Tag mit Zahnschmerzen

Plätschern„Ich glaub, die Kariusse und Baktusse graben einen Tunnel aus ihrem Zahnhaus raus.“, sie sitzt im Schlafanzug in der Höhle, streichelt NakNak* über den Kopf und spricht ins Telefon.
Sie erzählt der Gemögten die Geschichte von dem Bullergeddo, das Karius und Baktus, wie dereinst die Siedler von Catan, in unserem Mund errichtet haben. „Mit Spielplätzen und Gärten, wo Gemüse wächst für die ganzen Kinder auch noch!“.

Übertreiben kann sie. Ihre Vermeidungstänze sind immer so besonders kreativ aufgebläht. Haarscharf an der Grenze zwischen ehrlich und tonnenschwer aufgelockert weg, von dem was ist.

Zahnschmerz ist ein Schmerz am Kopfinneren. Einer, der nicht von Schonhaltung oder Anpassungsverhalten weggeht.
Das ist ein Schmerz, der uns mit Leichtigkeit in Ohnmachtsgefühle schmeißt und dort auch hält, bis er weg ist.
Aber Ideen sähen und Welten pflücken kann sie noch.

„Konntet ihr ein bisschen schlafen letzte Nacht?“, fragt die Gemögte. Aus meiner Ecke, etwas von ihr entfernt, schaue ich die Kleine fragend an. Sie schüttelt mir den Kopf zu und sagt: „Ich weiß nicht genau.“.
Sie schweigen.

Im Dunkeln hocken Augen und Schreie, die rausquellen, wenn man sie zu lange anguckt.
NakNak*s Herzchen puckert unter der Hand der Kleinen.

Sie will raus. Stößt sich den Kopf. Hat vergessen, dass sie auf einem Auge blind ist. Taumelt kurz gegen den Schmerzschatten, fängt sich kurz vorm Fall und hopst auf einem Bein weiter. „Wie ein Clown“, denke ich. „Das soll so.“, sagt mir ihr ernster Blick.

„Wann geht ihr wieder zur Frau Doktor?“
– „Üüüühmmmmm ich glaub, ich weiß nicht genau aber vielleicht in 2 Stunden?“

Kurze komme ich mir vor wie einer dieser unförmigen Teletubbies, der ein qieksiges „OhOooh!“ in die Kamera quäkt, als mir klar wird, wie lange ich jetzt gerade schon nebenaußer mir herumschwebe, ohne etwas dagegen zu tun.
„Seid ihr schon angezogen?“
„Schon mit NakNak* unten gewesen?“
„Haben schon alle ihre Wachmacher gehabt?“
„Zähne geputzt, Haare gekämmt und Gesicht gewaschen?“

Jetzt prasseln ihre Fragen, überfordern die Kleine und ziehen an mir wie eine Angelschnur. Ich überlege, ob es sinnig ist zur Schmerzprüfung (harrharr) zur Zahnärztin zu gehen und mir vorher die Höchstdosis Ibuprofen in den Kopf zu schmeißen. Es ist erst morgens- der Tag wird sicher sehr lang… Mir fällt die Junkiedenke auf und ich schwanke schon wieder.

„Hey- äh- kannst du mir grad mal bitte sagen, dass ich auch wenn ich heute Abend noch richtig schlimme Schmerzen haben sollte, eine Möglichkeit habe irgendwas dagegen machen zu können?“
Sie sagts. Verspricht mit uns in die Notaufnahme zu fahren, wenn es gar nicht anders geht. Sagt, dass es okay ist. Sagt, dass ich okay bin.

Sagt, dass ich die Hufe schwingen muss, wenn ich nicht zu spät kommen will.
Wir verabschieden uns.
Verabreden uns für den späten Abend.

Ich springe von einem Punkt zum Nächsten. Bin so bewusst wie möglich, bei dem was ich tue. Keine Schmerzen. Nur Handlung. Nicht ohnmächtig.

14 Stunden später bin ich ein Schemen im Schatten der Höhle, der Fetzen des Gesprächs hört und sich fragt, wie der Tag nun abgelaufen ist.
Dieser Ende- Oktober- Tag mit Zahnschmerzen.

vom Lesen, Schreiben und dem Recht auf Begreifen

179721_web_R_K_B_by_S. Hofschlaeger_pixelio.deVor ein paar Wochen hatte sie mich angesprochen.
Ich weiß nicht warum- vielleicht hatte sie gesehen, dass ich mich mit dem
anderen Nachbarn unterhielt.

Fortan grüßten wir einander, wie es hier in unserem Bullergeddo so üblich ist. Ich streichelte ihren dicken Yorki und lächelte sie an, während wir sprachen. Über das Wetter, die Sanierungsarbeiten an den Häusern, manchmal über NakNak*.

Dann klingelte sie eines Tages bei mir. Ob ich mich mit Heimunterbringung auskennen würde.
Ich sagte ihr, dass ich keine Fachfrau bin und es immer wieder Änderungen in dem Bereich gibt, dass ich aber grundsätzlich nicht unwissend bin.
Wir trafen uns also in ihrer Wohnung mit Teppichboden, Vorhängen und einer Sitzgarnitur, die zur Tapete passt.

