erdeutet werden muss, trägt zu einer Faktenlage bei. Am Ende macht es mir nur Druck, weil ich eventuell lüge – egal wie ich antworte.
Und so mache ich also Wortspiele und denke mir dabei, dass dies eine prima Methode ist, um auf etwas hinzuweisen. Für uns ist es wichtig immer wieder aufzuzeigen, dass es toxischer Stress ist, der Menschen zu vielen werden lässt und keine spezielle Form der Gewalt.

Meiner Erfahrung nach, sind solche offensichtlichen Wortspiele allerdings keine Methode um zu zeigen, dass ich eine klarere Formulierung brauche, um manche Themen bzw. meine Gedanken zu manchen Themen in der Therapie zu äußern. Offene Forderungen hingegen transportiere ich wahrscheinlich immer irgendwie falsch.

Für die Einen ist es eine nervige Sprachmacke – eine Spitzfindigkeit, die ich auch mal lassen kann. Für mich bedeutet “es sein lassen” hingegen “das Sprechen sein lassen”, weil es mich übermäßig anstrengt zu raten, was denn jetzt genau was wie meint.
Manchmal denke ich, dass die Therapie deshalb oft auch so anstrengend ist.
Wenn ich im Rausbringen von etwas kämpfe, versucht meine Therapeutin oft einzelne Wörter zu etwas zu machen, wofür ich viele gemacht habe. Und diese einzelnen Wörter schneiden aber alle etwas ab und sind in der Folge falsch. Und dann sage ich ihr, dass es nicht so ist, wie sie sagt. Und dann sagt sie “Wie ist es denn?” und ich wiederhole meine vielen Wörter und sie sagt wieder ihre einzelnen und dann sage ich “Orr!” und es entsteht so ein Moment, in dem ich entweder umschwenke oder wir beide auf die Uhr gucken, ob die Stunde nicht eventuell schon vorbei ist (was sie meist schon längst ist).
Manche von uns sagen in der gleichen Situation aber auch gar nichts mehr und hören auf darüber zu sprechen.

Was mir außerdem bewusst wurde, war etwas, was mich überhaupt erst zu dem Zentrum und dem Wunsch nach einer Diagnostik auf das Asperger Syndrom brachte: die Erkenntnis, dass Symptome häufig zwischen Verhaltensweisen und Sein (Selbst) trennen, weshalb Verhaltenstherapien immer wieder als der Heilungshit in der Medizin gelten bzw. geändertes Verhalten als Heilungsbeweis gilt.
Ich habe darüber nachgedacht, dass viel der zwischenmenschlichen Gewalt in meiner Familie* auch als “Erziehung” bzw. als “erziehende/korrigierende Maßnahme” aufgefasst wurde (vielleicht: bis heute wird).

Wenn man früher meine Eltern gefragt hätte: “Tillt ihr Kind durch, wenn Dinge anders laufen als sonst?” Dann hätten sie geantwortet: “Nein- wir bestimmen hier wer wann wie wo und weshalb durchtillt” oder (das ist dann der Dreh, wenn klar wird, dass die Kinder irgendwie doch alle kaputt gespielt sind und man gut dran tut, zu sagen, sie seien krank) “Hm, eigentlich tillt es immer durch, weil es ja krank ist – machen Sie’s mal gesund.”.

In dem Abklärungsgespräch, das wir gestern hatten, sollten wir viele Fragen dazu beantworten, wie wir früher waren und natürlich scheiterten wir, weil wir nicht über Deutungsräume lügen wollten. Was ich aber auch merkte war: es wurde gar nicht nur nach Verhaltensweisen gefragt, die kamen und wieder gingen, sondern nach Dingen an uns als Mensch, die auf ihre Art immer schon da waren, wie das Viele sein schon immer da war, egal wie sich das über die Jahre nach außen geäußert hat.

Für uns sind viele unserer Schwierigkeiten abgelegt unter: “Naja – dein Kopf mal wieder.”. Ich denke so oft, dass es sich nicht lohnt Kraft zu investieren, um Gespräche, Kontakte, Auseinandersetzungen anzufangen oder weiter zu machen, weil ich zu viel erklären müsste, zu viel reden und erklärend beworten müsste, damit ich und das, was ich äußere, verstanden werden.
Wie gut, dass man von Mädchen bis heute eher erwartet die Klappe zu halten und “Schweigen ist Gold, Reden ist Silber” in den Kopf drückt, als darauf zu bestehen, dass sie sich ihren Gedanken, Ideen, Theorien und Empfindungen entsprechend äußern bzw. sichtbar machen – und zwar immer und überall, ohne sie zu sanktionieren, wenn sie dabei nonkonform sind.

