500 Gramm biographische Amnesie bitte!

Ich bin für “Entweder- Oder- Dissoziation”.
Also wenn mal jemand eine entsprechende Petition aufgeben, Demoplakate und Banner mit mir machen will…

Ich gebe zu, obwohl es nach der ganzen Therapiezeit nicht mehr viel Versteck- und Vermeidungsmöglichkeit gibt, suche ich sie natürlich immer wieder noch auf und will manches einfach echt wirklich nicht mitkriegen und wissen und waaa- man ja- manchmal will ich bitte einfach nur meine Vermeidungsblase zu machen und mir im Stillen die Melodie von Tetris vorsummen.

Es ist jedes Mal ein Abgrund, der sich vor mir eröffnet. Ein echter Abgrund, mit nicht nur der flachen Dimension die man so objektiv sieht.
Vorhin stand ich vor dem Supermarkt und versank schon wieder halb in meinem Körper.
Es sind so diese Switchnähte, die so krass anfällig für Auflösung sind.
Außerhalb des Marktes ist der Wegegänger, innerhalb des Ladens stampft Frau Zarin ihre Schneisen- aber genau dazwischen gefordert zu sein, macht alles kaputt.
Vielleicht spricht uns einfach nur jemand an, vielleicht ist unser Metabolismus anwesend, als eine Mutter ihr Kind in den Rücken tritt, vielleicht ist es auch nur ein Regenguss, unter Umständen ist es einfach nur ein offener Schnürsenkel.
In jedem Fall kriege ich plötzlich mit, in was für Sphären sowohl Frau Zarin als auch der Wegegänger herumfliegen. Und… ich drücks mal so aus: Die beiden wissen noch besser als ich, dass das Leben ein verfluchtes Minenfeld ist.

Sie sind funktional- sie haben ihre Methoden sich zu sichern, sie haben ihre Anker und ihre Strategie. Aber eines haben sie gemeinsam: Sie haben Angst und sie schützen Innenkinder.
Ich stehe davor und merke einmal mehr, wie wichtig die Dissoziation war, merke inzwischen aber auch, dass in dieser Switchnaht gerade ich- ausgerechnet ich!- der einzige Schutz für diese Innenkinder bin.
Und das ist der Moment.

Da ist der Abgrund. Das ist ein mörderischer körperlicher (Nach-) Schmerz der mir das Rückgrat zu zerbrechen in der Lage ist, da ist Angst, da ist der Verlust vom Glauben an das Gute im Menschen. Total offen und wund vor sich hineiternd.
Ich will das nicht sehen. Ich will das nicht fühlen. Ich will das nicht wissen.
Hallo? Ich wär jawohl schön blöd mir so den Tag zu versauen! Ich hatte grad son schönes Gespräch und die Sonne scheint! Ich will jetzt nicht fühlen wie real meine Seele noch immer in alter Zeit hängt und ganz und überhaupt will ich nichts davon mit mir im Zusammhang fühlen!
Also kneif ich die Augen zu und summe Tetris vor ich hin…. und fange an mir einen Text für meine Internapetition auszudenken, während ich gleichzeitig meine Reorientierungskisten abspule und den Körper aus der äußeren Situation manövriere (Ja- ich kann das: auf einem Bein hopsend meine Schuhe zubinden und währenddessen Klopapier und 6 Liter Milch ausbalancieren! Wer so vermeidet wie ich- der kann das irgendwann haha). Irgendwann hab ich mein Gehirn so überlastet, dass nur noch die Frage: “Wo wohne ich eigentlich?” gebraucht wird, um mich wieder wegzukegeln.
Und ja: Ich weiß verdammt nochmal ganz genau, dass ich in dieser Situation auch einfach hätte cool bleiben können und mich dem was sich da vor mir auftut stellen können.

Aber ich weiß genauso gut, wie das in der Regel ausgeht- nämlich mit ner ganzen Menge Autsch!
Allein schon wie es sich anfühlt, wenn eines der funktionalen Innenkinder “da war” und im Körper nur noch der Nachhauch eines Nachhauches herumirrt. Es ist furchtbar!
Und genau um mich vor solchen Gefühlen zu schützen gibts ja die Dissoziation.
Nur leider hab ich schon Therapiefortschritte gemacht und jetzt geht das nicht mehr immer so leicht.
Es gibt immer öfter solche Situationen, wie heute, in denen ich sowas wie “inneren bewussten Sichtkontakt” mit so verletzten Innenkindern habe und mehr oder weniger bewusst real wählen kann: Vermeidung und der Abschuss in die Dissoziation (durch mehr oder weniger gezieltes Wegtriggern) oder Hingucken und dran arbeiten.

Ich hätte bitte gerne, dass mir einer die Entscheidung abnimmt. Das ist beides so… mee!
Vermeidung ist scheiße, weil man die Energie einfach für so viele andere viel tollere Sachen verwenden könnte. Aber hingucken und der Rattenschwanz dazu tut so saumäßig weh!
Ich hätte gerne meine Alltagsdissos, so wie heute noch mehr bitte weg. Ich mags, wenn ich mitkrieg was für ein Leben wir so leben- aber die inhaltlichen Dissos, die könnten gerne wieder so komplett doll sein, wie früher.

Also… wer fährt mit mir zum Lebens- Wunschkonzert und hält Banner hoch?
Oder geht mit mir ins Dissokaufhaus… dicke fette biographische Amnesien und Unbewusstsein kaufen?

Superwomen, Möhrenwürfel und Heilung

Sie sagt, ich hätte alles Recht mich fallen zu lassen.
Sie fragt, wieso ich mir das alles antue. “Weißt du wie du hier vor mir stehst? Du hast schon wieder diesen Buckel und du guckst schon wieder nur noch von unten nach oben.”

“Ja- kann sein.” Ich merke wie eine Wut von einem Innen durch mich herausschießt- der Buckel wird zum Panzer, mit verletzenden Stacheln besetzt. ”Und- was soll ich drüber heulen? Wem hilfts? Änderts was? Hats das je getan?” Meine panische Angst vor der Reaktion meines Gegenübers rast durch den Körper gepaart mit einem innigen Wunsch nach den Tritten, Schlägen und Demütigungen, die ich jetzt erwarte.

“Hey- ich weiß schon! Guck mich an- ich bins!”
Nein- ist sie nicht oder doch? Oder nicht? Oder? Ich kann nichts mehr sehen- es schiebt sich alles ineinander- meine Ratio hängt wimmernd in irgendeiner Ecke und knüpft sich einen Strick aus Fäden von Heute und Gestern. Mein Körper fängt an um mich herum zu schlackern, meine Lunge schrumpft, mein Herz schaltet auf Schnelldurchlauf… die Haut wird kalt.
Hinter meinen Augäpfeln wird sie zerschossen, während gleichzeitig das Betteln, um gnadenlose Gewalt an sich immer lauter wird. Ich betrachte meine Ratio die inzwischen wie eine Stoffpuppe von der Naht zwischen Heute und Gestern herab baumelt, während ich vor der Gemögten stehe und mir die Worte aus dem Hals zu pressen versuche.

