Fundstücke #19

Das anstrengende Haus ist das neue Zuhause der Praxis. Weil die Praxis einmal zwei Mal umgezogen ist, musste ich noch einmal ganz von vorn anfangen mit meinem Überlegen, was ich für Erwartungen, Ideen zu und Wünsche an die Therapie habe.
Weil die Praxis in ein anstrengendes Haus gezogen ist und vor dem Umzug in einem Haus mit einem Krachmalstrom wohnte und vor dem Umzug in einem Haus mit Krachschallverstärkerdurchgang, habe ich die Therapeutin vor 2 Wochen und drei Tagen zum ersten Mal gesehen.

Das anstrengende Haus ist fast nie gleich. Deshalb ist es anstrengend. Vor zwei Wochen hatte es keine Tür. Es hatte einen Verschluss. Eine Art Deckel für den Flur mit einem Schlüsselloch und einer Linie hellblauer Pfeile, die nach rechts deuteten. Obwohl dort nur der Rand des Flurverschlusses war.
Als wir fertig waren durcheinander zu sein und den Flurverschluss als solchen verstanden hatten, schrieb jemand eine Nachricht an die Therapeutin und ich bewachte die Stelle, an der einmal eine Tür war, die manchmal von einem Kunststoffkreis und manchmal von einem Holzkeil und überwiegend nie daran gehindert wurde holzmetallscheppernd in ihren Rahmen zu knallen.
Andere vergewisserten sich, dass wir vor der richtigen Tür standen. Obwohl der Briefkasten noch der Gleiche war. Aber er hing an einer anderen Stelle. Ich kann schon verstehen, dass sie dachten, wir stünden vor dem falschen Haus.

Ich erinnerte mich an die Werkmenschen, die immer irgendwo im Haus sind und Krach und manchmal auch richtige Arbeit machen. Ich bewachte den Verschluss und spannte meinen Blick auf das Stück, wo man den Flur sähe, wenn jemand herauskäme. Sollte überhaupt jemand jemals aus dem Haus herauskommen. Man kann ja nicht hinein, wenn es keine Klinke gibt, weil nur ein Verschluss ist, wo einst eine Tür war. Mit einer Klinke, wie Türen sie haben. Und Verschlüsse nicht.

Die anderen redeten so viel durcheinander, dass es rauschte und der Körper zu zittern begann.
Da öffnete sich der Verschluss von innen und entließ einen Menschen nach draußen. Hinter ihm flatterte dünne Plastikfolie über Fliesen an der Wand. Die dünne Plastikfolie, die seit ein paar Monaten in immer neuen Knittermusterwellen über Fliesen an der Wand flattert.
Ich stieß mich vom Boden ab und sprang auf den Menschen zu, der mir auswich und so den Zugang zum Flur freimachte.

Ich war drin.
Ohne Scheppern, das sich mir in den Rücken bohrt und mich unter Bohr-Säge-Kirchenglocken-Krankenwagen-Schepper-Klirr-Knackgeräuschen im Flur ausbluten lässt, bis das Summbrummen der Praxistür mich endgültig zerreißt. Und weder ich noch das, was ich zu Erwarten überlegt begonnen habe, in die Praxis hineinkommen können.

Diesmal war ich drin. In einem stillen Flur. Und drin in der Praxis. Und da.
Und wusste nicht, was ich tun könnte. Jemand sagte, sie sei “die Therapeutin” und ich schaute und dachte und ertrank in ihren AntWorten, auf die Nachricht der anderen.
Erstickte an der Fremdheit des Moments. Verbrannte mich an dem Gedanken, dass ich nur Ideen anderer über das Optionenmonstrum “Psychotherapie” habe und nicht weiß, welche die ist, die mit “Ich habe mir die Erwartung überlegt…” beginnt. Ich verschwand in einer Optionenlücke und deckte mich mit dem Geräusch eines Kreisels auf Holz zu. Verlor die Zeit, den Raum, die anderen.

Letzte Woche schepperte der Hausflurverschluss in seinen Rahmen zurück und zerfetzte mich das Summbrummen der Praxistür hinter der die Therapeutin auf den Rest des Mich zu kam und Worte auf meine Asche schüttete. Ich hatte einen Atemzug und verbrachte ihn mit der Überlegung zu der Erwartung eines Jemand wie mich in dieser Praxis. Und zur Therapie.

K.

“Hör doch auf mir helfen zu wollen!”, beendete sie das Gespräch mit unserer Gemögten und besiegelte es mit dem Ausschalten des Handys. Ihr Puls flatterte unter der Haut und ein Jemand schleuderte den rechten Arm mit aller Wucht gegen die Backsteinwand neben ihr.

Es ist halb 2 Uhr nachts und sie noch immer damit beschäftigt sich von der Therapie und den ausgelösten Gefühlen runterzuregulieren.
Während sie sich mit dem Rücken gegen die Kellerwand stemmt und ein Paket tiefgefrorenes Fleisch an den geprellten Handrücken hält, schaut sie auf die alten Fahrräder, den verdreckten Fahrradanhänger, den Sperrmüll, den selbstgebauten Hörnchenkäfig, die letzten nie geöffneten Umzugskartons.

Ich merke, wie sie dagegen ankämpft zu weinen oder die unwillkürlichen Laute von sich zu geben, die Menschen so von sich geben, wenn sie etwas loslassen, das sie bedrückt. Von Schlauberg tropft der Impuls herunter das bestehende Adrenalinlevel zu nutzen. Sie atmet durch, putzt sich die Nase und trägt das Fahrrad vors Haus. Wir ziehen sie an und klemmen ihr den Helm auf den wirren Kopf.
Meine Flügel halten ihre Hände auf dem Lenker und sie rast los.

Wir hören ein Käuzchen und erschrecken einen Hasen als wir durch die Gegend fahren bis die Kälte des Fahrtwindes in der Lunge sticht.
Die untrainierten Beinmuskeln fühlen sich an wie heiße Metallteile. Es regnet.

“Merkst du dich eigentlich?”, frage ich sie und betrachte fasziniert, wie sie sich durch ihre eiserne Haut allein zusammenhält. “Ach.”, antwortet sie und scheucht mich aus ihrem Denken.
“Ich will nicht, dass ‘es mich gibt’.”… “Ich will nicht ‘da sein’.” … “Ich will ‘mich’ nicht merken.” … “Ich will nicht.” … “Ich will nicht, dass es ‘mich’ gibt.” … “Ich will nicht angeguckt werden.” … “Ich will nicht ‘da sein’.”

Wir steigen vom Rad und setzen sie auf eine Parkbank. Langsam kriecht die nasse Kälte von der Kleidung auf die Haut und lässt sie schaudern. Wir warten bis sie zittert und mehr und mehr Worte sie aus ihrem Denkkreisel heraustreten lassen.

Die ersten Vogelstimmen sind zu hören, als wir mit einer Wärmflasche unter allen Decken und Gewichten, die wir finden konnten, in unserem Bett liegen.
“Ich will DAS DA einfach nicht. Klar?”, denkt sie in das Rund zwischen sich und allem. “Klar.”, antworte ich und fühle sie in meine Federn rieseln wie feiner Strandsand.

