der Stromausfall

Es begann mit einem sanften Aufwachen, frei-seeligem Herumgleiten, sich noch mal nach links und nochmal nach rechts rollen und mit einer gewissen Selbstermutigung den Tag zu starten. Tja… und dann stimmten weder die Kaffeemaschine noch der Wasserkocher ihr allmorgendliches Rausch- Röchel- Prustkonzert an.

Stromausfall in einzelnen Wohnungen.

Zuerst gibt es einen Aufprall auf die Oberfläche, welcher sich in Gedanken rund um die Ursache des Problems drehen: Rechnungen bezahlt? Mahnungen nicht erhalten, Rechtsanwältin lange nicht gesprochen- gab es eine Wartungsankündigung? Manipulation von einem Innen am Stromkasten?
Der erste Ring nach Klärung dieser Fragen, sind die Konsequenzen die sich in verschiedenen Ebenen fortpflanzen: Im Keller steht der Tiefkühlschrank mit NakNak*s Fleisch und Futtertieren- wie lange ist der schon ohne Strom gewesen?
Der Akku des Mobiltelefons war leer… [Keinen Mucks will ich hören, sonst…]
Der Bauch gurgelte seine Morgenmelodie… [Du bekommst nichts mehr, du…]
Langsam schlug sich die Kälte ihre Steigeisen in die Haut, da die Heizung ebenfalls von Strom abhängig ist… [Runter mit dir!]

Zum Glück hatten wir vorerst noch die Sonnenscheibe, dunstig aber erkennbar, vor Augen und den Schlüssel zur Wohnung von Mensch XY.
Kaffee kochen, Milch wärmen, Handy aufladen, Katze streicheln. Kontakt zu Mensch XY herstellen.

Zurück in die eisige Wohnung, von Hund mit großen Bedürfnis nach Körperkontakt begrüßt, wohlwissend, dass noch so einiges mehr auf dem Plan stand, als lediglich Ängste und immer wieder aufwallende Erinnerungs-Paniks- (Nach)Schmerzwellen wegzuschieben bzw. “sich hin zu orientieren”.  Dann plötzlich hustet der Kühlschrank und kühlt wieder.
[Aaaaah- Guck- ist schon wieder alles gut. War nur ein Stromausfall. Vielleicht ein Punkerelektron oder so…]
Wie in einer Slidingszene im Film (unterlegt mit Musik von Enya) wird sich angezogen und gleichzeitig beruhigt, reorierentiert und gehalten.
Laptop an, Kaffee und Kakao daneben, Blog und Internet begucken- in der Gegenwart festtackern. Dann in die Stadt, Hartz und GEZ beglücken, Ticket kaufen, Reiniger kaufen…es beginnt der übliche Alltagsreigen der Innens, um sich unter fremden Menschenmassen, greller Beleuchtung, viel zu direkter Ansprache und allgemeiner Angst zurecht zu finden- alles mit dem nachwievor untergründigen Enya-Smoothie im Seelentonhintergrund.

Wieder zuhause: eiskalt, wieder kein Strom mehr.
Fest entschlossen dem anschwellenden Panikwust im Nacken keinen Platz zu lassen, in die Sportsachen und raus mit dem freudigen Hund. WegLaufen.
Als es dämmert zurück, um festzustellen: Strom ist noch immer weg.
Und: die Sonne geht unter. [Hab ich dich!]

[Nein, wir sitzen nicht in der Falle, ja das ist unsere ganz eigene sichere Wohnung, wir sind groß, guck- nix los, nur still und kalt- gar nix los, nein wir können nur niemanden anrufen, weil wir nicht genug Geld diesen Monat fürs Handy haben, ja wir sind ein armes Leut, aber wir sind frei- das macht uns sehr reich… ja Strom ist weg, wegen einem Punkerelektron das sich mit den Stadtwerken anlegt, Nee nee guck mal ist echt nur unsere Wohnung…
Federrascheln, summende Melodien, Tränen, die das gleichzeitig aufstampfende BÄÄÄM umspülen und doch nicht heraustreten.]