Wir gehören zur klitzekleinen Gruppe der Menschen mit einem IQ von über 170 und wenn wir mit diesem Quotienten argumentieren, weshalb uns seichtes Soapgeplänkel, Small Talk und wenig gehaltvolles Kommunizieren allgemein eher nervt oder nicht interessiert, denken viele Menschen, sie würden das verstehen. Ich merke von diesem Verstehen oft nichts, denn sie sagen dazu dann Dinge wie: “Ja, das ist bestimmt unterfordernd”- als ob wir es geil fänden immer von allem geistig gefordert zu sein. Als sei “genervt sein” oder auch “nicht interessiert” sein, etwas, das nur aus einer Nichtbedienung von Vorlieben heraus entsteht und nicht etwa auch aus Langeweile oder Überreizung, die bei Menschen, denen bestimmte (unangenehme) Dinge schneller und vielleicht unausblendbarer erscheinen, vielleicht schon nach zwei Episoden aufkommt und nicht erst nach 7 Staffeln.

Wir brauchen keine reine Beschäftigung mit Quantenphysik oder unterschiedlichen Systematiken, um unterhalten oder berührt zu werden oder uns bereichert zu fühlen, aber wir brauchen Klarheit, die in uns nicht entsteht, wenn Menschen ständig Dinge abschneiden, um es sich selbst leichter zu machen. Ich hasse sexistische Stereotypen in Serien zum Beispiel nicht, weil es mich nervt ein Hetenpaar nach dem anderen in den immer gleichen Konflikten zu sehen, sondern, weil sie mich auffordern mir im Kopf ständig das, was fehlt zu ergänzen.
Für mich ist dieses Ergänzen auch keine Entscheidung “mache ich das jetzt oder nicht?” sondern etwas, das mir Druck macht und nicht auszublenden ist.
Im Gegensatz zur gefühlten Mehrheit der Menschen kann ich nicht einfach Dinge weglassen, von denen ich weiß, dass sie eigentlich dazugehören.

Deshalb ist Traumabearbeitung für uns ebenfalls so ein allumfassend belastendes (bis erneut traumatisierendes) Ding.
Manche Menschen denken, es sei schlimm sich mit der traumatischen Situation zu befassen und neue Erkenntnisse über sich zu verarbeiten – ich finde es schlimm, weil sich mit jeder neuen Perspektive neue zu ergänzende Universen eröffnen und ich sie nicht beworten kann. Dann kann ich nach ein paar Tagen oder Wochen sagen: “Es arbeitet in mir” oder “Das ist alles ganz schön viel”, aber der ganze Rest bleibt in mir drin und muss von mir allein zurecht sortiert werden.
Und meistens schaffe ich genau das nicht – es entsteht Druck und noch mehr Druck und noch ein bisschen mehr Druck und es kommt zu so einem Moment, in dem ich merke, das es mir besser geht, mich aber auch fragen muss: “Oh – war dieses Innen schon immer da?”.

Es gibt laut verschiedenen Therapeut_innen, die mit rituell misshandelten Personen arbeiten, sogenannte “Programme”, die in diese Personen konditioniert/erzogen/trainiert wurden, um Geheimhaltung, stetige Verfügbarkeit und eine gewisse bedingungslose Hin(Her)gabe an die misshandelnden Personen(gruppen) zu gewährleisten.
Ich weiß nicht, wie oft Menschen schon von uns gedacht haben, wir hätten so ein Programm in uns drin, das Traumaarbeit verhindern soll, weil wir eben diese Reaktion von immer neu auftauchenden Innens haben, obwohl wir ganz sicher keine Gewalt wie früher mehr erfahren.

Und ich weiß auch nicht, wie oft ich schon geäußert habe, dass viele Innens bis heute eher aufgrund von Überforderungen bzw. dem toxischen Stress, der in mir entsteht, wenn ich überfordert bin (und keine Hilfe erhalte, weil es zu unbewortbar ist, um verstehbar nach außen gebracht zu werden und damit allein bleibe, weil es eben die Mehrheit der Menschen ist, die mich nicht versteht), entstehen.

Es ist aus meiner Sicht ein massiv unterbeachtetes Problem der Diagnose “dissoziative Identitätsstruktur”, dass viele Entstehungsmechanismen in Kategorien und Unterkategorien gesucht (und gefunden) werden, ohne die zum Beispiel in den Genen der betroffenen Personen angelegten (“naturgegebenen”) Faktoren gleichsam zu werten.
Natürlich passt die Idee, ich wäre so abgerichtet und gequält worden, dass ich nie “Eine” werde – die Idee, dass ich vielleicht mehr Unterstützung und Widmung nach einer Traumabearbeitung brauche, um nicht mehr werden zu müssen, damit ich hinter dem, was mein Kopf mir aufzeigt, nachkomme, passt aber genauso gut.

Hier kommen wir aber dann auch an die Probleme der Gruppe begleitender, therapierender und medizinisch be.handelnder Menschen, die sich und ihre Arbeit in Widmungsnormen und Zeitvorgaben gedrückt sieht und jeden Wunsch (jede Notwendigkeit) ihrer Klient_innen nach einem wie auch immer geartetem “mehr”, mit “mehr Aufwand”, “mehr (unbezahlte, unabgesicherte, nicht von der breiten Masse der Bevölkerung unterstützte und gewertschätzte) Arbeit”, “mehr abverlangter Kraft”, “mehr abverlangtem persönlichen Wachsen” abwägen muss.