Fundstücke #18

An dieses Loch in der eigenen Kindheit habe ich mich in den letzten Jahren irgendwie gewöhnt. Ich habe mich daran gewöhnt zu wissen, dass ich nichts weiß und kämpfkrampfe seit Jahren daran herum es eigentlich auch nicht wissen zu wollen und gleichermaßen nicht er_tragen zu können, wenn mir so ein Klumpen Erinnerungen wie zähflüssiger Eiter ins Denken fällt.

Es ist erschreckend und abstoßend für mich. Aus Gewohnheit. Weil mich immer alles erschreckt und abstößt, was ich von dem Kind, das ich und wir einmal war und waren, ohne es zu erinnern, erfahre. Und wenn ich fertig bin mit erschrecken und abgestoßen sein, dann stehe ich da und halte so ein bitter trauriges Fetzstück eines Lebens in der Hand und weiß nicht so recht wohin damit.

Da war so dichte Sommerhitze, dass der Körper nur von ihr zusammengehalten war. Die großen Betonplatten mit den Teerwürsten am Rand bildeten ein warmhartes Unten und die Baumkronen begrünten das Oben. Dieser Hort war ein schöner Ort. Ein Stück zwischen Schule und Zuhause, in dem nur die Hausaufgaben zu erledigen und sich gut mit den anderen Kindern zu vertragen Pflicht war. Die Erzieher_innen hatten einen Schlauch mit Löchern bespickt und damit ein Wasserspiel für den Sommer gebaut. Die  Kinder rannten dort nackt umher und hatten Spaß.
Und ein Mädchen aus der Klasse fragte, warum Körperteile des Kindes so rotblaulila waren.
Da ist das Bild, wie ich mich selbst anschaue und erschrecke.
Und so viele Wörter gleichzeitig vor Augen habe, dass sie sich zu einem weißen Rauschen vermengen.

Es ist so leicht einen weiten intellektuellen Bogen zu spannen und ihn dann in ein Weltbild zu klemmen, das das Kind als Individuum verschwinden lässt. Es ist so leicht, wenn man sagt: “So ist das Leben nun einmal. So sind die Menschen nun einmal. So kann es eben auch laufen.”
Das ist die Nachahmung gesamtgesellschaftlicher Dissoziation. Das ist, was machte, das man dachte, alle wüssten ES und wenn ES etwas außergewöhnlich Schlimmes wäre, dann würde diese eigene Unsichtbarkeit inmitten dieser Gesellschaft, dieser seiner eigenen sozialen Umgebung nicht mehr gegeben sein.

Ich wusste von dieser Episode. Wusste, dass ich und wir der Mitschülerin antworteten, dass wir es nicht wüssten oder so etwas ähnliches. Wir erlauben uns, das Nichtwissen unserer Antwort als übliches Vergessen einzuordnen. Niemand kann sich immer an alles detailgetreu erinnern.
Aber das Wörterding. Und das weiße Rauschen. Das Erschrecken über die Erkenntnis einer Verletzung durch einen Hinweis von außen. Die Erinnerung, dass sie uns erst nach dem Toben unterm Wasserspiel angesprochen hat. Eine vorläufige bittere Idee, dass uns sonst niemand angesprochen hat. Und nicht verstand, als wir etwas sagten.

Und Jahre später die Information, wie relevant Zeug_innenaussagen bei fehlenden Beweisen ist. Und, dass unser Hort heute nur noch eine begrünte Hinterhoffläche ist.

Es macht mich traurig anerkennen zu müssen, dass die schwierigen Erfahrungen des Kindes, das ich und wir früher einmal waren, sich so viel fester in unser Er_leben und alltägliches Sein hineingefressen haben, als die Orte, an denen es sich gut gefühlt haben könnte. Jedenfalls gut genug, um zu vergessen, dass es ein Zuhause gibt, in dem es verletzt wird.

Es ist ein schmerzhaftes Ding anerkennen zu müssen, dass das Kind, das ich und wir einmal waren, schon damals ich und wir waren.

Dass dieses Erschrecken über die Wahrnehmung und das Bewusstsein über etwas von oder an sich selbst schon damals da war, genauso wie der Wörterquirk und die Überforderungen, die daran entlang auch zu Dissoziationen geführt haben und uns vielleicht genau deshalb zu so vielen haben werden lassen, wie wir sind. Und eben nicht nur, weil die Gewalt und das “so tun als ob-Spiel” darum herum überfordert hat, sondern das gesamte Er_Leben überall darum herum.

Ich habe mich an die Idee einer dissoziativen Amnesie gewöhnt, die mit ihrem Ende definiert, dass ich nicht mehr das Kind bin, das ich und wir einmal waren. Ein therapeutisches Re_Orientierungsmärchen, das kurzfristig hilft eine Barriere zu errichten, doch langfristig zur Annahme führen kann, Erwachsene seien keine Kinder bzw.  erwachsen zu sein sei unverbindbar mit Kindlichkeit oder kindlicher Bedürftigkeit.

Ich habe mir überlegt, dass ich gut damit leben könnte zu sagen, dass das Kind, das ich und wir früher einmal waren, noch heute viele Schwierigkeiten hat, die es früher schon hatte und die Teil seines Erwachsenenlebens sind, weil es selbst auch der erwachsene Mensch ist, der ich und wir heute sind.

Das ist keine große Idee, weil Multipelsein das nicht ausschließt.
Der Schritt für mich ist die Möglichkeit, als wahr(haft) anzunehmen, dass die vielen fremden, weil dissoziierten Sozialuniversen überlebt von vielen vielen Kinderinnens, überlebt und beschützt von vielen vielen anderen Innens, Seelen und Energien, die irgendwann von ganz anderen Innens, Seelen und Energien überlebt, beschützt und ins Erwachsenenleben getragen wurden, die wiederum von anderen überlebt, beschützt und in einen weiteren Abschnitt Erwachsenenleben getragen wurden usw usw usw in einem einzigen Leben passiert sind und bis heute passieren.

Neben der Erklärung für mein Erschrecken und Nichterinnern, mein ständig fremd im eigenen Leben sein, die ganze Angstproblematik, die Symptomatik des unkontrollierten Erinnerns und all das, hat die Diagnosestellung der DIS nichts aufgelöst.
Schon gar nicht mein Bild von mir, die völlig problemfrei wäre, wären diese dysfunktionalen Reaktionen und schwierigkeitsbeladenen Innens nicht mehr da oder einfach funktionaler und orientiert, dass ihre Schwierigkeiten heute vorbei sind.

In den letzten Wochen haben wir aber neue Dinge versucht, die wir für uns als individuelle Herangehensweise empfinden.
Dazu gehörte Überforderungen wahr(haft)zunehmen und entsprechend anders zu arbeiten und auch zu interagieren, aber auch der Beginn den Wörterquirk als Baustein therapeutischer Arbeit zu nutzen.
Ich merke, dass es uns gut tut und hilft. Weil es etwas ist, das wir alle gleich bzw. sehr ähnlich erleben.

Darüber merke ich aber auch, wie sehr wir unsere Individualität aus “So ist das Leben nun einmal. So sind die Menschen nun einmal. So kann es eben auch laufen.” heraushalten. Wie sehr wir, obwohl wir wissen, dass auch wir zum Lauf der Dinge, diesem Leben, dieser Gesellschaft gehören uns erst dann dort zu finden trauen, wenn wir unauffällig bis unsichtbar sind.
Keine Erwachsene, die mal Kind war. Keine Person, die Wörterquirks hat. Keine Person mit Loch in der Selbst- und Umweltwahrnehmung. Keine Person mit fremden Problemen im eigenen Leben.