Es herrscht Ausnahmezustand. Eine Unterbrechung des normalen Alltags ist schwierig genug zu verkraften (in diesem Fall der ewige Papiermist rund um die Neubeantragung des Hartz4, nach unüblichem Morgen), doch dazu noch eine läufige Hündin (und die dazugehörenden Momente im Park oder Wald) und ein Stromausfall…nach innen wirkt das bei uns immer ein bisschen Tschernobylartig: Erst wills keiner wahrhaben, dann die große Panik- aber nicht alle wissen direkt drüber Bescheid, weil ne Mauer im Weg ist.
Für uns werden solche Umstände auch immer erst als “Störfall” einsortiert und erst, wenn’s zu spät ist als der GAU, der es ist.

Irgendwo zwischen den späten 80er und den frühen 90er Jahren herumschwirren, geistig zu wabern und nie genau sagen zu können, wo man eigentlich gerade ist.  Zwischendrin SMS und Anrufe von Mensch XY, die wie ein Anker in den Angstsee hineinklatschten, auf das sich dran festhält, was zum “sich festhalten” in der Lage ist.
Dann doch die Entscheidung Kerzen anzumachen. Heller die Ängste nie leuchten. Über allem schwebend das zynische Rosenblatt mit der Frage, obs nun gut oder schlecht ist, die Erleichterung über das Licht und gleichzeitig die einschießende Kerzenassoziation mit dazu gehörendem Körpergefühl zu spüren. Als das zu quälend wird, entscheidet man sich für die Dunkelheit.

Und nun- am Morgen danach- die Erkenntnis, dass nicht einmal wirklich dieses Erinnerungschaos wirklich das Schlimme- der GAU- war, sondern das Warten auf Erlösung!

Unten wurde die Straße operiert mit Baggern und Lötkolben, die Menschen von den Stadtwerken rabotteten gewichtig schreitend, ab und an auf ihre Geräte schauend, herum… eine Stimmung wie bei einer Krankenhausgeburt (da gucken auch alle nur noch auf die Geräte und nicht auf die Leute die es betrifft) und wir wartend, hilflos, ohnmächtig, einer höheren Macht ausgeliefert, die allein in der Lage zu geben ist, was wir brauchen, um einen Zustand zu beenden, der wirklich schmerzt.

Oft genug ist es die Frontfrau, die immer wieder die Dringlichkeit diverser Nötigkeiten missachtet und bagatellisiert. Doch in Momenten wie diesen ist es die ganze Welt, die durch ihren normalen Weiterlauf, ihr Schweigen, ihre Nichtresonanz zu einer Wiederholung in unserem Empfinden beiträgt. Es ist ein Gefühl, wie es jeder kennt, dem mal etwas Schlimmes passiert ist. Man steht scheinbar allein inmitten einer grauen Masse und ruft in de Welt: “Wieso drehst du dich einfach weiter? Hallo?! Halt an- es ist doch grad was Schlimmes…!”

Früher hat niemand auf Schreie reagiert- niemand kam um zu helfen wenn’s weh tat oder verstand die Sprache der Schreie bzw. ihre Bedeutung. Und bis heute wird in solchen Zeiten dieses Rufen… dieses bettelnde Flehen darum, dass “ES” bitte aufhört- oder wenigstens jemand kommt und macht, dass “ES” aufhört, angetriggert. 100360_web_R_K_by_Andreas Lochmann_pixelio.de
Es ist längst nicht so laut und offen, wie die Frontfrau es immer wahrzunehmen scheint.

Jahrelanges Schreien macht heiser und lähmt.

Dieses Kind saß in unserer Wohnung und schrie sich die Seelen aus dem Leib heraus- ohne, dass es auch nur ein menschliches Ohr hätte hören können; ohne, dass auch nur eine dieser herausgebrüllten Seelen in der Lage gewesen wäre etwas zu tun, was seine Qual beendet.

