keine neue Hölle

Eine Woche später habe ich neue Wörter für das, was passiert ist.
Erstaunlicherweise haben diese Wörter keinen Bezug zu Wahnsinn oder Irre, sondern sagen am Ende nichts anderes, als das, was ich empfunden habe.

Zusammenbruch und Abschottung
Meltdown und Shutdown

Nicht: “akute Psychose” und auch nicht: “schizoider Wahn”.

Morgen ist der erste Kontakt danach.
Einerseits merke ich, dass ich mir Sorgen darüber mache, wie viel mein Wort über dieses Ereignis zählt, andererseits merke ich eine Art ruhige Bestimmtheit, die sehr klar nur das zu gelten gedenkt, was in Frage zu kommen erscheint.

Man kann viel aus Krisen lernen und das sage ich nicht, um unser derzeitigen einen Sinn zu geben, sondern weil es so ist.
In Krisenzeiten versagen Schutzschilder und in unserem Fall ist das vielleicht der einzige Zustand, in dem wir Aspekte von uns, unserer Wahrnehmung, unserem Denken und Werten wahrnehmen können, ohne, dass sie durch jeweilige Funktionen nach außen verändert sind.
Jede depressive Krise verzerrt die Kognitionen und Aktionen, zu denen man fähig ist – das ist das Wesen der Depression: der neuronale Scheintod.
Abschaltung zur Sicherung des Überlebens.

Depressionen sind der neurologische Winterschlaf vor Überforderungen, Einsamkeit, Trauer, Verlust, Angst. Depressive Gehirne können aufwachen, wenn sie positive Bindungserfahrungen machen, wenn sie mit genug Melatonin versorgt werden, wenn sie nicht hungern oder dursten müssen. Wenn sie sich erholen können. Wenn sie es sich erlauben dürfen, ihre unverarbeiteten Datenknäule als körperliche Bagatellen sichtbar zu machen.

Wir sprechen seit Wochen von Überforderungen und einem undefiniertem Zuviel.
Sagen immer wieder, dass wir zeitweise keine Fähigkeiten haben zu sprechen. Wir sagen: “Wir können nicht entspannen.”. Wir sagen: “Wir können nicht schlafen.” Sagen: “Wir erinnern.”.
Und unsere Therapeutin fragt: “Warum?” und “Was bedeutet das?”.
Mitunter reißen die Tobenden an ihren Ketten und schreien sie an. Sie reißen an der Barriere zur Präsenz, weil “Warum?” die falsche Frage für uns ist.

Es ist nicht die Frage, warum wir in eine Krise rutschen, wenn wir erfahren, dass unser Denken und Wahrnehmen schon immer grundlegend anders war, als bei anderen Menschen. Wenn wir merken, dass unsere berufliche/finanzielle Situation nicht von uns allein zu verändern ist. Wenn wir merken, wie viel Innen wie sehr anders ist, als wir. Die Rosenblätter, die in den letzten 4 Jahren dieses fragile IST gehalten und getragen haben.

Es ist nicht die Frage nach der Bedeutung der Ereignisse – es ist die Frage nach dem Ausdruck der Ereignisse.
Es ist die Frage, warum das Schweigen im Reden so laut ist.

Und warum das Schweigen in seiner ständigen Präsenz nicht gleichsam problematisiert wird, wie die Kapitulation vor der Überforderung.

“Das Schweigen der Opfer”, ist eine der Formulierungen aus der Massenpresse, die mich am meisten verletzt hat, nachdem ich meinen Moment des Bewusstwerdens der eigenen früheren Opferschaft erlebte. Viel Zeit verging, bis ich meine Äußerungen als Reden ohne Aussage enttarnte. Lange hat es gedauert bis ich verstand, dass mein Reden entstand, weil niemand unser Sagen versteht.

Eine spezielle Hölle ist die, die man nicht in der gleichen Sprache abbilden kann, wie sie die Menschen um einen herum verwenden. Eine spezifische Frustationsquelle ist es, wenn immer wieder Worte stehen und sein sollen, die nicht passen.
Es überfordert, ängstigt, löst Trauer und Einsamkeitsgefühle aus, diese Hölle zu spüren und nicht verlassen zu können.