Sie schilderte mir ihre Schwierigkeiten und Unklarheiten. Vertraute mir ihre Sorgen und Ängste an, während ich still den felligen Klops zu meinen Füßen streichelte und versuchte meine Irritation, über ihren Schritt an mich heran, zu verbergen.
Ich konnte sie beruhigen und vermitteln, wo sie gut hin kann, um das Problem zu klären; handlungsfähig zu bleiben und nicht unter die Räder des Systems zu geraten.
Ich dachte, damit sei es getan. Dachte: „Sie weiß ja nun, wo sie sich einlesen kann, da steht ja alles und jetzt wird sie mich nicht mehr brauchen.“
Ich ging nach Hause und war so wahnsinnig stolz auf mich.
Fühlte mich so erwachsen und mächtig, weil ich jemandem helfen konnte, sich selbst zu ermächtigen und Hilfe zu bekommen.

Zwei Wochen später, hatte ich einen Zettel von ihr im Briefkasten.
„Wenn du mal Zeit hast kannst du mich anrufen“ stand dort in ungelenk-unsicheren Druckbuchstaben mit einer selbstausgedruckten Visitenkarte dazu.
Ich hatte aber keine Zeit.
Und mir war nicht klar, ob es sich um eine Aufforderung oder eine Frage handelte. Ich wollte sie nicht zwischen Tür und Angel- zwischen Termin und Reorientierungsphase drücken, sondern für beides Zeit haben und mich ihr widmen.

Gestern dann lag ein Schreibentwurf von ihr in meinem Briefkasten. Ein offizielles Schreiben an den Heimleiter der Einrichtung, in der ihre Mutter nun lebt, das mich umkippen ließ. Nicht, weil es so schlecht war, sondern weil ich mich wirklich schämte.
Sie kann ganz offensichtlich nicht gut schreiben und lesen. Hat ganz offensichtlich Schwierigkeiten komplexe Zusammenhänge zu erkennen und zu formulieren. Wer weiß, ob sie die Texte, die ich ihr zu lesen empfahl, überhaupt erfassen konnte.

Heute wurde die OECD-Bildungsstudie veröffentlicht, die offenbart, dass jeder sechste deutsche Erwachsene so und so ähnlich gelagerte Probleme hat.

Meine Nachbarin ist so vertraulich, weil ich ihr überlegen bin.
Nicht, weil sie mich wirklich nett findet.
Sie hat sich an mich gewandt, weil ich vermittelte, ich könne diese Texte und Sachverhalte verstehen.
Ich bin beschämt, weil ich ihre Problematik nicht erfasste und so arrogant war, anzunehmen, sie würde mich einfach so nett finden und deshalb Kontakt wollen.
Außerdem bin ich wütend, weil mir nun klar wird, wieso es für sie so aussieht, als könnten ihr alle zuständigen Beratungs- und Hilfestellen nicht helfen: diese Stellen, werden, wie ich, davon ausgegangen sein, dass sie diese Probleme nicht hat und ihr Dinge gesagt bzw. so erklärt haben, als hätte sie die Grundlagen bereits verstanden.

Ich bin wütend auf den Menschen, der sie einen Vertrag hat unterschreiben lassen, ohne ihn ihr zusätzlich mündlich zu erklären mit der Intension, sie begreifen zu lassen. Für sie muss es gewirkt haben, als hätte er bzw. „das Heim“ (ich weiß nicht, mit wem sie dort gesprochen hatte) ihr nur gesagt, wie toll es ihre Mutter haben würde und damit das alles von ihr auch erlaubt ist, müsse sie nur schnell die Unterlagen unterzeichnen.

Sie ist nicht so machtlos, wie es für sie wirkt- sie ist aber nicht in der Lage, ihre Rechte so durchzudrücken, wie andere, weil sie sie nicht ausgedrückt bekommt, was diese Hilflosigkeit auslöst.
Doch selbst dies wiederum auszudrücken, ist für sie offenbar nicht so möglich, dass sie leicht erfasst werden kann.

Ich bin beschämt, weil auch ich dachte: „Naja, sie ist halt ein bisschen einfach gestrickt, ich nehme hier und da mal ein bisschen was raus, vereinfache das, und dann wird das schon.“, anstatt mal 2 Meter weiter zu gehen und zu fragen, ob sie überhaupt eine Sicherheit über die Grundlagen hat. Mich doch noch ein bisschen mehr darüber zu wundern, dass sich ein erwachsener Mensch von bestimmt Ende 50/Anfang 60 , an einen Menschen, der ganz offensichtlich weniger Lebenserfahrung hat, wendet, obwohl schon einige zentrale Anlaufstellen abgeklappert wurden.

Jetzt wird mir klar, wie groß ihr Hilfebedarf tatsächlich ist, damit sie überhaupt ihre Rechte und Wünsche zum Ausdruck bringen kann und durchgesetzt bzw. gewahrt bekommt.
Eigentlich müsste jedes Mal jemand dabei sein, wenn sie Gespräche mit zum Beispiel den Heimmenschen hat.
So lange bis es für sie selbstverständlich ist, sich den Raum und die Zeit zu nehmen, die ihr eigentlich zur Verfügung stehen.

