nur wollen

„Wir können alles schaffen genau wie die toll
dressierten Affen wir müssen nur wollen
Wir können alles schaffen genau wie die
toll dressierten Affen wir müssen nur wollen
wir müssen nur wollen
wir müssen nur wollen
wir müssen nur wollen
wir müssen nur
(müssen nur)
müssen nur
wir müssen nur wollen…
(Wir sind Helden- aus: “Reklamation”)

Ach ja… die Nummer mit dem Wollen, die aufgedrückte Ausrede um Verantwortung zu verteilen,
die gemeine Art (sich) zu sagen, man sei selbst Schuld…
Phu es dauerte lange, bis wir aus dem Kreislauf raus waren und eins gleichmal vorweg- unsere damaligen Helfer waren dabei keine Hilfe.

ca. 3/4 bis etwas über 14 Jahre alt, “Wenn du es nicht anders willst…” – zerstörende Qualen

15 Jahre alt, Suizidversuch Nummer 9 [oder 10?- Man-Hallo?! Irgendwie war es doch immer das Gleiche], Einweisung in eine psychiatrische Krisenstation, schon wieder.
“Wenn du eine Veränderung wollen würdest, dann würdest du das nicht immer wieder machen.”

15 Jahre alt, Tick Tack- Therapeut, Suizidversuch Nummer 10 [oder 11 weiß der Geier], Rausschmiss aus der Wohngruppe: “Du willst dich ja nicht an die Absprachen halten.”

16 jahre alt, Diagnose Schizophrenie, Nebelwand aus Neuroleptika, Tranquilizern und Antidepressiva, Täterkontakte und Maschinenfunktion in Reinkultur:
“Du musst schon reden wollen, sonst muss ich denken, dass du die Hilfe hier nicht willst”

17 Jahre alt, Leben in der xten Wohngruppe, das xte nichtsagende Gesicht vor Augen,
“Du musst das hier auch wollen, sonst können wir nichts für dich tun”

Himmel wie wir wollten!!! Wollen wollten. Wollten, dass sie alle wollten!
Wie sehr wir in dieser Zeit hinter den Augen standen und aus allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln heraus geschriehen haben, dass wir wollen. Dass wir ein Ende wollen, dass wir Rettung wollen, dass wir Hilfe wollen, dass wir Erlösung von all dieser Qual wollen.

Aber wie das so ist… wenn der Dressierte versucht zu dressieren, kann das prima klappen- aber auch fürchterlich in die Hose gehen, wenn es sich um ein bereits anders dressiertes Tier handelt.
Sie haben es sich leicht gemacht. Sie haben uns gesagt, wir würden nicht wollen, um nicht anerkennen zu müssen, dass sie uns in jedem Fall nicht hätten helfen können. Egal wie sehr wie nach aussenhin deutlich erkennbar wollen würden. Egal was wir gemacht oder nicht (mehr) gemacht hätten- sie hätten uns weder retten, noch erlösen können.
Nur schützen und annehmen. Aber dafür gab es keinen Platz.

Jugendhilfeeinrichtungen sind Heime. Nachwievor. Es sind Gruppen in denen soviele Jugendliche wie möglich verschwinden, damit an anderer Stelle Handeln gezeigt werden kann. Was dann passiert, ist allen egal- ausser jenen die direkt beteiligt sind.
Wie absurd wenig Zeit es dort für die Bewohner gibt, wie abgegrenzt- teils abwertend und auch durch viele frustriend-ohnmächtig machende Momente- verhärmt die Betreuer dort sind; was für eine Verwahrung bis zur Vollährigkeit dort passiert…
“Was sollen wir denn machen, um ihnen zu helfen?- Die wollen ja nich!”
Die moderne Psychiatrie existiert nicht. Man nennt sie so, weil offensichtliche Folter dort auch endlich (weitestgehend) verboten ist. Der Rest ist gleich geblieben. Dort werden alle hingekarrt, für die es sonst nirgendwo genug soziale Anbindung und Nähe während der Krise gibt.  Was dann mit ihnen passiert bleibt lieber verschwiegen… [Ja… Märchen und Mythen alles was man so hört. Ist doch alles ganz anders…] und auch hier wird den Menschen gesagt, sie müssten zeigen, dass sie wollen, dann würde schon geholfen werden und alles würde gut werden. Und auch hier geht es darum an anderer Stelle ein Handeln vorschützen zu können.

Für uns ist es bis heute nicht wieder gut geworden, weil wir gezeigt haben, dass wir wollen.
Es ist besser geworden, als da jemand war, der einfach ganz selbstverständlich sagte:
“Ja aber natürlich wollen Sie! Das sehe ich doch jeden Tag, wenn Sie wieder hier in der Klinik ankommen!”
Rumms! Endlich! Da waren wir 18einhalb.
Ja! Der Mensch sah unsere Kämpfe und erkannte unsere Erfolge an. Es gab Ermutigung und stetiges Cheerleading, hier und da ein Hinweis auf Erfolge, die wir selbst nicht sahen, ab und an ein Schubs der half den Rücken aufzurichten.
Da war dann plötzlich ganz einfaches Vertrauen da hinein, dass wir schon alles tun, was nötig ist, um nicht zu sterben, andere Menschen oder uns selbst zu verletzen.
Und als wir das nicht genau sagen konnten, wurde gefragt, was uns helfen würde. Ganz einfach so.
Ganz offen und ohne den Unterton den der Satz  “Wenn du es nicht anders willst…” mitbringt.
Und mit dem festen Glauben, daran, dass es etwas gibt, das hilft.
Wir hatten immer den Eindruck, dass der Mensch immer etwas Helfendes wusste und es uns im Notfall sogar in die Hand drücken würde.

Wir mussten nie wieder beweisen, dass wir eine Veränderung, eine Heilung, ein Leben wollten.
Endlich hatten wir die Möglichkeit die Energie, die wir sonst für das Schreihen um Hilfe und das “sich Erklären” verwendet hatten, in Dinge zu bringen, die uns das Handwerkszeug dazu erschaffen liessen und nachwievor lassen.

Nein- man muss nicht nur wollen, um zu erreichen, was man will. Man braucht auch jemandem der einem genau das glaubt- egal wie wenig “Wollen” nach aussenhin sichtbar ist.

Als Helfer so fest an seine Klienten/ Patienten zu glauben allerdings, erfordert eine gewisse Art des Nicht-dressiert- seins. Die Helferinnen, die uns am besten unterstützten und teils nachwievor begleiten sind so. Sie erkennen das peitschenschwingende Männchen an, dass ihnen Finanzknüppel; unmögliche Strukturen bei der Arbeit etc. vor die Füße schmeißt, hopsen aber mehr oder weniger offen darüber hinweg und tun das, was sie wollen: Helfen- ohne Wenn und Aber.
Sie machen was von ihnen verlangt wird- aber sie tun es so, wie sie es für richtig und wichtig und sinnvoll halten. Ganz gleich was es für Unsicherheiten gibt oder was ein schlauer Lehrinhalt ihrer Ausbildung dazu sagt. Sie benutzen ihren Kopf, der auf ihrem starken breiten Rückgrat steckt.