Es ist am Ende, so argwöhne ich jedenfalls manchmal, dann irgendwie einfacher? befriedigender? egostreichelnder? richtiger? belohnter? aufopfernd und selbstlos für einen als massiv gequälten und ergo massiv leidend gelabelten Menschen gegen ein System zu kämpfen (und im Scheitern vor einer Übermacht mit den Behandelten verbunden zu sein).
Ja ja die Rosenblatt ist jetzt böse, das sie sowas ins Internet schreibt.
Ich weiß, dass es Menschen gibt, bei denen wirklich solche Programme gesetzt wurden – über die spreche hier aber nicht.
Ich spreche über Therapeut_innen, die die gegebenen Potenziale und Wuchsrichtungen ihrer Klient_innen ausblenden, um ihre eigene Situation von Über.Forderung und Rückhaltlosigkeit unter Kolleg_innen und Gesellschaft besser zu ertragen. Von Therapeut_innen, die ihren Klient_innen eher zwischenmenschliche Traumatisierungen, die zu Sprech- und Kommunikationsproblemen führten in die Patient_innenbiografie schreiben, als anzuerkennen, dass dort schon vor der Gewalt etwas schwierig gewesen sein könnte.

Ich weiß nicht genau, wie unsere Therapeutin uns so für sich persönlich einordnet, aber sie hat auf all unsere Abgrenzungen zu ritueller Gewalt (und allgemein jeder Objekt.ivierung dessen, was wir erinnern) geäußert, dass sie das akzeptiert und berücksichtigt.
Mehr brauchen wir nicht, um gut miteinander zu arbeiten.

Wie sich unsere Therapie verändert, sollte sich herausstellen, dass wir durchaus auch die Kriterien für eine sogenannte “Störung auf dem autistischen Spektrum” erfüllen, wissen wir nicht. Es gibt kein Buch zur Traumabehandlung von Autist_innen mit dissoziativer Identitätsstruktur.

Wir wissen nicht, ob wir ein weiteres rosenblattsches Special an uns integrieren und gleichzeitig an dem Wunsch ein Teil dieser Welt zu werden, festhalten können.

“Fehlerbekämpfung”

Kennst du diese Filme, milchig verträumspielt, glitzernd und leicht. Es geht mehr um Atmosphäre und Gefühl, als um die Bilder.
Am Ende ist da Leere und die Rasierklinge in deiner Hand ist nicht mehr, was sie ist.

In so einem Film hört man im Hintergrund immer ein Windspiel oder ein Xylophon, das so tut als wäre es eins. Es gibt Text, den man in der immer gleichen Moll-Tonart gesprochen hört und die Worte der gezeigten Menschen werden zum Stimmenwind_spiel.
Kurze Sätze. Nichts weniger.
Als Kunst.

Irgendwie so.
Tropf tropf.

Ich denke manchmal, ich bin zu alt für den Scheiß.
Vor 600 Jahren noch, wurden die Menschen in Europa etwa 30 Jahre alt und ich werde in 2 Monaten 29.

Mein erstes weißes Haar habe ich nicht wachsen sehen und bin traurig darüber. Ich habe es erst entdeckt, als es bereits wie eine kleine Antenne aus meinem Scheitel ragte. In meinem eigenen Kunstfilm wäre es eine Aufnahme mit wanderndem Schärfebereich und Linsenpunkten.

Das Tropfen auf den Boden, wäre vielleicht eine schwarz-weiß Aufnahme.
Es hätte so viel WÄMMS wenn anderer Menschen Augen das Schwarz von aus mir raus sähen.
Es wäre so traurig.

Kennst du diese Filme, die eigentlich nichts erzählen. Dich aber berieseln mit milchigem Bilderfluss und Windspielplinkerplänker.
So ist mein Bluten von dem ich denke: Ich bin zu alt für diesen Scheiß.
Es sind bald 20 Jahre Selbste verletzendes Verhalten. Schlitzritzratz. Bluttropftropf.

Ich bin zu alt um nicht mehr zu sein. Wenn man etwas angefangen hat, dann sollte man es auch zu Ende gehen lassen können.
Und aufhören zu versuchen, es gar nicht erst zu beginnen.
Wenn etwas angefangen hat, dann geht es nicht mehr zurück.
Es geht nur noch so, wie es gehen kann.

In mir drin ist die Erinnerung daran, wie sehr ich ein Fehler war. Bin.
Nicht “wie ich bin”, nicht “was oder wer ich bin”, sondern ich. Physisch, psychisch, Ich.

Wie gut, dass entschieden ist, dass ich ein Fehler bin.
In meinem Film, wäre das ein Bild von meinen Füßen. Leicht überbelichtet, milchig, Fokus auf die Fesseln.
Links und rechts tropft es fast unmerklich auf den Boden der Tatsachen und man hört das Schluchtzecho mehr, als das Weinen selbst.