Sie hat das Recht jedes Mal, wenn es um vertragliche Dinge geht; jedes Mal, wenn aufgrund diverser Bestimmungen und Regelungen Probleme für sie im Raum stehen, so lange nachzufragen, bis sie es verstanden hat. Sie hat das Recht darauf zu pochen, dass ihr Dinge noch mal anders erklärt werden.
Sie hat das Recht begreifen zu können.

Und genau dieses Recht wird ihr beschnitten mit dem Anspruch so eine Fähigkeit zum Text- und Zusammenhangverständnis zu besitzen, wie andere Menschen. Er ist unausgesprochen und lediglich in der Form des Textes bzw. der Situation an sich impliziert.

Inzwischen fühle ich mich nicht mehr nur erwachsen mächtig, sondern auch erwachsen verantwortungsbeladen.
Ich weiß es jetzt. Weiß, was da gebraucht ist.
Weiß aber auch, dass ich die falsche Adresse bin.

Weiß eigentlich, dass das nicht meine Verantwortung ist.
Ich weiß aber auch, dass sie sie nicht formuliert bekommt und alle anderen Kackbratzen da auf ihren Amtssesseln diese Verantwortung negieren, mit dem Verweis darauf, dass sie ja erwachsen ist und für sich selbst eintreten muss.

Ich weiß, dass sie sich gedemütigt fühlen wird, wenn ich ihr sage, dass sie sich unbedingt eine/n FürsprecherIn besorgen muss für den Kontakt mit diesen Ämtern und beteiligten Menschen. Mal abgesehen davon, dass ich nicht einmal weiß, wo sie so eine/n FürsprecherIn finden könnte. Eigentlich ja dort, wo sie schon mal war. Doch da müsste ich sie erst mal wieder hinbekommen, nachdem diese Stellen jetzt erst mal die „Bösen“ sind, die ihr nicht helfen…

Es sind nur Buchstaben und Satzzeichen.
Aber sie sind verdammt mächtig.
Nur weil wir, die wir gut lesen und schreiben, sowie Texte inhaltlich verstehen können, dürfen wir ihre Macht nicht unterschätzen.
Es ist eine Macht, die mit Verantwortung einher geht.

Verantwortung, die getragen werden muss.

mein Schweigen und die Therapie

helldunkelmischNachdem ich in der letzten Woche so mit einem Schweigen rang, so sehr um meine Lautsprache kämpfen musste, saß ich in der Therapiestunde und versuchte das Schweigen weiter in Worte zu wickeln. So fest wie es ging, um es an einem Ende der Therapeutin in die Arme zu legen.

Hatte sie doch gesagt, sie könne etwas aus-halten.
Wollte ich doch nur, dass sie etwas mit mir hält, was mich drückt.

Mir fiel auf, wie viele Schichten Worte ich über die Jahre bereits darum gewickelt habe.
Und wie sie anfing eine Schicht nach der anderen abzutasten- lose Fäden ohne Sicherung herunter hängen zu lassen und das Bündel immer wieder zurückzuschieben, wenn der leere Kern erste Schatten voraus warf.
Immer dann wenn ich denke: „Jetzt ist es gut verpackt und liegt auch noch woanders- jetzt kann ich- jetzt darf ich das Verschwiegene bündeln und aus seinem Nest in meinem Bauch- und Rippenfell herausklauben.“, dann liegt mein Schweigen wieder unverpackt- unversichert- ungebunden auf meinem Schoß und versucht sich wie ein Korsett um meine Mitte zu legen.

Seine Fänge wandern meinen Hals hinauf und drücken zu. Stopfen mir Mund und Nase zu, bringen mich dazu durch die Augen atmen zu wollen. Mein Schweigen ist ein nebulösschwarzschreiendes Biest, das mir die Ohren rauschen macht und mir das Denken vernebelt.

Am Ende war ich dankbar um die Wut der verletzten Ungeholfenen hinter mir.
Ließ mich und meinen Mund sagen, dass es doch nicht die Hilfe der Psychologie- der Psychotherapie- sein kann, für alles ein Wort zu haben.
Sie begann einen Satz mit „Doch….“

und das Schweigen tötete mich für einen Moment.

Jetzt sind viele Stunden vergangen und ich halte es, wie auf eine Spindel gespießt, in der Hand und wickle erneut Worte darum herum.

Ein anderes Innen soll herausfinden, was gesagt werden darf.
Ich fange an zu zweifeln, ob je eines meiner gewickelten Worte gehört wurde.
Frage mich wieder, ob ich selbst das Schweigen bin.

Bin ich für sie?
Sichtbar?
Hörbar?
Warum sagt sie mir nicht, was sie hört, damit ich höre, ob sie mein Schweigebündel gehört hat und mit mir hält?

Ich fühle mich alleingelassen mit meinem Schweigen.
Und jetzt auch noch hilfe-los, weil ich beim „Therapie machen“ versage, obwohl ich mich an die Regeln halte.

Die Ungeholfenen brüllen und haben Recht.
Helfer sollen helfen. Sie sollen nicht lügen, dass man Hilfe bekommt, wenn es keine Hilfe ist. Hilfe ist nicht allein Erkenntnis. Sprache ist hilfreich- aber keine Hilfe.