Es dauerte bis etwa 23.30 Uhr, bis die Operation an offener Leitung beendet, der Kühlschrank hustete, die Lampe aufstrahlte und der Schrei erstarb, weil plötzlich wieder ein Licht durch das Schlüsselloch drang, durch das es sein Leben lang in die Welt starrt.

500 Gramm biographische Amnesie bitte!

Ich bin für “Entweder- Oder- Dissoziation”.
Also wenn mal jemand eine entsprechende Petition aufgeben, Demoplakate und Banner mit mir machen will…

Ich gebe zu, obwohl es nach der ganzen Therapiezeit nicht mehr viel Versteck- und Vermeidungsmöglichkeit gibt, suche ich sie natürlich immer wieder noch auf und will manches einfach echt wirklich nicht mitkriegen und wissen und waaa- man ja- manchmal will ich bitte einfach nur meine Vermeidungsblase zu machen und mir im Stillen die Melodie von Tetris vorsummen.

Es ist jedes Mal ein Abgrund, der sich vor mir eröffnet. Ein echter Abgrund, mit nicht nur der flachen Dimension die man so objektiv sieht.
Vorhin stand ich vor dem Supermarkt und versank schon wieder halb in meinem Körper.
Es sind so diese Switchnähte, die so krass anfällig für Auflösung sind.
Außerhalb des Marktes ist der Wegegänger, innerhalb des Ladens stampft Frau Zarin ihre Schneisen- aber genau dazwischen gefordert zu sein, macht alles kaputt.
Vielleicht spricht uns einfach nur jemand an, vielleicht ist unser Metabolismus anwesend, als eine Mutter ihr Kind in den Rücken tritt, vielleicht ist es auch nur ein Regenguss, unter Umständen ist es einfach nur ein offener Schnürsenkel.
In jedem Fall kriege ich plötzlich mit, in was für Sphären sowohl Frau Zarin als auch der Wegegänger herumfliegen. Und… ich drücks mal so aus: Die beiden wissen noch besser als ich, dass das Leben ein verfluchtes Minenfeld ist.

Sie sind funktional- sie haben ihre Methoden sich zu sichern, sie haben ihre Anker und ihre Strategie. Aber eines haben sie gemeinsam: Sie haben Angst und sie schützen Innenkinder.
Ich stehe davor und merke einmal mehr, wie wichtig die Dissoziation war, merke inzwischen aber auch, dass in dieser Switchnaht gerade ich- ausgerechnet ich!- der einzige Schutz für diese Innenkinder bin.
Und das ist der Moment.

Da ist der Abgrund. Das ist ein mörderischer körperlicher (Nach-) Schmerz der mir das Rückgrat zu zerbrechen in der Lage ist, da ist Angst, da ist der Verlust vom Glauben an das Gute im Menschen. Total offen und wund vor sich hineiternd.
Ich will das nicht sehen. Ich will das nicht fühlen. Ich will das nicht wissen.
Hallo? Ich wär jawohl schön blöd mir so den Tag zu versauen! Ich hatte grad son schönes Gespräch und die Sonne scheint! Ich will jetzt nicht fühlen wie real meine Seele noch immer in alter Zeit hängt und ganz und überhaupt will ich nichts davon mit mir im Zusammhang fühlen!
Also kneif ich die Augen zu und summe Tetris vor ich hin…. und fange an mir einen Text für meine Internapetition auszudenken, während ich gleichzeitig meine Reorientierungskisten abspule und den Körper aus der äußeren Situation manövriere (Ja- ich kann das: auf einem Bein hopsend meine Schuhe zubinden und währenddessen Klopapier und 6 Liter Milch ausbalancieren! Wer so vermeidet wie ich- der kann das irgendwann haha). Irgendwann hab ich mein Gehirn so überlastet, dass nur noch die Frage: “Wo wohne ich eigentlich?” gebraucht wird, um mich wieder wegzukegeln.
Und ja: Ich weiß verdammt nochmal ganz genau, dass ich in dieser Situation auch einfach hätte cool bleiben können und mich dem was sich da vor mir auftut stellen können.

