monströs

Es gibt so viele Möglichkeiten, Menschen für den Rest des Lebens die Botschaft mitzugeben, dass sie es nicht verdient haben, Grundbedürfnisse erfüllt zubekommen, sobald sie etwas tun, was einen anderen Menschen verärgert/ ängstigt/ schmerzt/ bloßstellt/ nicht bestätigt.
Ein Grundbedürfnis ist der Kontakt zu anderen Menschen, zu Nähe, zu Wärme- dieses eine kleine Fünkchen, das um Mehrsamkeit versichert.

Egal, wie stark, wie mutig, wie autark und unabhängig das Handeln sein kann- das erste Geräusch von einem anderen Menschen, das sich an einen richtet und über das Dasein auf Erden in Zeiten und Sphären bewusst und versichert sein lässt,
– es ist ein verdammt großes Himmelreich in dem Zeppeline mit der Aufschrift: “Ja, du bist am Leben” herumfliegen, das Licht, das einem in die Augen schießt, irgendwas zwischen Glitzer und ätzender Säure ist und die Luft nach Freiheit schmeckt- egal, woraus sie besteht.

Es ist der Moment, in dem es die Chance auf einen Anfang gibt. Ein besseres; ein lieberes; ein artigeres; ein gleicheres Sein möglich ist. So eine Chance, sein Überleben durch Vollständigkeit der Optionen seine Grundbedürfnisse zu erfüllen noch sicherer zu machen.
Das Alte, Böse, das Monster, das man wegsperrte, von sich schob, mit dem Gesicht in die Zimmerecke stellte; auf die stille Treppe setzte; aus dem Klassenzimmer verwies; ins Gefängnis, in die Psychiatrie, ins Heim schickte, dem man jedes Gespräch, jede Klarheit, jedes (An-) Recht verweigerte- das ist ja weg.
Das bleibt da in seinem Käfig, als Kokonrest aus dem ein Schmetterling geschlüpft ist.

Als wir gestern im Gang des Ausweichzugs standen, in ein Abteil hinein starrten und den freien Platz darin nicht in Anspruch zu nehmen wagten, wurde mir klar, dass Isolation ein Sterben mit seinen 5 Phasen ist: Verleugnung, Wut, Verhandlung, Depression, Akzeptanz, und das auch noch viele Jahre später.

Am Ende ist so viel akzeptiert, dass alles okay ist, was nicht auch noch die Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung auf physischer Ebene eingrenzt.
So wird der Umstand ein Monster zu sein- auf immer und ewig- ohne Chance auf ein Sein als Schmetterling, zum Preis für ein physisches Überleben, das in einer unendlichen Schleife in Frage gestellt wird, durch die Befreiung noch vor Ende des Prozesses.

Genau deshalb meide ich Abhängigkeiten.
Genau deshalb ist meine mutigste Tat, mich an andere Menschen zu wenden und darauf zu verlassen, dass diese mir sagen, was ich tun kann/ darf/ soll/ muss, wenn ich es nicht weiß. Entweder, weil ich manche Dinge noch nie gemacht habe, oder weil mir (uns als Einsmensch) Lebenserfahrungsqualitäten fehlen.
Ich weiß, was ich machen muss, damit mir die Füße nicht weh tun- wie man sich stellen kann, wenn man tagelang irgendwo stehen muss. Ich weiß, wie man warm wird, wenns eisig ist; weiß, dass verhungern lange dauert; weiß, wie Durst in ganze, halbe und viertel Tropfen eingeteilt werden kann. Ich kann Dinge überleben, von denen andere Menschen hoffen, sie nicht einmal in Filmen sehen zu müssen.

Ich bin mit meiner Wut in die Freiheit gekommen.
Und jetzt fühlt es sich an, als hätte der Mensch, der mich fand ein Monster raus gelassen.
Ich kann nur Wut und Verhandeln.
Sowas will niemand und stößt es deshalb von sich.

Daran haben wir haben uns angepasst. Wir sind viele und können entsprechen.
Da sind Innens, die leugnen Bedürfnisse, akzeptieren alles und fragen ins Innen, ob sie so gefährlich sind, dass sie sterben sollten. Denken darüber nach, wie ein Sterben möglichst unauffällig und am Außen vorbei passieren kann- genauso, wie da Innens sind, die in Menschen immer “die Guten” sehen, die nett sind, sich kümmern, Klarheit um Umstände möglich machen.

Wir sind viele und genau deshalb bleibe ich wohl immer dieses Monster, das besser niemals raus gelassen worden wäre.

MonströsIch hab mich zu verpissen. Bin Affekt, bin bescheuert und nicht in der Lage Probleme zu erfassen- das einzige Problem ist ja, dass ich wütend bin. Schön mal beruhigen, dann kommt schon ein anderes Innen raus und man kann einsehen lassen, dass es ja gar kein Problem gibt- verhandeln hieße, etwas einzugestehen und ach- von wem ist das denn bitte abzuverlangen?