Ich schweige- trotz funktionierender Sprache.

Und nun weiß ich endgültig nicht mehr, was ich dort in der Therapie soll.
Weiß nicht einmal mehr in welche Richtung ich überlegen soll, wenn sie immer wieder sagt, wir sollen uns überlegen, was wir bei ihr wollen.
Waren die Antworten darauf falsch oder hat sie sie nicht gehört?

Kopf —> Schreibtisch —> liegen lassen

Seit Ende Mai zieht der Satz seine Kreise in meinem Kopf.
Seit Ende Mai, halte ich mir Ohnmachtsgefühle, Hilflosigkeit und seinen Inhalt so weit raus aus mir wie es geht.

Leiser machen? HA HA HA
Kontakt zum Ursprung herstellen? HA HA HA

Ich hefte mich an äußere Dinge, so gut ich es kann. Versuche nicht vor meiner Therapeutin zu explodieren, vor meinen HelferInnen und Gemögten, wenn ich mich damit nicht verstanden fühle. Frage mich inzwischen sogar, ob ich das überhaupt noch könnte, weil mir schon die Kraft fehlt das überhaupt so zu äußern im direkten Kontakt.
Ich spüre noch den Wutfunken, aber auch die Sinnlosigkeit eines Feuers.

Jemand aus dem Innen, von dem ich noch nie gelesen oder gehört habe, formulierte in einem Schreiben, die Wichtigkeit des Verstehens, des Wissens. Der Mehrsamkeit. Den Abtrennungsschmerz.
Ich las es und wusste sofort, dass es wieder vergebens sein würde.

Wenn schon die Erklärung des zu Verstehenden unverständlich ist, dann ist es sinnlos.
Und dann wars wieder nichts mit: „Du musst es erklären- sonst kann dir keiner helfen.“
Wieder nichts mit: „Wenn dich jemand versteht, dann bist du nicht allein.“
Wieder nichts mit: „Wenn du nicht allein bist, dann wird es aushaltbar.“
Und dann, ganz am Ende, auch wieder nichts mit: „Wenn du es aushalten kannst, gehst du nicht daran kaputt. Wenn du nicht kaputt gehst, brauchst du keine Todesängste haben. Wenn du keine Todesängste hast, wird es keine weitere Spaltung im Innen geben.“.

Im Moment könnte ich darüber erstarren. Kopf —> Schreibtisch —> liegen lassen

Aber nein- Stillstand geht nicht. Nicht auch noch außen.
Schnell noch das Buch schreiben, schnell noch sinnlose Tätigkeiten ausführen, schnell noch Kontakt machen und um Himmel Willen!- der Hund, der Haushalt.
Schnell noch irgendwo suchen, was nicht zu finden ist.

Es heißt „Krise“.
Es geht auch wieder vorbei.
Aber fühlt sich verdammt nochmal so an, als würde ich sterben und niemand könnte mich wiederbeleben, weil es einfach niemand begreift.
Wir sind schon so oft auf diese Art gestorben und immer stand am Ende ein neues Innen da, das uns nach der Krise Zeit fehlen ließ. Manche haben Mechanismen in sich, die uns wieder ein Stück mehr das Leben erschweren.

Und jetzt, heute, wissen wir das alles.
Wenn etwas Schlimmes passiert ist, dann sagt man immer: „Ach hätte ich doch…“;  „Wenn ich doch nur…“; „Ich hätte doch dies und das tun können…“; „Hätte ich gewusst…“.

Ja. Ich hoffe dieser Katze schmeckt ihr Schwanz wenigstens.
Einmal im Kreis und wieder von vorn. Es ist egal, wie viel wir wissen. Es versteht immer noch niemand, der uns helfen kann.

Ich lasse jetzt heute einfach meinen Kopf liegen und hoffe, er sagt Bescheid, wenn er sich wieder eingekriegt hat.

Heim, Klapse, Knast

Wir haben einen interessanten Menschen kennengelernt.
Als er uns zum ersten Mal bei uns besuchte, freuten wir uns sehr, weil wir damals gerade wieder eine dieser stummen Kurzphasen hatten. Wir hatten bereits wieder 4 Tage kein Wort gesagt

„Seltsam,“ dachte ich, „dass mir diese Sprachlosigkeit erst unangenehm auffällt, wo ich die direkte Möglichkeit zu sprechen habe.“
Im Laufe der folgenden Stunden sollte sich das Sprechen sogar richtig auswachsen. In ein Reden, Kommunizieren… in ein Aussagen.
Es wurde mein erstes richtiges Gespräch über die Psychiatrie und meine Zeit darinnen seit 2005.

Nicht in die Tasten gedonnert oder durch die Feder meines Füllers gedrückt. Sondern richtig gesprochen und gehört, während ich selbst hörte.
Hörend- da spricht jemand von Kasernierung- wo ich immer von Internierung gesprochen hatte.
Hörend- da kann jemand meinen Gedanken zur Verstärkung einer Essstörung durch Esspläne und Strafsysteme drum rum, ohne Wenn und Aber unterstreichen und ergänzen.
Spürend- da ist soviel Unausgesprochenes, das vermutlich noch nicht einmal vor sich selbst aussprechbar ist- genau wie für mich.