Jeder Erinnerungseiter bringt mich in ein Moment, in dem ich merke, welche Ähnlichkeiten ich und wir mit dem Kind, das wir früher einmal waren, haben.  Wie sehr mein Fremdheitsgefühl nicht an den Problemen der Innens, sondern an der Zerrissenheit meines Mit_Nach_Empfindens und der manchmal daraus folgenden Unnachvollziehbarkeit ihrer Reaktionen darauf liegt.

Ich merke, wie ich mich daran gewöhnt habe Wörter für Symptome zu benutzen, wo Wörter für uns und unser in diesem Leben passieren, sein müssten.

eine Hannah-Reaktion

“Hummeln können nicht fliegen.” kalauerte mir neulich erst wieder in einem Gespräch entgegen. Wie immer gut gemeint und genau nicht in einem Moment, in dem eine Hannah-Reaktion denkbar war.

Die ginge nämlich so: “Also, wenn du mir sagen möchtest, dass ich mir keine Gedanken über Möglichkeiten und Unmöglichkeiten machen soll, sondern einfach drauf los machen, was auch immer ich mache – dann sag mir das einfach.
Der Physiker, der in den 30er Jahren – ja so alt ist diese Geschichte bereits – diese Berechnung machte, hatte keine Ahnung von Hummeln. Er hatte Ahnung von Physik. Und niemand fragte sich “Warum fliegt eine Hummel eigentlich – sie könnte doch auch laufen, hoppeln, krabbeln, schwimmen oder kriechen?”. Er hatte sich nur auf einen klitzekleinen Aspekt im Leben einer Hummel konzentriert und diesen mit seiner unvollständigen Idee vom Körperbau einer Hummel verbunden. Man nennt sowas auch “ungeprüfte Annahme” oder “Bullshit”.”

An dieser Stelle würde ich kurz warten und hoffen, dass das Gegenüber den nächsten Schritt alleine macht.
Die meisten Menschen machen den nie. Die meisten Menschen haben bis dahin “Sag mir das einfach” und “Bullshit” gehört und überlegen dann wie sie die Kränkung, die sie bei mir vermuten (auch wenn ich ihnen gerade etwas von unvollständigen Ideen erzählte) auflösen können.
Um den ganzen unnötigen Schmodderknörgel abzukürzen monologisiere ich weiter.

“Hummeln haben kein Zeitgedächtnis und keine so ausgefeilte Tanzkommunikation wie Bienen. Viele sterben, wenn zwischen zwei Nahrungsquellen mehr Weg liegt, als ihr Körper schafft und das ganze Volk kann darunter leiden und versterben.
Wenn du mir sagst, ich solle es einfach wie die Hummel machen, dann sagst du mir also irgendwo auch, ich sollte meine wahrgenommenen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten nicht oder nur unpräzise kommunizieren und ergo im Fall des Falls auch sterben.
Ich weiß, dass du das nicht sagen wolltest. Ich weiß, dass du mir sagen willst, dass ich mich auch einfach aufs Handeln konzentrieren kann.
Du hast es mir aber nicht gesagt. Du hast es deiner unvollständigen Idee von mir und meinem Funktionieren gesagt.
Rede mit mir.
Nicht mit deiner Idee von mir.”

Und dann wäre da Stille.
Und der Wunsch sich schnell in eine kleine flauschige Erdhummel zu verwandeln und wegzufliegen.

das Warten auf Post und das Ende des Fotokurses

Inzwischen schaue ich drei Mal am Tag in den Briefkasten.
Weil ich einen Brief erwarte, in dem steht, wann wir in der Klinik anfangen können. Und weil ich einen großen braunen Umschlag mit drei Obelix-Briefmarken erwarte, in dem steht, ob wir den Ausbildungsplatz bekommen. Oder nicht.

Zwischendurch bemerke ich, dass ich nicht darauf warte, weil es so gute Möglichkeiten sind. Oder, weil wir uns schon so lange bemühen einen Ausbildungsplatz zu bekommen oder, weil wir schon viel zu lange versuchen unser Selbst_Hilfenmanagment ambulant bis allein zu stemmen.
Sondern, weil es dem Fotokurs und dem damit einhergehenden wöchentlichen Tief ein Ende absehbar machen würde.

Würde morgen der Klinikbrief kommen, wäre klar, dass wir schauen müssen, die Dunkelkammer zu nutzen, wann es für uns am besten passt und schaffbar ist – sehr wahrscheinlich wäre dies dann nicht der Donnerstagabend, sondern ein Dienstagvormittag. Oder so. Höchstwahrscheinlich würden wir auf jeden Fall mittelelegant und halbseiden ehrlich begründen können, weshalb wir Donnerstags nachmittags bis abends nicht mehr in der Gruppe dabei sein können.

Würde morgen der Ausbildungsplatzbrief kommen wüssten wir: “Diese eine letzte Ausstellung noch und dann Tschüss.”. Weil wir danach in unseren MenschenReizexilmonat gingen um Kraft zu tanken, uns zu sortieren und nur für das Sein zu sein versuchen. Bevor sich alles verändert und wir vielleicht vergessen, wie das ist.
Auf jeden Fall wüssten wir: es gibt eine neue Quelle für Wissen und wir können noch einmal neu mit Menschen anfangen – diesmal anders. Anders offen, anders darauf bestehend, dass zugehört und begriffen wird, anders begleitet, anders wissend, welches System von uns dort auftaucht und ganz eigene Probleme wahrnimmt.

In Bezug auf die Kunstschule haben wir das nicht gemacht. Und jetzt – ein Jahr nach dem Anfang dort – fällt uns das alles vor die Füße und wandelt sich in eine Belastung, die wir tragen müssen.
Und natürlich denke ich heute: “Das war absehbar.”
Es war vor allem von uns schon ganz ganz ganz zu Anfang beim Informationsgespräch und anschauen der Räumlichkeiten von uns abgesehen und befürchtet. Aber niemand in der Schule hat uns angehört und wenn dann auf die Art wie man sie kennt: „Schlagwort –> ah ja weiß ich – brauchst gar nicht weiter reden.“

Wir wollten aber weiter reden. Wir haben weiterreden müssen, denn was wir zu sagen hatten und begreifbar machen wollten, hatte nichts damit zu tun, dass diese Personen etwas tun sollten – hätten sie begriffen, hätten sie von ganz allein etwas getan – egal, ob und was wir wollten.
Niemand mit Aufsichtspflicht und Verantwortung für Schüler_innen sagt einer solchen mit Krampfanfällen, sie soll sich einfach in die Abstellkammer begeben, wenn sie einen ruhigen, geschützten Raum braucht. Niemand – außer der Leiter des Fachbereichs “Kunst” an dieser Schule, der von dem was ich ihm sagte offensichtlich nur “Raum” (“kein Unterrichtsraum”) gehört hatte, als ich ihm mitzuteilen versuchte, wie man gemeinsam mit dem Risikofaktor “Krampfanfall” umgehen kann.