Ich habe die Angewohnheit zu denken, wenn man ein Fehler sei, dann müsse man sich berichtigen.
Obwohl gerade Fleischgeist gewordene Fehler nicht gerade dafür bekannt sind, irgendwann berichtigt zu sein. Am Ende ist es das Los des Fleischfehlers ein ewiges Mahnmal zu sein.

Kennst du diese Filme, die kurz nach der Erstausstrahlung als Thinspirations in deinem Fress-Kotz-Hungerhungerhungerforum auftauchen. Verlinkt auf irgendeinen nicht europäischen Server. Out of focus. Out of space. So wie du mit diesem Hungerbauch voller Lebensmittel, die deine Lunge quetschen und in mühevoller Arbeit auf kalten Fliesen rausgewürgt werden müssen. Müssen, weil es so  weh tut. Weil es einfach zu viel ist um rausgeblutet zu werden.

Dafür verwendet man ebenfalls viel Licht. Harte Schatten. Der Fokus liegt auf dem Aufklatschen des Erbrochenem.
In meinem Film wären die Hände zu sehen. Das Rauschen. Dieses Moment, in dem man mittendrin nicht mehr kann, nicht mehr will, nicht weiß, wer wo wann wieso man ist. So viel mehr als weniger.

Das Rauschen wäre mein Windspielplinkplank.
Die Stille, die direkt aufs Gedankenhören drückt.

Mein Film wäre eine lange Reihe von Schreitoden, die man überleben wollen muss.
Weil es kein Ende gibt. Keine schlichte Buchstabenzeile, die dich wissen lässt, dass alles gut wird.

Vielleicht gäbe es ein Stillleben am Ende. Eine Aufnahme von 20 Sekunden, in dem das, was ich in einer einzigen Fressattacke esse, angeordnet ist. Neben dem Verbandszeug, den Klingen. Einem Zettel auf dem steht:
Ich bin seit 29 Jahren und kämpfe seit 20 Jahren dagegen an.

“Fehlerbekämpfung” könnte er heißen.
Und nichts verändern.
Aber ich hätte gezeigt, dass ich versuche, etwas wieder gut zu machen.
Etwas Jemanden Mich zu berichtigen.

viele_s nicht sein

~ Fortsetzung ~

ein übler Effekt von künstlich verknappten Hilfestellungen ist die Notwendigkeit von Verknappung dessen, was man als Hilfebedarf äußert.

Wir hatten Zeiten, in denen wir sehr pflegeleicht, unanstrengend, unbedürftig waren.
Und nebenbei von 70 runter zu 60 zu 50 zu 48 Kilogramm auf 1,72m gingen. Einfach so. Ganz feder_pflege_leicht.
Es gab Zeiten, in denen wir keinen Hintergrunddienst anriefen und nebenbei lernten, wie man sich selbst Wunden nähen kann, ohne sich mit irgendwas zu infizieren. Es gab Zeiten, in denen wir unseren Betreuerinnen erklärten, was komplexe Traumatisierungen mit Menschengehirnen so anstellen und was es mit dem viele sein eigentlich so auf sich hat.
Unbezahlt. Natürlich.

Unser Körper wurde misshandelt und die Psyche verknotet, zerrissen, in die Luft geworfen und im Aufprall ausgelacht. Und sieben acht Stunden später saßen wir im Büro der Jugendhilfe, unterschrieben den Zettel zur Abrechnung nicht geleisteter Hilfen und hielten uns für ein verlogenes Miststück, weil uns die Betreuenden sagten, mit uns zu arbeiten wäre angenehm, weil wir zur Schule gingen, über die Zukunft nachdachten und etwas im Kopf hätten, statt Drogen zu nehmen, zu schwänzen, zu stehlen, uns zu prügeln.

Wir würden unseren Weg schon gehen, vermittelte man uns.
Irgendwie würden wir das schon schaffen.
Bis heute hören wir das.
Und bis heute sammeln wir regelmäßig unsere Kraft bis wir sagen können: Nein, tun wir nicht. Irgendwie, werden wir überleben – ja. Irgendwie, werden wir nicht blind vor Hass durch Behörden rennen und Menschen niederschießen – ja. Irgendwie, werden wir nicht blind, taub, starr in einer Isolationszelle landen, weil wir nicht aufhören können zu schreien – ja. Irgendwie, werden wir immer versuchen unseren so wahnsinnig hungrigen Kopf satt zu machen und dabei Dinge erschaffen, die andere Menschen erfreuen – ja.
Aber “es schaffen” – nein.

Wir haben kein Ziel – wohin sollen wir es also schaffen?
Wir haben keine Ahnung, was wir hier tun und wozu eigentlich – was sollen wir hier also eigentlich schaffen?