Neben all dem merke ich Veränderungen, die für andere Menschen Fortschritte heißen.
Der Umstand, dass uns die Therapeutin inzwischen wichtig genug ist, dass wir uns so (über)anstrengen, wie wir uns (über)anstrengen, dass sie begreift, was wir zu sagen aus uns rauswürgen. Solche Kraftakte haben wir für andere vor ihr nicht auf uns genommen.
Von anderen haben wir uns finden lassen – haben Waffen nieder- und Schutzschilde abgelegt und angefangen zu reden.  Da gab es Entlastungen, da gab es Entwicklungen. DAS DA hat sich aber immer erhalten. Unbewortet.

Und die eigenen Ränder, die als wahrhaft anerkannt werden. Nicht als subjektive Grenze und nicht als Ende des WIR, aber als Anfang von dem, was nicht mehr WIR ist. Da ist das Bemerken, dass “die Anderen” erheblich weniger Angst davor haben abgelehnt zu werden, als nicht zugehörig zu sein.  Da gibt es so eine Ahnung von einem Bewusstsein um sich, das ist, auch, wenn man gemieden wird.

Vielleicht gehe ich deshalb morgen da hin, obwohl ich es lieber vermeiden würde.
Weil sie mir das Gefühl geben, ich könnte alles im Außen verlieren und wäre trotzdem noch da. Weil sie mir mit ihrem ruhig bestimmten Wissen vermitteln, dass es nichts Neues wäre. Nichts, was sie nicht schon viele Male überlebt hätten.
Keine neue Hölle.

Verbindungen

Die Therapiestunde endete mit einem Flächenbrand, der unterm Scheitel begann, sich über einen Krampfanfall auf den gesamten Körper verteilte und bis in den späten Abend unterm Denken schwelte.

Menschen verstehen nicht, wenn wir versuchen zu vermitteln, wie schwer Sprache wird, wenn es uns nicht gut geht. Die wenigsten wissen, dass wir in Krisen seit Jahren das Fingeralphabet und einzelne Grundgebärden nutzen, um zu kommunizieren. Die meisten wissen, dass wir Menschen meiden, wenn wir nicht sprechen können. Die meisten denken, wir wären dann lieber allein. Niemand denkt daran, dass die Kluft des Missverstehens zwischen uns auch ein Grund ist.

Dass es der Weg zu Worten ist, der alles erschwert, wenn wir zwischen Erinnern und Nachspüren stehen und auf Impulse aus dem Heute reagieren sollen, haben wir gestern verstanden.

Das Hier und Heute verlangt nach Reaktionen, die bestimmte Formen haben muss. Der Mindeststandart sind Lautsprache und Blickkontakt. Ist das nicht gegeben, wird geraten und nachgefragt. Wird mit jeder Frage eine Palette von optional gemeinten Räumen eröffnet, von denen einer zu wählen ist. Exakt einer führt zielgenau zu dem Verstehen, das gebraucht wird – die anderen schließen dieses Verstehen nicht aus, führen aber zu weiteren Fragen mit neuen Räumen und Wegen, die zu gehen sind. Auch dann, wenn man keine Kraft dazu hat.
Hier kommt die Zeit <—-> Kraft –Dynamik dazu.
Je mehr Kraft wir in ein Hier und Heute pumpen müssen, damit es uns versteht, desto weniger schaffen wir es dauerhafte Belastungen zu kompensieren. Wie zum Beispiel überflutende Körpererinnerungen, Pseudohalluzinationen, den Drang die Satzbausteine rauszuwerfen, die mit am wenigsten Anstrengung zu greifen sind, den Impuls das zu Sagende nicht mehr zu kontrollieren oder schlicht Dinge zu tun, die uns entlasten, aber im Hier und Heute nicht okay sind (selbstverletzendes oder spezifisch selbstansprechendes Verhalten).

Es hätte uns gut getan, real verletzungsbedingte Schmerzen zu haben oder im komplett Dunklen oder Stillen oder Eingeengten zu sein.
Paradoxerweise hätte es uns wahrscheinlich am Besten geholfen, zurück zu einem “normalen” Reiz-Reaktionsmuster zu finden, wäre die Gewalt, die für uns neben dem Jetzt passierte, das Jetzt gewesen.