Im Fotokurs lief es ähnlich – nur auf einer inhaltlichen Ebene.
Es gibt Dinge in dieser Fotografieecke, die verstehen wir nicht – und zwar nicht, weil wir nicht verstehen, welche Unterschiede es jeweils in den Arbeitsergebnissen gibt, sondern weil die unterschiedlichen Aufladungen dessen nicht verständlich für uns sind.
In unserem Kurs gibt es viele Schüler_innen, die sich unheimlich angezogen fühlen von Fotos mit Menschen drin oder Dingen, die Menschen darstellen sollen und dann entsteht für sie ganz offensichtlich für eine Geschichte und Gefühle und Gedanken und Symbole und was weiß ich – mega starke Aussagen jedenfalls, die ich nicht sehe. Entsprechend der Mengenlogik geht es im Kurs entsprechend oft genau darum. Menschen. Menschensachen. Gesellschaft. Gesellschaftskritik und was darf Kunst an welcher Stelle.

Wir reden viel und schauen unserem Lehrer zu, wie er nebenbei irgendwas irgendwie in Lightroom macht, ohne, dass der Kontext oder seine Intension uns das zu zeigen klar wird. Er sagt “Ich will euch das mal zeigen” und dann macht er irgendwas. Und wir schauen und sehen, was er zeigt. Punkt.
Wir werden dabei unruhig. Das System der anderen zerbröckelt, weil sie keinen Anhaltspunkt finden. Nicht wissen, was ihr Auftrag ist – sehr wohl aber wissen, dass es den Lehrer traurig, wütend, frustriert macht, wenn man als Schüler_in irgendwelchen Quatsch macht, der nicht weiterbringt (auch wenn man meistens nicht einmal weiß, wohin oder zu was genau irgendwas von den Schülersachen führen soll).
Für uns ist das zu dem Moment geworden, in dem wir merken, dass wir Rosenblätter ja in der Schule sind. Innersystemische Alltagsfeuerwehr seit inzwischen vielen Jahren und bewusst um einige Kommunikationsquirks, die es immer wieder zu lösen gilt – meist in Abwesenheit allen Wissens darum, wie das gehen kann.

Unsere Kommunikationsquirks machen uns zu einem anstrengenden Gegenüber und wir wissen das. Man kann uns nicht einfach sagen, dass wir ne blöde Kuh sind, wenn man uns beleidigen will, weil wir uns viel mehr an der Unterstellung eine Kuh zu sein und dem Ding, dass Menschen Tiere irgendwie immer für Negativbezeichnungen benutzen, aufhalten, als an einer Verletzung daran so bezeichnet zu werden.
Schlimmer noch – wenn man sich mit uns streitet oder allgemein: auseinandersetzt, dann wollen wir das auch noch immer verstehen und teilen unsere Analysen der Situation und ihrer Faktoren mit.

Man kann sich mit uns nur konstruktiv streiten oder für konsequente Ablehnung entscheiden – muss diese dann aber auch als von uns zur Begründung zeranalsysiert ertragen.
Schlimm, ne? Ja – vor allem für uns. Weil die meisten Menschen nicht so streiten, kennen sie das nicht. Die meisten Menschen wollen einander im Konflikt verletzen, damit ihre komischen Schuld und Entschuldzeremonien danach noch einen Sinn und Berechtigung haben – auch dann, wenn sie nicht verstanden werden.
Ja – großes Outing – wir haben den Sinn von Entschuldigungen mit all ihren Facetten bis heute irgendwie nicht verstanden. Entsprechend inflationär gehen wir mit Entschuldigungsfloskeln um und schütten sie einfach in jede eventuelle Fehlerlücke hinein. Wie Beton, der die sozial konstruierte Situation stabil machen hilft.

Doch zurück zum Fotokurs.
Unser Lehrer bedenkt für uns ganz offensichtlich permanent Dinge und Gegebenheiten, die uns schleierhaft sind und verlangt von uns Schüler_innen, dass wir ihm folgen. Aber natürlich immer eigene Dinge denken und machen. Da wir in aller Regel nicht wissen, was er denkt oder meint, wenn er irgendetwas verlangt, wissen wir natürlich erst recht nicht, wann genau wir eigentlich etwas anderes (eigenes) denken und meinen als er.
Und um das Ganze noch ein bisschen schwieriger zu machen, macht er sich auch nicht transparent, sondern definiert sich selbst entlang dessen, was wir einbringen – durch Kritik, Missachtung oder Ergänzungen, die meistens keine sofort erkennbare Verbindung haben.

Daneben will man in der Schule ja alles offen halten – bloß keinen Druck – keinen Stress – keine Vorgaben – alles soll fließen und alles soll möglich sein. Das Problem dabei: wenn alles möglich sein soll, dann muss es auch die Bereitschaft geben für alles offen zu sein – auch für die Möglichkeit, dass es Menschen überfordert so arbeiten zu sollen und für die Möglichkeit, dass man einander nicht erfassen kann, weil man nicht weiß, was verlässlich ist, weil es eben nicht “fließt”, sondern “steht”.

Wir fotografieren Natur. Muster. Details. Die Perfektion des Ist.
Unser Schluss nach einem Jahr Kunstschule ist: das ist keine ver_wert_bare Sache, weil es niemand versteht.
Wir reden nicht über natürliche Perfektion und die Frage in welcher Beziehung diese zu Ästhetik und Kunst steht – wir reden darüber, wie man “Gesellschaftskritik” in einem Foto rüber bringen kann, damit das auch jeder (sigh!) versteht.
Die Frage, warum man Bilder wie versteht oder eben auch nicht versteht, bleibt völlig außen vor und macht es für uns unmöglich in irgendeiner Form in Kontakt mit unserem Lehrer oder unseren Mitschüler_innen zu kommen.

Letzten Donnerstag wurde mir klar, dass wir – sollten wir noch länger so in dem Kurs bleiben oder an dieser Schule allgemein – komplett im Labor verschwinden würden und damit zu genau der Einzelgängerin mit ausgefallenem Arbeiten werden, die wir nie werden wollten. Gerade auch nach der Autismusdiagnose und all den Klischees, die wir selbst verinnerlicht haben und nicht entsprechen wollen.

Und während wir damit kämpfen, die Menschen in unserem Fotokurs nicht zu verstehen und damit nicht verstanden zu werden und darüber ausgeschlossen zu sein von allem, was der Kurs zu Stande bringen will, ist das vom Lehrer gewählte Thema zur Ausstellung: “Inklusion”.
Eine Serie mit Mensch-ärgere-dich-nicht-Figuren im Stockfotografie-Style.
Während wir im letzten halben Jahr lernten unsere analoge Kamera zu bedienen, Bilder nicht mehr unbeabsichtigt über- oder unterzubelichten, die Filme selbst zu entwickeln und abzuziehen. Wir haben gelernt wie wir Motive konstruieren und mittels Blendeneinstellung beeinflussen können.
Neben einem Fotokurs her, der uns mehr und mehr verwirrt, traurig und isoliert zurückließ und sich nicht mit analoger (Natur)Fotografie befasste.