“Solange es Ihnen hilft- mache ich das eben”

So ein Geschenk auszuhalten ist wieder eine andere Sache.
Aber es hilft zu wissen, dass es da ist und, dass man es nicht wollen muss, um es anzunehmen.

Gruppen und Menschen mit Gruppen in sich

“Beschreibe dich kurz selbst, damit alle wissen wer du bist”
– “Ich bin… Ich … äh – Moment mal- will ich eigentlich, dass hier alle wissen wer ich bin- und …äh… wer, zum Geier, ist eigentlich mein Ich?!”
Es war irgendeine Quasselgruppe in der Klinik und eigentlich ärgere ich mich immernoch, dass ich nicht bei dieser Frage geblieben bin.
So ein hochtherapeutisch wertvoll-Erwartetes: “Ich bin die Falfalla Regenbogen, 45  jahre alt, hab 3 Kinder und steh auf Arbeiten mit Speckstein..” zu produzieren, ist der erfüllte Standart… und entsprechend irgendwie auch sinnbefreit.
Einfach mal kurz über die Frage nachzudenken und dann entsprechend zu antworten… hm.
Dafür war in der Quasselgruppe leider kein Platz. Dabei wäre es eigentlich doch ein Schritt zur Veränderung gewesen.

Ach überhaupt ist in solchen Gruppen viel zu wenig Platz für Veränderung. So eine flache Vorstellung kann man falten, lochen und in den Patientenaktenschrank stecken. Man kann sie sich aber auch aufrollen und nebens Klo stellen.
Wir haben ja schon einige Gruppen”therapien” durch.
Sprachknallfrage nebenbei: Wieso heißt es Gruppentherapie?
Eigentlich sagt der Begriff ja soviel wie: “Oh da ist ne echt kranke Gruppe- die werden wir mal therapieren.” Und nicht: “Hach- hier haben wir ne Gruppe von kranken Menschen- wenn wir die alle zusammen- in einer Gruppe- therapieren erreichen wir […Passendes bitte selbst ausdenken…], als uns jeden einzeln vorzunehmen.”

In der Klinik, in der wir die letzten Male waren, gilt die Devise, dass jeder sein Paket für sich behält.
Ha ja witzig. Dann sollte man vielleicht aber auch gleich konsequent bleiben und solche Ansagen wie: “Erzählen sie mal wer Sie sind, damit alle Bescheid wissen.” nicht unbedingt an jene richten, die ihre Identität größtenteils wegdissoziiert haben.
Es ist das Eine von den Klienten zu erwarten, sich soweit zurück zunehmen, dass sie andere Klienten nicht übermäßig belasten. (Das ist grundsätzlich natürlich in Ordnung- aber ich hab auch nie das dringende Bedürfnis gehabt jemandem, von dem klar ist, dass er belastet ist, meinen Dreck unter die Nase zu halten und habe auch noch keinen anderen Multiplen getroffen, bei dem das so gewesen ist. Die Regel erzeugt aber Druck- Schweigedruck, der sich oft mal noch so richtig schön ausdehnt)
Das Andere sind jede Menge Schrägspalten, die sich dadurch auftun und die ganze Zeit mit irgendwelchen Blödsinnigkeiten überbrückt werden müssen. Meist jenen, die den Alltag ausserhalb der Klinik schon so schwer gestalten und Spaltungen vertiefen- wenn nicht sogar hervorrufen oder verfestigen.

Für uns ist der Kontakt mit Menschen- womöglich noch in geschlossenen Räumen- schon eine gewisse Herausforderung. Schon so müssen viele Schotten geschlossen und geschützt werden- und das immer bewusster, je weiter die Therapie voranschreitet.
Dann die Tänze der Konventionen und Gebräuche. Wenn man unsicher ist- so wie wir, dann rutschen wir auf Knieen wenn wir Impulse, Körperreaktionen, spontan anwallende Gefühle und Gedanken direkt ansprechen können.
Das kann man so geschützt sonst nicht. Und tragischerweise erst recht nicht in so einem Quasselgruppensetting (das doch eigentlich supergeschützt ist!).
Doing- Entwicklungschance vertan zu Gunsten der schon im Alltag übermäßig kräftezehrenden Spaltung.

Bei unserem vorletzten Aufenthalt dort in der Klinik, war es Sommer und die Hitze brannte uns im Rücken- Oy vey!- Wir haben Blabla gemacht und gleichzeitig Dauerrealitätscheck, dass es kein Feuer auf der Haut ist. Wenn ich einfach gesagt hätte: “Äh Tschuldigung- äh ich werde nicht gerade verbrannt, weil ich etwas Höchstfrevelhaftes tue… oder? Lieber Therapeut der Massen… kannste grad mal gucken und laut für mein Innen sagen?”, wäre die Sache innerhalb von 5-10 Minuten durch gewesen. Kräftesammeln fürs in den Schatten setzen und fertig. Aber nein- man soll ja sein Paket für ich behalten und möglichst nur sein Gruppenplätzchen einnehmen… also: Klappe halten (wie früher), aushalten (wie früher) und sich selbst helfen (wie früher) Ich würde mal frech behaupten, dass dies nicht wirklich vorgesehen ist im Konzept der Gruppenheilung durch Kolletivtherapie.

Ich will nicht sagen, dass es immer so läuft und schon gar nicht, will ich sagen, dass Quasselgruppen grundsätzlich schlecht sind. Aber doch bitte nur mit wirklich Platz und Offenheit. Platz für Offenheit. Raum für Veränderung.
Manches Mal dachte ich, dass es gut wäre, wenn es in “unserer Klinik” eine Gruppe für Menschen mit DIS gäbe. Man könnte sie auch einfach Gruppe Regenbogen nennen oder so… niemand ausser den Klienten und Therapeuten müsste wissen worum es dort geht.
Man könnte sich klemmen zu sagen “Wer bist du?”, könnte einfach fragen: “Wie möchtest du angesprochen werden?”.
Man könnte diese ganzen Anpassungsbandagen, die sich stramm über die Kluft von heute und gestern, von innen und aussen, von real-berechtigter und real-unberechtigter Angst und von Ansprüchen und Anforderungen, einfach für einen Moment abnehmen und gucken, was sich für ein Bild ergibt.
Kein “Wer bin ich” nur: “Ich bin Wir und wir sind existent” und das wollen wir grad einfach mal nur ganz global begucken…

Vielleicht ist es zu basisch für eine eigene Gruppe. Vielleicht ist die Basis je zu individuell.
Vielleicht aber stößt man einfach auf eingeschliffene Muster und kommt nicht mehr raus.