Wir haben Anfang dieser Woche unser Podcast “Viele-Sein” mit den Sommers aufgenommen (wird bald veröffentlicht) und dabei auch darüber gesprochen, dass durch den Ausstieg ein Faktor in unserem Leben wegfiel, der vieles in uns zusammengehalten hat: die Gewalt.
Nach gestern und im Zusammenhang mit den Überlegungen um die Autismusdiagnostik denke ich auch: die Reize und die Eindeutigkeit, die mit der Gewalt einhergingen.

Manchmal blende ich (erwachsenes Alltagsinnen) aus, wie auch aufgefasert frühere Gewalt schon auf uns eingewirkt hat. Wir wurden misshandelt – aber das war nicht immer das, was einen Leidensdruck auslöst. Manchmal kommt der Leidensdruck eher aus einem Bedauern des gegenseitigen Missverstehens oder anderen Dynamiken, die nicht dazu führen, verbunden zu sein.
Dazu gehörte schon früher auch: die Un_Logik von Gewalt zu durchschauen, eine Idee von Opportunismus als Faktor von Gruppengewalt zu haben, loyal sein zu wollen, aber andere Kontexte nicht ausblenden zu können – zusammengefasst vielleicht: das eigene Denken nicht unterdrücken zu _können_  obwohl man doch sehr möchte und merkt, dass die dominierenden Personen das doch auch so gern möchten.

Zwischenmenschliche Gewalt gilt als zusammenhängend mit Trennung. Wenn jemand jemandem Gewalt antut, dann muss eine Trennung her. Separation gilt als (einziger) Weg des Umgangs. Stichwort: Alle in den Knast (in Therapie/ Psychiatrie/Rettungseinrichtung/helfende Hände)
Manchmal frage ich mich, ob von uns erwartet wird, vor allem deshalb unter der Gewalt auch im Nachhinein zu leiden, weil es moralisch schlimm ist, Gewalt erfahren zu haben und moralisch schlimm ist, Gewalt auszuüben.

Für mich ergibt sich aus diesem moralischen Anspruch, die Trennung zum Leiden darunter, dass sie nicht mehr so passiert, wie ich mit ihr umgehen kann und ein Verbot, Dinge als quälend, schlimm, (gewaltvoll) zu empfinden, die für andere Menschen einfach so damit einhergehen ein Leiden lindern zu wollen.

In meinem Erleben war es ein Kraftaufwand bis an den Rand der Therapeutin zu sagen: “Wäre ich jetzt zu Hause, würde ich einen Krankenwagen anrufen.” – ich weiß nichts mehr von dem, was danach geschehen ist, außer einem zerreißenden Impuls aus dem Nicht-IchWir nach dem anderem.
Fragen, Berührungen, Entscheidungen, Geräusche, Licht, verwirrende (Decken-) Muster in einem Vielzuviel, das keinen Kontext mehr hatte und nicht mit mir zu verbinden war. Ich konnte mich nicht mehr verbinden und gleichzeitig mich selbst nicht berühren.
Im Bericht aus dem Krankenhaus wurde daraus “Lichtempfindlichkeit – eventuell liegt eine Migräne vor”.
Meine Versuche mich ausdrücken verwandelten sich in “psychomotorische Unruhe”.

3

18.32 Uhr, 4 Stunden nach dem Anfall und der Gabe von Schmerzmitteln und einem leicht sedierenden Mittel gegen Übelkeit später, saßen wir mit unserer Therapeutin unter einer Raumdecke mit  reiz-voll-em Muster im Foyer der städtischen Psychiatrie.
Es waren inzwischen 4 Stunden voller Missverstehen und überbordenden Versuchen und Fehlschlägen der Kommunikation vergangen.
Patient_innen liefen an uns vorbei. Gesprächsfetzen, Rufe und das Geräusch der automatischen Schiebetür durchdrangen die Halle.
Wir hatten zuletzt in der Praxis der Therapeutin einen Schluck Wasser zu uns genommen und zuletzt vor über 24 Stunden etwas gegessen.

Wessen Denken fing langsam wieder an, im üblichen Rahmen zu funktionieren?
Genau.