Die Ausstellung ist Ende April.
Unserer Lehrer bekommt Druck vom Leiter endlich Ansagen zu machen, wie viele Bilder vom Kurs stammen werden.
Und jetzt trägt er den Druck weiter und tut so, als hätten wir nie irgendwas gemacht. Er missachtet, dass er uns im letzten halben Jahr missachtet hat. Und wundert sich darüber, dass wir auf seine Inklusionsideen und die Idee ausgerechnet Katastrophenselfies “auf die Spitze zu treiben und Gesellschaftskritik zu machen” reagieren, wie wir reagieren: mit Verweigerung

Der Kurs ist von ca. 20-25 Schüler_innen auf 3-5 geschrumpft.
Wir waren immer da. Haben zugehört, uns verletzen lassen, uns in die Dunkelkammer zurückgezogen und gearbeitet. Wir waren da, als die neue Diagnose uns zerschossen hat und wir waren da, nachdem wir uns wegen einer suizidalen Krise in die Psychiatrie haben einweisen lassen.

Von dem lichten Moment in der Woche, in der wir uns der Welt widmen ist der Kurs zu etwas geworden, wofür wir bezahlen. Mit Geld, mit Zeit, mit Kraft, mit Haut.
Wir gehen nach Hause und weinen uns die Verwirrung, die Anstrengung und den Frust raus. Analysieren, zweifeln, suchen DEN EINEN Fehler in der Kommunikation und werden nicht fündig. Und erst als wir durch ein Gespräch mit dem Begleitermenschen merken, wie nachvollziehbar das alles ist, kommen wir für uns an die Frage, ob es sich überhaupt lohnt noch einmal zu versuchen in ein klärendes Gespräch mit dem Lehrer zu gehen.

Würde die Post kommen, wäre die Frage für uns beantwortet.
Für einen Monat könnten wir das halten die komische Hannah zu sein, die komische Fotos macht, die keiner versteht und irgendwie zu gar nichts passen, was alle anderen machen. Für einen Monat könnten wir das halten die anstrengende Hannah zu sein, die den Kurs mit ihren Nachfragen nervig anstrengend tiefgründig und politisch macht. Für einen Monat könnten wir uns auf ein Ziel fokussieren und allen Schmerz drum rum ausblenden.

Ein anderes Fotokurs-Kunstkursangebot in der Stadt können wir uns nicht leisten. Werden wir an der Berufsschule nicht genommen, werden wir uns verbessern müssen. Dann müssten wir mehr Zeit in der Kunstschule verbringen. Und dann müssten wir darauf bestehen angehört und verstanden zu werden. Dann kämen wir um ein mehr oder weniger konfrontatives Gespräch, das auch Forderungen enthält, nicht herum.

Außer, wir lassen es einfach ganz und machen alleine weiter.
Was eine traurige Bilanz nach einem Jahr regelmäßigen Offlinekontakts mit Menschen und ihrer Welt wäre.

in geheimen Schweigemantelschutzpanzertaschen

“Sie sind ein schwerer Fall”, hat uns in bald 15 Jahren Hilfekontext nie jemand gesagt.
Häufig hing die Frage im Raum “Wer soll die Verantwortung für diese hoch- bis chronisch suizidale Person übernehmen?” und schwang in einem Mobile mit den Faktoren “Hochbegabung”, “psychisch krank”, “DIS-Diagnose”, “Opferschutz”, “Bedürftigkeit”, “organisierte Gewalt”, “behindert” umher.

Wir wissen, dass wir durch unsere Geschichte mit Hilfen verkorkst sind und, dass es nicht leicht ist uns zu helfen.
Doch immer wenn das Thema “Hilfe für uns” neu aufkommt bemerke ich ein weiteres Stückchen, dessen, was wir Helfer_innen und auch Behandler_innen in den letzten Jahren abgenommen haben, damit sie sich als handlungsfähig empfinden können.
Man spricht zu selten über Übertragungen im Hilfekontext. Über das Phänomen, dass man selbst als Helfer_in vor den Problemen einer Person steht und sich ohnmächtig fühlt, weil keine der bekannten Handlungsoptionen zu greifen scheint.

Wir haben in den letzten Jahren ein Stückchen nach dem Anderen aus dem bedeutungschweren Mobile herausgetrennt und in geheime Schweigemantelschutzpanzertaschen gesteckt.
Als es um unsere schulische Aus_Bildung ging, verschwiegen wir unsere Probleme, die mit der Hochbegabung zu assoziieren sind.
Als es um unseren Ausstieg ging, verschwiegen wir Morddrohungen, genauso wie das, was wir mit “es kam zu einem Überfall in unserer Wohnung” umschreiben, damit niemand in die Situation kommt zu spüren, wie ohnmächtig wir uns selbst vor den Schutzlücken, die wir wahrnahmen, erlebten.
Wann immer es geht, versuchen wir in den Köpfen der Menschen Antistigmaarbeit zu leisten, indem wir so oft es vertretbar und okay ist sagen: “Ich bin nicht psychisch krank – ich bin psychisch belastet und leide darunter.”, damit uns die paar Menschen in unserem Leben nicht von sich weg und zu “professionellen Behandler_innen” weisen, wenn es uns schlecht geht. Denn unter etwas seelisch/psychisch zu leiden kennen viele – wenn nicht alle – Menschen gleich.

Wir belästigen niemanden mit unseren täglichen Furchtmomenten. Wir behalten unseren Ausdruck für Reiz_Schmerz für uns. Weil wir den ganzen Tag reden und kommunizieren müssten, um das nach außen zu bringen und nicht davon ausgehen können, dass man uns verstehen kann.

Dieses Herabpflücken von belastendem Material ist, als würden wir das Damoklesschwert über unserem Kopf kleiner machen wollen, anstatt zu fordern, man möge es doch bitte abhängen oder mit Stahlseilen aufhängen.
Als wir letztes Jahr beschlossen uns erneut um Hilfe für uns zu kümmern, dachten wir, dass wir jetzt bereit sein könnten um um Hilfe bei der Hilfe zu bitten.

Hilfe und Unterstützung dabei auszuhalten, dass Dinge geschehen werden, die uns traurig machen oder schmerzlich erinnern. Dinge, die uns bitter und zynisch erscheinen, uns ohnmächtig machen und uns in Erinnern an schwere Zeiten bringen. Vor allem aber geht es um Hilfe dabei die Dinge aus unseren Schweigemantelschutzpanzertaschen hervor zu holen und uns nicht mehr damit zu belasten, unsere Helfer- und Unterstützer_innen möglichst wenig mit uns und unseren Schwierigkeiten zu belasten, damit sie bei uns bleiben und uns nie sagen müssen: “Sie sind ein schwerer Fall.”.

Ich würde gerne nach innen geben: “Hey – wir waren nie ein schwerer Fall – wir wirken nur schwer, weil es sich andere leicht machen.”.
Aber, wie das so ist, ist die Erklärung für ein Empfinden noch lange kein Trost, sondern (und das gerade für uns) ein weiteres Bitternis.
Wir wollten nie an den Punkt kommen, an dem wir sagen: “Wir haben uns so lange für euch klein gemacht – ihr schuldet uns was!”, weil unsere Versuche uns klein und unanstrengend zu machen nichts sind, was in einem Kontext mit Schuld steht zum Einen und zum Anderen, weil die, an die wir uns heute richten schon längst nicht mehr die sind, vor denen wir uns kleingestückelt haben.

Unsere jetzigen Unterstützer_innen kennen uns nur mit vollgestopften Schweigemantelschutzpanzertaschen und seltsamen Hilfekontextverkorksungen.
Und ja – leider hätten sie jedes Recht sich von unserem Fall bzw. auch uns in Gänze zurückzuziehen, weil die Probleme scheinbar immer mehr und immer komplexer und schwerer werden, und das nicht ist, worauf sie sich zu Beginn eingelassen haben.