“Hallo? Bist du noch da?”
Ich höre sie wohl, ich bin noch da. Ja.
Sie versuche diese Lupe aus Tränenflüssigkeit und Vergangenheit beiseite zu wischen, während sie aufsteht, die Tüte mit gefrostetem Suppengemüse aus dem Tiefkühlfach holt und mir auf die Hand legt. Die Eiskristalle ziehen mich an dünnen Fädchen aus den tieferen Schichten des Innen näher an de Oberfläche. Zerschneiden den Strick meiner Ratio, die mit einem dumpfen Plums auf dem Boden meines Bewusstseins landet.
”Gehts?”
Ich halte die Tüte an meinen Bauch und nicke.
Eigentlich will ich jetzt in der Tüte verschwinden. Selber ganz eingefroren und konserviert sein. Ich will grad nicht in meinem Leben sein und gar gekocht werden von dieser heißen Wut, dem Hass, dieser Verachtung und immer wieder dieser Panik vor der völlig selbstverständlich erwarteten Wiederholung von Gewalt an uns.
Ich will ein kleines Möhrenwürfelchen sein.

“Hm?” Sie lächelt. “Ihr müsst nicht Superwomen sein.”
“Superwomen gibts gar nicht richtig- die hatte nie wirklich echte Superkräfte aus sich heraus. Die, die du meinst hieß Wonderwomen. Und Wonderwomen kann ich nicht sein, sonst muss ich wieder diesen Kampf gegen den Diagnosestempel der Schizophrenie führen, wenn ich sag, ich hätt ein unsichtbares Gefährt…”
”Du weißt, was ich meine.”

Ja, ich weiß was sie meint.
Es gibt Aussteiger, die sich direkt einweisen lassen, weil sie genau diese Selbst-s-Folter, diese immer wieder aufwogende Panik, Verunsicherung, Erinnerung, dieses bewusste geistige “zwischen den Welten stehen”, wie wir es gerade durchmachen, nicht mehr aushalten (können oder wollen).
Es gibt Menschen, die über einen OEG- Antrag und alles was dazu gehört, in unserer Situation nicht einmal nachdenken würden.
Es gibt Menschen, die ohne auch nur ein einziges Medikament nicht durch unsere Nächte kämen.
Und ja- noch weniger Menschen würden genau darüber schreiben, so wie wir.
Aber wir sind ja nicht “die Anderen”. Und wir wollen es auch gar nicht sein.

Wie kommt es, dass ich mich nicht einmal seelenglobal bemitleiden kann ohne, das es heißt, meine Gesamtsituation wäre ja auch viel zu viel? Ohne, dass es heißt: “Du musst nicht Superwomen sein?”. Wieso mussten wir immer Situationen, die andere als so besonders hilfreich bewertet haben, aushalten, (weil es ja das Beste für uns wäre)- in Situationen aber, die wir bewusst erleben wollen und die wir auch so wie sie sind verarbeiten wollen, zu hören bekommen, es wäre ja auch alles zu viel und man könnte sich ja auch mal fallen lassen?

Ja, ich könnte mich fallen lassen- das mache ich doch auch. Was ist denn die Erwartung? Der große dramatische Knall?  Reicht denn das was ich tue nicht?
Ich weine doch nicht, weil ich zwischen den inneren Welten zerrieben werde. Darüber kann ich überhaupt nicht weinen- in Bezug darauf habe ich lediglich zig Fragezeichen und sauge jede Information auf, um beide miteinander zu einer verschmelzen lassen zu können.
Dieser OEG-Antrag ist viel mehr als nur das Aufschreiben von Taten. Meine Güte- ja- schön ist es nicht diese Gewaltorgien aufzuschreiben- aber kaputt machen wird mich nicht das, sondern eher die Politik und der Umgang mit mir als Mensch, der diese Taten an sich aushalten und überleben musste! Darüber zu heulen und mich dann fallen zu lassen, wäre einfach nur systemunterstützend- also hätte es keinen Sinn. Ergo tue ich das nicht!

Aber wenn ich über meinem Buchmanuskript sitze und während des Schreibens merke, wie sich mir Innens nähern und mir einen Teil ihres Wissens und ihrer Gefühle von damals reichen, um sie aufs Papier zu kleben…
Wenn ich mich dann kurz in meinen Sessel fallen lasse, um einfach nur für diesen Moment nichts weiter zu tun, als diese Innens- diese entfernten Teile von mir selbst !!!- zu beweinen… dann- genau dann!- mache ich doch genau das, was mir gesagt wird. Dann lasse ich mich doch fallen.
In dem Moment kann ich niemanden gebrauchen, der mir sagt, es wäre ja eh alles grad so schwer. Oder der mir sagt, morgen würde schon alles besser. Oder der mir sagt, ich müsste nicht Superwomen sein und damit implizieren, was ich hier täte, wäre wer weiß was für ein übermenschlicher Akt.
Das mag für Menschen, die das alles für sich allein schultern müssten, vielleicht zutreffen. Aber für mich und meine Innens ist das nicht so. OEG, Welten- bzw. Werteverschmelzung, die Realisierung von früherem Erleben und der Annahme weggedrückter Gefühle… das sind drei komplett verschiedene Bereiche.
Und nur einer davon hat das Potenzial mich richtig in die Kniee zu zwingen.
Nämlich der, der beinhaltet nicht mehr getrennt zu sein von dem was ich/ wir unser ganzes Leben lang immer und immer wieder von einander wegdissoziiert habe/n: Unsere Geschichte, unsere Gefühle und uns selbst.

Dann brauche ich, dass mich jemand daran erinnert, dass ich das alles schaffen werde. Dass ich keine Superkräfte brauche, um diese Gefühle und Informationen in mir aufzunehmen, sondern, dass das alles bereits in mir drin ist- ich es aber zum ersten Mal bewusst selbst wahrnehme.

Dass Heilung eben auch mal weh tut. So weh, dass man manchmal auch einfach zurecht ein klitzekleiner Möhrenwürfel in einer Tüte Suppengemüse aus dem Tiefkühlfach sein will.

Selbst-s-Folter ist immernoch Folter

Also ganz ehrlich- ja- wir sind ne Sprachmimose. Ja ja ja stimmt!
Wir haben ne Grammatikmacke und hassen es, wenn Menschen “zu” und “nach” falsch verwenden, kriegen die Krise, wenn jemand “als” und “wie” falsch einsetzt und schreihen auf, wenn jemand meint die Begriffe “Vergewaltigung” und “Zwang” synonym verwenden zu können.

Aber wenn sich jemand hinstellt und meint, Folter sei nicht gleich Folter, wenn ich von Folter spreche… da zieht sich nicht nur mein Mimonseninnenleben in sich selbst zurück, sondern mein dunkelbuntes Imperium breitet sich aus wie die Nesselkapseln einer Feuerqualle.