Schönes Geschliff-Phänomen: reges Gespräch in der Quasselgruppe- der Therapeut kommt rein und zack: Schweigen
Was folgt ist Blabla und sich wiederholende “Wer kennt das von sich”- Fingerzeige, die man eigentlich schon Tage vorher in der Raucherecke sah.

Eine Gruppe Multipler hätte mehr von solchen Fingerzeigen. Es müsste viel mehr überdacht und nachgefühlt werden. Könnte viel mehr in Bewegung kommen, wenn sie nicht in Gruppen sein müssten, die sie- ganz unbewusst und unbesprochen- in ein Korsett der Anpassung drücken.

Wir haben uns nun gegen die bequem zu erreichene Klinik entschieden und lassen uns auf die eine oder andere bis zu eineinhalb Jahre lange (!) Warteliste setzen (selbstverständlich erwartend, dass die Krankenkasse dann zweifelt, ob wir den Aufenthalt ernstlich brauchen- konnten wir doch so lange warten…).
Obwohl da unsere uns bereits sehr lange begleitendene Seelenfrau ist und wir wissen, dass es heikel ist, irgendwo neu zu beginnen.
Aber inzwischen ist das ganze Klinikkonzept hier im Grunde nur noch eines: eine Ansammlung von Quassel- Achtsamkeits- Übungs und was weiß der Himmel nicht noch- Gruppen.
Gruppen in denen die Ansage: “Stellen Sie sich doch bitte vor, damit wir alle wissen wer Sie sind” im Duett mit dem weißen Rauschen aus: “Jeder behält seine Probleme für sich bis zum einmal in der Woche vorkommenden Einzelgespräch” im Hirn herumgeistert.
Gruppen deren Inhalte triggern.
Gruppen die schlicht langweilig sind, weil die gleichen Infos seit Jahren vergeben werden.
Gruppen die nicht dem Leben von Menschen entsprechen, die keine Arbeit haben.
Gruppen die durch viele Faktoren nie zu echten Gruppen werden.

Gruppen in denen Menschen mit Gruppen in sich, wie ein Korken immer wieder an die Oberfläche der Themen gedrückt werden, weil sie etwas hinterfragen (müssen) um sich zu entwickeln, das einfach immer zu groß, zu komplex… immer viel zu viel(e Innen-Ansichten) bedeutet, um dicht genug für ein tieferes Absinken zu werden.

Nunja. Mal sehen, ob sich aktuell noch eine Klinik findet, in der wir indivduell arbeiten können… Derzeit steht auf vielen Kliniken nämlich “Trauma” drauf und ist schlicht nur “Gruppe” drin- danke auch Gesundheitssystem…

die Bedeutung von Krickelkrakel

Ich weiß nicht, ob das, was mir hier begegnet noch für viele andere betroffene Menschen gelten kann. Aber ich schreibe einfach im Lauf der Dinge und dies ist nun einmal ein Teil über das ich heute gestolpert bin, also bekommt es seinen Platz.
Worte und Krickelkrakel in Bezug auf erlebte Gewalt.

Wir sind gezwungen uns zusammenzufinden und mit dem zu befassen, das uns einst so hat auseinanderbrechen lassen. (Siehe OEG- erster Akt)
Also suchen wir uns Inseln, in denen es uns gut geht und wir gut aufeinander achten können (oder wir einigermaßen sicher sind, dass uns aussen jemand reorientieren kann, wenn es zu stark kippt und ein “Flashback” droht), und tragen unsere Erinnerungen zusammen.

Ich sehe wie die Zettelhügel wachsen und denke jedes Mal, dass doch nun genug sein muss. Jetzt muss doch genug zusammen sein, um klare Angaben machen können, wann, was, durch wen und wo geschehen ist. Aber das ist es nicht. Kaum eine dieser W- Fragen ist wirklich beantwortet- immernoch nicht- und längst nicht so wie es für die Akten sein müsste.

Manche Innens kratzen all ihre Kräfte zusammen und versuchen einander die Hand zu halten, während sie etwas aufschreiben. Manch einer hebt ein anderes Innen (mit) aus der Situation heraus, um gemeinsam von “oben” drauf zuschauen und zu sehen was passiert ist. Das ist ein bisschen wie diese Schwimmhilfen, die aber nur eine Weile halten. Für kurz ist es möglich einen Zustand aufrecht (hoch-von obendrauf schauend) zu halten, in dem das realisierbar ist- aber über kurz oder lang gibts ein Loch und das Innen fällt wieder mitten hinein. So kann dann vielleicht eine “Was (ist passiert)” Frage (in Teilen) beantwortet werden, aber selten eine Wann, Wo, Wer- Frage.

Manchmal wird aus meinem Kopf auch nur ein stark aufgedrückter Krickelkrakel herausgepresst und ein Laut hinterher gewürgt, der für dieses Innen schon das höchste jemals nach aussen Kommunizierte in seiner ganzen Existenz ist. Und eigentlich- so denke ich- kann ich (und sollte jeder, der das von dem Innen gezeigt bekommt) dafür noch auf Knieen rutschen, weil dieser Krickel so derartig vollgestopft ist, dass mehr auch gar nicht erwartet werden darf.
Es ist schon alles da drin.
Es ist nach aussen ein bloßer Krickel. Nach innen ist es eine Explosion.

Ich musste so daran denken, als mir Mensch XY von einer “Vorführung” seines Kindes erzählte.
“Da hat sie mir gezeigt, wie sie malt, dann ging sie an den Schrank und holte ein paar Sachen raus… und ging wieder an den Tisch prusselte da ein  bisschen herum… und immer wenn ich dachte: “Jetzt ist es wohl zu Ende”, sagte sie: ”Nein nein ist noch nicht zu Ende! Geht noch weiter!”…Sie machte nichts Aussergewöhnliches- aber die “Vorführung” war noch nicht zu Ende… haha was auch immer sie mir eröffnen wollte- ich habs wohl nicht erfasst”.

Ja…
Genau so ist es mit dem Krickel auf dem Blatt. Was auch immer da steht- ich kanns nicht lesen. Und obwohl ich eine leise Ahnung habe und über diese meine- unsere eigene Geschichte spekulieren kann (wenn ich mal nicht in meiner kleinen Vermeidungsblase hocke und mir den Highscore von Tetris vorsumme), kann ich die Sprache, die dieses Innen für mich zu benutzen versucht, nicht verstehen.

Keine Worte zu haben oder nur einen gleissend weißen Flecken für bestimmte Dinge zu haben empfinde ich, für mich, spontan immer als das Schlimmste. Durch diese Krickel und die zusammengestümmelten, mit Buntstift auf Papier gepressten Wortschleifen, sehe ich, dass es aber noch etwas viel Schlimmeres zu geben scheint.
Nämlich den Zwang Worte haben zu MÜSSEN, weil alles andere schlicht nicht zählt oder Mundsprache unter grässlichen Strafen verboten ist oder sprechen zwar ginge, aber nicht vor der Polizei oder weil es schlicht noch keine Denkarien wie in Harry Potter gibt, mit denen man seine Erinnerungen für das Gegenüber sichtbar machen kann, ohne wirklich aktiv mehr tun zu müssen, als einfach die Erlaubnis dazu zu geben.