Dass ich nicht allein bin mit meiner Psychiatriekritik, weiß ich schon eine ganze Weile.
Dass ich nicht die Einzige bin die Dinge twittert wie: „Liebe Ethik, könntest du mal im Gesundheitssystem vorbei kommen und mit deiner Anwesenheit glänzen? Du fehlst. Liebe Grüße, die Patienten.“ ist auch klar.
Aber wache, produktiv- reflektierte Bitterkeit habe ich lange nicht mehr gesehen.

Bitterkeit begegnet mir oft. Resignation. Ohnmacht. Wut. Natürlich. Gerade bei anderen Psychiatrieüberlebenden und deren Verbündeten.
Doch Wachheit nicht. Bewusstsein. Ungetrübte Wahrnehmung. Die Möglichkeit ein zwei Gedanken mehr als: „Ist halt ein Scheißsystem das da abgeht“ zu haben.

Ich treffe auch oft auf Alternativforderungen.
Und bin dann doch wieder mit Absonderungsideen konfrontiert. Sei es, dass man sich komplett von dem bestehenden Wissen und allen Erfahrungen der Psychiatrie als medizinischer (und sozio-kultureller) Zweig abwendet, oder doch wieder klassifiziert in „behandelbar“ und „unbehandelbar“.

Im ICD- Rosenblatt gibt es keine Krankheiten.
Da gibt es den chronischen Flauschmangel, die überbordenden (und belastenden) Ideen und die kreativ gewachsenen Gehirne und Körper. Also nichts, was in irgendeiner Form Absonderung und Dressur erforderlich macht, sondern Zuwendung, Austausch, Abklärung und Neukonstruktion der Lebensumgebung.

Also irgendwie: ein Zuhause mit offenen Ansprechpartnern.

Und da ist der Haken. Wir haben noch kein gesellschaftliches Klima in dem solche Räume Usus sind. Wenn es uns schlecht geht, sind wir privilegiert, wenn wir Verbündete haben. Eine Familie, die uns bedingungslos um- und versorgen will/kann/ darf, wenn wir auf Unterstützung, Nähe, Wärme, Zeit und Raum angewiesen sind.

Die Blüten die meine oben erwähnten „Krankheiten“ treiben, haben sowohl ihre Wurzeln in der Abwesenheit von Selbigem oder verursachen keine feste Anbindung an solche sozialen Kontakte.

Wer irre ist, ist einsam. Abhängig und doch haltlos.
Es ist, als sei man falsch gepolt- im wahrsten Sinne des Wortes. Man ist ein Plus-Pol in einer Masse von Plus-Polen und nicht in der Lage von sich aus zu einem anziehenden Minus zu werden. Das ist die „Krankheit“. Das fehlen der Kraft aus sich heraus andere Pole an sich anzuziehen.

Die Lösung dieses Problems war einen einheitlichen Minuspol zu gestalten, der bedingungslos anzieht. Und anzieht und anzieht und anzieht. Alles was auch nur einen Hauch Plus in sich trägt (oder vorgibt), wird unter Umständen angezogen und festgehalten.
Was Plus ist und was Minus, ist immer wieder im Wandel.
Doch immer immer immer wird „das Andere“- das was in einer Masse, als „anders“, „unpassend“, „unangepasst“, „unvereinbar“ bezeichnet wird,  abgestoßen. Es passiert keine Integration des „Anderen“ in seiner Mitte, sondern eine Absonderung, um die eigene Konformität, seine Normen und Werte zu zementieren.

Wir haben gestern Abend über Bethel gesprochen.
Bethel ist ein Stadtteil von Bielefeld, der bekannt ist für seine Epilepsieforschung, seine Hilfseinrichtungen für Menschen mit Behinderungen, für seine sozialpsychiatrischen Betreuungs- und Behandlungsangebote.
Ich hatte mich ein bisschen in meiner Kritik verrannt und es als abgeschlossenes Ghetto für alle die arm, alt, krank, hilflos bzw. hilfsbedürftig, behindert und schwach gelten, bezeichnet. Das stimmt auch. Bethel schaltet und waltet nach Kirchenrecht. Alles was dort passiert, bleibt dort. Die Bedürftigen haben nicht Kraft zu streiken und Mitarbeiter haben kein Streikrecht.
Aber es ist auch ein Beispiel für die Art Integration „des Anderen“ die heute passiert.

Die Menschen, die diese Menschen versorgen und behandeln sind ein Minuspol und sind einzig durch ihre Fähigkeit ohne Hilfe eine Selbstversorgung zu schaffen (und entsprechend in der Lage auch von dort wegzugehen) überlegen. Sie brauchen ihre „Patienten“/ Klienten, weil sie ihren Arbeitsplatz stellen und gehen so in eine Symbiose.
Das ist der Grund, weshalb es so einfach ist, in den Bereichen, der Pflege und Medizin von Wirtschaftlichkeit zu sprechen. Die Hilfsbedürftigkeit der Menschen wird zum Werkzeug, um dessen Nachschub man sich keine Sorgen machen muss. Man beutet also im Grunde die „Irren“, die Kranken, die Schwachen, die Armen und jene, die sich nicht selbst versorgen können aus, ohne dass ein Widerstand von irgendeiner Seite kommt.