Der Begriff der Folter beschreibt Handlungen um jemandem seinen Willen zu brechen (und in Folge dessen an Informationen heranzukommen oder ihn allgemein gefügig zu machen bzw. zu halten). Diese Handlungen sind immer und in jedem Fall quälend auf irgendeine Art und Weise. Und sie hinterlassen immer einen Schaden.

Mag sein, dass man heute den Begriff nur noch im Zusammenhang mit pseudopolitischer Auseinandersetzung (Politik geht ohne Gewalt- für uns ist Krieg immer nur Gewalt- deshalb steht hier “pseudopolitisch”) hört und dann direkt an sogenanntes “waterboarding” oder vermummte Menschen mit dicken Peitschen in der Hand, denkt.
Dass, auch andere Handlungen völlig subtil und vorallem aus dem eigenen Körper herauskommend, gleichsam eine Folter darstellen können und auch genau als solche empfunden werden, das scheint aber irgendwie doch “übertrieben ausgedrückt”.

Ja danke auch!
Ich geleite mal von oben draufschauend in unsere eigene Folterkammer.
Wir haben einen Kontakt gemacht, der uns gut tut. Der uns Spaß macht und den Horizont erweitert. Der absolut nichts mit den früheren Loyalitäten zu tun hat.
Konflikt: Altes gegen Neues.
versuchte Lösung: Politik- gibst du mir, geb ich dir
innere Ausführung: Maßnahmen, um die politischen Feinde im Innern in ihrem Willen zu brechen, ein neues Leben zu beginnen und an die Gesetze von früher zu binden.
Mittel der Wahl: Todesangst
gern genutzter Verstärker: Schmerzen, forcierte und immer wieder bestätigte Verunsicherung, Bilder der Folgen, die das Handeln haben kann, direkt ausgeübter Zwang quälend peinigende  Handlungen von früher durch die eigene Hand zu wiederholen
Unterm Strich: Selbst-s- Folter!

Ja, es sieht für Aussenstehende aus wie selbstverletzendes Verhalten, eine Essstörung, eine Zwangsstörung, wie schlichte Flashbacks- für uns aber- für unsere Innenkinder und uns Alltagspersonen, die komplett zwischen den inneren Stühlen stehen und einfach nur noch ständig und immer hilflos mit der kleinen weißen Fahne wedeln können, ist es verdammt nochmal Folter.

Ja, ich denke, in diesem Beitrag mache ich mich auf. Ja, ich glaube es ist von Sinn, wenn ich es zeige. Es zeigt eine Dimension.

Insgesamt 20 Stunden nicht zur Toilette gehen zu dürfen (und jedes Mal bei einem Versuch dorthin von Bildern und furchtbaren Gefühlen überflutet zu werden), weil man mit einer Gemögten gesprochen hat, die einem anbietet, etwas anderes zu tun, als das was einem die BÄÄÄMs aufdrücken wollen- ist Folter.
Seinem Körper hilf- und tatenlos dabei zusehen zu müssen, wie er sich immer und immer wieder kochendes Wasser zwischen die Beine schüttet, weil man sich von jemandem anderem, als jenem dem einzig und allein die Loyalität und Liebe gelten soll, gemocht fühlt- ist Folter.
Stundenlang stehen zu müssen, weil man sich nach Stunden in der Kälte ein warmes Getränk zuführen will- es aber nicht darf, weil es den Glaubenssätzen der BÄÄÄMs widerspricht und jene uns immer wieder in diese stehende Haltung zurückzwingen, durch die Provokation von Schmerzen und furchtbaren Ängsten, ist Folter.

Ja, es steht hier niemand neben uns und tut uns das an. Niemand aussen zwingt uns jetzt direkt dazu, das zu tun. Das ist ja aber auch gar nicht nötig. Es ist ja alles im eigenen Selbst installiert. Wir wurden so hingebrochen, um uns genau das hier selbst anzutun, um uns selbst, wenn kein äusserer Täter neben uns steht, immer wieder in das Überzeugungskonstrukt und Handlungskorsett der Gruppierung hineinzufoltern.

Und wenn wir es schaffen, genau das, als das zu bezeichnen, was es ist- nämlich Folter- Selbst-s-Folter, dann sollte nicht von Übertreibung die Rede sein.
Sondern von einer Chance und einem wichtigen Schritt zur Heilung.

Es ist unsere Chance diese Handlungen zu enttarnen und unsere weiße Fahne beiseite zu legen, bei den inneren Verhandlungen. Wer foltert, begeht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Und der Kern jeder guten Politik ist die Ahndung solcher Verbrechen.
Wenn wir sehen, dass sowas bei uns passiert, dann machen wir eine Anzeige bei unseren verbündeten Mitgliedsstaaten und die helfen uns dann, das zu beenden in dem man Verhandlungen aufnimmt, Forderungen beguckt, einer Prüfung unterzieht und Handlungsmöglichkeiten einführt.

Das geht aber nur, wenn wir das Schlimme, das in uns selbst weiterhin passiert, auch so benennen können und wir uns nicht zu schämen und zu bezweifeln brauchen.
Es ist schon schwer genug.
Wie schwer kann man ja auch sehr schön im Aussen betrachten.
Oder was meinen die Zweifler, warum Guantanmo oder Abu- Ghuraibh nachwievor existieren?
Die Tatsache, dass man es “Verhöre von Menschen im Zusammenhang mit terroristischer Aktivität” nennt und nicht “Folter”, spielt definitiv eine Rolle!

Wir wollen die Fehler anderer nicht an uns selbst wiederholen. Das tun wir auf anderen Ebenen bereits oft genug und oft genug von aussen tatsächlich aufgezwungen.

Wenigstens uns selbst gegenüber machen wir das nicht mehr.
Wenigstens das.

masculum-feminam humana

“Sag mal- wie ist das eigentlich für dich, wenn der Körper menstruiert?”
Toll- das hat man davon, wenn man Gemögten erlaubt, einfach zu fragen, wenn sie was fragen wollen…
Ich oute mich in diesem Artikel mal als das, was ich bin: ein Mann

Ich bin ein männlicher Anteil einer Psyche, die in einem biologisch weiblichen Körper steckt.
Was so paradox klingt, ist eigentlich total normal.
Und irgendwie logisch. Also immerhin haben alle Menschen auch Brustwarzen, weil die “biologische Entscheidung” zum Geschlecht des Menschen später, als die Anlage zu Brustwarzen kommt… und naja- wenn man davon ausgeht, dass Leben in erster Linie Metabolismus ist… dann  ist doch irgendwie auch logisch, dass alle Menschen auf dem ganzen Planeten schon von Natur aus auch männliche Anteile haben müssen. Denn für eine Entscheidung brauchts die Möglichkeit zu wählen.
Hm- Mist irgendwie klingt das nach einer Rechtfertigung für die Weigerung sich sämtliches Körperhaar abzusäbeln und schlunzige Jogginghosen zu Holzfällerhemden zu tragen. Aber das soll sie eigentlich nicht sein.
Ich nehme mich als Mann wahr, habe dieses Selbstbild von mir und werde auch von Menschen aussen  als Anteil “der mit von eher als männlich bezeichneten Eigenschaften behaftet ist” wahrgenohmmen. Also einfacher ausgedrückt: ich passe eher in das Bild, das man vom Klischeekerl hat, als von der Klischeetussi von dem ausgehend, was ich so mitbringe.