Wir Menschen sprechen und schreiben unsere Worte immer so dahin.
Doch wie wichtig und wertvoll unsere Sprache ist, das merken wir doch immer erst, wenn wir uns nicht mehr auf sie verlassen können.

Oder wir einsehen müssen, dass die Geschichte hinter einem Krickelkrakel- Wortschleifen-Satzgefetz viel zu groß für Worte ist.

500 Gramm biographische Amnesie bitte!

Ich bin für “Entweder- Oder- Dissoziation”.
Also wenn mal jemand eine entsprechende Petition aufgeben, Demoplakate und Banner mit mir machen will…

Ich gebe zu, obwohl es nach der ganzen Therapiezeit nicht mehr viel Versteck- und Vermeidungsmöglichkeit gibt, suche ich sie natürlich immer wieder noch auf und will manches einfach echt wirklich nicht mitkriegen und wissen und waaa- man ja- manchmal will ich bitte einfach nur meine Vermeidungsblase zu machen und mir im Stillen die Melodie von Tetris vorsummen.

Es ist jedes Mal ein Abgrund, der sich vor mir eröffnet. Ein echter Abgrund, mit nicht nur der flachen Dimension die man so objektiv sieht.
Vorhin stand ich vor dem Supermarkt und versank schon wieder halb in meinem Körper.
Es sind so diese Switchnähte, die so krass anfällig für Auflösung sind.
Außerhalb des Marktes ist der Wegegänger, innerhalb des Ladens stampft Frau Zarin ihre Schneisen- aber genau dazwischen gefordert zu sein, macht alles kaputt.
Vielleicht spricht uns einfach nur jemand an, vielleicht ist unser Metabolismus anwesend, als eine Mutter ihr Kind in den Rücken tritt, vielleicht ist es auch nur ein Regenguss, unter Umständen ist es einfach nur ein offener Schnürsenkel.
In jedem Fall kriege ich plötzlich mit, in was für Sphären sowohl Frau Zarin als auch der Wegegänger herumfliegen. Und… ich drücks mal so aus: Die beiden wissen noch besser als ich, dass das Leben ein verfluchtes Minenfeld ist.

Sie sind funktional- sie haben ihre Methoden sich zu sichern, sie haben ihre Anker und ihre Strategie. Aber eines haben sie gemeinsam: Sie haben Angst und sie schützen Innenkinder.
Ich stehe davor und merke einmal mehr, wie wichtig die Dissoziation war, merke inzwischen aber auch, dass in dieser Switchnaht gerade ich- ausgerechnet ich!- der einzige Schutz für diese Innenkinder bin.
Und das ist der Moment.

Da ist der Abgrund. Das ist ein mörderischer körperlicher (Nach-) Schmerz der mir das Rückgrat zu zerbrechen in der Lage ist, da ist Angst, da ist der Verlust vom Glauben an das Gute im Menschen. Total offen und wund vor sich hineiternd.
Ich will das nicht sehen. Ich will das nicht fühlen. Ich will das nicht wissen.
Hallo? Ich wär jawohl schön blöd mir so den Tag zu versauen! Ich hatte grad son schönes Gespräch und die Sonne scheint! Ich will jetzt nicht fühlen wie real meine Seele noch immer in alter Zeit hängt und ganz und überhaupt will ich nichts davon mit mir im Zusammhang fühlen!
Also kneif ich die Augen zu und summe Tetris vor ich hin…. und fange an mir einen Text für meine Internapetition auszudenken, während ich gleichzeitig meine Reorientierungskisten abspule und den Körper aus der äußeren Situation manövriere (Ja- ich kann das: auf einem Bein hopsend meine Schuhe zubinden und währenddessen Klopapier und 6 Liter Milch ausbalancieren! Wer so vermeidet wie ich- der kann das irgendwann haha). Irgendwann hab ich mein Gehirn so überlastet, dass nur noch die Frage: “Wo wohne ich eigentlich?” gebraucht wird, um mich wieder wegzukegeln.
Und ja: Ich weiß verdammt nochmal ganz genau, dass ich in dieser Situation auch einfach hätte cool bleiben können und mich dem was sich da vor mir auftut stellen können.

Aber ich weiß genauso gut, wie das in der Regel ausgeht- nämlich mit ner ganzen Menge Autsch!
Allein schon wie es sich anfühlt, wenn eines der funktionalen Innenkinder “da war” und im Körper nur noch der Nachhauch eines Nachhauches herumirrt. Es ist furchtbar!
Und genau um mich vor solchen Gefühlen zu schützen gibts ja die Dissoziation.
Nur leider hab ich schon Therapiefortschritte gemacht und jetzt geht das nicht mehr immer so leicht.
Es gibt immer öfter solche Situationen, wie heute, in denen ich sowas wie “inneren bewussten Sichtkontakt” mit so verletzten Innenkindern habe und mehr oder weniger bewusst real wählen kann: Vermeidung und der Abschuss in die Dissoziation (durch mehr oder weniger gezieltes Wegtriggern) oder Hingucken und dran arbeiten.

Ich hätte bitte gerne, dass mir einer die Entscheidung abnimmt. Das ist beides so… mee!
Vermeidung ist scheiße, weil man die Energie einfach für so viele andere viel tollere Sachen verwenden könnte. Aber hingucken und der Rattenschwanz dazu tut so saumäßig weh!
Ich hätte gerne meine Alltagsdissos, so wie heute noch mehr bitte weg. Ich mags, wenn ich mitkrieg was für ein Leben wir so leben- aber die inhaltlichen Dissos, die könnten gerne wieder so komplett doll sein, wie früher.

Also… wer fährt mit mir zum Lebens- Wunschkonzert und hält Banner hoch?
Oder geht mit mir ins Dissokaufhaus… dicke fette biographische Amnesien und Unbewusstsein kaufen?

Superwomen, Möhrenwürfel und Heilung

Sie sagt, ich hätte alles Recht mich fallen zu lassen.
Sie fragt, wieso ich mir das alles antue. “Weißt du wie du hier vor mir stehst? Du hast schon wieder diesen Buckel und du guckst schon wieder nur noch von unten nach oben.”

“Ja- kann sein.” Ich merke wie eine Wut von einem Innen durch mich herausschießt- der Buckel wird zum Panzer, mit verletzenden Stacheln besetzt. ”Und- was soll ich drüber heulen? Wem hilfts? Änderts was? Hats das je getan?” Meine panische Angst vor der Reaktion meines Gegenübers rast durch den Körper gepaart mit einem innigen Wunsch nach den Tritten, Schlägen und Demütigungen, die ich jetzt erwarte.