„Wieso denn auch- ist doch gut, wenn sich einer um „die da“ kümmert. Die müssen ja nun mal irgendwo hin.“

Nein! Müssen sie nicht! Sie müssen versorgt werden bzw. Hilfe bei der Selbstversorgung (im Falle von Gefängnissen, Hilfe die Gründe für ihre Straffälligkeit zu verstehen und „draußen“ verändern/ verhindern/ regulieren/ abschaffen zu können) haben- mehr nicht.
Es sind nicht sie, die sich hergeben müssen oder die sich anpassen müssen, obwohl sie genau das noch nicht- oder auch nie können.
Das was jemand lernen muss um massekonform zu leben, lernt er nicht in einer Masse, die „anders“ ist, wie er selbst. Und so, wie der Kapitalismus auf diese Symbiose einwirkt, reicht der Einfluss der „Minusse“ (in Form der HelferInnen, PflegerInnen, TherapeutInnen, ÄrztInnen) nicht aus. So ergibt sich ein gewisser Masseerhalt „der Anderen“ und das Rad dreht sich weiter wie bisher. Kapitalismus funktioniert nur mit der Billigung von Ausbeutung.

Was wäre, wenn wir die Bedürftigen unter uns hätten? Wenn wir unsere Kraft aufwendeten und selbst zum Minus würden?
Wir müssten neu lernen. Neue Werte und Normen konstruieren, vielleicht auf Konformität verzichten.
Ja, vielleicht stünde dann öfter mal jemand auf der Straße und brüllt uns an.
Ja, vielleicht hätten wir viel mehr Kontakt mit Körperflüssigkeiten, als uns lieb ist.
Ja, vielleicht würden wir sogar Käfige für unsichtbare Tiger bauen.
Aber was ist denn daran so schlimm? Wer hat denn einen Schaden davon?
Was davon bleibt für immer? Einer der brüllt, ist irgendwann auch fertig. Einer der sabbert, kann lernen sich auch selbst den Mund abzuwischen oder kann einfach auch immer trocken gewischt werden- das machen wir doch bei Babys auch.
Wen stört ein Käfig in der Wohnzimmerecke oder in der Innenstadt? Wir stellen doch auch hässliche Kunstgerüste in die Landschaft.

Es ist ein hinderndes „Kosten-Nutzen-Rechnen“ und die eigene Unwilligkeit, die uns hier im Weg steht und über viele hundert Jahre in Form von Heimbauten und der Institution Psychiatrie bedient wurde.
Wir müssten uns umstellen für eine Gruppe von Menschen, die uns nichts geben kann, womit wir unsere Familie ernähren können.
Streng biologisch betrachtet, also Ballast sind, dessen man sich zum Wohle des eigenen Fortbestands entledigen muss. Würden wir noch in Höhlen leben, wären diese Einrichtungen also etwas, das zum Wohle aller beiträgt. Doch nie war es so einfach seinen Fortbestand zu sichern und zu nähren, wie heute.

Heute sind wir einfach nur unwillig neu zu konstruieren und zu integrieren. Als sei dies etwas, das unseren Fortbestand und unsere Lebensqualität in den Grundfesten unsicher macht. Dabei ist das Einzige was berechtigt Gefühle von Unsicherheit oder auch richtiger Angst hervorrufen könnte, die vor dem uns Unbekanntem.

Wir sollten also alle anfangen uns einander bekannt zu machen. Ohne Stereotype, ohne Wertung, ohne die eigene Lebensrealität im Anderen zu erwarten oder zu suchen.
Doch das gelingt aus freiwilligem Bemühen einzelner Menschen nicht. So lange es Abschiebeinstitutionen gibt, wird abgeschoben.
Heim, Klapse, Knast- übrigens alles Einrichtungen, die von Menschenrechtlern regelmäßig besucht und beanstandet werden. In Deutschland macht dies zum Beispiel die „nationale Stelle„.
Zuhause oder im Sportverein braucht es solche Begutachtungen nicht. Dort ist man Mensch, dort darf man sein. Dort wird man nicht zwangsweise hingebracht. Dort gilt das Grundgesetz.

Es ist nötig den Menschen im „Anderen“ zu erkennen.
Wären unsere Abschiebemöglichkeiten jetzt plötzlich weg, so glaube ich, würden wir das endlich tun. Es wäre krass, es wäre hart, es würde uns oft und an vielen Stellen über unsere Grenzen hinaus belasten. Doch es könnte gehen. Ich glaube, dass das möglich ist.
Ich glaube, wir hätten darin eine Chance, uns mit allen die uns umgebenden Gewalten auseinanderzusetzen und ein Miteinander zu erschaffen, in dem es Ausgewogenheit auf vielen Ebenen gibt.
Wir müssen uns nur trauen.

Hinter den Bildern

Da gibt es etwas, dem ich Raum geben will.
Nochmal, vielleicht ganz explizit hier und jetzt in einem eigenen Artikel und nicht eingeflochten in die Basis des Blogs.