Wir wissen, dass man nicht oder nicht viel hätte anders machen können und das ist auch nicht, worüber wir jetzt nachdenken. Uns wird ja gern gesagt, wir sollen sagen, was man hätte anders machen sollen, weil man zu gern missversteht (verstehen muss/will), warum wir solche Ereignisse hier mit_teilen.
Ich teile sie, weil ich möchte, dass Menschen verstehen, wie es uns ging, während die Helfenden um uns herum, ihr Bestes taten ein Leiden zu lindern, das sie in uns vermuteten. Ich möchte auf das trennende – das auf uns sehr ähnlich wie erlebte Gewalt  wirkende – Missverstehen hinweisen, das dazu führte, dass wir uns sehr viel länger gequält haben, als vielleicht unumgänglich gewesen wäre.

Ich möchte ausdrücken, dass wir uns tatsächlich tief gequält haben und am Ende wieder unsere Anpassungsfähigkeiten an Zustände körperlicher wie psychischer Erschöpfung, dazu führten, Kontakt mit dem Außerhalb aufnehmen zu können, wie es das Außerhalb braucht, um zu verstehen.
Es ging uns nicht besser – wir sind einfach nur in eine andere Art Notzustand gekommen, der weniger am Sprechen und am Weg zur Lautsprache behinderte.
Das ist ein Unterschied, den ich versuche sichtbar zu machen, weil ich davon überzeugt bin, dass es vielen Vielen schon so ergangen ist, die sich dann aber nicht zu äußern trauen (können), dass es ihnen unter den Worten noch immer nicht “okay” geht.

Als wir noch einmal Stunden später in unserem Käfig lagen und Wasser aus einer Flasche durch einen Strohhalm trinken konnten, konnten wir endlich auch NakNak* spüren und uns darüber auch im erinnernden Innen mit dem Hier und Heute verbinden. Es war dunkel, still und so eng, dass wir uns nicht frei bewegen konnten.
Es war wieder okay.
Endlich.

#6

Bank221

„Ich würde wirklich gern mit meiner Mutter sprechen.“
– „Warum?“
„Weil es angeboren ist.“

– „Es wird nichts verändern, Hannah.“
„Ja. Vielleicht.“

#5

Vielleicht war es der wichtigste Gedanke zu dem Termin mit unserer Therapeutin und dem Menschen, der den Test auf Autismus anmitbeifür uns gemacht hatte:
“Ich weiß nicht, was  ich nicht kann”

J. hatte ihn hinter meinem Sein hervorrinnen lassen und ihr Gesicht abgewendet. Ich hatte ihn in das Notizheft aufgenommen. Vielleicht, weil ich etwas zum Festhalten brauchte. Vielleicht, weil mir Erinnern durchs Denken rauschte.
Dieses dumpfe Pochen, das man hat, wenn man weiß, dass es einen Termin gibt, in dem es um einen selbst geht. Der trockene Mund, die feuchten Hände, die Furcht vor einem Fehler, von dem man nicht immer sofort weiß, dass er einer ist.

Normalerwiese versorgen wir die Jugendlichen, die darunter leiden, dass wir noch immer Hilfen in Anspruch nehmen, noch immer in psychologischen/psychotherapeutischen Kontexten sind, noch immer wieder potenziell mit einem Bein in dieser spezifischen Pseudofreiwilligkeit stehen.
Wir erinnern an unsere Volljährigkeit, die Mündigkeit, unser juristisches Wissen.
Daran, dass es vorbei ist.
Manchmal brauchen wir eine semipermeable Membran für sie.

Diesmal entschieden wir uns dagegen.
Es hat etwas mit Traumaarbeit und Aufarbeitung zu tun. Und damit etwas loszulassen.

1.2

„Wissen sie – wir haben hier zwei Schienen. Da ist einmal die Traumaschiene, nach der wir nur ein Trauma nach dem anderen verarbeiten müssen, damit es uns besser geht. Und da ist die Autismusschiene. Die Annahme, dass da schon immer etwas war, was unser Leben beeinträchtigt, unabhängig von dem, was uns passiert ist.”, sage ich und fühle mich sicher auf der Linie, die ich durch meine Worte hindurch laufe.
Ich erzähle von einem Text in dem eine Person davon berichtet, wie Menschen so gequält werden, dass sie autistisch werden. Sage, dass es mich verunsichert, schon wieder mit der so schlimm beliebten Theorie der systematisch folternden Vereinigung aus dem Dunklen konfrontiert zu sein, die alles kann.
Sogar Autist_innen machen.

