morgen vor einem Jahr

Drahtzaun2 Es gibt nicht viele Brücken, wo sie wohnt. Nicht viele, die passen.
Und nur eine, auf deren Mitte der Wind so pfeift, wie sie es mag. Mitten ins Gesicht, die Haare wild herumwirbelnd, ohne Stadtgestank mit sich zu tragen.

Der Regen platscht ihr auf die Lider, die Wangen, die Stirn.
“Morgen vor einem Jahr…”, raunt es an ihren verspannten Augenbrauen vorbei, “weißt du noch?”. Federn rascheln.

Sie lächelt durch das Gewisch vor ihren Augen und die wirbelnde Leere in ihrem Kopf. “Netzfeministisches Kampfbier… ja.”, sie haucht ein Lachen in die Windchen um sich herum. “Dass ja dann erst mal gar nix wurde, weil One Billion Rising und alles, mich hatte zerfallen lassen… Es war so furchtbar kalt”.

Sie wartet, bis die kleine Gruppe Menschen an ihr vorbei gelaufen ist.
Steigt über das Gitter.
Setzt sich in die Bepflanzung.
Zieht die Nase hoch.

“Diesmal habe ich eine wasserfeste Jacke. Und wasserfeste Schuhe.”, sie betrachtet den Satz und schmeißt ihn zurück die Tiefe, aus der er hochgequollen kam.

“Wir werden hingehen. Hm?”, sachtes Stubsen auf die Schulter.

Sie nickt stumm. Lässt sich beregnen.
Die linke Hand von der Eulenhandpuppe wärmen.
Auf die Straße, nur wenige Meter unter sich, starrend.

“Ja, ich geh hin. Zeig auf die Gewalt… die anderen passiert. Klar.”.

viel Einfalt bei Maischberger

Gänseblümchen2 Gibt es eine Möglichkeit die 60er Jahre nachzuempfinden? Oh ja- einfach mal dem Ersten dabei zusehen, wie er versucht sich dem Thema sexueller Vielfalt anzunehmen.
Gestern Abend bei “Menschen bei Maischberger”, gab es wieder eine Gelegenheit dazu. Unter dem, zumindest übers Internet, heiß diskutierten Titel “Homosexualität auf dem Lehrplan- droht die “moralische Umerziehung”?” sprachen der offen schwule gesundheitspolitische Sprecher der CDU Jens Spahn, die Travestiekunstfigur “Olivia Jones”, die Autorin Hera Lind, die Journalistin Birgit Kelle und Hartmut Steeb, der Generalsekretär der “evangelische Allianz” miteinander.

Ich hab mir die Sendung angesehen und zwischen “arrgh” und “äääächtz” und “noooiiiin” und “Boa geh weg du…” einen schweren Seegang empfunden.

Klar, sind solche Sendungen nicht der Hebel, der die Welt aus den Angeln hebt und natürlich war es wieder so klar, dass der Altersdurchschnitt (immerhin sind wir im Ersten) irgendwo in der Mitte des Durchschnittsalters von Deutschland liegt und jaaaa, es war auch sehr klar, dass es wieder keine offen lebende Lesbe, kein Mensch mit Transidentität, kein offen A- oder Pansexuell positionierter Mensch dort aufs Sofa schafft; dass das Konzept der Queerness nicht genannt wird und ach… das strahlend reine weiß aller Gäste- ph selbstverständlich.
Es geht darum, ob sexuelle Vielfalt in der Schule als Teil der Norm vermittelt wird und das Fernsehen pickt sich das Stück Norm raus, was am Genehmsten ist.

Ich hab keine Lust diesen ganzen Dreck nochmal wiederzugeben- und ja- es ist Dreck. Auf vielen Ebenen und mit viel zu wenigen Stellen an denen ich zustimmend nicken konnte.
Travestie ist nicht Transidentität/ Transsexualität, sondern Kunst. Die freie Entscheidung eines Menschen ein anderes Geschlecht dramaturgisch aufzugreifen und umzusetzen. Der Auftritt von Olivia Jones, hat Menschen mit Transidentität eher geschadet als geholfen- so sinnig ihre Beiträge zur Diskussion auch waren.