In meinem Innen gibt es mein Gefängnis noch.
Ich finds tröstlich, dass ich mich, wenigstens für mich allein, immer wieder einsperren und befreien kann.

Allein. Autark.
Monströs stark.

morgen vor einem Jahr

Drahtzaun2 Es gibt nicht viele Brücken, wo sie wohnt. Nicht viele, die passen.
Und nur eine, auf deren Mitte der Wind so pfeift, wie sie es mag. Mitten ins Gesicht, die Haare wild herumwirbelnd, ohne Stadtgestank mit sich zu tragen.

Der Regen platscht ihr auf die Lider, die Wangen, die Stirn.
“Morgen vor einem Jahr…”, raunt es an ihren verspannten Augenbrauen vorbei, “weißt du noch?”. Federn rascheln.

Sie lächelt durch das Gewisch vor ihren Augen und die wirbelnde Leere in ihrem Kopf. “Netzfeministisches Kampfbier… ja.”, sie haucht ein Lachen in die Windchen um sich herum. “Dass ja dann erst mal gar nix wurde, weil One Billion Rising und alles, mich hatte zerfallen lassen… Es war so furchtbar kalt”.

Sie wartet, bis die kleine Gruppe Menschen an ihr vorbei gelaufen ist.
Steigt über das Gitter.
Setzt sich in die Bepflanzung.
Zieht die Nase hoch.

“Diesmal habe ich eine wasserfeste Jacke. Und wasserfeste Schuhe.”, sie betrachtet den Satz und schmeißt ihn zurück die Tiefe, aus der er hochgequollen kam.

“Wir werden hingehen. Hm?”, sachtes Stubsen auf die Schulter.

Sie nickt stumm. Lässt sich beregnen.
Die linke Hand von der Eulenhandpuppe wärmen.
Auf die Straße, nur wenige Meter unter sich, starrend.

“Ja, ich geh hin. Zeig auf die Gewalt… die anderen passiert. Klar.”.

egalegalegal

Ich spürte wie sich meine Muskeln zusammenzogen und noch während ich nach meinen Taschentüchern suchte, klappte es mich in der Mitte zusammen und ich erbrach mich mitten im Niesen.
Ich hatte keine Zeit durchzuatmen. Wollte nur alles schnell noch erledigen, mit NakNak* rausgehen und dann ins Bett.
Die Therapiestunde, meine Gedanken, die Fetzen, die an meinem Bewusstsein entlang flogen, das ganze Kranksein aus mir heraus pusten. Ja, wenns geht, auch aus mir heraus erbrechen.

Ich bezahlte meine Rechnungen mit einem D-Zug-Scheuklappendenken von: „egalegalegal Ich brauche sowieso nichts- mir gehts gut- ich hab alles, was ich brauche- alleallealle können Geld haben, dass ich nicht hab- ist egalegalegal“ und stolperte durch die Stadt zu einer Gemögten.
Ging rein, spuckte meine reduzierten Sätze heraus. Ohne Tränen.

Ich ging in den kühlen Gegenwind und dachte an Schmiedekunst.
Betrachtete NakNak* dabei, wie sie sich in den  Wind stellte und ihre Nase wackeln ließ.

Jetzt mit der Erkältung wird mir mein Kämpfen bewusst. Mein Gegenankämpfen und mein zähes Nachlassen dabei.
Meine Kontextlosigkeit darin.

Meine Gemögte kam zu Besuch und bot an, doch nicht in der kalten Küche zu sitzen. Ich spürte, wie ich wieder zu zerlaufen begann. Wie ich mich anstrengte und doch nicht mehr im Kopf hatte als: “Ich habe kein Sofa.”.
Mit dem nächsten Niesen, tropfte ich in dicken roten Tropfen aus meinem Körper heraus.

Sie fragte mich, ob sie mich berühren dürfte; ob sie mir einen Waschlappen in den Nacken legen dürfte und ich dachte nur wirres ungeordnetes Zeug. Stand vor meinen Gedanken und Impulsen und wusste nicht, welcher der Passende war. Sie schaute mich an und ich wusste, dass sie gleich wieder einen dieser Sätze sagen würde, der mich in der Mitte zusammenklappt und irgendetwas aus mir heraus fallen lässt.
Statt sie reden zu lassen, nieste ich, hustete, krampfte. Vor meinem inneren Augen fuhr ich alle meine Panzerstacheln heraus und bohrte sie gnadenlos durch sie, durch mich, durch die Zeiten.
Irgendwie, durch diese ganze Welt.
Egalegalegal

Sie fragte meinen Namen mitten in mein allumfassendes Krampfkämpfen hinein und legte mir die kleine Wärmekisseneule an den Handrücken.
Sie sagte, ich bräuchte grad nicht so zu kämpfen, ich solle atmen und versuchen es zu lassen. Alles kommen und gehen lassen. Die Wärme fühlen und mich etwas entspannen.