“Hey- ich weiß schon! Guck mich an- ich bins!”
Nein- ist sie nicht oder doch? Oder nicht? Oder? Ich kann nichts mehr sehen- es schiebt sich alles ineinander- meine Ratio hängt wimmernd in irgendeiner Ecke und knüpft sich einen Strick aus Fäden von Heute und Gestern. Mein Körper fängt an um mich herum zu schlackern, meine Lunge schrumpft, mein Herz schaltet auf Schnelldurchlauf… die Haut wird kalt.
Hinter meinen Augäpfeln wird sie zerschossen, während gleichzeitig das Betteln, um gnadenlose Gewalt an sich immer lauter wird. Ich betrachte meine Ratio die inzwischen wie eine Stoffpuppe von der Naht zwischen Heute und Gestern herab baumelt, während ich vor der Gemögten stehe und mir die Worte aus dem Hals zu pressen versuche.

“Hallo? Bist du noch da?”
Ich höre sie wohl, ich bin noch da. Ja.
Sie versuche diese Lupe aus Tränenflüssigkeit und Vergangenheit beiseite zu wischen, während sie aufsteht, die Tüte mit gefrostetem Suppengemüse aus dem Tiefkühlfach holt und mir auf die Hand legt. Die Eiskristalle ziehen mich an dünnen Fädchen aus den tieferen Schichten des Innen näher an de Oberfläche. Zerschneiden den Strick meiner Ratio, die mit einem dumpfen Plums auf dem Boden meines Bewusstseins landet.
”Gehts?”
Ich halte die Tüte an meinen Bauch und nicke.
Eigentlich will ich jetzt in der Tüte verschwinden. Selber ganz eingefroren und konserviert sein. Ich will grad nicht in meinem Leben sein und gar gekocht werden von dieser heißen Wut, dem Hass, dieser Verachtung und immer wieder dieser Panik vor der völlig selbstverständlich erwarteten Wiederholung von Gewalt an uns.
Ich will ein kleines Möhrenwürfelchen sein.

“Hm?” Sie lächelt. “Ihr müsst nicht Superwomen sein.”
“Superwomen gibts gar nicht richtig- die hatte nie wirklich echte Superkräfte aus sich heraus. Die, die du meinst hieß Wonderwomen. Und Wonderwomen kann ich nicht sein, sonst muss ich wieder diesen Kampf gegen den Diagnosestempel der Schizophrenie führen, wenn ich sag, ich hätt ein unsichtbares Gefährt…”
”Du weißt, was ich meine.”

Ja, ich weiß was sie meint.
Es gibt Aussteiger, die sich direkt einweisen lassen, weil sie genau diese Selbst-s-Folter, diese immer wieder aufwogende Panik, Verunsicherung, Erinnerung, dieses bewusste geistige “zwischen den Welten stehen”, wie wir es gerade durchmachen, nicht mehr aushalten (können oder wollen).
Es gibt Menschen, die über einen OEG- Antrag und alles was dazu gehört, in unserer Situation nicht einmal nachdenken würden.
Es gibt Menschen, die ohne auch nur ein einziges Medikament nicht durch unsere Nächte kämen.
Und ja- noch weniger Menschen würden genau darüber schreiben, so wie wir.
Aber wir sind ja nicht “die Anderen”. Und wir wollen es auch gar nicht sein.

Wie kommt es, dass ich mich nicht einmal seelenglobal bemitleiden kann ohne, das es heißt, meine Gesamtsituation wäre ja auch viel zu viel? Ohne, dass es heißt: “Du musst nicht Superwomen sein?”. Wieso mussten wir immer Situationen, die andere als so besonders hilfreich bewertet haben, aushalten, (weil es ja das Beste für uns wäre)- in Situationen aber, die wir bewusst erleben wollen und die wir auch so wie sie sind verarbeiten wollen, zu hören bekommen, es wäre ja auch alles zu viel und man könnte sich ja auch mal fallen lassen?

Ja, ich könnte mich fallen lassen- das mache ich doch auch. Was ist denn die Erwartung? Der große dramatische Knall?  Reicht denn das was ich tue nicht?
Ich weine doch nicht, weil ich zwischen den inneren Welten zerrieben werde. Darüber kann ich überhaupt nicht weinen- in Bezug darauf habe ich lediglich zig Fragezeichen und sauge jede Information auf, um beide miteinander zu einer verschmelzen lassen zu können.
Dieser OEG-Antrag ist viel mehr als nur das Aufschreiben von Taten. Meine Güte- ja- schön ist es nicht diese Gewaltorgien aufzuschreiben- aber kaputt machen wird mich nicht das, sondern eher die Politik und der Umgang mit mir als Mensch, der diese Taten an sich aushalten und überleben musste! Darüber zu heulen und mich dann fallen zu lassen, wäre einfach nur systemunterstützend- also hätte es keinen Sinn. Ergo tue ich das nicht!

Aber wenn ich über meinem Buchmanuskript sitze und während des Schreibens merke, wie sich mir Innens nähern und mir einen Teil ihres Wissens und ihrer Gefühle von damals reichen, um sie aufs Papier zu kleben…
Wenn ich mich dann kurz in meinen Sessel fallen lasse, um einfach nur für diesen Moment nichts weiter zu tun, als diese Innens- diese entfernten Teile von mir selbst !!!- zu beweinen… dann- genau dann!- mache ich doch genau das, was mir gesagt wird. Dann lasse ich mich doch fallen.
In dem Moment kann ich niemanden gebrauchen, der mir sagt, es wäre ja eh alles grad so schwer. Oder der mir sagt, morgen würde schon alles besser. Oder der mir sagt, ich müsste nicht Superwomen sein und damit implizieren, was ich hier täte, wäre wer weiß was für ein übermenschlicher Akt.
Das mag für Menschen, die das alles für sich allein schultern müssten, vielleicht zutreffen. Aber für mich und meine Innens ist das nicht so. OEG, Welten- bzw. Werteverschmelzung, die Realisierung von früherem Erleben und der Annahme weggedrückter Gefühle… das sind drei komplett verschiedene Bereiche.
Und nur einer davon hat das Potenzial mich richtig in die Kniee zu zwingen.
Nämlich der, der beinhaltet nicht mehr getrennt zu sein von dem was ich/ wir unser ganzes Leben lang immer und immer wieder von einander wegdissoziiert habe/n: Unsere Geschichte, unsere Gefühle und uns selbst.

Dann brauche ich, dass mich jemand daran erinnert, dass ich das alles schaffen werde. Dass ich keine Superkräfte brauche, um diese Gefühle und Informationen in mir aufzunehmen, sondern, dass das alles bereits in mir drin ist- ich es aber zum ersten Mal bewusst selbst wahrnehme.