Aber ich weiß genauso gut, wie das in der Regel ausgeht- nämlich mit ner ganzen Menge Autsch!
Allein schon wie es sich anfühlt, wenn eines der funktionalen Innenkinder “da war” und im Körper nur noch der Nachhauch eines Nachhauches herumirrt. Es ist furchtbar!
Und genau um mich vor solchen Gefühlen zu schützen gibts ja die Dissoziation.
Nur leider hab ich schon Therapiefortschritte gemacht und jetzt geht das nicht mehr immer so leicht.
Es gibt immer öfter solche Situationen, wie heute, in denen ich sowas wie “inneren bewussten Sichtkontakt” mit so verletzten Innenkindern habe und mehr oder weniger bewusst real wählen kann: Vermeidung und der Abschuss in die Dissoziation (durch mehr oder weniger gezieltes Wegtriggern) oder Hingucken und dran arbeiten.

Ich hätte bitte gerne, dass mir einer die Entscheidung abnimmt. Das ist beides so… mee!
Vermeidung ist scheiße, weil man die Energie einfach für so viele andere viel tollere Sachen verwenden könnte. Aber hingucken und der Rattenschwanz dazu tut so saumäßig weh!
Ich hätte gerne meine Alltagsdissos, so wie heute noch mehr bitte weg. Ich mags, wenn ich mitkrieg was für ein Leben wir so leben- aber die inhaltlichen Dissos, die könnten gerne wieder so komplett doll sein, wie früher.

Also… wer fährt mit mir zum Lebens- Wunschkonzert und hält Banner hoch?
Oder geht mit mir ins Dissokaufhaus… dicke fette biographische Amnesien und Unbewusstsein kaufen?

Superwomen, Möhrenwürfel und Heilung

Sie sagt, ich hätte alles Recht mich fallen zu lassen.
Sie fragt, wieso ich mir das alles antue. “Weißt du wie du hier vor mir stehst? Du hast schon wieder diesen Buckel und du guckst schon wieder nur noch von unten nach oben.”

“Ja- kann sein.” Ich merke wie eine Wut von einem Innen durch mich herausschießt- der Buckel wird zum Panzer, mit verletzenden Stacheln besetzt. ”Und- was soll ich drüber heulen? Wem hilfts? Änderts was? Hats das je getan?” Meine panische Angst vor der Reaktion meines Gegenübers rast durch den Körper gepaart mit einem innigen Wunsch nach den Tritten, Schlägen und Demütigungen, die ich jetzt erwarte.

“Hey- ich weiß schon! Guck mich an- ich bins!”
Nein- ist sie nicht oder doch? Oder nicht? Oder? Ich kann nichts mehr sehen- es schiebt sich alles ineinander- meine Ratio hängt wimmernd in irgendeiner Ecke und knüpft sich einen Strick aus Fäden von Heute und Gestern. Mein Körper fängt an um mich herum zu schlackern, meine Lunge schrumpft, mein Herz schaltet auf Schnelldurchlauf… die Haut wird kalt.
Hinter meinen Augäpfeln wird sie zerschossen, während gleichzeitig das Betteln, um gnadenlose Gewalt an sich immer lauter wird. Ich betrachte meine Ratio die inzwischen wie eine Stoffpuppe von der Naht zwischen Heute und Gestern herab baumelt, während ich vor der Gemögten stehe und mir die Worte aus dem Hals zu pressen versuche.

“Hallo? Bist du noch da?”
Ich höre sie wohl, ich bin noch da. Ja.
Sie versuche diese Lupe aus Tränenflüssigkeit und Vergangenheit beiseite zu wischen, während sie aufsteht, die Tüte mit gefrostetem Suppengemüse aus dem Tiefkühlfach holt und mir auf die Hand legt. Die Eiskristalle ziehen mich an dünnen Fädchen aus den tieferen Schichten des Innen näher an de Oberfläche. Zerschneiden den Strick meiner Ratio, die mit einem dumpfen Plums auf dem Boden meines Bewusstseins landet.
”Gehts?”
Ich halte die Tüte an meinen Bauch und nicke.
Eigentlich will ich jetzt in der Tüte verschwinden. Selber ganz eingefroren und konserviert sein. Ich will grad nicht in meinem Leben sein und gar gekocht werden von dieser heißen Wut, dem Hass, dieser Verachtung und immer wieder dieser Panik vor der völlig selbstverständlich erwarteten Wiederholung von Gewalt an uns.
Ich will ein kleines Möhrenwürfelchen sein.