Ich hatte mich in meinen Korbsessel gesetzt und drückte die Eule an meine Brust, lauschte dem Rauschen vom Kühlschrank neben mir und betrachte sie beim Schmusen mit Naknak* auf der Küchenbank. Sie fragte, ob es ginge und ich dachte nichts weiter als, dass es natürlich geht.
“Ich glaub, ich bin zu stark fürs schwach sein”, war dann alles, was mir rauskam.

Sie schaute mich ernsthaft an. Besorgt. Sterbezimmerblick.
Egalegalegal
Ich hielt meine Eule fest. Atmete.
Dachte an “Es wäre leichter, wenn das alles nicht wahr wäre.”, überlegte, ob es wahr werden könnte, wenn ich es für wahr nehmen würde- auch wenn es nicht wahr sei.

Und irgendwo am Rand meines Bewusstseins kroch ein Kind in ihren Schoß, ließ sich den Rücken kraulen und erzählte von Boo dem Eulenküken im Computer.

Selbst- Bilder

Es begann damit, dass die Therapeutin ihren Satz sagte. “Vielleicht ist es eigentlich kein Satz, sondern ein Sinnsubstitut. Ein Platzhalter, der hervorgeholt wird, weil er eigentlich eine Krücke über eine Eselsbrücke ist”, dachte ich.
Immer wieder diese Frage danach, wer die Verantwortung trägt.
Obwohl doch eine/r der VerantwortungsträgerInnen vor ihr saß.

Ich weiß, dass es bei den Bildern um Sichtbarkeit/ Klarheit geht. Vielleicht auch und immer mehr, seit die Themen konkreter werden, manche Dynamiken und auch Innens schärfer konturiert in klareren- logischen Kontexten wahrzunehmen sind. Die Logik der Mechanismen langsam logisch erscheint.
Ich weiß, dass es auch darum geht, zu sehen, dass es immer ein Körper ist.

Das Innen hatte sich fotografiert. Man sieht Wut und auch, wie offensiv und zeitgleich im Dunkeln zu bleiben bemüht es agiert. Es ist sichtbar.
Plötzlich erschien die Frage der Therapeutin nicht mehr kontextunabhängig, sondern nachvollziehbar. Auf den Fotos ist der Blick abgewendet, der Mund verschlossen, der Körper frei und dem Licht zugeneigt. Der Kopf ist zu, der Rest des Körpers bar jeder Verletzlichkeit.
Es gibt keinen äußeren Anhaltspunkt für das, was es für uns trägt.

Ich hatte mir einen großen Spiegel gewünscht und wollte sehen, was zu sehen ist.
Was heil geblieben ist. Was einen Wert hat. Wo keine Sollbruchreisslinien in meinen Hand-und Schulter, Hüft- und Fußgelenken sind, obwohl ich sie im Moment stetig knirschend oder grell aufreißend wahrnehme. Ich wollte sehen, wie es aussieht, wenn ich die Füße auf den Boden stelle. Ob ich meine Füße sehe.

Dann kam die Kunst als Möglichkeit Entlastung zu schaffen. Das Grafiktablet zog ein und mit ihm die Möglichkeit auch unter Schmerzen malen zu können, weil weniger Bewegung gebraucht wird.

Zwei andere Innens machten Fotos von sich. Das eine blitzt verschmitzt an der Kamera vorbei- so wie es immer an Menschen und ihren Augen, auch ihren künstlichen, vorbei blitzt. Das andere macht Quatsch. Kennt die Kamera genau, benutzt sie jeden Tag.
Und ich?

Die sich die ganze Zeit ansehen wollte; vielleicht sich sehen, in und an sich einen Wert sehen will; ein “das Leben wert sein” finden muss- Ich, die das “Sie wissen, sie wurden schwer missbraucht” mit sich in Verbindung zu bringen noch immer scheitert-
Ich schäme mich und halte dennoch gnadenlos drauf.

Ich wunderte mich, dass das Bild am Ende nicht unscharf war. Dass ich es ansehen konnte, nachdem ich wusste, dass ich mich gequält- mich verletzt hatte dafür.

Gestern Abend malte es dann jemand ab. Ich erinnere das Streichen des Stiftes, später auch der Finger über dem Tablet, so als würde ganz vorsichtig über meinen Kopf gestrichen. So als hätte ich mich berührt, obwohl nicht ich die Bewegung dazu ausführte.

Irgendwie war es ein Akt, ein Stück Nichtecht und doch real.
Als hätte das Innen, das mich malte mich gesehen. Nicht nur als das Foto, das dann doch eigentlich nur Haare zeigt, sondern ganz mich in meiner Scham, meinem Selbsthass, in all dem: “Ich will das, aber ich… ich bin so scheiße.”.

Es ist Kontakt.
eine Art Berührung, mit dem MirIchSelbstSein, mit der ich nicht gerechnet hatte.