Es gibt dieses Bedürfnis in die Welt zu rufen, dass wir nicht eure* verdammte Held_innengeschichte leben. Dass wir nicht diejenigen sind, die bereit sind so zu tun, als wären die “sie hat so viele Qualen überlebt, aber sie war unzerstörbar und ist deshalb heute ein zufriedener Mensch mit Job, Familie und breitem Lachen überm Herzen” – Geschichten, die mehrheitliche Realität von Personen, die zwischenmenschliche Gewalt und Ausbeutung erfahren haben.

Wir wollen der von uns als so unbeteiligt, so ungeschlagen erlebten Welt da draußen zurufen, dass sie uns überfordert mit diesem Anspruch. Mit dem Anspruch an uns, unsere Überlebensstrategien unser ganzes restliches Leben lang beherrschen zu müssen, weil das so viel interessanter, inspirierender, so viel ermutigender ist, als das üblicher wahrgenommene Leben ohne existenzielle Bedrohungen.

Es gibt den Wunsch zu sagen, dass wir traurig darüber sind, dass immer wieder wir es waren, der unsere körperlichen wie seelischen Behinderungen aufgefallen sind und nicht den sozialen Welten um uns herum. Dass immer wieder wir diejenigen sind, die sich um Kompensationsmittel und –möglichkeiten bemühen, während andere – vielleicht viel befähigtere – Menschen daneben stehen und über all unsere Kraft “es zu schaffen” Applaus klatschen oder auch genervt davon sind, dass wir schon wieder eine special Extraschleife fahren (müssen).

Es scheint uns manchmal, als hätte man es lieber,  dass Gewalt ohne Spuren vorbei geht. Es scheint, als hätte man es gern all die grausamen Details unserer Misshandlungserfahrungen zu lesen, doch nicht die Details über die Grausamkeit dessen, was als Hilfe zu bezeichnen wir so lange gezwungen waren.

Heute besuchen wir die Kunstschule und merken: “Verdammte Axt – wir sind tatsächlich sehbehindert.” und stehen vor Fragen wie “Kann man als sehbehinderte Person eigentlich eine gute* Künstler_in sein?” und “Welche Mittel und Wege gibt es, unsere Behinderung zu kompensieren?”
Stehen vor der inneren Frage: “Verfolgen wir diesen Wunsch uns die Welt mittels eigens gemachter Bilder anzusehen weiter oder lassen wir das, weil es uns zu viel Kraft kostet runterzuschlucken, dass wir mal wieder nicht die gleichen Bedingungen, Mittel und Wege zur Nutzung haben, wie die Mehrheit der Menschen dort?”

Ich bin es leid für andere zu sein, was und wer ich nicht bin.
Viele Menschen, die bloggen oder allgemein im Netz sichtbar sind, schreiben das irgendwann. Irgendwann kommt immer der Punkt, an dem man schreibt: „Hallo- du kennst mich nicht. Du liest nur meine Texte, du siehst eine Filme, meine Fotos – du bist Zuschauer_in und nicht meine Freundin, auch wenn dir das anders vorkommt.“.

Wir denken oft darüber nach, ob wir einen Teil unserer (Re-)Traumatisierung im Hilfesystem über das Bloggen reinszenieren, denn es ist genau dieser Aspekt des Angeschaut, doch nicht gesehen werdens, der uns viele Situationen hat unaushaltbar werden lassen und am Ende immer neue Innens hat entstehen lassen.

Wir leben mit einer tertiären DIS. Das bedeutet wir haben nicht eine Person, die den Alltag lebt und amnestisch für traumatische Erfahrungen ist und viele andere, die das nicht oder nur teilweise sind; sondern mehrere Alltagssysteme, die so oder so ähnlich aufgebaut sind.
Wir funktionieren wie ein Desktoprechner. Das Gerät sind wir als Einsmensch, der Desktop ist das Bewusstsein selbst und alle Ordner und Programme darauf sind wir Innens.

Wir haben uns durch den Ausstieg gespalten und damit unsere Festplatte geteilt. (Ja – ist nochmal was anderes).
Weil während des Täterkontaktes, ständig Bereiche unseres Betriebssystems ansprangen, die nicht zu vereinen waren mit den Funktionen, die uns abverlangt wurden (zum Beispiel zu überleben, aber auch: Therapie machen, Schulabschluss machen, ignorante Betreuungen und soziale Isolation ertragen), wurde es nötig alles, was im Innen mit der Lebensrealität unter Täter_innen verbunden war (ist), abzuspalten.
Nicht alle Spaltungen, die wir in uns haben, haben wir selbst gemacht und selbst, die die wir selbst gemacht haben, wie jene über die ich gerade schreibe, funktionieren nicht, ohne den Druck, den existenzielle Bedrohungen bzw. die Angst vor existenzieller Bedrohung auslösen.