Antikindesmissbrauchspropaganda.
Bei Facebook. Bei Twitter. Bei StudiVz. Bei MeinVz. Bei MySpace. In den Kommentarspalten unter Webartikeln. In den (Selbsthilfe-)Foren von und für Menschen, die als Kind (sexuelle) Gewalt erfahren haben.
Überall gibt es sie. Bilder von Kindern mit Verletzungen. Das Kind in der Ecke das den Kopf auf die Knie legt und sich einrollt. Die zerschlagene Puppe. Der zerfetzte Teddy. Die Kulleraugen mit Tränen drin. Das Kind aus Täterperspektive mit dem Schatten daneben.
„Stumme Schreie, der verletzten Kinderseele, die rote Tränen weint“
Oh man…

Ganz ehrlich? Ich sehe das und möchte kotzen.
Nicht, weil ich schlicht kein Freund von plakativem Zwangsbewusstmachen bin oder, weil mich manche der Darstellungen triggern sondern, weil ich Vorstellungen transportiert sehe, die teils maximal von der Realität abweichen und sich mir oft genug eher die ohnmächtige Hilflosigkeit der Ersteller in den Kopf drückt, als der herzliche Wunsch den Betroffenen zu helfen.
Ja, es sind stumme Schreie. Ja, es geht um Verletzungen. Und ja, manche Betroffenen, weinen auch „rote Tränen“- ritzen sich lieber die Haut auf, als zu weinen.
Es ist einThema das Sichtbarkeit braucht. Das Prävention erfordert. Es ist ein Thema bei dem es um Menschenleben geht und man muss ihm Raum geben.
Aber nicht so!

Gleich mal zu Beginn: „Kindesmissbrauch“ gibt es nicht. Wo es Missbrauch gibt- muss es einen richtigen Gebrauch geben. Menschen sind aber keine Gegenstände!
Gewöhnt euch dieses Scheißwort ab! Auch wenn ihr von „Kindesmisshandlung“ oder „sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ sprecht, werden euch die Leute verstehen! Ja- es dauert etwas länger, bis man fertig gesprochen hat. Ja, es werden mehr Buchstaben gebraucht. Ja, man kann nicht mehr einfach so im laxen Rausch dahersprechen. Aber das Ergebnis ist eine klare Sprache und wenn es einen Bereich gibt, in dem Klarheit wichtig ist, dann ist es dieser.
Es darf keine Ausrede sein, dass „ja aber die ganzen Vereine und so, sich so nennen mit dem Wort drin“ oder auch, dass „ja aber in den Medien überall so geredet wird“.
Zum Einen: Nur, weil die Masse das Gleiche redet, heißt das nicht, dass sie Recht hat- gerade in Deutschland sollte uns das wohl klar sein. Oder ist das Wort „Schacherjude“ auch eines, das so richtig ist, weil es viele Jahre durch alle Medien ging und in aller Munde war?!
Und zum Anderen, sind die Medien nicht jene, die unsere Sprache bestimmen sollten- sie sollte sie abbilden, als beobachtender Zeuge- fertig! Wir sind die, die Zeitung machen- nicht andersherum!

Wenn ich mir diese Bildchen und Fotos ansehe, fällt mir ausserdem eine Art Darstellung auf, die einer Art Ideal entspricht. Es ist sauber, aufgeräumt, kalt auf der einen Seite (zum Beispiel das in die Zimmereckenwand gedrückte Kind, mit den Händen vor den Augen) und offen brutal zerstörerisch auf der Anderen (die zerschlagene Puppe).
Beides Dinge, die symoblisch sind und Dinge krass darstellen, die, an sich, nicht auf diese Art krass sind.

Sexuelle Misshandlung ist nicht sauber und gerade die Misshandlung, die über Jahr hinweg passiert, ist nicht immer offen zerstörerisch.
Was sauber ist, ist das Lächeln, dass die Opfer als Anpassung drüber schmieren. Was zerstört ist, sind nicht die materiellen Dinge und auch nicht ausschliesslich die Seele.

Und es findet eine gefährliche Darstellung von Kindern statt, die meiner Meinung nach, erst recht Täter anlockt und befriedigt. Gerade bei Facebookbildern ist mir das aufgefallen.
Süße kleine Mädchen in sachtem rosa- oder direkt gleich weißen Kleidchen, derartig ausleuchtet, dass ihre reine Unschuld, ein Gänseblümchen daneben, wie eine Schlampe aussehen lässt. Jungen mit glänzenden Lippen und großen Augen, in deren Winkel sich eine Träne befindet. Immer schön von oben nach unten fotographiert.
Ich mag es nicht weiter ausführen, aber wenn man sich vor Augen hält, dass es vielen Tätern gerade um kindliche Unschuld, Größe und Wehrlosigkeit geht, ist denke ich klar, worum es mir geht.

Weiterhin sehe ich eine große Gruppe ausgegrenzt, nämlich die heute erwachsenen Betroffenen.
Es wird sehr oft Kinderseelen gesprochen. Viele Vereine haben ihren Fokus auf der Prävention oder Aufklärung (gegenüber den Kindern). Nur sehr wenige setzen sich dafür ein, erwachsenen Betroffenen zu helfen. Ihnen zu helfen selbst nicht zum Täter zu werden oder ihnen bei der Suche nach einem Therapieplatz behilflich zu sein. Oder auch durch die ganzen Kämpfe, um die Therapie bis zur Heilung finanziert zu bekommen.