Jens Spahn ist ein offen lebender Schwuler, der es sich leisten kann, offen schwul zu sein. Viele tausend andere können das nicht- er wird nie derjenige sein, der das nach außen vertritt.
Mal abgesehen davon ist lesbisches Leben noch einmal ein ganz anderes, als schwules.

Birgit Kelle rechtfertigt ihre verachtenswerte Ignoranz mit einer Wortklauberei um die Begriffe “Akzeptanz” und “Toleranz” und argumentiert nicht sauber recherchiert. Peinlich.

Hera Lind fragt sich, wieso sich alle so aufregen (und haut damit ebenfalls in die Schneise der gesellschaftlichen Ignoranz für all jene Menschen, deren Verbindung zu Menschen, die nicht heteronormativ leben/wahrnehmen, nicht die ihre ist). Unangebracht auf vielen Ebenen.

Hartmut Steeb schießt den Vogel ab und kräht nach dem Kindeswohl, kurz bevor er Homosexualität als unnatürlich degradiert.
Homophob.
Irgendwann wird die gesamte Debatte von ihm als “überdreht” bezeichnet und die Ehe zwischen Mann und Frau- ja sogar der Fortbestand der Menschheit als bedroht eingestuft, nachdem der Schluss gezogen wird, dass Identität nicht anerziehbar sei. (Das war dann der Punkt an dem ich als Zuschauerin die Absurdität der Argumentation als überdreht empfand).

Bei mir blieb so ein Ding hängen, das Frau Kelle gerissen hat- ich mein- sie hat eine Menge gesagt, an das güldene Facepalmen zu tackern sind, aber da war der Nebensatz: “Es ist mir doch egal (was für eine Sexualität jemand hat)”, den ich wirklich gerne fett markiert aufgegriffen gehabt hätte.

Denn nein- es ist eben nicht egal. Das ist ein verlogener Satz- denn wenn es ihr egal wäre, dann hätte sie nicht da gesessen.
Wenn es wirklich egal wäre, dann würde “Elternrecht” nicht bedroht gesehen werden, weil in der Schule dann nichts einschneidend Wichtiges vermittelt wird.
Wenn es wirklich allen (cis- sexuellen) Menschen da draußen egal wäre, wie sich andere Menschen wahrnehmen und ihr Leben gestalten, dann würden wir ganz anders miteinander leben.

Am Ende blieb der Konsens, dass die Debatte noch nicht zu Ende sei, worin ich zustimme.
Ich aber wünsche mir eine andere Art Debatte. Es geht um Identität- nicht darum, wie wer mit wem wo und wann Sex hat.
Es geht darum einander frei und wertschätzend zu begegnen. Das fehlt der Debatte meiner Meinung nach als gemeinsame Grundlage bzw. gemeinsames Anliegen. Mit dieser Maischbergersendung wurde vorallem transportiert, dass es okay ist, wenn Hass im Fernsehen verbreitet wird und sich Minderheiten gefälligst selbst zu schützen haben. Ein Fail deluxe.

Ich denke: So lange es Eltern gibt, die ihren Kindern nur eine ausgesuchte Norm präsentieren, die es verdient hat, frei und wertschätzend wahrgenommen zu werden, so lange besteht der Bedarf, dass Bildungseinrichtungen die Vermittlung des gesamten Normspektrums übernehmen. Genauso wie es wichtig ist, als BloggerIn, als JournalistIn, als AutorIn, als KünstlerIn… als Mensch von nebenan, das Spektrum der Norm aufzuzeigen, zu kultivieren und nicht zuletzt offen und frei zu leben, welche das Fernsehen mit solchen Sendungen ausgrenzt.

Solange “Vielfalt” kein Synonym für “Norm” ist, ist es eben nicht egal!

Ein guter Artikel zur Sendung erschien auch auf queer.de. Leseempfehlung!

im Kreise gehn

Kugelblüte2.2 Die Bilder klebten wie Patina auf der Realität und obwohl sie sich zusammenzog und verkrampfte, war der Zug auf ihren Gelenken zu spüren.
Sie legte ihre Hände auf die Fäustchen, die sich unter dem Menschenkostüm verbargen und fuhr mit den Schilderungen des Heute über den Schlamm des Früher.