Während unserer Ausstiegszeit befanden wir uns in einem so schweren Beziehungskonfliktgeflecht, dass es nicht anders ging.
Unsere Gemögte kümmerte sich aufopfernd um uns – und wir konnten (und sollten) nichts davon zurückgeben. Die Schuldgefühle waren (und sind bis heute) toxisch und mit ihr unlösbar, da sie sie nicht erlebte. Die Kontakt brach nicht zuletzt auch darunter zusammen.
Unsere Betreuerin hatte uns zu ihr geschickt, weil sie keine andere Option kannte, uns zu schützen. Die Gefühle des Abgeschobenwerdens, waren (und blieben) toxisch und unbesprechbar, weil sie bis heute das Drama, in dem wir lebten nicht begreifen kann.
Unsere damalige Therapeutin und die Neurologin, taten was sie konnten und das war nicht genug, denn sie haben uns immer wieder auf uns selbst zurück geworfen – obwohl wir bis heute nicht klar haben wer oder was wir eigentlich (noch) sind.

Wir wussten nicht, was wir machen sollten. Wir wussten nicht, welche Kapazitäten wofür eigentlich in uns drin sind.
Für uns klang ihr Verhalten uns gegenüber wie das lapidare “Ihr werdet das schon schaffen”, das wir von allen, die sich nicht mit uns und unserem Überlebenskampf belasten wollten oder konnten oder durften oder sollten, zu hören bekamen.

Wir haben getan, was alle Kinder tun, wenn sie merken, dass sie etwas bestimmtes tun oder lassen sollen, um zu bekommen, was sie brauchen oder wollen. Und wir haben eben die Innens weggesperrt, die niemand wollte: die täter_innenloyalen, pseudoreligiös lebenden, “bösen”, nicht mitgemeinten, unartigen Innens (die immer wieder Kontakt aufnahmen).
Wir haben über Monate hinweg Schmerzen gehabt, für die es keine Worte gab und über die wir ergo auch nicht gesprochen haben.
Und dann waren diese Innens “weg”, der Kontakt zu Täter_innen blieb aus und wir durften (zur Belohnung quasi) weiter Therapie machen, in die ambulante Eingliederunghilfe für Erwachsene wechseln, die Schule beenden, die ersten Jobs machen, die Pflegestelle anfangen, den Hund halten und die Art normales Leben leben, das uns irgendwie normal vorkam.

Bis zu dem Unfall bei dem ein Welpe vor unseren Augen von einem Pferd zergetreten wurde und auf unserem Schoß im Auto auf dem Weg zum Tierarzt starb, hatten wir ein Leben, in dem es so lief das man sagen konnte, wir würden es gut schaffen zurecht zu kommen. Das Ziel war unbekannt und für uns war es tatsächlich egal. Wir hatten ab und zu Heimweh, fühlten uns einsam und merkten, dass wir inaktiv und dick waren, aber es gab keinen Anlass mal zu schauen warum das so war.

Wir hatten unsere gesamte Bedürftigkeit, die mit dem Ausstieg und seinen Folgen zusammenhing weggespalten, weil niemand in unserem Leben in der Lage gewesen wäre, uns dabei zu helfen das zu ertragen.

Der Unfall mit dem Welpen brachte Risse in diese dissoziative Barriere, unsere therapeutische Begleitung ließ uns fallen und es kam wie es kommen musste. Wir brachen mit allen und allem, bis auf jene, die nah aber nicht mittendrin waren, zogen um, verließen das Hilfesystem und kämpften für die Aufrechterhaltung der inneren Zweiteilung unseres Inmitten.

Niemand versuchte wirklich uns zu halten und wir fühlten uns erneut darin bestätigt für jene, die auch fürs Halten bezahlt werden, zu schwer, zu viel, eine Belastung, um deren Wegfall man froh war, zu sein und nicht die junge Frau, die nicht weiß, wo oben und unten ist, die keine Ahnung hat, was sie mit sich machen und wozu sie leben soll, weil sie sich das aus Versehen weggespalten hat, die wir nun einmal doch waren und bis heute sind.

Innerhalb von 4 Monaten nahmen wir um die 40 kg ab und begannen eine neue ambulante Therapie, mehr aus dem Wissen heraus, dass wir uns tothungern würden, wenn wir nicht von irgendjemandem aufgefangen werden würden, als mit einem klar in uns definiertem Ziel.

Heute empfinde ich Mitleid für uns deshalb, weil ich denke, dass andere Menschen in unserer damaligen Situation vielleicht nicht das Gefühl gehabt hätten in Lebensgefahr zu sein, weil es keine Hilfe, keinen Halt, kein Wissen um das Morgen und das eigene Selbst gibt.

~ Fortsetzung folgt ~

auf dem Weg ~ 1.2.

Über die Vlogs schreiben wir später mal ausführlicher.
Im Moment ist es einfach eine grobe Idee und der Wunsch zu machen, was uns gefällt.

P.S. viele Fotos vom Parkbesuch findet ihr in unserem Fotoblog „einfach mal angucken“

Fundstück

Meine Regulation ist gestört. Das weiß ich und trotzdem tauche ich meine Hände in die Küchenspüle.
Ob das jetzt zu heiß war oder nicht, werde ich schon noch erfahren. Denke ich. Es dampft nicht verdächtig und eigentlich habe ich nichts anders gemacht als sonst. Aber mir fehlt das Stück zwischen Reizerfassung und Erkenntnis.