Das da bin ich, wie ich etwas auf genau meine Art tun will und daran scheitere. Das bin ich, wie ich mich beim Scheitern, beim mich selbst hassen fotografiere, um im Nachhinein so etwas, wie ein Michzeigen und Michsehen möglich zu machen.

Selbst-Bild2

Ich verstehe jetzt, warum ich noch immer keinen großen Spiegel habe.

Es ist leben

Nebelweg2 Ich wartete auf den Moment, in dem die Worte weg sein würden und lief an ihrer Seite durch den Nieselregen.
Die Feuchtigkeit ließ unsere Haare Kringel schlagen und trug mir die Laute aus dem Mund, wie eine Quelle den Bachlauf.

“Ich bin nicht stark.”, sagte ich und die Hitze meiner Scham stieg hinter meine Augen, als hätte ich ein Geheimnis- eine Wahrheit tief aus mir heraus gestanden.
Mein Blick hielt sich an ihren Schuhen fest. “Es ist nur… überlebt. Nur über etwas drüber gelebt. Das ist nur leben.”.

Ich versuchte am Himmel vorbei ins Universum zu schauen. Zu sehen, ob etwas auf mich schaut. Vielleicht böse oder mahnend.
Doch außer dichten, vom kreischenden Licht der Welt, angestrahlten Wolken, war nichts zu sehen.
“Ich habe nichts dafür getan zu leben. Das ist einfach passiert. Ich lebe einfach nur. Die ganze Zeit.”. Ich schaute zu ihr und streifte ihre Augen, um an den kleinen Tropfen auf ihrem Mützenrand auszuharren. Beobachtete vom Rand meiner Iris aus, wie meine Worte in sie hineinfielen.

“Manche Menschen verwechseln die Wucht dessen, was wir erlebt haben, mit dem, was nötig ist, um übrig zu sein.”. Ich spürte, wie mich ihr Sein aufspreizte und wie auf einen weißglühenden Draht gezogen, die Luft anhalten ließ. “Verstehst du das?”.

Sie runzelte die Stirn und zog ihr Gesicht zurück, so dass es fast gänzlich hinter ihrem Schal verschwand.

“Da ist dieses Denken, dass man gegen alles kämpfen kann, wenn man nur will oder muss. Als wäre es ein Kampf zu leben.”. Ich sehe sie aus ihrem Gefängnis heraus über den Boden schauen. Sehe wie ihre Finger nach Moos tasten, um Feuchtigkeit herauszudrücken.
“Der eigentliche Kampf ist aber, bewusst zu kriegen, dass man noch nicht tot ist.”.

Die Gemögte hielt uns ihre Hand hin und ließ sie sinken, als sie keine Anstalten machte, danach zu greifen.

“Alles, was dann kommt ist leben auf die Art, wie es dann gerade geht. Mit allem was übrig ist. Von einem selbst und dem was man im Außen findet.”, sie streichelte NakNak*s Halskrause und gab ihr ein Stück Käse. Ich fühlte ihren Durst. Spürte, wie ein Etwas beiläufig die Tropfen aus NakNak*s Fell von den Fingerspitzen aufnahm.

Ich drehte mich zu ihr und versuchte im Dunkel zu sehen, wie es ihr ging.
”Es ist nicht fair…”, sagte sie tapfer erstickend, was in ihr wallte und sich an mir brach.

“Es ist das Leben.”, antwortete, was mich zerriss und mit dem Dunst des Dezemberabends verschmelzen ließ.

Konsultation

„Ich schaffe es nicht, mich um einen Klinikplatz zu bemühen“

„Stimmt- sie schafft es nicht, sich aufzureiben. Wissen sie- wir reiben uns täglich an ihr auf. Sie bezeichnet uns als Schleifpapier um ihre Seele herum. Sie ist so schwach- hält nichts aus. Sehen sie das hier- gucken sie mal hier: bis hierhin schaffe ich das!“, sie hält das Gedärm, das ihr aus dem Bauch heraushängt vor die Rückseite der Iris, als könnte die Neurologin sie sehen.

„Eigentlich hab ich grad erst das Gefühl da in der Therapie atmen zu können. Also zu dürfen.“ Sie runzelt die Stirn, „Ich hab mich nach der letzten Stunde nicht wie eine Versagerin gefühlt. Es ging mir okay- ich … also…“

„Uh ja wissen Sie, die Psychenserin hätte ja auch ihre Hand für andere Gesten- vielleicht in Richtung daherquakende Fresse- benutzen können. Für dies Muckschi hier ist das so Husch to Husch- sie wissen schon. Ich fänds ja besser wenn ihr endlich mal einer eine reinhaut.“, sie haut mit ihrer Faust auf ihre Handinnenfläche. Das Blut darin verursacht ein schmatzendes Geräusch. 