Sie erzählte vom Atmen und der Freiheit, vom Vorbei und Werden. Wachsen und stark sein.

Sie schauten einander an und während die Eine, obwohl verstoßen und zurückgezerrt, die eigene Position bewahrt, starrte die Andere im Zweifel über die Echtheit ihrer Anwesenheit über das angeleuchtete Gesicht und die schlagartig von ihr durchbohrten Hände.

“Leg dich ruhig wieder hin”, lächelte sie, während sie sich durchstach, im Versuch den Menschen auf die Matratze des Bettes zu nageln.
“Ich krieg das schon hin.”

Und sie kriegt es hin. Immer wieder, Tag für Tag.

Lächeln, sterben, auferstehen.
Vermeiden, erinnern, im Kreise gehn.

Multimythos Teil 5: von Multiversen und anderen Abstraktionen

Blasendunkel Was auch immer wieder gut kommt, sind beeindruckende Landschaften. Innere wenn möglich.
Multipelsein hat ja schließlich auch irgendwas mit System zu tun. Mit Persönlichkeitssystem halt.
Also fliegen in meiner Mailingliste immer mal wieder innere Landkarten von einzelnen Menschen herum und bewegen mich.

Zum Einen, weil das, was ich da sehe manchmal echt Stoff für eine Abwandlung der Buddenbroocks oder ein Schema für den gesamten Identitätenauflauf in dem Multiversen von Pratchett oder auch Walter Moers’ Zamonien sein könnte und zum Anderen, weil es mich als jemand ohne so ein umfassendes Bild über oder von seinem Innenleben, wie jemand “ohne Beweis” da stehen lässt.

Es gibt diesen naja- Halbmythos- der von einem linearen “je mehr, desto mehr” ausgeht und entsprechend riesengroße Systeme aus dem Innen zur Folge hat.
Was da dran ist, weiß ich nicht- es sind individuelle und subjektive Selbstinventuren.
Fakt ist: es gib die These der strukturellen Dissoziation und diese stützt sich darauf, dass sich die Spaltungstiefe bzw. der Umfang der Spaltung verändert bzw. spezifiziert, je häufiger es zu traumatischen Situationen kommt, in denen dissoziiert werden muss, um einen Informations/Reizoverload zu verhindern.
So sagt die These auch, dass dissoziative Strukturen entlang bestehender (und neurobiologisch angelegter) Notwendigkeiten entstehen. Sie sind also am Überleben des Individuums orientiert.
So stelle ich mir mein “System” auch eher wie einen Schaltplan vor: Wird an einer Stelle zu viel Strom reingejagt, springt die Sicherung an und leitet den Fluss an die Stelle, die damit umgehen kann oder weniger Verluste zur Folge hat, wenn sie versagt.
Die Systeme in meiner Mailingliste sehen da anders aus und so komme ich zu meiner Dauerschleife: “Abstraktion ist nicht gleich Dissoziation”.
Es gibt Menschen, die sich innere Rollenspiele oder auch ganze innere Welten erschaffen, um mit (durch ein Trauma zu begründende) Überforderung zurechtzukommen.
Sie dissoziieren aber nicht, sondern abstrahieren.
Abstraktion ist auch “Entfernung”- aber eben nicht “Trennung”.
Eine Entfernung zu generieren hat etwas mit Bewusstsein zu tun- man kann nur von sich halten, was man an sich dran hat.