Eigentlich total interessant, wie ich so betrachtet werde und was mir so auch entgegen gebracht wird, wenn ich mich als männliches Innen zu erkennen gebe.
Irgendwie ist da ganz automatisch so eine Selbstverständlichkeit, dass ich voll der harte Kerl bin, mindestens ein Beschützer im System, ein Handwerker oder so- voll stark, frech und großmäulig. Vielleicht irgendwie auch ein Weiberheld oder so.
Aber das bin ich nicht. Ja es gibt bei uns auch männliche Innens, die so sind- aber es gibt auch weiblche Innens, die so sind!
Die Zugehörigkeit der Geschlechter läuft bei uns wirklich nur über so eine Gefühlsschiene. So nach dem Motto: “Ich fühle mich männlich, also bin ich männlich. Ich fühle mich weiblich, also bin ich weiblich. Ich fühle mich ungeschlechtlich, also bin ich ungeschlechtlich.” Jeder eben so wie er sich fühlt.

Kann ich den Körper einfach so annehmen? Nein- natürlich nicht.
Aber die weiblichen Innens können das auch nicht einfach so.
Wir haben inzwischen so ein Stadium des (mehr oder weniger zähneknirschenden) Hinnehmens erreicht und das ist schon ganz okay so. Vor vielen Jahren war ich noch ziemlich krass in Sachen Verleugnung und Unterdrückung der körperlichen Weiblichkeit. Aber nicht, weil ich sie als solche irgendwie schlimm fand oder triggernd oder so (so wie andere Innens bei uns), sondern weil ich doch irgendwie dieser äusseren Rollenkiste von Männlichkeit entsprechen wollte.
Ich hab mal überlegt, ob mir jemals ein Mensch so richtig direkt mal gesagt hätte “Ein Mann macht aber dies und das” oder “Jungs müssen dieses und jenes”- nee das ist nie passiert. Aber irgendwie kam schon öfter sowas wie “Für dich wird das ja kein Problem sein, ne?” oder “M- komm mal her- ich brauch ne starke Hand!”. So als wäre ich voll der starke Typ- was ich aber gar nicht bin- es gibt viel stärkere Innens bei uns. Und was mir alles Probleme bereitet, hab ich irgendwie dann nicht mehr so sagen können, wenn mir bei bestimmten Sachen so eingeschoben wurde, dass sie mir ja keine Probleme machen würden.
Das ist nie mit Absicht passiert, glaub ich. Aber es ist passiert und das finde ich irgendwie seltsam. Ich kenne mich mit solchen Genderfragen und Forschungsdingsizeugs nicht so aus und eigentlich find ichs auch total schräg, dass man sowas beforschen muss. Also einfach, weil ich mich frage was für einen Nutzen das bringt, aber naja… das kann man sich ja bei so einigen Sachen, die beforscht werden, fragen.
Für mich ist das nicht wichtig. Ich fänds eigentlich nur interessant wie sowas passiert. Also das man denkt, dass manche Eigenschaften oder so, typisch männlich und manche typisch weiblich sind.
Zum Beispiel unsere Kleidung.
Wir haben uns im Zuge von vermehrter Observanz, irgendwann zum Rauswurf aller Hosen (bis auf zwei Exemplare) entschieden und tragen nur noch Röcke. Am Anfang war es irgendwie so: “Hm- bin ich dann noch ein Mann, auch wenn ich so richtig traditionell weibliche Sachen trage?” -Ja klar! Die Frauen haben doch die ganzen Jahre vorher auch immer wieder Hosen getragen und waren trotzdem noch Frauen. Diese Kiste war ein für uns total runder und guter Schritt sich mit dem Körpergeschlecht- mit der Körperbiologie zu beschäftigen. Aber es gibt auch Menschen in unserem Umfeld, die mich schräg angucken und fragen, ob ich mich denn so wohl fühlen kann. Oder, ob ich mich nicht unterdrückt fühle. (Klar ist ja eh auch so- die bösen bösen Religionen, die unterdrücken die armen dummen Menschen ja nur und haben nix anderes zum Ziel als die Unterdrückung von Frauen mittels Regeln und Verdammnisdrohung… hm schon klar…) Ob ich mir nicht vorkomme, wie ein Mädchen. Ja- halloho?! haha

Oder auch so was Vorlieben und Sexualität betrifft.
Also klar- ich bin hetero und zufällig ist mein Körper weiblich. Also lebe ich für Aussenstehende eine lebische Liebe. Inzwischen ist es so, dass ich meinen Gefährtinnen nicht mehr sage, dass ich ein männlicher Anteil bin (zumindest nicht, wenn wir keine Beziehung, sondern einfach nur ein Techtelmechtel pflegen). Es macht sonst einfach keinen Spaß mehr und die meisten Gespräche drehen sich darum, wieso ich mich männlich fühle und was das im tieferen Sinn bedeutet und bla…
Immer wieder wird ab dann auch von mir mehr oder weniger erwartet, irgendwie auch besonders hart im Bett zu sein, oder irgendwie wird mir halt immer wieder untergeschoben, bestimmte Praktiken toll zu finden oder so. Nee- ist voll nicht so!
Ich finds schon irgendwie schön, für meine Freundin zu sorgen und so- so ein bisschen die Beschützer und Versorgernummer, ne (wieso die als so besonders männlich gilt, hätte ich ja auch gerne mal beforscht…). Aber das heißt nicht, dass ich den mir von der Biologie versagten Penis so dringend ersetzt haben muss. Wenn ich aber sage, dass ich mich als männlich wahrnehme und Frauen anziehend finde… ja… irgendwie scheint es diese Sachen dann immer gleich mitzubedeuten. Obwohl es genauso auch in der lesbischen Szene Frauen gibt, die eine männliche Position einnehmen.
Und obwohl es bei uns auch weibliche Innens gibt, die lesbisch lieben und ebenfalls eher in der als “eher männlich” dargestellten Vorliebenschiene agieren. Die werden aber nie so konfrontiert wie ich.

“Und wie entstehen männliche Innens? Wie bist du entstanden?”
Also wie genau ich entstanden bin, weiß ich selber nicht genau. Aber ich sag mal wie ich nicht entstanden bin:
Ich bin nicht aus dem innigen Wunsch heraus entstanden, jemandem zu gleichen oder weil dem Körper was passiert ist, “was nur Männern so passiert”. Ich hab mal ein Buch in der Hand gehabt, welches diese zweite These vertrat. Der Autor meinte damit die Vergewaltigung, die mit der Penetration des Anus einher geht. (Meine Güte- alle Menschen haben diese Einbahnstraße im Körper und können so vergewaltigt werden- wie hoch meint der Autor, ist die Quote von männlichen Innens/ States auf diesem Planeten?!)
Ich glaub, ich bin männlich, weil die Seele von Menschen von Natur aus männliche Anteile hat und wir durch die dissoziative Identitätsstruktur eben noch deutlicher und selbstständiger agieren können. So eben als die Anteile die jede Seele nun mal hat.