„Ich glaube, ich werde psychotisch. Irgendwie ist das so der Punkt, glaube ich, an dem irgendwie etwas durchdreht. Da will ich nicht in einem Krankenhaus sein, wo sie mich behalten könnten.“.
– „Wieso glauben Sie das?“, die Neurologin guckt sie an. Legt den Kopf etwas schief.
„Ich sehe dauernd eine Hand, die auf mich zukommt und…“, sie macht eine Bewegung mit der eigenen Hand und verschluckt den Rest des Satzes. Spürt die Hand um ihren Hals.
– „Das sind Erinnerungsbilder…“

„Jaaaahaaaaahahahahahahahahahaaaaaa Erinnerungsbilder, hm klar
KLAAAAAharrrharrharrr
EKT bitte. Jetzt. Für sie Frau Fachfrau- ich such mir jemand, der diese Lügenscheiße nicht weiter verbreitet“, sie versucht nach der Haut der anderen zu greifen.
Ein Paar Arme legt sich um ihren Oberkörper und hebt sie hoch. „Ich glaub nicht, dass das Lügenscheiße ist. Und ich glaube by the way auch nicht, dass dein Geschrei hilfreich ist. Für dich vielleicht- aber nicht für uns und sie.“. Sie trägt das keifende Bündel mit sich in fernere Tiefen.

„Ich nehme das ernst, wenn sie sagen, dass sie sich psychosenah fühlen. Es gibt ein Medikament, das diese Grenze stärken kann. Es ist ein mittelpotentes Neuroleptikum“. Sie schauen sich an. Sie antwortet: „Eine der häufigsten Nebenwirkungen von Neuroleptika sind Halluzinationen.“.

„Genau. Dazu kommen Nervenzellensterben, ungeklärte Wirkungsweise, krasse Nebenwirkungen und ganz eigentlich brauchst du nicht das, sondern nur Mut. Du musst mutiger sein. Ich verstehe nicht, wieso du so ein Hasenherz bist. Echt nicht. Dir passiert doch nichts. Dir ist noch nie was passiert.“, sie sitzt mit dem Rücken an sie gelehnt und dreht Haare um ihren Zeigefinger.

„Ich kann nicht abgeschossen draußen herumlaufen.“, sie denkt an ihre Therapeutin und daran, dass sie von einmal Umknicken und im Graben liegen bei nächtlichen Minusgraden gesprochen hat. „Und andere Nebenwirkungen?“.

„Nope- ich werd auf gar keinen Fall jemanden bitten, bei uns zu schlafen oder uns bei ihnen schlafen zu lassen um das zu testen. Hallo? Nee! Vergiss es- wir sind groß und außerdem- ich sag dir das noch mal- das ist nicht, was wir brauchen. Du musst mutiger sein und das jetzt hier einfach auch mal mit uns durchgehen. Das ist „Erinnern“- mit den Pillen machst du „Leiden“… oder naja- besser gesagt: „Krankheit“ daraus.
Die ganze Nummer hier ist Absicherung von der Therapeutin und Vermeidungstanz von dir. An der Stelle ergänzt ihr euch echt perfekt.“, sie knufft sie sachte in die Seite und lacht.

„Bei dissoziativen Störungen kann man es nie so genau sagen. Es gibt Nebenwirkungen und paradoxe Wirkungen. Das muss man dann sehen.“, sie schaut sie an. Weiß vermutlich, dass eigentlich auch nichts mehr gesagt werden muss. Es ist immer das Gleiche, wenn sie miteinander über Medikamente sprechen. „Wollen Sie es versuchen?“.
Sie nickt
.

„Ey- Hallo?!“, sie steht auf, tritt in ihr Ohr, in ihr Denken hinein und fragt, ob sie noch alle Schweine im Rennen hat.

Aus dem Off quillt ätzendes Lachen und frisst sich die Beine herunterrinnend durch die Haut.

negativhimmel

das Ist

Stifte rollen über den Tisch, Farben ergießen sich auf festes Papier und zerlaufen zu Formen.
Töne und Laute schrauben sich im Hals zusammen, um von der Zunge springen gelassen zu werden.

Da passiert so viel, wenn sie miteinander telefonieren.
Es braucht das freundlich vorsichtige „Hei du“ um anzufangen; die Lautsprachenmaschine im Rachen anzuschalten, die Betriebssysteme hochzufahren und aus dem stummstillen Sein, das nicht einmal mehr mit dem Hund sprechen kann, heraus zu brechen.

Es ist eine komplizierte Sache geworden das Sprechen. Die Sprache. Die Fähigkeit etwas auszusagen.
Treffen und soziale Interaktionen, die direkten Kontakt erfordern, sind abhängig von einer gewissen Unwissenheit, einem: „Ach ich red halt drauf los.“ vom Gegenüber, um die Tür zum Sprachserver zu öffnen.
Wenn es keine Ansprache gibt, gibt es keine Worte.

Das ist eine Abhängigkeit, die sie genau spürt und von der sie bemerkt, dass die meisten Menschen überhaupt keinen Zugang zu diesem Umstand haben.
„Ich bin ja auch verrückt“, denkt sie und schmiert eine weitere Schicht Panzerplattenepitel auf ihren Rücken.