Für mich spielt der Mythos in der Ecke der Alltagsgewalt und seinen Leidvergleichen.
Je mehr Gewalt, desto  mehr Innenleben, desto mehr Leid, desto mehr Verpflichtungsdruck auf dem Außen, sich dessen anzunehmen- sei es mit Aufmerksamkeit, Fürsorge, Mitgefühl, Halt.
Ergebnis: Sicherheitsgefühl durch Bindung- Verbundenheit

Die Realität der Folgen von Mensch-gegen- Menschgewalt hat aber eher die Kette:
Je mehr Gewalt desto mehr Unterwerfung/ desto weniger Bindungssicherheit, um mehr Innenleben zu verhindern, um weniger Außendruck in Bezug auf sich zu empfinden, um zu überleben.
Ergebnis: Sicherheitsgefühl durch Trennung- Autarkie

 

Ressourcen:
eine Folie von Michaela Huber zur Theorie der strukturellen Dissoziation
ein Text von der Internetseite “Traumatherapie Ruhr”, der die strukturelle Dissoziation näher erklärt
ein Artikel zur Alltagsgewalt

egalegalegal

Ich spürte wie sich meine Muskeln zusammenzogen und noch während ich nach meinen Taschentüchern suchte, klappte es mich in der Mitte zusammen und ich erbrach mich mitten im Niesen.
Ich hatte keine Zeit durchzuatmen. Wollte nur alles schnell noch erledigen, mit NakNak* rausgehen und dann ins Bett.
Die Therapiestunde, meine Gedanken, die Fetzen, die an meinem Bewusstsein entlang flogen, das ganze Kranksein aus mir heraus pusten. Ja, wenns geht, auch aus mir heraus erbrechen.

Ich bezahlte meine Rechnungen mit einem D-Zug-Scheuklappendenken von: „egalegalegal Ich brauche sowieso nichts- mir gehts gut- ich hab alles, was ich brauche- alleallealle können Geld haben, dass ich nicht hab- ist egalegalegal“ und stolperte durch die Stadt zu einer Gemögten.
Ging rein, spuckte meine reduzierten Sätze heraus. Ohne Tränen.

Ich ging in den kühlen Gegenwind und dachte an Schmiedekunst.
Betrachtete NakNak* dabei, wie sie sich in den  Wind stellte und ihre Nase wackeln ließ.

Jetzt mit der Erkältung wird mir mein Kämpfen bewusst. Mein Gegenankämpfen und mein zähes Nachlassen dabei.
Meine Kontextlosigkeit darin.

Meine Gemögte kam zu Besuch und bot an, doch nicht in der kalten Küche zu sitzen. Ich spürte, wie ich wieder zu zerlaufen begann. Wie ich mich anstrengte und doch nicht mehr im Kopf hatte als: “Ich habe kein Sofa.”.
Mit dem nächsten Niesen, tropfte ich in dicken roten Tropfen aus meinem Körper heraus.

Sie fragte mich, ob sie mich berühren dürfte; ob sie mir einen Waschlappen in den Nacken legen dürfte und ich dachte nur wirres ungeordnetes Zeug. Stand vor meinen Gedanken und Impulsen und wusste nicht, welcher der Passende war. Sie schaute mich an und ich wusste, dass sie gleich wieder einen dieser Sätze sagen würde, der mich in der Mitte zusammenklappt und irgendetwas aus mir heraus fallen lässt.
Statt sie reden zu lassen, nieste ich, hustete, krampfte. Vor meinem inneren Augen fuhr ich alle meine Panzerstacheln heraus und bohrte sie gnadenlos durch sie, durch mich, durch die Zeiten.
Irgendwie, durch diese ganze Welt.
Egalegalegal

Sie fragte meinen Namen mitten in mein allumfassendes Krampfkämpfen hinein und legte mir die kleine Wärmekisseneule an den Handrücken.
Sie sagte, ich bräuchte grad nicht so zu kämpfen, ich solle atmen und versuchen es zu lassen. Alles kommen und gehen lassen. Die Wärme fühlen und mich etwas entspannen.

Ich hatte mich in meinen Korbsessel gesetzt und drückte die Eule an meine Brust, lauschte dem Rauschen vom Kühlschrank neben mir und betrachte sie beim Schmusen mit Naknak* auf der Küchenbank. Sie fragte, ob es ginge und ich dachte nichts weiter als, dass es natürlich geht.
“Ich glaub, ich bin zu stark fürs schwach sein”, war dann alles, was mir rauskam.