Während ich den Abwasch mache, denke ich an das Kind und den Bösen. Der Böse ist auf einer Insel und irgendwo lacht es immer noch darüber, dass die Therapeutin ihn von uns versorgt wissen wollte.
Ich weiß gar nicht, ob die Bösen überhaupt solche Bedürfnisse haben. Sie haben ja nicht mal das Bedürfnis nicht als “die Bösen” von mir gedacht zu werden.

Ich kratze auf der Teflonpfanne herum. “Es haftet ganz schön inbrünstig auf so einer Antihaftbeschichtung”, denke ich und überlege, ob meine Hände eigentlich immer so rot sind, wenn ich abwasche.

Und das Kind? Wieso schreit es eigentlich gar nicht?
Weiß es denn nicht, dass es ihm etwas Schlimmes passiert..e? Es muss doch jetzt ein Weh haben, ein Weh klagen, ein Weh in den Äther schicken und schreien.
Das macht man doch so.
Wir hatten mit der Therapeutin besprochen, dass wir uns kümmern. Dass wir es von dort mitnehmen und gut versorgen. Weil man das so macht.

“Noch einmal mit Pril abwaschen.”, denke ich, “und dann ist die Flasche alle und dann können wir endlich wieder das Fit nehmen.”. Ich denke an die Frauenhände meiner Familie* in Küchenspülen neben denen oft, immer, manchmal, das Fit stand und merke, wie erbärmlich meine Art Familien*verbundenheit eigentlich ist. An andere Dinge, die mich dem was eine meine Familie* hätte würde wenn gewesen worden wäre, näher bringen, kann ich mich aber auch nicht erinnern.

Es schreit nicht, es weint nicht, es bewegt sich nicht. Ich fühle nur Nichts von ihm. Weißes Rauschen, das kein Dissen ist.
Ist es dann eigentlich leiden? Wenn es nicht leidet, braucht es dann “gut kümmern” von uns?

Mein Abwasch ist fertig und in der Spüle vor meinem Bauch, treiben Speisereste, Fettaugen und letzte Restschauminseln umher.
“Wie fühlt sich eigentlich Ekel an?”, frage ich mich und fühle mich so fern von all dem was ist und wäre hätte würde wenn. “Wieso habe ich das jetzt eigentlich gemacht?”.

Ach ja, da war das Kind, vielleicht im Grundschulalter, das vor einer Wand kniet und weder sieht noch hört, noch ist und die Frage, ob es wohl leidet.
Und die Verlassenheit vor der Frage, ob man sich kümmern muss, wenn es kein Leiden gibt.

Die Frage was Leiden ist.

Und der Versuch um etwas anderes als dieses weiße Rauschen, das nicht ist und war und wird und ganz in Wahrheit überhaupt alles gar nicht ist.
So wie ich.

mit dem großen Zeh zuerst

weißeRose Vielleicht brauchte es nur das. Ein einfaches “What the fuck?!” von jemandem, den ich nicht gut kenne, der auf etwas reagiert, was ich so ewig ohne ein Wörtchen an jemanden mit mir rumgeschleppt habe.
Einfach irgendwie eine spontane, ehrliche Mitfühlung eines WHAT THE FUCKING FUCK?!- Moments.

Ich habe wohl gemerkt, dass es mir schwerer als sonst fällt, diese Welt zu berühren und Kontakt mit ihr auszuhalten.
Einfach schon, weil sich in meinem Kopf die Optionen der Reaktionen stapeln. Er/Sie/ * könnte denken dass… könnte finden, dass… denkt bestimmt, dass… findet mich sicher… hasst mich in Wahrheit… sieht mich nicht… hält mich für unfähig… und überhaupt weiß ich doch sowieso, dass ich…
So ein Optionenstapel wächst, schmilzt, wird zu einem Brei in dem ich meine Tage verbringe und schweigend, einhaltend, warte und nur hier und da Dinge äußere, die mir “sicher” erscheinen.
“Dieses und jenes kann man sagen- hatten wir schon zusammen- geht… gerade so/gut/okay/sicher aushaltbar”. In meinem Kopfannahmenbrei ist das wie die Stange vom Bademeister.

Wenn man schon nicht unter Kontrolle hat, wer die Wohnung betritt; wer einen verlässt oder verlassen muss; den Lauf der Welt weder beeinflussen noch anhalten kann, dann ist still-halten im Kopfbrei, der sich immer realer, immer echter, immer wahrhafter anfühlt, je länger man ihn nicht der Überprüfung aussetzt, das, was ich eben kann.
Klappe halten, warten, atmen, so tun, als wäre nichts. Irgendwann ist auch sicher nichts. Irgendwann ist alles gewesen. Eine Episode. Vorbei und vergangen. Tüdelü.