Ich fänds gut, wenn sich die Menschen alle so betrachten können würden.
Ich denk, dann würd ne Menge Vorurteilsblödsinn wegfallen. Und keiner würd mich mehr anders betrachten als vorher, nur weil ich ihm sage, zu welchem Geschlecht ich mich, ausgehend von meinem Empfinden, zuordne.

Und wie ist es nun für mich in einem weiblichen Körper zu stecken?
Also- naja…
ich hab ja keine Vergleichswerte, also würd ich mal sagen, es ist so wie in jedem anderen Körper auch. haha

und plötzlich ist sie “eine von uns”

Ich fange lieber gar nicht erst an zu überlegen, ob ich es anziehe oder das Leben einfach so eine Arschsau ist. Sowas wird noch früh genug meine ersten grauen Haare produzieren…

Gerade habe ich mit einer Bekannten von mir telefoniert.
Phu… ich rechne inzwischen mit vielen Themen, die sich so ergeben wenn man miteinander spricht und ich rechne- gerade wenn es “nur” Bekannte sind, die mich anrufen auch damit, dass es durchaus mal triggernde Gespräche geben kann. Aber mit so einem Gespräch hätte ich- gerade mit dieser so stolzen Frau!- nie und nimmer gerechnet.
Ich kenne sie als sehr bodenständig, souverän…mutig, lebenfroh und grundsätzlich positiv.
Und dann hatte ich diese Frau am Telefon und sie sagte mir, dass sie nicht mehr weiß, wer sie ist, wo sie steht, was sie macht, was sie will. Dass sie sich tot fühlt. Dass sie ihre Kinder angeschriehen hat. Dass ihr Vater gestorben ist.
Dass sie von ihm missbraucht wurde und ihr die Erinnerungen hochgekrochen kommen. Dass sie zwischen Flashbacks und Panikattacken, Wutausbrüchen und Weinkrämpfen hin- und hergeworfen wird.

Ich bin wie vor den Kopf geschlagen! In dem Gespräch jetzt schlossen wir natürlich unsere eigenen Schotten, um der Frau eine Hand reichen zu können. Hörten zu, fragten ein bisschen wieviel Raum für Unterstützung da ist, versuchten Scham zu nehmen und Worte zu geben, rieten sich an den Frauennotruf, Wildwasser und Co zu wenden… und merken doch wie wenig es ist. Sie wohnt nicht mehr hier in der Stadt, der Kontakt ist ein ganz loser, was mir ganz deutlich zeigt, wie dramatisch ihre innere Lage sein muss. Ich meine- wie einsam und verlassen muss man sich fühlen, wenn man sich bei seiner ehemaligen Hundesitterin ausweint?!
Nun sitzt sie hoffentlich in der Beratungsstelle, zu der wir sie geschickt haben, bei jemandem, der ihr ganz direkt Hilfen zukommen lässt.

Und ich? Und wir?
Wir sitzen hier und sind zum ersten Mal damit konfrontiert, dass es das ganz echt gibt. Dass jemand ein völlig normales Leben führt und doch eine tiefschwarze Wolke in seinem Leben hat, die erst dann mit dem Gewitter loslegt, als die Gefahr vorbei ist.
Wir wissen, dass Dissoziation das kann. Logisch. In der Theorie. Und ohne ein Gesicht dazu!

Ich nehme innere Kommentare wahr wie: “Boa wie unfair! Jetzt hatte sie 45 Jahre Ruhe und konnte sich etwas aufbauen und nun kracht alles ein” oder auch: “Voll krass- das jetzt bitte mal im MRT angucken”; “Guck, was Erinnerung für ein Vampir ist: von der Frau mitten im Leben, ist sie jetzt zumindest emotional, nur noch ein billiger Abklatsch”…

Wir sind Gewalt von klein auf gewöhnt gewesen und es gab nie ein so “ruckartigen” Anfang und ein so klares Ende. Wir wurden wie ein Frosch im Wasser Stufe für Stufe weich und stellenweise tot gekocht. Wir haben von ganz unten angefangen uns etwas aufzubauen, was wir irgendwann mal “Leben” nennen wollen.
Diese Frau hatte einen brutalen Anfang mit 8 und ein Ende mit 12. Und dann… ein Leben, welches sich wie ein Haus, dessen Grundmauern das Pflaster auf dieser Wunde festtackerten, ausmachte und nun, durch den Tod des Täters komplett in sich zusammenfällt.
Nun kann Verarbeitung passieren. Die Gefahr ist vorbei. Er wird ihr nie wieder etwas tun können. Die Psyche hat sich selbst das Pflaster runtergerissen- und das Leben und die Selbstsicherheit- die gesamte Integrität der Frau gleich noch mit. Sie hat keine Ahnung was ihr Gehirn für Wunder vollbracht hat, um sie zu schützen. Sie kann nicht wissen, wieviel Kraft sie hat und zumindest jetzt im Moment fliegt ihr Geist in alle möglichen Richtungen.

Diese Schleife: “Ich weiß gar nicht wo ich stehe- was mache ich hier eigentlich” und das Gefühl tot zu sein- willenlos, kraftlos, saftlos, um im nächsten Moment sofort unter der Decke zu kleben, weil das Adrenalin wie Napalm durch die Adern schießt… Himmel- wie genau ich das selbst kenne!
Diese Schlaflosigkeit, die allgemeine Gereiztheit… dieses allgemeine Gefühl von einem zum zerreißen gespannten Drahtseil, das aber von jetzt auf gleich auch wieder erschlaffen kann und einen nur noch weinen lässt- obwohl man nicht mal genau weiß wieso.
Bilder gegen die man nichts tun kann, Filme die einem vor den Augen ablaufen, Körperempfindungen und allgemeines Erinnern…
Das ist die fiese Fratze der postraumatischen Belastungsreaktion.

Neulich noch sagte ich jemandem wie unendlich dankbar ich bin, dass wir diese akute Hochphase hinter uns haben. Nun erlebe ich es an jemandem von dem ich ganz selbstverständlich ausging, niemals damit in Berührung zu kommen.
Sie war ja eine von “den Anderen”- denen, die auf der anderen Seite der Gewaltkluft stehen.
Und plötzlich ist sie “Eine von uns”- denen man die Hand zum Zeichen der Verbundenheit reicht.

OEG erster Akt

Heute war es nun soweit.
Ein erstes Informationsgespräch mit einer Vertreterin des Landschaftsverbandes, um einen Ablaufplan zu bekommen.