Es macht mir Angst, dass sie diese Option haben.
Und wir nicht.

gute Sätze

Vielleicht war es die beste Idee, die uns bisher je gekommen ist, wenn wir darüber nachdenken mussten, was uns hilft, wenn wir mit unseren Aktivitäten zur Selbsthilfe nicht weiterkommen.

Die Frage: Was genau soll sich warum verändern? Worum genau geht es?

Wir haben irgendwann gemerkt, dass die ersten Kognitionen in schwierigen Zuständen die gleichen Kognitionen sind, die es in einer traumatischen Situation gab: Es soll aufhören. Bitte mach, das es aufhört. Jemand soll machen, dass es aufhört. Ich kann nicht mehr. Ich bin ausgeliefert.
In der Reihenfolge.

Wir haben aufgehört “Es soll aufhören” als Erstes festzuhalten, nur weil es ein klarer und fester Gedanke und Wille  inmitten von Ohrensausen, Flirren vor den Augen, einem Puls der mit seinem Wummern den Hals verengt und diesen Wahrheiten, die die Sprache verschlagen, ist.
“Es soll aufhören” ist ein Reflex. Sinnlos, wie die Arme schützend vor den Kopf zu heben und die inneren Stahlwände zuknallen zu lassen, wenn nur ein Erinnern an eine Bedrohung passiert.

“Es soll nicht mehr weh tun.” ist ein guter Satz.
Weil man sich fragen muss, was denn weh tut. Und ob es das wirklich tut. Und wenn ja, was die konkrete Lage ist. Was genau ist da, jetzt und hier, wo es weh tut?

”Es soll mich nicht mehr ängstigen.”, ist ein guter Satz.
Weil man sich fragen muss, wovor man Angst hat. Oder Furcht. Und dann kann man ein Rechenspiel machen. Eine riesengroße Wahrscheinlichkeitenmatrix kann man sich dann bauen. Und ist erstmal beschäftigt. Weil Rechnen hinter der Stirn passiert und Furcht in der unteren Mitte des Kopfinneren.

“Es soll nicht mehr verwirrend/verunsichernd sein.”, ist ein guter Satz.
Weil man sich erinnern kann, dass alles einen Anfang und ein Ende hat. Und hatte.
Dass die Welt ein Oben und ein Unten kennt, ein Gestern und ein Heute.

Irgendwann kam die Idee auf, von der Therapeutin versichert zu werden, ohne, dass wir länger mit ihr telefonieren oder um einen Krisentermin bitten müssen. Es entstand das Vorgehen, ihr einen Stein zu geben und ihn in der darauf folgenden Stunde wieder abzuholen.
Wir rufen an, sagen, dass wir das gern tun würden, sie sagt, wann das geht und wir fahren entsprechend los. Durch die bekannte Stadt, vorbei an bekannten Geschäften, umgeben von vielen kleinen Alltagswundern. Gehen zur Praxis, klingeln und sagen “Hallo”. Geben ihr den Eulenstein, sagen “Tschüss” und gehen durch den bekannten Wald zurück nach Hause. Wir atmen, wir teilen unsere Blicke und wuchern mit jeder vergehenden Minute mehr zurück in die Sicherheit des Augenblicks.
Weil sie uns sagen würde, wäre das Heute kaputt. Sie wäre nicht da, gäbe es das Jetzt nicht. Die Stadt würde anders aussehen, wäre es nicht diese Stadt.
Den Wald gibt es nur hier.

Es war die perfekte Idee um dem schlimmsten guten Satz zu begegnen.
“Ich will nicht allein sein mit dem Horror (nicht sicher zu wissen, ob er je aufgehört hat).”

Fundstücke #15

Wenn ich alt bin, werde ich eine schrullige Waldfrau mit WLAN in einer abgelegenen Hütte.
Ich mache meine Lebens- und Überlebensmittel selbst und wenn mich nach Killefit dürstet, bestelle ich bei Amazon.

Ich werde soviel Zeit-Raum-Kontinuum einnehmen bis meine Ränder bedeckt sind.
Was ich sagen möchte, das habe ich bis dahin gesagt und vielleicht werde ich verrückt, weil die Wörtersammlung in meinem Kopf nach und nach mit Stille zugewachsen ist.

Ich werde dem schrecklichschönen Krächzschreien der Schleiereulen auf meinem Dachboden zuhören und manchmal zu Cellomusik tanzen.

Wenn es regnet bleibe ich im Bett und wenn die Sonne scheint vielleicht auch.
Ich werde immer schlafen so viel ich muss. Und manchmal auch so viel ich will.

Was braucht der Mensch und was brauche ich?
Vielleicht brauche ich nur mich und meine Hassliebe mit der Stille und dem allumfassenden Ist dessen, was ist, was war und was immer sein wird.

Manchmal denke ich, dass ich mich vielleicht nicht finden kann, weil ich kein Spiegelbild habe und manchmal bemerke ich, dass ich eigentlich gar nie nach mir gesucht habe, weil ich mich nicht brauche und eigentlich auch nie auf mich verlassen konnte.
Ich war nie, wenn ich mich am meisten gebraucht hätte.

Ich bin die Stille und das Nichts. Das Ist und War und Wird.
Ich bin „die Andere“

schwusch

Ich hatte gestern einen Schwuschtag. Schwusch – in die Stadt – Schwusch – Nähmaschine und beglaubigtes Zeugnis  abholen – Schwusch Bewerbungsunterlagen fertig machen – Schwusch – jemand Fremdem helfen, indem ich den Mund aufmache und spreche – Schwusch in einem Stoffladen stehen.

Stoff ist teuer – das Projekt hat eine klare Kostengrenze insgesamt. Deshalb haben wir uns zu zehnt in den Körper gequetscht und versucht eine Entscheidung zu treffen. Da war die die gut rechnen kann, aber das nicht glaubt und deshalb immer wieder prüft, ob sie den Stoffbedarf richtig errechnet hat. Da war der, der letztlich am Besten weiß, mit welchem Soff wir alle gut zurecht kommen, dessen Finger über die Ballenkanten glitt. Das Jemand, dessen Modell des Projektes sich vor meinen Augen um die eigene Achse drehte. Die, deren Blicke über die Muster sprangen und die, die zwischen Hinteruns und mir hin und her abglichen, was okay sein könnte und was nicht – während zwei andere die Umgebung im Blick behielten.

Und dann landeten wir in etwas, das frappierende Ähnlichkeiten mit der Teeparty des verrückten Hutmachers hatte: die cis weibliche Handarbeitsbubble, in die man herzlich hineingezerrt wird, auch dann, wenn weder cis Frau ist, noch Tee mag noch sonst irgendwelche Kapazitäten hat.
“Wie finden Sie diese Kombination?”, fragte die Person am Kassentresen mich und hielt zwei wild bedruckte Baumwollstoffe aufeinander, die eine Person, deren linke Hand auf dem Kinderwagen neben ihr ruhte, während die rechte sich gerade von den Stoffen löste, anscheinend zu kaufen überlegte. “Für eine Jungs-Babyhose – ist das doch süß, oder?”.