Sie kann es noch.
Worte sammeln. Sinne bündeln. Fäden spinnen, aus denen ich Texte webe.
Sie kann es noch.
„Hei du“ wie Morgentau auffangen und in den Rachen fallen lassen. Erste Satzreflexe abhusten und sich der Situation versichern.

Dann sprechen andere und die sprechen anders.
Sichtbar, fröhlich, freundlich, offen und bewusst. Nah und fürsorglich, manchmal albern oder besorgt.
Die Ansprache macht sie wach.

P1010188Sie öffnen sich wie eine Rose von Jericho und lassen ihre Kunst zur Sprache ohne Worte werden.

Sie selbst hat sich einen Orden gemacht.
Für außerordentliche Mutigkeiten.

Dazu gehört das Telefonieren genauso, wie das Nichtsterben, wenn sie die Bilder am Morgen einsammelt und in die Mappe legt.

Wortlos, denn wann sie das nächste Mal ein Mensch anspricht, damit überhaupt Wortmaterial in ihrem Kopf landen kann, ist von Tag zu Tag anders.

Das ist, das Ist.

geguckt

Sie stehen vor dem hellgrauen Gebäude und schauen in den Himmel.
„Hümm, also das ja mal ne Nebelsuppe, die heut zu uns serviert is, ne?“, sie dreht sich halb nach innen. Versichert sich mit dem blinden Auge. „Das ist nich so gut zum Fotos machen. Dann sieht das aus wie ne Fischfabrik und nich wie ein Erwachsenenhogwarts.“.
Unter ihrem Gesicht arbeitet es in Richtung Enttäuschungsflunsch.

„Du kannst alles fotografieren, was du willst. Das ist deine Stadtführung, mein Herz.“.
Sie atmet ein und lässt meine Federn wieder los.

„Ist gar keiner da der sagt: „Pfoten weg“. Das ist schön.“, sie schaut sich um, lässt ihre wurzelfeinen Antennen wie Schneckenfühler aus ihrer Stirn wachsen und tastet das Umsieherum ab.
„Hab ja ehwieso gar keine Pfoten, ne? Ich bin ein Mensch mit Händen mit 8 Fingern und 2 Daumen… ne?“, noch ein kurzes Versichern zu mir. Ich nicke bestätigend: „Ja mein Herz, du bist ein Mensch.“ und hoffe, dass unser Gespräch noch ein Stück tiefer als bis hier hin sickert.

Diese Fläche hier ist vergleichsweise tot.
Es gibt Beton, Gras, eine hier offenbar obligatorische Baustelle, ein bisschen umher fliegender Müll und Herbstlaub.
Sie hat Recht. Ohne die Sonne, die gestern so schön schien, kann man die Universität, in der wir in den nächsten Tagen noch öfter sein werden, nicht ins rechte Licht rücken.

„Guck maaaal!“

BielefelderFeder2
Sie macht ein paar Aufnahmen, hält den Finger fest auf dem Auslöser, hat den Mund offen.
Behält die Pfoten bei sich.
Niemals würde sie die Objekte anfassen.

„Eigentlich will ichs ja wieso nicht anfassen. Ist schön so…“.
Ich nehme sie zwischen meine Federn um sie zu beruhigen. Sie hält sich fest, pulst flirrend.

Wir schweigen. Gehen weiter.
Irgendwann ist es kurz vor 16 Uhr. Wir müssen rein, wenn wir etwas lernen wollen.

named

benannt2Es gibt Dinge, über die mache ich mir erst Gedanken, wenn so etwas wie vor ein paar Tagen passiert.
Wir liefen mit unserer Gemögten durch den Wald und irgendwo in unserem Gespräch mischte sich ein anderes Innen hinein.
Das ist etwas, das oft passiert und in der Regel ist das für mein Gegenüber nicht so zu spüren. Wir erwachsenen Innens, die viel Alltag leben, sind nicht so wahnsinnig unterschiedlich nach Außen bis auf Kleinigkeiten, die erst dann zum Merkmal für „Oh- das ist jetzt aber jemand anders“ werden, wenn jemand von unserem Viele-sein weiß.

Wir kennen diese Gemögte jetzt seit ungefähr 3 Jahren. Dass wir ein Mensch mit „Wir- Gefühl“ sind, haben wir ihr nach einem dreiviertel Jahr erzählt. Wie das alles so ist, haben wir ihr mit Bücherbergen und Wortgebirgen erklärt und den Rest einfach miteinander gelebt.

Als wir im Wald standen, fragte sie das Innen an der Front, ob es ihr ihren Namen sagen könne und ja, das hat mich geplättet.
Das ist eine Art Interesse, das so tief geht, dass ich nicht sicher bin, ob klar ist, wie tief. Was diese Frage mit Offenheit zu tun hat und nicht zuletzt einer Art gelebter Unlogik, die einerseits ein Selbstgefühl stärkt, andererseits die Funktionsweise der Einigkeit von Namen für Menschen ad absurdum führt.