Sie schaute mich ernsthaft an. Besorgt. Sterbezimmerblick.
Egalegalegal
Ich hielt meine Eule fest. Atmete.
Dachte an “Es wäre leichter, wenn das alles nicht wahr wäre.”, überlegte, ob es wahr werden könnte, wenn ich es für wahr nehmen würde- auch wenn es nicht wahr sei.

Und irgendwo am Rand meines Bewusstseins kroch ein Kind in ihren Schoß, ließ sich den Rücken kraulen und erzählte von Boo dem Eulenküken im Computer.

Fieberthesen

früchtedings

“Gebt mir die Macht, Fieber zu erzeugen, und ich heile euch alle Krankheiten!”
~ Parmenides von Elea, 540- 480 v. Chr.

1927 wurde der Nobelpreis für Medizin an den Psychiater Julius Wagner von Jauregg aus Wien verliehen. Grund dafür war die Entdeckung, dass Fieber positiv auf Depressionen einwirkt.
Etwa zeitgleich entdeckte der New Yorker Internist William Coley, dass manche Tumorerkrankungen zu heilen sind, wenn der Körper mit Fieber auf eine Kleinstmenge abgetöteter Bakterien reagiert.

Ich bin krank. So richtig schön mit sterbend fühlen, Lindenblütentee lecker finden und so.
Das war ich lange nicht mehr.
Um genau zu sein, hatte ich meinen letzten grippalen Infekt vor.. äh.. 4 Jahren? Oder waren es 5?
Und in den letzten Wochen, hoffte ich wirklich darauf, endlich richtig krank zu werden.

Ich habe eine Theorie und will bzw.. kann sie bereits jetzt in Teilen, anhand dieses Infektes überprüfen.

Grundlage für diese Theorie ist Mustererkennung.
Immer, wenn wir einen Schritt von den Tätern und ihrem System weg machen, knallt bei uns etwas durch und eine relativ gleiche Abfolge von Überzeugungen und Gedanken, Handlungszwängen und eben einer richtig fetten Sinnkrise paart sich mit einer allgemeinen Depression.
Im letzten halben Jahr bewegten wir uns weiter, öffneten uns weiter und machten neue Erfahrungen. Da ging es neben vielen neuen Handlungen auch um viele neue Empfindungen und Herangehensweisen bei Lösungsfindung bzw. Problemlösung. Und es ging/ geht um Bindungen.

Der Fakt, dass ich jetzt mit 39°C eigentlich lieber im Bett rumkullern und den Rotz in meinen Nebenhöhlen balancieren möchte, bestätigt mir schon mal Teil 1:
Die Möglichkeit in aller Ruhe krank werden zu dürfen.
Das ist zum Einen sehr gruselig, weil es bedeutet, dass wir uns auf unsere Menschen eingelassen haben. Oder ein Großteil. Oder genug Teil, um eben krank werden zu können.
Zum Anderen ist es aber gut, denn es markiert ein Abflauen von Misstrauen und dem Modus von: “Jetzt bloß keine Schwäche zeigen/ nicht schwach werden.”.

Ich weiß, dass ich meine letzte Erkältung irgendwann vor dem Unfalltod des Welpen, den wir ansehen mussten und irgendwann nach einer Heldinnentat unserer Gemögten hatten. Also irgendwann dann, als wir uns das letzte Mal sicher gebunden und selbstwirksam erlebt hatten.

Natürlich hatte ich zwischenzeitlich auch schon Fieber- ich habe nach jeder Therapiestunde welches.
Meine These sagt aber, dass es sich dabei nicht um ein Viren/Bakterienabtöt- und fressfieber handelt. Vielleicht bilde ich mir das ein- bitte- aber ich stelle mir das immer so vor, dass manche Kackscheiße Nervennetzwerke bildet und mein Posttherapiefieber genau daran herumnagt.