“Hm?” Sie lächelt. “Ihr müsst nicht Superwomen sein.”
“Superwomen gibts gar nicht richtig- die hatte nie wirklich echte Superkräfte aus sich heraus. Die, die du meinst hieß Wonderwomen. Und Wonderwomen kann ich nicht sein, sonst muss ich wieder diesen Kampf gegen den Diagnosestempel der Schizophrenie führen, wenn ich sag, ich hätt ein unsichtbares Gefährt…”
”Du weißt, was ich meine.”

Ja, ich weiß was sie meint.
Es gibt Aussteiger, die sich direkt einweisen lassen, weil sie genau diese Selbst-s-Folter, diese immer wieder aufwogende Panik, Verunsicherung, Erinnerung, dieses bewusste geistige “zwischen den Welten stehen”, wie wir es gerade durchmachen, nicht mehr aushalten (können oder wollen).
Es gibt Menschen, die über einen OEG- Antrag und alles was dazu gehört, in unserer Situation nicht einmal nachdenken würden.
Es gibt Menschen, die ohne auch nur ein einziges Medikament nicht durch unsere Nächte kämen.
Und ja- noch weniger Menschen würden genau darüber schreiben, so wie wir.
Aber wir sind ja nicht “die Anderen”. Und wir wollen es auch gar nicht sein.

Wie kommt es, dass ich mich nicht einmal seelenglobal bemitleiden kann ohne, das es heißt, meine Gesamtsituation wäre ja auch viel zu viel? Ohne, dass es heißt: “Du musst nicht Superwomen sein?”. Wieso mussten wir immer Situationen, die andere als so besonders hilfreich bewertet haben, aushalten, (weil es ja das Beste für uns wäre)- in Situationen aber, die wir bewusst erleben wollen und die wir auch so wie sie sind verarbeiten wollen, zu hören bekommen, es wäre ja auch alles zu viel und man könnte sich ja auch mal fallen lassen?

Ja, ich könnte mich fallen lassen- das mache ich doch auch. Was ist denn die Erwartung? Der große dramatische Knall?  Reicht denn das was ich tue nicht?
Ich weine doch nicht, weil ich zwischen den inneren Welten zerrieben werde. Darüber kann ich überhaupt nicht weinen- in Bezug darauf habe ich lediglich zig Fragezeichen und sauge jede Information auf, um beide miteinander zu einer verschmelzen lassen zu können.
Dieser OEG-Antrag ist viel mehr als nur das Aufschreiben von Taten. Meine Güte- ja- schön ist es nicht diese Gewaltorgien aufzuschreiben- aber kaputt machen wird mich nicht das, sondern eher die Politik und der Umgang mit mir als Mensch, der diese Taten an sich aushalten und überleben musste! Darüber zu heulen und mich dann fallen zu lassen, wäre einfach nur systemunterstützend- also hätte es keinen Sinn. Ergo tue ich das nicht!