Der Mensch erklärt, dass es Verhaltenweisen gibt, die autistisch aussehen. Dass Autismus aber nicht nur das Verhalten, sondern auch die Denkmuster betrifft.

J. sitzt neben mir auf einem der Stühle und zittert.
Einen Moment lang denke ich darüber nach, ob sie es aushalten könnte, wenn ich nach außen trage, was sie quält.

Ich denke sie mit und lasse ihr Platz, um durch meine Fragen nach dem, was wir als erreichbare Lebensqualität neu einzuordnen versuchen, mitzugehen.
Es ist etwas zwischen Novum und modifizierter Krisis das zu tun.
Ich rede und meine Gedanken werden der Puls der Jugendlichen hinter mir, die auf ein Moment von Schuldzuweisung, Motivationsohrfeige und professioneller Demütigung warten und dabei vergessen zu atmen.

“Bis sich die Suizidversuche häuften, hatten wir noch ehrliche Diagnosen, die eigentlich nur sagen: “Dieses Mädchen ist durchgeknallt”. Dann kamen die Diagnosen “Psychose” und “Schizophrenie” dazu und alles wurde schlimm.”. Ich lasse die Bilder ankommen und zu einem weißen Rauschen hinter meinen Augen werden. Einen Moment lang streift mich die Frage: “Warum haben wir eigentlich nie unsere Qualen dieser Zeit so herausgebrüllt, wie wir es damals mit jedem Suizidversuch getan hatten?”.
Ich betrachte das Wasserglas vor  mir und ziehe seine Rillen nach. “Die DIS-Diagnose veränderte viel, weil sie nicht nur über meine Symptome konstruiert ist, sondern auch über die Annahme, dass das Umfeld an meinem Leiden beteiligt gewesen sein muss.”.
Während ich rede, stehe ich neben einer Fixierungsszene, die 12 Jahre her ist und spüre gleichzeitig doch den Druck der 4 Menschen auf diesem einen – meinem – Körper. Das Kind auf meinem Arm wird grau und macht sich weich.  Es flirrt in sich.

“Beide Diagnosen – DIS und Autismus – machen etwas rund. “.

J. weint und ich schalte mich kurz ab.
Ich möchte sie trösten, obwohl sie ein Jemand in uns in den letzten 3 Jahren fast täglich misshandelt. Aber sie ist schon leer. Egal, was ich ihr vermittle, es wird sie nicht berühren, weil sie in sich nur Rauschen ist.

Wir sprechen über Kommunikationsmittel, – wege und –möglichkeiten und das macht mich froh. Jetzt fühlt es sich erwachsen an.
Jetzt ist es gut, dass unsere Therapeutin konkret da ist und ich Dinge sagen und fragen kann, mit einem Menschen daneben, der Übersetzungshilfe geben kann. Es gibt ein paar Ideen, die wir praktisch umsetzen können.
Es bedeutet am Ende, dass wir uns unsere Kommunikationsmittel selbst machen müssen.
Vielleicht auch, dass wir die Wörter, unsere Schutzräume und Trennungslinien, ab und zu verlassen.

Ich gebe die Frage nach innen, ob und wie okay eine Ergotherapie wäre.
Betrachte mich selbst und frage mich, woher meine Bereitschaft dazu kommt. Bin ein bisschen beschämt, als ich merke, dass es an der Arbeitsbeziehung mit der Therapeutin liegt.  Werde von links angeknufft und höre einen hingeflapsten Kommentar “Du bist halt immer so loyal ey.”.

Während der Termin sein Ende findet, betrachte ich unsere Therapeutin und denke an ein Telefongespräch, dass sie mit J. hatte, bei dem sie im Urin des von ihr misshandelten Innens lag und in den Hörer weinte, was denn aus ihr werden sollte.
“Wir finden etwas für dich.”, hatte die Therapeutin gesagt und während J. das nicht glauben kann, stütze ich mich am Ende vielleicht einzig darauf.

Auf den Umstand, dass wir auf dem Weg sind uns auf vielen Ebenen nach- und neu zu entwickeln, um uns dazu zu befähigen, etwas für uns zu finden und halten zu können. Ich merke, dass ich etwas von ihrem Umgang mit uns, auf uns und unsere Un_Fähigkeiten übertrage.
Ernsthafte Widmung.