Laut TäterInnenentfernungsmuster kommt nach: Schmerzen, die mich niederstrecken (immerhin- zweiter Durchlauf und ich bin halbwegs mobil geblieben- beim ersten Mal kam ich nicht mal von Bett hoch) und Erinnerungsüberschwemmung (das ist diesmal krasser- ich bin aber heute Benzoclean- also vielleicht kommts mir nur deshalb krasser vor), das dringende Gefühl nur einem bestimmten Menschen glauben zu dürfen. (In derTäter?- Kontakt!- Reihe hatten wir schon darüber geschrieben)
Da ich keinen Kontakt mehr zu dem Menschen habe, gibts nichts, was er mir direkt zum Glauben sagen könnte. Und das ist ein im Moment sehr geiler Fakt, weils beim Enttarnen hilft. Alles was mir grad durch den Kopf kommt, kann nicht von diesem Menschen kommen und ist im Moment zumindest absehbar überprüfbar.

Meine Menschen kümmern sich und halten ihr Wort. Zum Beispiel meine Therapeutin, die heute morgen anrief; meine Rechtsanwältin die gestern Abend anrief und meine Gemögte, die uns jetzt grad mal in Ruhe lässt, wie besprochen. Direkt Reden kann ich zwar nicht mit ihnen- ich weiß aber, dass ichs auch nicht muss, um mich auszudrücken.
Sie sind alle greifbar- wie das gebundene Menschen halt so sind. Damit kriege ich den Großteil dunkelbunter Kopfbereichswahrheiten widerlegt
Wie biegsam die Definitionen um Werte sind, hab ich in den letzten Jahren auch oft genug erlebt. Also an der Stelle der Faktor: Ich bin nicht mehr 21 und hab inzwischen mal mehr erlebt als Kackscheiße classic, Kackscheiße Klinikstyle und Kackscheiße (Heim)Betreuungsverschiebung und alles andere um mich herum- hier und jetzt gerade- hab ich selbst gemacht. Es ist sicher, weil ich mir dabei schon auch immer was gedacht habe.

Kann sein, dass ich hier grad nur fiebrigen Wahn niederschreibe- aber der Rest meiner These baut darauf, dass ich mich mit steigendem körperlichen Wohlbefinden nach dem Infekt, auch seelisch besser fühle.
Im Moment ist es angenehm, dass das Gefühl von langsamen Sterben irgendwie auch mit dem körperlichen Schwächeding kongruiert. Ich muss nicht dagegen ankämpfen, sondern kann mich hinlegen und mir sagen: “Jupp, ist wie Sterben- das ist Fieber immer. Kein Grund Angst zu haben. Das geht vorbei…”. Fieber kennen viele (genug) von uns um auch in der Hinsicht zu wissen: “Das geht vorbei.” wogegen das (angebliche) Sterben bei Täterentfernung endlos ist und genau deshalb so schrecklich.

So.
Sie entschuldigen mich- ich muss mit dem Hund ums Eck und dann ein paar Infekterreger(Innen lol) töten.

P.S. Was ich in meiner These hab, hab ich vergessen aufzuschreiben- wieso hab ich eigentlich ne Kommentarfunktion, wenn ihr* so ne logischen Fehler für euch behaltet? Es geht mir drum zu überprüfen, ob wir die Spaltung, die uns damals im/ nach/ durch den ersten Durchlauf passiert ist, diesmal wiederholen, oder ob die Faktoren, die wir inzwischen angesammelt haben (siehe Lebenserfahrung, Therapieerfolge, aktuelle Beziehungen und auch das Kranksein jetzt) eine Wiederholung dessen verhindern.
Immerhin dokumentiere ich den ganzen Kram ja jetzt- das hab ich damals nicht gekonnt. Ich hatte nicht mal Worte im Kopf- geschweige denn die Kapazität mich zu reflektieren, wie jetzt.
Jetzt bin ich zwar ähnlich spracheingeschränkt- ich hab noch kein Wort rausgekriegt heute- aber ich bin nicht artikulationslos.
Das ist zwar kein hochtrabender Dingsdakrempel, aber ich bin bewusst. Das find ich schon mal wetvoll und wichtig- hat mir damals extrem gefehlt und fehlt mir ob einer Gesamtkontextuierung auch heute noch. Aber wenn ichs aufschreib, komme ich vielleicht irgendwann dahinter.

Multimythen Teil 4: Übermächte

Bläschen4klein Was nicht fehlen darf in der Vita der Mythenmultis meiner Mailingliste ist eine steife Brise Horrorfilm, vermischt mit irrationalem Gängstertum, dass sie jeweils wie einen Roboter immer wieder in ihre Hände laufen lässt.