Aber wenn ich über meinem Buchmanuskript sitze und während des Schreibens merke, wie sich mir Innens nähern und mir einen Teil ihres Wissens und ihrer Gefühle von damals reichen, um sie aufs Papier zu kleben…
Wenn ich mich dann kurz in meinen Sessel fallen lasse, um einfach nur für diesen Moment nichts weiter zu tun, als diese Innens- diese entfernten Teile von mir selbst !!!- zu beweinen… dann- genau dann!- mache ich doch genau das, was mir gesagt wird. Dann lasse ich mich doch fallen.
In dem Moment kann ich niemanden gebrauchen, der mir sagt, es wäre ja eh alles grad so schwer. Oder der mir sagt, morgen würde schon alles besser. Oder der mir sagt, ich müsste nicht Superwomen sein und damit implizieren, was ich hier täte, wäre wer weiß was für ein übermenschlicher Akt.
Das mag für Menschen, die das alles für sich allein schultern müssten, vielleicht zutreffen. Aber für mich und meine Innens ist das nicht so. OEG, Welten- bzw. Werteverschmelzung, die Realisierung von früherem Erleben und der Annahme weggedrückter Gefühle… das sind drei komplett verschiedene Bereiche.
Und nur einer davon hat das Potenzial mich richtig in die Kniee zu zwingen.
Nämlich der, der beinhaltet nicht mehr getrennt zu sein von dem was ich/ wir unser ganzes Leben lang immer und immer wieder von einander wegdissoziiert habe/n: Unsere Geschichte, unsere Gefühle und uns selbst.

Dann brauche ich, dass mich jemand daran erinnert, dass ich das alles schaffen werde. Dass ich keine Superkräfte brauche, um diese Gefühle und Informationen in mir aufzunehmen, sondern, dass das alles bereits in mir drin ist- ich es aber zum ersten Mal bewusst selbst wahrnehme.

Dass Heilung eben auch mal weh tut. So weh, dass man manchmal auch einfach zurecht ein klitzekleiner Möhrenwürfel in einer Tüte Suppengemüse aus dem Tiefkühlfach sein will.

Selbst-s-Folter ist immernoch Folter

Also ganz ehrlich- ja- wir sind ne Sprachmimose. Ja ja ja stimmt!
Wir haben ne Grammatikmacke und hassen es, wenn Menschen “zu” und “nach” falsch verwenden, kriegen die Krise, wenn jemand “als” und “wie” falsch einsetzt und schreihen auf, wenn jemand meint die Begriffe “Vergewaltigung” und “Zwang” synonym verwenden zu können.

Aber wenn sich jemand hinstellt und meint, Folter sei nicht gleich Folter, wenn ich von Folter spreche… da zieht sich nicht nur mein Mimonseninnenleben in sich selbst zurück, sondern mein dunkelbuntes Imperium breitet sich aus wie die Nesselkapseln einer Feuerqualle.

Der Begriff der Folter beschreibt Handlungen um jemandem seinen Willen zu brechen (und in Folge dessen an Informationen heranzukommen oder ihn allgemein gefügig zu machen bzw. zu halten). Diese Handlungen sind immer und in jedem Fall quälend auf irgendeine Art und Weise. Und sie hinterlassen immer einen Schaden.

Mag sein, dass man heute den Begriff nur noch im Zusammenhang mit pseudopolitischer Auseinandersetzung (Politik geht ohne Gewalt- für uns ist Krieg immer nur Gewalt- deshalb steht hier “pseudopolitisch”) hört und dann direkt an sogenanntes “waterboarding” oder vermummte Menschen mit dicken Peitschen in der Hand, denkt.
Dass, auch andere Handlungen völlig subtil und vorallem aus dem eigenen Körper herauskommend, gleichsam eine Folter darstellen können und auch genau als solche empfunden werden, das scheint aber irgendwie doch “übertrieben ausgedrückt”.

Ja danke auch!
Ich geleite mal von oben draufschauend in unsere eigene Folterkammer.
Wir haben einen Kontakt gemacht, der uns gut tut. Der uns Spaß macht und den Horizont erweitert. Der absolut nichts mit den früheren Loyalitäten zu tun hat.
Konflikt: Altes gegen Neues.
versuchte Lösung: Politik- gibst du mir, geb ich dir
innere Ausführung: Maßnahmen, um die politischen Feinde im Innern in ihrem Willen zu brechen, ein neues Leben zu beginnen und an die Gesetze von früher zu binden.
Mittel der Wahl: Todesangst
gern genutzter Verstärker: Schmerzen, forcierte und immer wieder bestätigte Verunsicherung, Bilder der Folgen, die das Handeln haben kann, direkt ausgeübter Zwang quälend peinigende  Handlungen von früher durch die eigene Hand zu wiederholen
Unterm Strich: Selbst-s- Folter!