Wir leben leider nicht in einer Gesellschaft, in denen Tränen in Kinderaugen harte Herzen weich werden lässt. Wäre dem so, hätten Straftäter keinen Platz in unserer Mitte.
Was aber hier Herzen erweicht, Köpfe anspringen lässt und Hände ins Handeln zu treiben in der Lage ist, ist GELD.

Die Versorgung von Straftätern im Gefängnis. Die Therapie der Opfer. Die Verdienstausfälle von Betroffenen in der Blüte ihrer Jahre. Die Kosten für die Kompensation der körperlichen Folgeschäden von sexueller Misshandlung. Das ganze viele Geld, dass Hersteller und Verbreiter von (Kinder)Folterdokumention (Kinder“pornografie“- auch ein Wort, dass sich bitte endlich abgewöhnt werden soll!) einfahren und für sich behalten…

Genau das ist der Grund, weshalb mich diese Facebookbilder wütend machen.
Mir zeigen die Bilder, wie ohnmächtig und hilflos irgendjemand da draussen im Internet ist und wie sehr er sich wünscht, dass es aufhört. Dass es niemand anderem mehr passiert. Da steht dick und fett: „Bitte lasst uns friedlich und liebevoll miteinander umgehen. Kämpft dafür, dass nichts mehr passiert. Lasst uns die Täter alle kaputt machen- guckt doch, wie traurig und ängstlich dieses Kind ist, dem das passiert.“
Da steht nicht, dass misshandelte Kinder selten vor einem stehen und mit Kulleraugen versuchen ihr Leid zu vermitteln.
Da steht nicht, dass der prügelnde, schreiende, spuckende, einnässende, Drogen nehmende, klauende, lügende, hässliche, stinkende, schimpfende Mensch von 1,50m Körpergröße auch- genauso wie der völlig Unauffällige, derjenige sein kann, der ständig und ständig misshandelt wird.
Da steht nicht, dass die Kosten der Heilung aller, in der Folge von (sexueller) Misshandlung, erkrankten Menschen, in unserer Bundesrepublik, mehr kosten würde, als das, was die letzte Drohne gekostet hat.

Und da steht vorallem nicht, dass WIR ALLE diejenigen sind, die etwas verändern können. Nicht nur die Menschen, denen diese Art der Gewalt nicht angetan wurde, sondern alle!541602_web_R_by_Karl Dichtler_pixelio.de

Vielleicht klingt es blöd, aber an diesem Punkt stehe ich oft da und denke: Wir sind das Volk. Wieso tun nur immer wieder alle so, als sei das nicht so?
Niemand von uns sitzt dem ganzen Drama hilflos und ohnmächtig gegenüber, weil er es will- sondern, weil die Handlungsalternativen so beschränkt sind und sich niemand politisch so beschwert, wie er es privat tut .
Opferschutz gibt es derzeit nur nach Kriterienerfüllung und dann ist dieser auch noch lückenhaft. Entschädigungen gibt es nur nach Entblössung und Rechtfertigung der Opfer. An alles sind Bedingungen geknüpft, die maximal von Herz und emotionalem Hirn entfernt sind. Reglementiert von einem System in dem Geld mehr wert ist, als das zerstörte Innenleben von Menschen.
Doch statt am System zu rütteln, wird im Privaten gerüttelt und Verletzungen dadurch in Kauf genohmmen.

Ich lösche solche Bilder inzwischen rigoros aus meiner Facebooktimeline. Ich unterstütze keine Vereine mehr, die nicht mehr mir direkt helfen möchten oder zu können in der Lage sein wollen. Ich möchte das Private zu etwas Politischem machen, weil ich die Politik als das Organ betrachte, dass unser Privatleben beeinflusst, das es ist.

Ich will nicht, dass jemand von mir denkt, ich wäre ein Kind gewesen, das große Augen hatte und in der Ecke eines Kinderzimmers hockte.
Ich war ein Kind, das völlig normal großkotzig über den Schulhof gerannt ist. Ein Kind, das geklaut, gelogen, manipuliert, eingenässt und später sogar geprügelt hat.
Und heute sind wir eine Betroffene, die ihre schwarzen Momente hat. Eine von denen, die sich eben doch jeden Tag mindestens einmal erschreckt und irgendwie mit ihrer Todesangst zurecht kommen muss und überlegt, ob sie es schafft ihren Alltag und ihre Therapie zu überleben.
Aber ich bin auch  eine von denen, die sich nicht mehr ohnmächtig machen lassen will. Eine die Antworten findet und konsequent in der Durchsetzung von Veränderungen bleiben will.

Und wenn das bedeutet, dass ich Facebookbilder lösche und nicht weiterverteile, nicht öffentlich „Anti-Missbrauchs-Vereine“ unterstütze, dann ist das eben so.
Da steht etwas hinter. Mehr jedenfalls, als hinter diesen Bildern.