Ne- klarer Fall: “Mythenmultis haben nie eine Chance, haben keinen eigenen Willen- ach gar nichts Eigenes- deshalb sind sie ja multipel geworden, um äh… naja das Eigene … äh äh… hm…   SATANISMUS!!!”

Ich schreibe hier im Blog nicht so viel über diesen Themenkreis “rituelle Gewalt”, “Satanismus” und “Programme”, weil ich die Verknüpfung zum Multipelsein damit als überpräsent empfinde, obwohl rituelle Gewalt als (hm- ernsthafte Frage: geht “Auslöser” an dieser Stelle?) für eine dissoziative Identitätsstörung bei “nur” 10% liegt, was sich mit meinen Kontakterfahrungen deckt. Der Großteil der Menschen mit DIS, die ich inzwischen direkt oder indirekt kennengelernt haben, erfuhren massive Gewalt auf allen Ebenen in erster Linie durch die eigene Familie (bzw.. als Substitut auftretende Menschen), brachiale inhumane Behandlung in medizinischen Kontexten und durch organisierte Ausbeutung.
Natürlich gibt es da Vermischungen und ein noch größerer Anteil der Multiplen (und ich zähle mich mit dazu) wissen es einfach nicht so genau, so dass sie sich kein Etikett auf die Umstände ihrer Störung*sentstehung kleben können oder wollen.

Amnesien sind schwer nachzuspielen oder zu überzeichnen, genauso, wie sie zu verbergen sind- insbesondere vor Menschen, die darauf achten, um ein Häkchen hinter Diagnosekriterien zu machen.
Amnesie bezeichnet einen Zustand von Unkenntnis. Unkenntnis über sich selbst entsteht in aller Regel durch Unbewusstsein.
Unbewusstsein markiert also entweder einen Zustand von fehlender Assoziation (also Dissoziation) oder einen Zustand von “noch nie drüber nachgedacht/ reflektiert/ zu Reflektion gebracht worden sein”, durch “noch nie danach gefragt worden sein”.
Das ist einer der Punkte, die dissoziative Störungen so schwer nachzuspielen oder korrekt zu spiegeln macht.
Gesucht wird das, was eben nicht da ist- nicht das, was fehlt. Es ist nicht die Anwesenheit von Fehlleistungen oder Fehlern, sondern deren Abwesenheit in Anbetracht des Fehlens von Grundinformationen.
Das ist eine andere Logik und genau deshalb so mythenüberladen, weil – ja, tut mir leid- es einfach doch eine gewisse intellektuelle Kapazität braucht, diesen Dreh zu machen. Wo Unerklärliches ist, da sind Mythen. Und wo ein Multimythos ist, wird vergessen, was eigentlich nicht gewusst werden kann.

So komme ich zu der Stelle an der ich mindestens verdutzt bin, wenn mir, zum Beispiel in besagter Mailingliste, Menschen schreiben, dass sie dieses und jenes erlebt haben, programmiert wurden und ja auch sowieso jede Nacht abgeholt werden und deshalb auch nichts tun können von dem, was ich ihnen von meinen Erfahrungen beim Abbruch von Täterkontakten berichte.
Es gibt dort zu viel Anwesenheit von Assoziation.

Es ist das Eine eine dissoziative Störung vorzutäuschen, wenn man denkt, das Umfeld würde einen als Menschen nur dann annehmen und vielleicht auch von echten TäterInnen und echtem Leiden befreien- das Andere ist zu perpetuieren, dass die DIS vor dem Hintergrund ritueller Gewalt zu einer absoluten Ohnmacht vor einer Übermacht führt.

Auch die Nutzung des (christlich fundierten) Framings um Satanismus und Okkultismus, destruktive Kulte und Sekten, als das absolut Böse und Verachtenswerte- durch und durch Ablehnensnötige, empfinde ich an der Stelle als manipulativ, um das Schlimme noch schlimmer und am Allerabsolutschlimmsten vor der Gesellschaft ™  ausweisen zu können. Als würde es nicht reichen, weniger außendimensionale Gewalt erfahren zu haben und in sich selbst mehrdimensionale Folgen zu spüren.