Ja, es sieht für Aussenstehende aus wie selbstverletzendes Verhalten, eine Essstörung, eine Zwangsstörung, wie schlichte Flashbacks- für uns aber- für unsere Innenkinder und uns Alltagspersonen, die komplett zwischen den inneren Stühlen stehen und einfach nur noch ständig und immer hilflos mit der kleinen weißen Fahne wedeln können, ist es verdammt nochmal Folter.

Ja, ich denke, in diesem Beitrag mache ich mich auf. Ja, ich glaube es ist von Sinn, wenn ich es zeige. Es zeigt eine Dimension.

Insgesamt 20 Stunden nicht zur Toilette gehen zu dürfen (und jedes Mal bei einem Versuch dorthin von Bildern und furchtbaren Gefühlen überflutet zu werden), weil man mit einer Gemögten gesprochen hat, die einem anbietet, etwas anderes zu tun, als das was einem die BÄÄÄMs aufdrücken wollen- ist Folter.
Seinem Körper hilf- und tatenlos dabei zusehen zu müssen, wie er sich immer und immer wieder kochendes Wasser zwischen die Beine schüttet, weil man sich von jemandem anderem, als jenem dem einzig und allein die Loyalität und Liebe gelten soll, gemocht fühlt- ist Folter.
Stundenlang stehen zu müssen, weil man sich nach Stunden in der Kälte ein warmes Getränk zuführen will- es aber nicht darf, weil es den Glaubenssätzen der BÄÄÄMs widerspricht und jene uns immer wieder in diese stehende Haltung zurückzwingen, durch die Provokation von Schmerzen und furchtbaren Ängsten, ist Folter.

Ja, es steht hier niemand neben uns und tut uns das an. Niemand aussen zwingt uns jetzt direkt dazu, das zu tun. Das ist ja aber auch gar nicht nötig. Es ist ja alles im eigenen Selbst installiert. Wir wurden so hingebrochen, um uns genau das hier selbst anzutun, um uns selbst, wenn kein äusserer Täter neben uns steht, immer wieder in das Überzeugungskonstrukt und Handlungskorsett der Gruppierung hineinzufoltern.

Und wenn wir es schaffen, genau das, als das zu bezeichnen, was es ist- nämlich Folter- Selbst-s-Folter, dann sollte nicht von Übertreibung die Rede sein.
Sondern von einer Chance und einem wichtigen Schritt zur Heilung.

Es ist unsere Chance diese Handlungen zu enttarnen und unsere weiße Fahne beiseite zu legen, bei den inneren Verhandlungen. Wer foltert, begeht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Und der Kern jeder guten Politik ist die Ahndung solcher Verbrechen.
Wenn wir sehen, dass sowas bei uns passiert, dann machen wir eine Anzeige bei unseren verbündeten Mitgliedsstaaten und die helfen uns dann, das zu beenden in dem man Verhandlungen aufnimmt, Forderungen beguckt, einer Prüfung unterzieht und Handlungsmöglichkeiten einführt.

Das geht aber nur, wenn wir das Schlimme, das in uns selbst weiterhin passiert, auch so benennen können und wir uns nicht zu schämen und zu bezweifeln brauchen.
Es ist schon schwer genug.
Wie schwer kann man ja auch sehr schön im Aussen betrachten.
Oder was meinen die Zweifler, warum Guantanmo oder Abu- Ghuraibh nachwievor existieren?
Die Tatsache, dass man es “Verhöre von Menschen im Zusammenhang mit terroristischer Aktivität” nennt und nicht “Folter”, spielt definitiv eine Rolle!

Wir wollen die Fehler anderer nicht an uns selbst wiederholen. Das tun wir auf anderen Ebenen bereits oft genug und oft genug von aussen tatsächlich aufgezwungen.

Wenigstens uns selbst gegenüber machen wir das nicht mehr.
Wenigstens das.