Menschen werden geboren und es wird ein Name vergeben.
Das ist so, weil darum.
Anstatt weiterhin zu warten, welche Eigenschaften die kleinen Menschen entwickeln und sie anhand dessen zu benennen, wie es lange Zeit in Europa noch Normalität war (Stichwort: Kindersterblichkeit), gab es irgendwann einen Umschwung zur Namensvergabepraxis. Ob es daran lag, das auch kleinen Menschen eine Seele und ein Selbst zugestanden wurde, das benannt werden wollte oder, ob es einfach so war, dass es üblicher wurde, wenn ein Kind das 5te Lebensjahr erreichte, weiß ich nicht.
Trotzdem finde ich den Ansatz, den Namen nach den Fähigkeiten oder auch Eigenschaften des Menschen auszusuchen, an sich clever.

So in etwa, habe ich auch meine erste innere Landkarte gestaltet. Ich wusste nicht, wie sich die Innens selbst benennen und hatte nur die Beschreibungen von Außen. So gab ich ihnen Namen, um in der Therapie über sie sprechen können und so wiederum irgendwann auch mit ihnen sprechen zu können.

So wurde mein eigenschaftsbezogener Name für sie zum Werkzeug, mich an ihr Sein, das einen anderen Namen hat, anzunähern.

Im Therapieverlauf habe ich dann die Namen ergänzt bis irgendwann so ein Punkt war, an dem klar wurde, wie privat die Namen der Innens sind und was für eine Nähe mit dieser Privatheit einhergeht.
Ich muss niemandem besonders nah sein, um zu sagen, dass ich Hannah heiße. Es gibt aber auch Innens die sich schutzlos und vielleicht auch wie enttarnt fühlen, wenn sie benannt werden.
Das war für mich ein Moment, in dem mir auch ein Stück weit klar wurde, was damit gemeint ist, wenn es heißt: „Du bist dazu da, andere Innens zu schützen.“. Ich bin nicht nur dazu da, Teile des Lebens für sie zu leben, die sie überfordern, ängstigen oder für die sie einfach nicht gemacht sind, sondern eben auch, um einen Abstand zu anderen Menschen zu generieren.
Was sich hier gezielt „gemacht“ anhört ist etwas, das sich einfach so entwickelt hat, weil es nötig war. Das ist, was sich hinter dem Begriff „struktureller Dissoziation“ befindet. Es ist nicht: „Wir bringen mal System (Funktion nach Schema) in dieses wirre Dissoziieren“, sondern: „Oh- da ist Struktur im scheinbar wirren Dissoziieren“.
Auch im Hinblick darauf, dass es Menschen gibt, die trotz Bewusstsein um Trauma und die Folgen- vielleicht auch Wissen um Dissoziation und ihr Spektrum-  von außen versuchen „Ordnung reinzubringen“, ist es vielleicht sinnig nochmal zu sagen, dass die Namen, die dort hin- und hergeschoben werden; eingeordnet und sortiert werden, ein „jemand“ sind, das einfach -ist-.
Die Ordnung ist schon da- sie muss nicht reingebracht werden. Sie muss nur verstanden werden.

Das ist die Übergriffigkeit, die für mein Gefühl viele Menschen nicht auf dem Schirm haben, wenn sie so etwas sagen wie: „Ja dann sag dem Innen doch, dass es dies und das nicht mehr machen soll“ oder (Bullshitbingo:) „Dann macht das doch so: der macht das, der macht das und der macht das…“.

Da beginnt der Bereich der gelebten Unlogik, den ich eingangs erwähnte.
Wir sind alle Eine- doch jede/r/s von uns ist Eine/r/s.

Ich habe nie darüber nachgedacht, warum ich auf den Körpernamen reagiere- für mich, vor mir selbst, aber Hannah heiße. Ich weiß nicht, woher ich immer genau wusste, dass mein Name etwas ist, das nur meins ganz allein ist. Heute weiß ich, dass ich in einem Moment „geboren“ wurde, in dem „ich“ eben nicht -war-. Weder Name, noch Identität; in meinem Fall eben nur noch Eigenschaft mit Kompatibilitätsoption nach außen.
Es gibt Innens bei denen nicht einmal mehr das da war.
[Von außen wird das gern als der Moment der Selbst- entfernung/trennung (Dissoziation) bezeichnet- für uns ist dies allerdings ein Zustand- darum das „-war-“ und „-ist-„]

Sich selbst zu benennen ist eine Art der Aneignung seiner Selbst, die unfassbar viel sein kann, wenn eben das eigene Sein nach Außen so nicht mehr -ist-, vielleicht auch nie anerkannt oder auch gewahrt wird.
In der Hinsicht haben zum Beispiel auch Menschen mit Transidentität oder auch Intersexualität meine volle Solidarität, wenn sie sich für einen anderen Namen entscheiden. Es geht darum sich an sich selbst- sein eigenes Selbstsein  anzunähern- innerlich, wie äußerlich.
Es fällt mir nicht schwer zu sehen, dass eine „Maria“, deren Körper mit „Martin“ benannt wird, mit jeder Körpernamenserwähnung missachtet und ja, so auch gequält wird- also Gewalt erfährt.