Zur Information meiner nicht betroffenen oder auf der Suche nach Informationen befindlichen Leser:
Wer Opfer einer Straftat wird, hat, weil es der Staat nicht geschafft hat einen zu schützen, Anspruch auf Entschädigung nach dem OpferEntschädigungsGesetz.
Nötig sind: eine Strafanzeige; ein Täter (welcher in Regress genohmmen wird) dazu und eine Verurteilung.
Natürlich gibt es viele viele Ausnahmefälle und viele Einzelfälle die sorgfältiger Begutachtung und allgemeiner Überprüfung bedürfen. (weitere Infos —> klick )
Aber als Grundinformation braucht man eigentlich nicht mehr zu wissen, um zu erkennen, dass die meisten Menschen mit DIS am Arsch sind, in Bezug auf eine Entschädigung durch dieses Gesetz.

Wir wurden sehr früh, sehr schwer und durch verschiedene Täter traumatisiert.
Alle Zeugen dieser Straftaten sind entweder selbst Täter oder Opfer. Namentlich vorgestellt hat sich dabei übrigens niemand, oder mir gar noch seine Adresse gegeben oder sonstiges…

Nähere Erklärungen zu “unserem Fall” werde hier natürlich nicht schildern, doch den einen oder anderen Punkt möchte ich von diesem Gespräch doch erwähnen und meiner derzeit übermäßigen Bitterkeit Raum geben.

Wir haben uns in Rücksprache mit der uns bereits seit Jahren vertretenden Rechtsanwältin entschieden, uns direkt vom Landschaftsverband Informationen geben zu lassen, wie eine Antragsstellung bei einem Menschen mit dem Hintergrund der organisierten (Pädo)Kriminalität aussehen kann.
Insgesamt dauerte das Gespräch etwa eine dreiviertel Stunde.
Die ersten 15-20min lauschten wir den Platitüten und allgemein zugänglichen Informationen, die jeder, der über eine Antragsstellung nachdenkt im Internet oder auch in jedem Flyer darüber, nachlesen kann.

Ich kam mir vor wie im Jobcenter.
”Ja also wenn sie Leistungen von uns möchten, dann muss in jedem Fall eine Strafanzeige gestellt werden, ansonsten entziehen Sie sich ihrer Mitwirkungspflicht…”
Grundsätzlich mal: Wir MÖCHTEN keine Leistungen! Wir BRAUCHEN sie (weil es auch hier der Staat verkackt hat sich zu kümmern!) und wir haben verdammt und zugenäht EIN VON DER GESETZGEBUNG ZUGESICHERTES RECHT auf Leistungen dieser Art!!!
Wir kommen nicht; um um etwas zu bitten! Wir kommen um etwas einzufordern! Um etwas einzufordern, das uns zusteht und nur deshalb nicht an uns heran gereicht wird, weil man vorher überprüfen muss, ob die Forderung gerechtfertigt ist- so richtig echt und wirklich.
Und diese Überprüfung halte ich für grundsätzlich gerechtfertigt und okay. Und um diese Überprüfung zu erleichtern, wirke ich selbstverständlich so gut mit wie es mir nur irgendmöglich ist!

Allein die Sprache liess mir heute schon wieder die Galle den Hals hochkriechen. Was ist das für ein Ding, das es diesen Menschen erlaubt, mit Menschen, die ihre Rechte einfordern und entsprechende Anträge stellen, zu sprechen als wären sie ein elendiges Bettelpack?!
Ich sitze dort und fühle in meinem Anliegen impliziert, dass ich mir etwas unerlaubt nehmen will, weil ich es einfach mal so möchte… wie man manchmal einfach ein Eis möchte, weil Sommer ist und es einfach erfrischend und nett wäre.
Ich komme aber dahin, hab fett zugeschwollenes Gesicht und brauche ein Eis, um etwas sehen zu können! Aber das muss ich erstmal beweisen…

Nun ja, nach etwa 23 Minuten brauchte ich das erste FishermensFriend. Es zeichnete sich ab, dass man doch mehr auf unsere Situation bezogen nachbohren musste.
Erst nach der vierten oder fünften Schleife, (ich habe eine echt tolle Anwältin, die hartnäckig ist und sich nicht einfach abspeisen lässt!) bemerkte die Frau dann auch endlich, dass sie sich selbst widersprach! Und bemerkte, dass sie uns leider keinen konkreten Laufzettel geben konnte.
Die Logik, dass wir erst Schutz bräuchten der garantiert ist, um eine Anzeige zu erstatten (um unserer Mitwirkungspflicht nachzukommen) war schon klar. Aber dass man diesen Schutz erst dann bekommt, wenn man eine Anzeige erstattet hat… irgendwie brauchte das eine eeeewige Schleife zu ihr hin.
(Da saß ich schon mit dem zweiten Fishermen im Mund, weil ich einen kurzen Anflug von Wahnsinn(sungeduld wegen Dummheit!) hatte.

Naja, das Gespräch endete mit dem Wissen, dass eine Gefährlichkeit des Täters nachgewiesen sein muss bzw. die Organisation als gefährlich bewertet sein muss, um sich eventuell vielleicht auf eine Ausnahmeregelung einzulassen… ganz objektiv natürlich. [Nein nein, man fängt nicht an in bestimmte Richtungen zu denken, wenn man an “organisiertes Verbrechen” denkt… nein nein.. Hollywood und Co kommen da natürlich NIE drin vor… und dafür gibts ja dann die Glaubwürdigkeitsgutachten…, welche, wie uns die Frau mit eindringlich mahnender Stimme mitteilte, sehr viel Geld kosten. Netterweise hat sie sogar noch genau gesagt, wieviel- so dass hier gleich wieder die “wir sind zuviel” Lampe aufblinkte. ]

Naja. Also: Nichts Neues für uns eigentlich.
Aber mir ist aufgefallen, wie wichtig die parteiische Vorinformation für uns gewesen ist. Alle Informationen rund um das Thema des OEG haben wir von der Opferhilfe, Frauenberatungsstellen, unserer Rechtsanwältin und anderen Betroffenen. Wäre dies ein erstes Informationsgespräch gewesen, hätten wir unser Ansinnen sofort und auf der Stelle zurückgezogen.
Wäre unsere Rechtsanwältin nicht so großartig renitent und professionell dreist, hätte ich heute wohl wieder gelernt, dass Wahnsinn forciert und entsprechend genutzt wird.

Trotzdem bin ich wieder bei der Erkenntnis gelandet, dass es nichts Schlimmeres als den durch Erfahrung klugen und organisierten Täter gibt. Er nutzt die Lücken des Systems und kann sich darauf verlassen damit durchzukommen.
Der Gedanke, dass es angesichts der, im Jahre 2007 von der polizeilichen Kriminalstatistik  angegebenen, 11.357 Fälle von Kinderfolterdokumentationsprodukten (infamerweise nachwievor “Kinderpornographie” genannt und damit Kinder als bezahlte Schauspieler darstellend!!!), auch Opfer geben muss, ist noch nicht angekommen. Ganz offensichtlich nicht. Dass es das gibt- dass die Existenz dessen endlich anerkannt ist… darüber dürfen wir Opfer uns heute freuen! Und darüber freue ich mich auch- ganz ehrlich!
Ich freue mich aber vorallem deshalb darüber, weil ich so diesen Kampf um die Existenz dessen nicht auch noch zu führen brauche.