Selbst, wenn ich allein* im Körper bin, wären das Fragen gewesen, die so ein Krack-Schwusch in mir auslösen, weil:
– wie soll ich etwas finden, was die Frau mir doch direkt vorführt? – wenn ich nichts suchen muss, kann ich auch nichts finden
– was geht es mich an, was wer wie kombinieren möchte? – Ich mache doch meine Sachen selber, gerade, weil ich selbst alles bestimmen kann
– was zum Henker zeichnet welchen Stoff denn bitte aus um als “gut für eine Jungs-Babyhose” zu sein?
und wieso sollen Babysachen immer süß sein? Und wie geht “süß” in Kombination mit aufgedruckten Baggern und Feuerwehrautos?

Ich stand da und sagte: “Hä?”.
Weil ich super kompatibel bin mit solchen Situationen und auch sonst ein glänzendes Beispiel für intelligente Konversation.

Die Person, die mich ansprach, redete nun schwallartig auf die Person am Kinderwagen ein und es begann ein ganz eigenartiges Ballett, das sich selbst in Konventionen versicherte, noch während es sich hart darum bemühte extrem unkonventionell zu sein. Das Baby begann zu weinen, erntete einen sexistischen Spruch nach einer Ungemachsvermutung der versorgenden Person, “Jungs kriegen ja auch schneller mal kalte Füße” und plötzlich ging es um mich, die “wohl auch mal Kinder haben wird, ODER?”

Ich, die erst zum zweiten Mal überhaupt ever in so einem Laden war und eine ganze Menge Energie überhaupt schon dafür aufgebracht hatte und jetzt völlig zerfasert im Innen war, stand da und wusste wieder nicht, was zu antworten ist.
Später sagte mir meine Gemögte, dass solche Phrasen als inkludierende Gesten zu verstehen sind: “Sie wollte dich am Gespräch beteiligen.”.
Aha.

Ich wuchtete einen Ballen von dem Stoff, der zuletzt für geeignet befunden wurde, auf den Tisch und sagte: “Erstmal hätte ich gerne 1,50 mal 90 hiervon.” und klopfte mir selbst auf die Schulter.

Ich ging, ohne die Frage beantwortet zu haben und fragte mich, wie es kommt, dass ein Kinderwunsch von als Frauen kategorisierten Menschen als so selbstverständlich gilt, dass man ihn sogar an völlig fremde Personen heranträgt.
Natürlich ist mir klar, dass dies kein Moment für eine ehrliche Antwort gewesen ist. Schon gar nicht in meinem Fall – aber ich fragte mich am Ende schon, wie man sogar Stoff und seine Auswahl mit mehr als den Dingen aufladen kann, wie den Fragen und Konflikten, denen wir uns gegenüber sahen.

Ich meine: da sind die Fragen um die Produktionsbedingungen des Stoffes, der Maschine und ihrer Anteile, da sind die Marker zur Nutzung des Stoffes selbst, da sind die Aspekte der Verarbeitung und die Praktikabilität des fertigen Stückes und dann die Kosten-Nutzen-Abwägung in Zusammenhang mit dem eigenen Budget … so viele Dinge über ich viel lieber mit einem_einer Fachverkäufer_in gesprochen hätte, um eine ordentliche Entscheidung zu treffen.  Doch dann entpuppt sich diese_r als Eintrittsbegleiter_in in ein Normenland, das mich nicht einmal kennt bzw. sich fragt, ob ich eigentlich überhaupt wirklich bin, wofür es mich hält.

Nächstes Mal gehen wir jedenfalls in einen anderen Laden.
Das war mir zu schwuschig.

einer dieser Tage

Und dann sind da diese Tage, in denen man nicht dazu kommt zu merken, wie schlimm sie sind, gerade weil sie so schlimm sind. Erst als man im Bett liegt und unter dem Gewicht seiner Decken zu sich kommt, entsteht der Raum zu der Erkenntnis, dass sich vielleicht einfach noch nicht genug verändert hat, um wirklich anders werden zu können.
Und mit dem Gedanken, dass man sich selbst vielleicht noch nicht genug geändert hat, um Dinge neu und anders anzugehen, fallen die Augen zu und es beginnt ein Zustand, in dem dieser Gedanke die Herrschaft hat. “Du bist nicht okay, wie du bist.”; “Du bist nicht genug”; “Du bist falsch”; “Du musst anders sein, um die Welt ™ zu verändern”. Da greift etwas in mich hinein, reißt an etwas herum, das nicht zu mir gehört, krempelt mich auf links und klemmt meinen Kopf in eine Zange, die sich im schweißnassen Aufwachen, als die Kante zwischen Bettkante und Kommode entpuppt.

Wir verließen die Praxis unserer Therapeutin und versuchten die losen Fetzen der Stunde noch aufzufangen. Neben mir stieß ein Innen die Füße auf den Boden und sagte: “Ich hab versucht ihr zu sagen, dass ich mir nicht mehr ranholen kann, wie wir denken konnten sich Hilfe ranzuholen wär’s wert weiterzuleben.”. Ich nahm ihm die Füße ab und verlagerte die Energie des Innens in Gehgeschwindigkeit. “Sie hats nicht kapiert. Nichts von dem, was du gesagt hast, hat sie kapiert, noch von dem, was ich gesagt hab.”. Neben uns lief eine Gruppe Schulkinder durch die Straße und die kalte Wind britzelte in den Augen.

Manche Therapiestunden tragen unerwartet dazu bei Brücken in Ecken des Innens zu fühlen, zu dem wir sonst keinen Kontakt haben. Das ist unvorbereitet und spontan. Und meistens hat es Folgen, die im Nachhinein schwer nachzuvollziehen sind. Da ist plötzlich ein Innen, das sonst eher als wabernde Eminenz die Therapie oder das, was wir äußern, beeinflusst, mit mir in einem Gefühl vereint, das ich in früheren Zeiten als unbewortbar erlebt habe. Und dann ist das Ergebnis wieder so eine von diesen Wahrheiten, die sind und an deren Ende wir uns als allein am Rand der Welt empfinden.

Obwohl wir doch alle Regeln befolgt haben. Obwohl wir doch getan haben, was wir tun sollten. Obwohl wir doch mitmachen.
Nur eben leider nicht verstanden werden.
Wir versuchen uns in kürzeren Sätzen. Weniger Monolog. Wir haben uns in der Krisenstation dazu entschieden dieses kurze Denken zu kopieren. Weil: “Neue Wege – neue Methoden”. Wir wollen nicht mehr die sein, die ewig lange redet, weil sie denkt, sie wäre dann besser verständlich. Wir hören immer öfter einfach mittendrin auf. Lassen es und ziehen uns raus, wenn wir merken: “Wir greifen hier schon wieder mehr als das Gegenüber in den Besteckkasten.”.

Und genau das haben wir uns für diesen Hilfezirkus auch vorgenommen.
Immer wenn wir merken: “Ah – du hast dir 2 Löffel eingeplant, weil du heute noch einkaufen musst, weil du noch duschen aushalten können willst und, weil du noch Kraft für positive Ressourcen haben willst – und greifst jetzt schon nach dem dritten Löffel, weil die Person dir gegenüber nicht versteht.”, hören wir auf.
Erinnern uns daran, dass das Gegenüber ja auch einen Besteckkasten hat und warten. Und wissen: wir können nur warten, weil uns Menschen immer wieder so glaubhaft wie nur möglich machen wollen, dass sie uns unterstützen wollen, wann immer wir sagen: “Ich kann das nicht” oder “Ich brauche dabei/dafür Unterstützung”.
Am Ende müssen wir die Menschen beim eigenen Wort nehmen und sie damit überraschen, dass ihre Beteuerungen bei uns nicht links rein und rechts wieder raus gerauscht sind. Oder mit unserer Bereitschaft, ihnen zu glauben und krasser noch: ihnen zu vertrauen und sich darauf zu verlassen, dass sie uns die Wahrheit gesagt haben.