Deutschland ist eines der Länder, in denen die Zwangschristianisierung ein nicht unerhebliches Gewaltkapitel ist. Niemand kann sich hier freisprechen von einer Etablierung des Christentums als Normdominanz (siehe Christ-demokraten, gesetzliche Feiertage, Pseudotrennung von Kirche und Staat etc. etc. etc.). Ergo wundert es mich nicht, dass ich bis jetzt noch keinen Mythenmulti ohne rituellen Gewalthintergrund des Satanismus erlebt habe.
Welches Framing könnte sicherer sein, als eine breite Ablehnung satanistisch motivierter Gewalt in einem christlich genormten Umfeld?

Der Multimythos der omnipräsenten und übermächtigen TäterInnen hat natürlich einen wahren Kern.
Es ist ein wichtiger Teil von „man made- violence“, das Opfer genau das glauben zu lassen und mit diversen Mittel auch in dem Glauben zu halten. Nur sind diese Gesten in aller Regel weitaus weniger spektakulär, als es der Mythos vom überaus aktivem Täter, der alles Mögliche tut, um ein einziges (aus der Reihe getanztes) Opfer wieder ranzuholen erzählt.
Organisierte Gewalt funktioniert nur, wenn sie gut organisiert ist. Und gute Organisation baut auf minimalem Aufwand für maximalen Erfolg.
Und so lange das organisierte Verbrechen ™, seit Generationen etablierte Kulte und Sekten; genauso wie die einzelnen GewalttäterInnen in Privathaushalten oder Institutionen  noch darauf bauen können, das Berichte von  Überlebenden, individualisiert, heruntergespielt, einer wahnhaften Störung entspringend oder eben von einem Mythenmulti kommend betrachtet werden können- so lange können sie sich getrost zurücklehnen und im Zweifelsfall eben davon ausgehen, dass sich ihr Opfer selbst das Leben nimmt, weil ihm nicht geholfen wird, nicht geglaubt wird, weil es gelernt hat das tun, weil es keinen Fuß zu fassen schafft, ohne die Funktion des Opfers, weil es von (spiritueller) (Sinn-) Krise zu Krise taumelt etc. etc. etc.

Falls es bis jetzt noch niemandem aufgefallen ist: Jeder Multimythos basiert auf genau dieser Macht-Ohnmachtsdynamik und darauf, sich in gar keinem Fall daraus bewegen zu können. Kann es etwas geben, was näher an der Wiederholung einer Gewaltsituation liegt, als das? Stichwort: Traumaschema – Michaela Huber hat in ihrem Buch “Wege der Traumabehandlung” sehr ausführlich dazu geschrieben.

In meiner Mailingliste wird nicht einmal das thematisiert.
Dort krallt man sich an diesen Inhalten fest: Über- Macht (sehr böse, sehr entmenschlichend, sehr abzulehnen) vs.. Über- Ohnmacht (absolut unschuldig, absolut entmenschlicht (zumindest im Sinne von “alle programmierte Maschinen, sobald es drei Mal klingelt”), absolut anzunehmen <— übrigens auch etwas, das auf diesem christlichen Framing aufbaut: bedingungslose Nächstenliebe).

Ich will auf keinen Fall sagen, dass es das alles nicht gibt.
Jeder Mythos hat einen Kern. Doch meistens ist es der Subtext, um den es geht und der noch viel zu oft nicht gehört wird und mich auch immer wieder darin bestärkt, auch in Mythenmultis Opfer von Gewalt zu sehen und zu versuchen ihnen zu begegnen.

was für ein Tag

Rosensiechen1

Was ist es für ne Frechheit
dass die Welt nicht stehen bleibt
damit ich sie mir angucken

– so ganz in Ruhe
erspüren
betrachten
verstehn

bequem für mich sortieren kann

Einfach
für die Chance

meinen Platz in ihr zu finden
zu erspüren
zu betrachten
zu verstehn

um mich selbst zu sortieren
vielleicht bequem