Dass Heilung eben auch mal weh tut. So weh, dass man manchmal auch einfach zurecht ein klitzekleiner Möhrenwürfel in einer Tüte Suppengemüse aus dem Tiefkühlfach sein will.

Selbst-s-Folter ist immernoch Folter

Also ganz ehrlich- ja- wir sind ne Sprachmimose. Ja ja ja stimmt!
Wir haben ne Grammatikmacke und hassen es, wenn Menschen “zu” und “nach” falsch verwenden, kriegen die Krise, wenn jemand “als” und “wie” falsch einsetzt und schreihen auf, wenn jemand meint die Begriffe “Vergewaltigung” und “Zwang” synonym verwenden zu können.

Aber wenn sich jemand hinstellt und meint, Folter sei nicht gleich Folter, wenn ich von Folter spreche… da zieht sich nicht nur mein Mimonseninnenleben in sich selbst zurück, sondern mein dunkelbuntes Imperium breitet sich aus wie die Nesselkapseln einer Feuerqualle.

Der Begriff der Folter beschreibt Handlungen um jemandem seinen Willen zu brechen (und in Folge dessen an Informationen heranzukommen oder ihn allgemein gefügig zu machen bzw. zu halten). Diese Handlungen sind immer und in jedem Fall quälend auf irgendeine Art und Weise. Und sie hinterlassen immer einen Schaden.

Mag sein, dass man heute den Begriff nur noch im Zusammenhang mit pseudopolitischer Auseinandersetzung (Politik geht ohne Gewalt- für uns ist Krieg immer nur Gewalt- deshalb steht hier “pseudopolitisch”) hört und dann direkt an sogenanntes “waterboarding” oder vermummte Menschen mit dicken Peitschen in der Hand, denkt.
Dass, auch andere Handlungen völlig subtil und vorallem aus dem eigenen Körper herauskommend, gleichsam eine Folter darstellen können und auch genau als solche empfunden werden, das scheint aber irgendwie doch “übertrieben ausgedrückt”.

Ja danke auch!
Ich geleite mal von oben draufschauend in unsere eigene Folterkammer.
Wir haben einen Kontakt gemacht, der uns gut tut. Der uns Spaß macht und den Horizont erweitert. Der absolut nichts mit den früheren Loyalitäten zu tun hat.
Konflikt: Altes gegen Neues.
versuchte Lösung: Politik- gibst du mir, geb ich dir
innere Ausführung: Maßnahmen, um die politischen Feinde im Innern in ihrem Willen zu brechen, ein neues Leben zu beginnen und an die Gesetze von früher zu binden.
Mittel der Wahl: Todesangst
gern genutzter Verstärker: Schmerzen, forcierte und immer wieder bestätigte Verunsicherung, Bilder der Folgen, die das Handeln haben kann, direkt ausgeübter Zwang quälend peinigende  Handlungen von früher durch die eigene Hand zu wiederholen
Unterm Strich: Selbst-s- Folter!

Ja, es sieht für Aussenstehende aus wie selbstverletzendes Verhalten, eine Essstörung, eine Zwangsstörung, wie schlichte Flashbacks- für uns aber- für unsere Innenkinder und uns Alltagspersonen, die komplett zwischen den inneren Stühlen stehen und einfach nur noch ständig und immer hilflos mit der kleinen weißen Fahne wedeln können, ist es verdammt nochmal Folter.

Ja, ich denke, in diesem Beitrag mache ich mich auf. Ja, ich glaube es ist von Sinn, wenn ich es zeige. Es zeigt eine Dimension.

Insgesamt 20 Stunden nicht zur Toilette gehen zu dürfen (und jedes Mal bei einem Versuch dorthin von Bildern und furchtbaren Gefühlen überflutet zu werden), weil man mit einer Gemögten gesprochen hat, die einem anbietet, etwas anderes zu tun, als das was einem die BÄÄÄMs aufdrücken wollen- ist Folter.
Seinem Körper hilf- und tatenlos dabei zusehen zu müssen, wie er sich immer und immer wieder kochendes Wasser zwischen die Beine schüttet, weil man sich von jemandem anderem, als jenem dem einzig und allein die Loyalität und Liebe gelten soll, gemocht fühlt- ist Folter.
Stundenlang stehen zu müssen, weil man sich nach Stunden in der Kälte ein warmes Getränk zuführen will- es aber nicht darf, weil es den Glaubenssätzen der BÄÄÄMs widerspricht und jene uns immer wieder in diese stehende Haltung zurückzwingen, durch die Provokation von Schmerzen und furchtbaren Ängsten, ist Folter.

Ja, es steht hier niemand neben uns und tut uns das an. Niemand aussen zwingt uns jetzt direkt dazu, das zu tun. Das ist ja aber auch gar nicht nötig. Es ist ja alles im eigenen Selbst installiert. Wir wurden so hingebrochen, um uns genau das hier selbst anzutun, um uns selbst, wenn kein äusserer Täter neben uns steht, immer wieder in das Überzeugungskonstrukt und Handlungskorsett der Gruppierung hineinzufoltern.

Und wenn wir es schaffen, genau das, als das zu bezeichnen, was es ist- nämlich Folter- Selbst-s-Folter, dann sollte nicht von Übertreibung die Rede sein.
Sondern von einer Chance und einem wichtigen Schritt zur Heilung.

Es ist unsere Chance diese Handlungen zu enttarnen und unsere weiße Fahne beiseite zu legen, bei den inneren Verhandlungen. Wer foltert, begeht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Und der Kern jeder guten Politik ist die Ahndung solcher Verbrechen.
Wenn wir sehen, dass sowas bei uns passiert, dann machen wir eine Anzeige bei unseren verbündeten Mitgliedsstaaten und die helfen uns dann, das zu beenden in dem man Verhandlungen aufnimmt, Forderungen beguckt, einer Prüfung unterzieht und Handlungsmöglichkeiten einführt.

Das geht aber nur, wenn wir das Schlimme, das in uns selbst weiterhin passiert, auch so benennen können und wir uns nicht zu schämen und zu bezweifeln brauchen.
Es ist schon schwer genug.
Wie schwer kann man ja auch sehr schön im Aussen betrachten.
Oder was meinen die Zweifler, warum Guantanmo oder Abu- Ghuraibh nachwievor existieren?
Die Tatsache, dass man es “Verhöre von Menschen im Zusammenhang mit terroristischer Aktivität” nennt und nicht “Folter”, spielt definitiv eine Rolle!

Wir wollen die Fehler anderer nicht an uns selbst wiederholen. Das tun wir auf anderen Ebenen bereits oft genug und oft genug von aussen tatsächlich aufgezwungen.

Wenigstens uns selbst gegenüber machen wir das nicht mehr.
Wenigstens das.

Bambi, Dumbo, Simba… oder: die Halbwaisen aus dem Disneyland

Schon interessant was für ein Händchen Walt Disney für die Vermarktung von Kinderelend zu haben schien.