Bis jemand “What the fuck” sagt.
Dann ist es immer noch vergangen und vorbei. Weit weg, vertan, versackt, dreimal verdunstet und als Augenregen in Kissen reingetropft.
Aber es ist dann _gewesen_
Kein Angstfreudealptraum, den man nur von sich weisen _kann_, weil Fähig- Mutig- Kräftigkeiten fehlen. Surrealität, Absurdität, das krass krass krass der potenziellen Eventualitätsoptionen soweit über den Kopf ragen, wie die drei Zauberbohnen.
Weil allein, verlassen, einsam. Weil Angst vor dem Leben. Dem Dann. Dem Wenn. Dem und dann und dann und dann und dann.
Diesem ganzen Lauf der Dinge, den man nur mitmachen oder ohnmächtig, still, stumm anstarren kann. Ohne Kontrolle, ohne Einfluss.

Vorhin ist mir aufgefallen, dass ich mir die ganzen Kontroll- und Sicherheitslosigkeiten in meinem Leben mit Hass, Ablehnung, Dummheit, Opportunismus, Ignoranz, Mitgefühlslosigkeit, Zwang und persönlichen Ohnmachten erkläre.
Die Menschen müssen mich ja hassen, mich verachten, zu dumm sein mich und meine Entscheidungen zu verstehen, nur auf sich selbst bedacht oder einer anderen Instanz unterworfen- sonst würden sie mich ja nicht verletzen, kränken, diskriminieren. Mich so ohnmächtig fühlen lassen.

War ja immer so.
Kann ja gar nicht anders sein.
Hast du das denn schon wieder vergessen Rosenblätterdummchen? Du bist einfach scheiße- was hast du denn gedacht, was sich ändern würde, wenn…?!
Alle sind mächtig und du nicht.
Alle anderen kriegen ihr Leben geschissen und du nicht.
Weil du kaputt bist. Verkorkst. Von Natur aus falsch. Du brauchst dir nichts auf deinen Phänotyp des homo sapiens sapiens einbilden.
Du bist nicht wie sie.

Und dann geht mein ganzer Kopfbreistapel kaputt, weil andere, die, wie ich sie sehe, alles richtig machen, gänzlich okay und in Ordnung sind, nicht mehr als ein “What the fuck” äußern, um dem was war zu begegnen. Genau wie ich, als ich damit konfrontiert war.

Was Gewalt und Überwältigendes kann, ist Trennungen zu verursachen.
Ich habe mich von Menschen abgetrennt, die mich lange und nah begleitet haben. Von Menschen, die mich lieber anschweigen als in die Konfrontation zu gehen.
Ich habe mich von meinem Körper abgetrennt. Von Mutreserven, die die Überprüfung meines Kopfbreis, meines Handelns, meines Seins im Hier und Jetzt ermöglicht hätten.

Ich war außer mir und hab vergessen wieder in mich zu gehen.
So macht man das. So hats klein Rosenblatt doch gelernt.
Wenn man außer sich bleibt, dann ist aller Hass, alle Gewalt, alle Abwertung okay. Man kann ja sowieso nichts daran ändern.
Alles was zu viel, zu nah, zu überwältigend war und in der Folge passierte, hab ich in meinen Brei aus erklärenden Annahmen geworfen und mich an meiner Bademeisterstange aus Äußerungskontrolle festgeklammert.

Ich hab mich räumlich, sozial, emotional getrennt gehalten und es war okay.
Und, weil es für mich okay ist, muss es für andere ja scheiße sein.
Für mich darf ja nichts okay sein.
Also Druck und noch mehr Isolation.
Noch weniger Atem.
Noch mehr Trennung.
Noch mehr Gewalt, die von mir allein ausgeht.
Noch mehr Selbsthass für genau diese Gewaltausübung.
Noch mehr Gedanken zu Sinnlosigkeit, Ohnmacht.
Noch mehr Stille.
Noch mehr um sich kreisen, statt in sich hinein fühlen.

Ich denke, es ist gut, wenn ich das so spüre und für mich ausdifferenziere.
Wenigstens meinem Kopfannahmenbrei wieder mehr Marker für seine Eventualität hinzufüge.
Ja, kann sein, dass mich alle Menschen hassen und das aus gutem Grund – kann aber auch sein, dass XYZ der Fall ist und der einzige echte Fehler von mir ist, meine Ängste zu Annahmen und meine Annahmen zu Wahrheiten werden zu lassen.

Ich kann immer noch Einsiedlerin werden.
Aber ich muss es nicht sein, weil ich Angst davor habe den Gefühlen und Handlungen anderer Menschen auf immer und ewig hilflos ausgeliefert zu sein, die ich dann irgendwie in meiner Kontrollstarre aushalte.

Reicht, wenn ich eine werde, weil mir Menschen sicher sagen, dass sie mich verletzen, kränken, zu Tode ängstigen, weil darum.

bis dahin könnte ich
mit dem großen Zeh zuerst
zurück in mich, an mich heran gehen