Vielleicht gehören wir zu den Menschen, die sich nur zu anderen hinwenden können, wenn sie hinter sich deutlich spüren, dass die Alternative das Sterben oder auch das “nicht mehr sein” ist. Was – obwohl es sehr ähnlich gelesen wird – etwas anderes ist und damit zu tun hat, dass wir schwer traumatisiert wurden.
Wir haben keine Angst vorm tot sein – wir haben Angst vorm “nicht mehr sein”, denn das ist, was die Gewalt früher so oft mit uns gemacht hat und so viel unaushaltbarer ist, als tot zu sein. Die Toten sind tot. Sie sind eben nicht “nicht mehr”.

Gestern war ein Tag, an dem wir zwei Dinge gemerkt haben:
Erstens: ein kurzer Satz wie “Ich kann das nicht” reicht nicht. Auch dann, wenn das Gegenüber – in dem Fall die Therapeutin – weiß, worum es geht, was es mit uns macht, wie groß die Belastung ist, wie massiv der Trigger ist. Es reicht auch nicht diesen Satz logischer machen zu wollen, indem man seine Umgangsoption mitteilt, die impliziert, dass man selbst nicht involviert ist – weil man es nicht kann.

Zweitens: Menschen mitzuteilen, dass man sich aus Diskussionen herauszieht, weil sie einen ganz grundlegenden Punkt der Argumentation seit einem Jahr einfach nicht kapieren, bedeutet nicht, dass man daraus auch entlassen wird (weil man genau diesen Punkt halt nicht kapiert und ergo keinen Grund sieht, die sich herausziehende Person dann auch in Ruhe zu lassen)
So der Fall im Fotokurs nach der Therapie.

Es gab wieder eine dieser Diskussionen darum, was darf Kunst, was darf Satire, was darf der Fotograf (sic!) und wo sind die Grenzen.
Da sitze ich mit 4 weißen als Männer kategorisierten Menschen in einem Raum und erlebe live mit wie die Jungen von dem Alten lernen, dass man nicht auf Kritik achten muss. “Wer nicht lacht hats nicht kapiert” und “*istisch sind immer nur die anderen aus ganz persönlichen Gründen”.
Es ist abstoßend und schlimm. Für uns. Weil Grenzen aufgeweicht und Verletzungen legitimiert werden. Es wird in Kauf genommen Gefühle zu verletzen, um sich selbst als “nicht langweilig” und “edgy” definieren zu können. Als jemand “der ja nur einen Witz machen will”. Und eben nicht auch als jemand, der missachtet, ignoriert und verletzt, weil er es kann und darf und ihm keine verbindlichen Grenzen sichtbar und einzuhalten wichtig sind – selbst dann, wenn sie aufgezeigt werden.

Für uns ist der Fotokurs nicht nur ein Sprungbrett in eine mögliche Zukunft im kreativen Bereich und eine Ergänzung zu sowieso bestehenden Ressourcen und Fähigkeiten – es geht auch um unseren Willen zur Desensibilisierung von Menschen. Wir wissen, dass wir uns an sie gewöhnen müssen, viel soziales Zeug lernen müssen und auch auszuhalten lernen müssen. Neben allem was das Handwerk “analoge Fotografie” bedeutet und von uns zu lernen wichtig ist, sind dort eben auch Menschengeräusche, Menschenwörter, Menschengerüche, Menschen, die plötzlich und unvorhersehbare Dinge tun, sagen, wollen, verlangen. Menschen, die triggern. Menschen, die überfordern. Menschen, die einfach sind und zwar ganz direkt in unserem Umfeld.
Wir wissen, dass wir da was aushalten müssen.
Die Frage ist nur: Wie viel wovon und wozu?

Für uns ist es keine Option zu sagen: “So sind sie halt – die Männer, die Jungs, die Menschen, die Lehrer, die Schüler … die Anderen”, weil das einfach zu wenig ist. Dafür kostet uns der Unterricht zu viel Geld und zu viel Kraft für Kompensationsleistungen und Aufrechterhaltung der Funktionalität. Dafür geht es uns auch einfach zu sehr viel schlechter nach solchen Diskussionen als den anderen Teilnehmenden.
Und am Ende: Wie eklig wäre es, würden wir uns selbst dazu triezen zu lernen uns zu desensibilisieren, wenn anderen Menschen ganz direkt in unserem Umfeld Gewalt angetan wird bzw. solche Gewalt als legitim bezeichnet wird?
Das ist doch nicht, wie Menschenmiteinander aussehen soll. Das ist doch nicht, womit uns beworben wird, dass sich das Weiterleben lohnt.

Wir haben den Kurs eineinhalb Stunden vor Ende verlassen.
Ich habe mich geärgert, meinem Lehrer den Brief nie zu lesen gegeben zu haben, weil ich Angst davor hatte, er würde sich bloßgestellt fühlen und sowieso gar keine Auseinandersetzung mit seinen internalisierten *ismen wollen. Vielleicht: auch gar nicht leisten können, weil er nämlich auf viele Jahre schauen müsste, in denen er Menschen verletzt hat und dachte, das wäre okay, weil er ja ein okayer Mensch ist, der niemanden verletzten wollte.

Ich will nicht immer die sein, die Menschen Dinge zeigt, die sie übersehen und aus dem Bewusstsein streichen, weil sie das können und ich genau eben nicht. In dieser Rolle ist man nämlich immer wieder die, die im besonderen Maße davon abhängig ist, wertschätzend und anerkennend behandelt zu werden. Passiert das nicht, erlebe ich Verletzung, Verlust von Privilegien und zwar ganz konkret, ganz direkt.
Und genau auch nicht, weil ich das nicht anders verdient habe – sondern, weil solche Gegenüber keine anderen Optionen nutzen sich selbst zu versichern, als eben über solche “Strafen”.

Ich merke, dass wir keine Umgangsoptionen kennen, die solche Situationen und sozialen Konstellationen befriedigend für alle auflösen. Denn befriedigend wäre für diese Gruppe nur sich keine Gedanken machen zu müssen und einfach nur zu hören: “Du bist okay – ich habe etwas Falsches gedacht/gesagt/verlangt. Hier ein Keks.”
Ich habe aber nichts Falsches gesagt/gedacht/verlangt.  Ich habe einfach nur etwas gesagt/gedacht/verlangt, das sie nicht verstehen wollen, weil sie nicht müssen und das für den Rest der Welt völlig okay so ist.

Wir haben noch 6 Termine dort. Und erwachsen und konfliktlösungsorientiert wie ich bin, plane ich uns zu jedem dieser Termine in die Dunkelkammer einzusperren und mir maximal ein “Hallo – schließt du bitte auf?” und ein “Bis nächste Woche” rauszuwürgen.
Ja.
Ich bin echt toll konstruktiv und konsequent in unserem  Plan sich irgendwie mal so richtig mit Menschen auseinanderzusetzen.

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