Ob fast gänzlich sprachlos wie Bambi, körperbehindert wie Dumbo oder Zeuge des Vatertodes wie Simba. Sie sind kleine Jungs, haben alle einen Namen wie ihn auch Kekse haben könnten und sie alle leben ein Leben nach dem Trauma. Schauen wir uns das doch mal kurz an…

Bambi- der süße kleine, von allen geliebte Bambi, erfährt nie was mit seiner Mutter passiert.
Die Information “Die Jäger (die nie genauer benannt werden) haben sie”, vom sehr weisen und hochehrwürigem Platzhirsch, der sich durch den lapidaren Halbsatz “Du musst nun lernen auf dich allein aufzupassen, mein Sohn”, als der bis dato durchgängig abwesende Vater zu erkennen gibt, muss dem armen Bambi reichen. Welcher sich auch im Alter von ca. einem halben Jahr nachwievor unbeholfen bewegt und dessen Po immer wieder im Zentrum des Bildes steht, wenn gezeigt wird, wie er sich (immer sprachlos!) aufrappelt auf seine spindeldürren Beinchen. (Hallo?!)
Und als die Jäger wieder in den Wald einfallen, kann er seiner inzwischen erwachten Männlichkeit direkt mal Ausdruck verleihen und seine holde Feline vor den bösen Hunden retten, um danach angeschossen und verletzt den lodernden Flammen des großen Waldbrandes zu entkommen, einfach in dem er ”sich zusammennimmt”, wie ihm sein Vater sagt.
Ob Bambi gegenüber irgendjemandem je den Verlust seiner Mutter artikulieren können wird, oder die Panik, den Schmerz, die Todesangst, die er beim großen Feuer erlebte? Darf sich ein Herrscher eingestehen, dass sein Vater ein hartherziger, wenn auch aufrechter Ansprechpartner war?
Vermutlich nicht, denn mit der Geburt seiner eigenen Kinder (Bambi ist durch seinen Heldenmut auch gleichzeitig hochpotent: es gibt gleich Zwillinge!) nimmt Bambi den gleichen Platz wie sein eigener Vater früher ein: Weit weg, hoch über Frau und Kindern…und wieder: sprachlos.

Simba erlebt einen sehr sehr SEHR ähnlichen Lebenslauf. Doch hier glänzt eher die Frau Mama durch Abwesenheit. Papa ist super klasse mega toll! So toll und gottgleich, dass Simba unter dem Schock und der eingeredeten Schuld an dessen gewaltsamen Tod, gleich mal die Flucht in die Selbstverleugnung und den Suizid antritt. Zum Glück trifft er auf zwei Halbirre, die ihm mit ihrer Lebenfreude durch die Krise und die Pubertät helfen. (Auch ein interessantes Detail der Disneywelt: die Pubertät passiert immer unbenannt und im Schnelldurchlauf)
Simba erkämpft sich seine Frau, sein Land und seine Herrscherwürde ebenfalls mit heroischer Kampfeskraft, um wie sein Vater, später das Land zu regieren- schön vom Königsfelsen aus… hoch über gleich allen Bewohnern seines Landes und ohne je zu kommunizieren was er hat beobachten und emotional verkraften müssen.
Hakuna Matata! Es lebe die Verdrängung! Nunja, wenn man den ganzen Tag fressen, herrschen und niedlichen Nachwuchs für den zweiten Teil des Films machen muss, hat man auch nicht viel Muße sich mit dem auseinanderzusetzen, was einem zu dem gemacht hat, was man ist. Witzig- obwohl ihm doch sogar das himmliche Abbild seines Vater noch groß und breit zuruft: „Erinnere dich!“- aber gut vielleicht ist die Schleife dazu zu groß für so ein Löwengehirn…?

Dumbo hats leichter- Dumbo wird nämlich gar nicht erst geboren! Dumbo kommt nämlich vom Klapperstorch! Grandiose Lösung um ihm zu verschweigen, von wem er die Ohren geerbt hat, wegen derer er Ausgrenzung und Zurschaustellung ausgesetzt wird. Auch ist es eine schöne Ablenkung vor Zukunftsängsten und Perspektivmangel. Kann der gute Dumbo doch so schön fliegen und winken ihm doch alle zu, wenn er seine Kreise in der Manege zieht- so lange sein Körper noch klein genug für die Ohrensegel ist.
Seine Ausbeutung führt zu einem Privatkäfig für die Frau Mama Hurra!
Aber Elefanten werden bis zu 50 und mehr Jahren alt… Dumbo wurde 1941 geboren (okay und damit wissen wir auch, warum die Menschen, die das Zirkuszelt aufbauen dunkle Haut und keine Gesichter haben…).  Das heißt er könnte heute noch leben.
Womit würde er heute seine Brötchen verdienen? Vielleicht könnte er durch die Lande tingeln und sich für artgerechte Haltung in Zoos und Zirkussen ein setzen… er könnte eine Gallionsfigur gegen Rassismus und Ausgrenzung sein…
Aber Dumbo hat gelernt, dass der sich nur andere Aussenseiter zu suchen braucht, um glücklich zu sein. Man wird gedemütigt und ausgegrenzt- kann aber bei einem gemeinsamen ordentlichen Schluck Champagner von rosa Elefanten träumen…
Viva la Alkoholismus. Alkohol(ismus) ist keine Lösung- sondern ein Destillat (also das Ergebnis eines doch recht vielschichtigen Prozesses!).
Dumbo wird keine 50 Jahre alt geworden sein.

So kanns gehen.
Auch in der realen Welt.

Wer nicht sprechen darf oder kann oder soll, wenn er das möchte, hat nie die Chance das Erlebte in eine fassbare Form zu bringen. Das Schlimme bleibt immer UNfassbar (grausam, furchtbar, bedrohlich).

Wer immer wieder verdrängt oder zur Verdrängung gezwungen ist, hat nie die Chance sich auch als das verletzliche Wesen zeigen zu können, das man auch ist. Obwohl man ein Herrscher ist.

Wer sich nicht befreit aus Lebensumständen, welche demütigen und ausnutzen, der hat keine Chance eine Selbstdefinition zu entwickeln, die mehr umfasst als eine einzige Funktion.

Hat sich schonmal jemand gefragt, warum wir uns “Bambi”, “der König der Löwen” oder auch “Dumbo” anschauen und diese Wahrheiten oder diese Perspektive auf das Gesehene einfach mal ausblenden?

Irgendwie ist es doch so, dass uns durch diese Filme (neben vielen anderen Dingen) vorallem gesagt wird, dass es ein „danach“ gibt. Aber warum wird bis heute, wo klar ist, dass jede 2te Frau und jeder 7te Mann Gewalterfahrungen oder schwere Lebensereignisse zu ertragen hatte noch bevor er 25 Jahre alt war (also genau in der Zielgruppe von Disney!), nicht auch auf die Wichtigkeit der genannten Punkte abgezielt?