Dass ich nur beweisen muss, wirklich deshalb ein so verdammt beschissen schweres; verkrüppelnd anstrengendes Leben führe, weil jemand mich zerstört hat und nicht, weil ich so geboren wurde.

Das ist so krass, dass ich mich nicht etwa frage: “Schaffen wir es genug vernünftige Aussagen zu erlebter Gewalt zu machen?”, sondern: “Haben wir genug positive Ressourcen, um uns von dieser tiefen Bitterkeit zu erholen, die uns nun immer wieder und wieder begegnen wird?”.

Heute hatten wir sie noch nicht.
Heute mussten wir diese Bitterkeit rausschwemmen.

Aber es gibt ja noch viele viele Morgens …

der letzte Dreck

“Werte dich doch nicht immer so ab!”

Das mache ich doch gar nicht.
Schon mal drüber nachgedacht, was Dreck- der letzte Dreck eigentlich ist?

Wenn man seinen Hund abtrocknet und das weiße Handtuch ist braun, dann nennt man es dreckig- obwohl es nur ein nachwievor weißes Handtuch ist, welches die Sand-Wasseremulsion die der Hund im Fell trug, aufgenohmmen hat.
Das was man als dreckig machendes Element bezeichnet ist Sand und Wasser. Schlamm.
Man nennt es Dreck weil es gerade stört. Weil es in einer neuen Form irgendwo auftaucht, wo man es einfach nicht so gern hat.

Und deshalb bin ich auch gerade der letzte Dreck

Ich bin 125 Sandkörner und ungezählt viele Tränen.

Seelenschlamm sozusagen.

Und wenn wir uns wohin begeben wo wir nicht genehm sind, dann kann man uns einfach auch Dreck nennen.

Wenn ich vor dir stehe und schon überall war- und überall einfach nur ungenehm bin.

Wer bin ich dann- wenn nicht

der letzte Dreck?

 

Die Wertigkeit kommt ganz allein von dir!

hidden track- hidden message- hidden thoughts

Phu!
Ich habs geschafft! Ich hab mir diesen viel besprochenen Song der Herren Naidoo und Savas angehört.

Ich sags schonmal vorweg: zu Gewalt fühle ich mich nicht aufgerufen!
Eigentlich hab ich nur den Eindruck mit dem Song vor eine Art von hilflos um sich schlagender Wut, Ohnmacht, Hilflosigkeit und… ja  unendlicher Trauer gestellt zu werden.
Was im weiteren Schritt auf mich auch ein Stück wie Gewalt wirkt.
Sagt es doch: “Hier! Guck! Aushalten! Zieh dir das rein! Wie schlimm das is und wie schlimm ich das find! Mir egal was du denkst. Mir egal, ob ich deine Grenzen damit niederwalz`-  ich will, dass du das jetzt checkst! BadaBÄÄÄM!”

Dass ich persönlich nen Klatsch weg habe, was diesen Punkt der Betroffenheit Aussenstehender über sexuelle Misshandlung, Ausbeutung und den Themenkreis der (pädo)kriminellen Machenschaften, die sich hinter dem Begriff des (satanisch/ okkulten/ sexualmagisch/ oder auch allgemein “kult-mäßig” aufgezogenen) rituellen Missbrauchs versteckt,  angeht, weiß ich und die meisten meiner Leser hier, werden das für sich auch schon gemerkt haben.
Ich kann mit solchen Gefühlen einfach wirklich nicht umgehen und suche entsprechend immer den sachlichen Weg der Auseinandersetzung mit dem Thema.
Gut, das ist mein Weg. Andere Betroffene (von (sexueller) Misshandlung), so wie Herr Naidoo, finden ihr Ventil offensichtlich in viel karikativer Tätigkeit, ihrer Musik und vielleicht eben auch in dieser Art Gegengewalt.

Ich bin ein Freund davon, wenn sich Personen des öffentlichen Lebens einsetzen und sich als Sprachrohr für viele Menschen anbieten. Das ist wirklich eine großartige Sache! Gerade beim Thema der sexuellen Misshandlung bzw der sexualisierten Gewalt spielen Scham und die große schlimme Sprachlosigkeit eine entscheidende Rolle.
Wie schön, wenn jemand seine Stimme und seine Kommunikationsfähigkeit für andere hergibt! Was für ein riesen Ding! Was für eine Hoffnung so etwas produzieren kann!

Wenn man sich offen hinstellt und spricht!

Eine Frage die sich mir stellt bei diesem “hidden Track”: Wieso wurde er versteckt? Es ging doch darum auf etwas aufmerksam zu machen- warum also eine dunkle Ecke auf der CD?
Wieso so ein Gleichnis?
Es (das große unbenannte ES) passiert in einer Nische- mitten drin- doch unentdeckt, wenn nicht durch Zufall oder Hören-sagen jemand davon erfährt.
Es sollte doch etwas verändert werden- Aufmerksamkeit auf etwas gelenkt werden! Wenn dem so ist, dann erwarte ich so einen Song mitten in der Playlist!

Es ging darum auf rituellen Missbrauch aufmerksam zu machen. Aha. Das Wort taucht gar nicht auf in dem Song. Warum nicht? Steht eine Definition im Booklet? Neben den Anlaufstellen für die Opfer die durch Song angetriggert werden und in die Dekompensation rutschen?

Das Thema des rituellen Missbrauchs ist wirklich ein Schweres und Komplexes!
Es ist zu groß für einen Song!
Und mir stellt sich ernsthaft die Frage, ob wir es hier mit einer Affektabfuhr (die sicherlich irgendwo gerechtfertigt und wichtig für die Küntler sein wird!)  zu tun haben oder, ob es um die ernsthafte Auseinandersetzung mit Gewalt, die täglich passiert und die nachwievor nur allzugern in den Bereich der (Opfer-)Fantasie geschubst wird, geht.

Die Art wie der Text von Perspektive zu Perspektive hopst, erinnert mich an unsere ersten Versuche erlebte Gewaltsituationen aufzuschreiben: Mal von aussen und direktiv an jemanden (aussen) gerichtet, mal von aussen und frei von Emotion, mal von oben drauf, mal ganz heraus und geistig weiter spinnend und mal auch mitten im Schmerz/ der Wut/ der Verachtung welche weder Ende noch Anfang im Aussen hat.
Für mich ist das normal- so setzt sich nicht nur mein Erinnern an erlebte Gewalt zusammen, sondern auch mein Alltagsempfinden- das ist nun einmal DIS. Entsprechend kann ich mir dieses Gestückel und Gespringe recht gut einordnen. Doch wenn ich mir ansehe wie Aussenstehende auf sowas- schon aus meinem ganz normalen Alltagskampf heraus, reagieren, nämlich: mit kompletten Unverständnis, Ratlosigkeit und Ungläubigkeit…ja.. hm was wundert mich dann eigentlich noch der Wirbel um den Song?