Die innere Namensgebung fällt so auch in einen Bereich, der nach außen oft übersehen wird, wenn es um Gewaltleben und -überleben geht.
Gewalt ist all (selbst-) umfassend, doch etwas vom „Vorher“ (auch dann wenn selbst dieses „Vorher“ eines voller Gewalt ist) bleibt immer. Irgendetwas bleibt und entwickelt sich unter den gegebenen Umständen weiter.
So betrachte ich unsere Namensgebung im Innen als Fähigkeit zwischen innen und außen doch sehr wohl unterscheiden zu können- obwohl die Anpassung (bei manchen Innens bis zur Verschmelzung) immer wieder nötig war, um zu überleben.
So bildet die Selbstbezeichnung bereits eine Art Schutz vor Zerfall, denn benannt wird nichts, was nicht ist. Der Moment des Nichts-sein- des „nicht -seins-“ ist der, den es zu umgehen gilt.
Wenn etwas -ist-, kann es nicht -nicht sein- .

Übersehen wird manchmal, dass Aneignung etwas ist, das so lange funktioniert, wie Anzueignendes da ist und sei es eben jenes kleine -ist-, das noch ist, wenn sonst nichts mehr -ist-.

Ich denke nun ist erkennbar wie kostbar das ist, was unsere Namen bezeichnen?

Für das Miteinander mit dem Außen bedeutet das Folgendes:
Ich bin da, wie gesagt, nicht so. Ich finds schön, wenn Menschen mich mit „Hannah“ ansprechen und nicht mit „Körpername“ oder noch schlimmer „Frau Körperfamilienname“.
Ich kann das aber erst haben oder in der Folge logisch nachvollziehbar einfordern, wenn das Außen
a) weiß, dass ich als Einsmensch multipel bin, aber gerade als Einzelinnen – da bin-,
b) weiß, was das bedeutet
c) mir das glaubt
und d) wenn dann noch so viel Wertschätzung für mich/uns da ist, dass mir zugestanden wird, mich wohl zu fühlen, wenn ich angesprochen werde.

Manches Außen fragt vielleicht nun, ob es jedes Innen erkennen und mit „seinem/ihrem/deren Namen ansprechen muss.
Bei uns ist das nicht der Fall. Es gibt als gesamtinneren Konsens, dass der Körper(familien)name nicht passt und jeder Name besser ist, als dieser. So lassen sich auch viele andere Innens eben „Hannah“ oder eben wie hier im Blogkontext „Hannah Cecile“ oder nur „C(ecile)“ Rosenblatt nennen.
Da ist jeder Mensch (mit DIS) anders. Ich habe schon von Menschen mit DIS gehört, die von ihren Mitmenschen gewünscht haben, jeweils mit den „richtigen Namen“ angesprochen zu werden und von Menschen mit DIS, bei denen die Innens nicht so eine Aversion gegen den Körpernamen hatten und sich auch so nennen ließen.

Das Namensgefühl verändert sich auch.
Die Selbstbenennung schwankt bei mir auch mit dem inneren Beieinander.
So ist es dann manchmal so, dass ich in der Therapiestunde sitze und die Therapeutin mich fragt, mit wem sie gerade spricht. Manchmal fühle ich niemand anderen und antworte dann: „Hannah“ und manchmal fühle ich ganz deutlich- fast organisch mit mir zusammengeschmolzen ein anderes Innen und antworte: „Hannah und…“. Es gibt bei uns einige Innens die, nachdem sie auf Dauer verschmolzen waren, eine ganz andere Selbstbezeichnung für sich hatten.

Benannt wird immer, was ist- nicht was sein könnte oder sein soll, wie das eben im Außen passiert, wenn ein Neugeborenes direkt einen Namen zuschreibender Bedeutung bekommt.

In der Situation im Wald kippte das Innen auf die Frage weg.
Vermutlich genau über die Kante, über die ich stolperte und die mich bäuchlings vor die Füße unserer Gemögten fallen ließ.
Es war zu nah, obwohl als Frage an sich völlig in Ordnung und folgerichtig im Annäherungsprozess an uns als Vielheit.

Aber unsere Namen sind das, was wir uns ganz allein gemacht haben. Unsere Namen haben uns – jede/n/s für sich allein, -sein- lassen, als gar kein -Sein- mehr war.
Der Name ist das bisschen Selbst, welches alles im Innen benannte und über alles hinweg gerettet werden konnte. In unserem Fall, ohne bewusste Überlegung, sondern einfach so. Vielleicht, weil das etwas war, was noch ging. Trotz und wegen allem, was war und was eben nicht war.

Das wird eben nicht von allen mit allen geteilt.