Von Freiheit und Kategorie

“… der freiste Vogel unterm Himmel ist nicht der glücklichste.”

Als ich diesen Satz schrieb eröffnete ich mich meiner damaligen Therapeutin auf einer Ebene die sie gar nicht erfasste. Schade- war dies doch der treffenste Satz um die eitrige Wunde, welche auf mir klebt, zu beschreiben.

Wer frei ist, ist einsam. Denn: der freiste Vogel unterm Himmel, teilt sich nicht das Nest mit anderen. Das tun nur die glücklichen Vögel.
Unser Mut sich in Freiheit zu begeben hatte nichts mit dem Streben nach Glück zu tun.
Es ging nur darum los- gelöst- abgegrenzt und von einer bestimmten Kategorie be-frei-t zu sein.
Sich zu befreien von der Gewalt, von der Angst je wieder Gewalt an uns ertragen und leben zu müssen und von der Verpflichtung eine Rolle zu tragen.

Nun sind wir frei und stoßen an die Bedürftigkeit von Kategorie, sozialer Identität, und ganz basaler evolotionär bewährter Sozialität und stellen fest, dass es alles das nur gibt, in dem man sich unfrei macht. Wenn man sich verpflichtet, ängstigt und an den einen oder anderen tragfähigen Balken bindet.

Ich mag Kategorien. Sie beruhigen mich, gestehen mir einen Platz zu. Sie erlauben mir irgendwo zu sein. Sie erteilen Berechtigungen ganz und gar ungebeten und an sich, rein sachlich von der Definition ausgehend, wertbefreit.
Schwierig sind halt immer “die Anderen”. Wo mich meine Kategorie sitzen lässt, kann niemand anderes mehr sitzen- was mich beschreibt, beschreibt nur mich- was mich definiert, kann für niemand anderen mehr gelten. Es sei denn meine Kategorie wird erweitert und umfasst die Gemeinsamkeiten auch noch mit anderen.
So könnten alle glücklich sein.
Doch wir Menschen sind nunmal auch Wesen mit ewiger Januskopf-Seele:
Individualisten die auch Separatisten die auch soziale Wesen sind

Als individuell kann sich nur bezeichnen, wer genau weiß, dass er allein so ist, wie er ist. Wie findet er das heraus? Indem er zu anderen geht und guckt: “Bin ich so wie du? Bin ich du? Bist du ich? Wo fange ich an und wo hörst du auf?” Diese Auseinandersetzung- dieser Drang zum Separatismus (von anderen Menschen) ist hoch menschlich und sehr vielseitig.
Der eine lehnt Kategorien für sich ab, weil er sich schnell eingesperrt oder von seiner Gesamtheit abgeschnitten fühlt (oder eine eigene noch nicht geschaffen hat?); der Nächste, braucht sie ganz dringend, weil er so haltlos und gänzlich ohne Anfang und ohne Ende ist; weil er noch gar keine richtige Gelegenheit hatte, zu anderen Menschen hinzugehen und sich zu separieren mit allem, was in ihm ist.

Ich-Du-Ich-Du Wer bist du da in mir drin? Bist du ich? Nein du bist nur ein Teil von mir- du bist nicht ich- Ich bin du? Nein- ich bin ich bin ich bin wir alle bin ich? Mein Ich aus vielen Du´s…
Wir sind bereits separiert. Wir sind so sehr separiert voneinander und gerade durch unsere jeweilige Individualität, dass uns selbige als Gesamtpersönlichkeit verschlossen bleibt.
Wir müssen sie erst erkunden, werden noch auf vielen Ebenen immer wieder gucken müssen:
Wer bist du und wer bin ich? Wo fängst du an und wo ich?

Doch
was definiert noch gleich den freisten Vogel unterm Himmel?

 

Willkommen in der Realität nach dem Ausstieg!

Waldgeflüster oder: Wofür ich “meine Herzen” bewundere

Ein Flug durch den Wald. Etwas erleben. Kontakt mit der Welt und dem Leben versuchen.

– ”Hach….”, sie seufzt tief
– ”Hm? Was ist mein Herz? Brauchst du noch etwas?”
– ”Ich?! Nee! Aber ich freu mich über die Sonne!”
– “Hä? Ist doch kaum noch zu sehen?”
– “Also… sag mal bist du blind?”
– “Öhm…”
– “Gib ma her…”

Ihre Finger grabschen nach dem Fotoapparat. Sie hängt sich in Schweinebammelmanier von mir herab und knipst los

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– “Da isse doch!”, sie grinst mich breit an. “Weißt wie das ist? Die ganzen vielen Bäume atmen die Sonne im Frühling und Sommer ein. Und im Herbst, wenns kalt ist, dann können sie nicht mehr anhalten und atmen die gaaaaaaaaanze ganze Sonne wieder aus. Nur für uns Menschleute! Das ist doch lieb von denen ne?”

Ich kann nichts erwidern.
Ich bin tränenblind über soviel innere Weisheit.

Das ist Gefangenschaft in Freiheit

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Heute war der 100ste Tag, nach Befreiung von täterunterstützender Kontrolle.

Wir sind enttäuscht, dass sich dieser Teil Freiheit nicht besonderer anfühlt.
Dass wir dennoch gefangen sind.

Man sieht- es ist kein gebackener Kuchen. “Anxiety” und die BÄÄÄMs haben es geschafft, dass wir uns keinen richtig echten Kuchen zugestehen konnten.
Hart erkämpft und schmerzhaft teuer bezahlt haben wir diesen Keks, die kleine Kerze und die Zuckerschrift.

Wir sind frei und doch haben uns unsere Geschichte und alle Folgen von ihr noch immer in ihrem Käfig.

Das ist keine Freiheit.
Das ist
Gefangenschaft in Freiheit.

Und doch hören wir nicht auf an den Käfiggittern zu rütteln und zu kämpfen.
Das hier ist noch lange nicht das Ende.
Wir sind erschöpft, fühlen uns schwach und klein.
Aber wir wissen, dass dies bald auch wieder zu Ende geht. Dass dies eine dieser schmerzhaften Phasen ist, durch die man manchmal gehen muss. Und, dass wir bis jetzt immer an irgendeiner Stelle gestärkt wieder aus solchen Phasen heraus gekommen sind.

Es fühlt sich nicht so an. Nein es fühlt sich überhaupt gar nicht so an.
Jetzt sind wir im Tal der Tränen. Betteln die Gefängniswärter an, uns freizugeben.

Aber bald können die Tränen wieder trocknen.
Und dann werden wir Stein für Stein weiter diese Gefängnismauern abtragen.
Wir wissen, dass wir das können. Wir wissen, dass wir dabei Hilfe bekommen werden.

Bald.

[P.S. Ja- wir sind echt so spießig und häkeln uns Tischdeckchen haha]