Es war ein mutiger Versuch!
Es ist eine große Sache, auch wenn die Massenmedien “das Ganze” schon wieder unter den von der Gesellschaft (mit)hochgehaltenen Teppich kehren wollen.
Mir zeigt es: das Thema/ die Sache/ “das große böse ES” erreicht manche Menschen und diese Menschen haben Gefühle dazu. Und diese Gefühle haben sie tranportiert.
Sie meinten es gut und wollten, dass viele andere Menschen Anteil nehmen- entweder an dem worüber sie “singen” oder an dem was der Inhalt mit den Künstlern macht.

Einzig die Art ist es, die mir aufstößt und mich fragen lässt, ob es nicht unterm Strich sogar sie sein wird, die uns Betroffenen dieser Form von Gewalt, nicht vielleicht doch sogar eher schadet.

Auf der Internetseite von Xavier Naidoo ist eine kleine “Stellungnahme” zu dem Song zu lesen. Wie so oft in dem Zusammenhang mit rituellem Missbrauch, mit einem Hinweis auf den Film “Höllenleben”. Auch diesen Film halte ich für ein Transportmittel von Wut und Trauer- nicht für ein aufklärendes, verständnisförderndes “Werk”. Jetzt wird sich der Film wieder zig mal angeguckt, ohne die Frau, um die es darin geht, daneben, um direkt Fragen und Eindrücke loszuwerden. Erklärt zu bekommen. Das Bild zu vervollständigen. Schon wieder!
Schade!

Schade um die Chance!
Schade darum, dass die Scherben wieder jene zusammenkehren, die eigentlich nicht die Kapazitäten dafür haben, neben ihrem Elend durch Betroffenheit auch noch um Glaubwürdigkeit und Verständnis zu kämpfen!

Bambi, Dumbo, Simba… oder: die Halbwaisen aus dem Disneyland

Schon interessant was für ein Händchen Walt Disney für die Vermarktung von Kinderelend zu haben schien.

Ob fast gänzlich sprachlos wie Bambi, körperbehindert wie Dumbo oder Zeuge des Vatertodes wie Simba. Sie sind kleine Jungs, haben alle einen Namen wie ihn auch Kekse haben könnten und sie alle leben ein Leben nach dem Trauma. Schauen wir uns das doch mal kurz an…

Bambi- der süße kleine, von allen geliebte Bambi, erfährt nie was mit seiner Mutter passiert.
Die Information “Die Jäger (die nie genauer benannt werden) haben sie”, vom sehr weisen und hochehrwürigem Platzhirsch, der sich durch den lapidaren Halbsatz “Du musst nun lernen auf dich allein aufzupassen, mein Sohn”, als der bis dato durchgängig abwesende Vater zu erkennen gibt, muss dem armen Bambi reichen. Welcher sich auch im Alter von ca. einem halben Jahr nachwievor unbeholfen bewegt und dessen Po immer wieder im Zentrum des Bildes steht, wenn gezeigt wird, wie er sich (immer sprachlos!) aufrappelt auf seine spindeldürren Beinchen. (Hallo?!)
Und als die Jäger wieder in den Wald einfallen, kann er seiner inzwischen erwachten Männlichkeit direkt mal Ausdruck verleihen und seine holde Feline vor den bösen Hunden retten, um danach angeschossen und verletzt den lodernden Flammen des großen Waldbrandes zu entkommen, einfach in dem er ”sich zusammennimmt”, wie ihm sein Vater sagt.
Ob Bambi gegenüber irgendjemandem je den Verlust seiner Mutter artikulieren können wird, oder die Panik, den Schmerz, die Todesangst, die er beim großen Feuer erlebte? Darf sich ein Herrscher eingestehen, dass sein Vater ein hartherziger, wenn auch aufrechter Ansprechpartner war?
Vermutlich nicht, denn mit der Geburt seiner eigenen Kinder (Bambi ist durch seinen Heldenmut auch gleichzeitig hochpotent: es gibt gleich Zwillinge!) nimmt Bambi den gleichen Platz wie sein eigener Vater früher ein: Weit weg, hoch über Frau und Kindern…und wieder: sprachlos.

Simba erlebt einen sehr sehr SEHR ähnlichen Lebenslauf. Doch hier glänzt eher die Frau Mama durch Abwesenheit. Papa ist super klasse mega toll! So toll und gottgleich, dass Simba unter dem Schock und der eingeredeten Schuld an dessen gewaltsamen Tod, gleich mal die Flucht in die Selbstverleugnung und den Suizid antritt. Zum Glück trifft er auf zwei Halbirre, die ihm mit ihrer Lebenfreude durch die Krise und die Pubertät helfen. (Auch ein interessantes Detail der Disneywelt: die Pubertät passiert immer unbenannt und im Schnelldurchlauf)
Simba erkämpft sich seine Frau, sein Land und seine Herrscherwürde ebenfalls mit heroischer Kampfeskraft, um wie sein Vater, später das Land zu regieren- schön vom Königsfelsen aus… hoch über gleich allen Bewohnern seines Landes und ohne je zu kommunizieren was er hat beobachten und emotional verkraften müssen.
Hakuna Matata! Es lebe die Verdrängung! Nunja, wenn man den ganzen Tag fressen, herrschen und niedlichen Nachwuchs für den zweiten Teil des Films machen muss, hat man auch nicht viel Muße sich mit dem auseinanderzusetzen, was einem zu dem gemacht hat, was man ist. Witzig- obwohl ihm doch sogar das himmliche Abbild seines Vater noch groß und breit zuruft: „Erinnere dich!“- aber gut vielleicht ist die Schleife dazu zu groß für so ein Löwengehirn…?

Dumbo hats leichter- Dumbo wird nämlich gar nicht erst geboren! Dumbo kommt nämlich vom Klapperstorch! Grandiose Lösung um ihm zu verschweigen, von wem er die Ohren geerbt hat, wegen derer er Ausgrenzung und Zurschaustellung ausgesetzt wird. Auch ist es eine schöne Ablenkung vor Zukunftsängsten und Perspektivmangel. Kann der gute Dumbo doch so schön fliegen und winken ihm doch alle zu, wenn er seine Kreise in der Manege zieht- so lange sein Körper noch klein genug für die Ohrensegel ist.
Seine Ausbeutung führt zu einem Privatkäfig für die Frau Mama Hurra!
Aber Elefanten werden bis zu 50 und mehr Jahren alt… Dumbo wurde 1941 geboren (okay und damit wissen wir auch, warum die Menschen, die das Zirkuszelt aufbauen dunkle Haut und keine Gesichter haben…).  Das heißt er könnte heute noch leben.
Womit würde er heute seine Brötchen verdienen? Vielleicht könnte er durch die Lande tingeln und sich für artgerechte Haltung in Zoos und Zirkussen ein setzen… er könnte eine Gallionsfigur gegen Rassismus und Ausgrenzung sein…
Aber Dumbo hat gelernt, dass der sich nur andere Aussenseiter zu suchen braucht, um glücklich zu sein. Man wird gedemütigt und ausgegrenzt- kann aber bei einem gemeinsamen ordentlichen Schluck Champagner von rosa Elefanten träumen…
Viva la Alkoholismus. Alkohol(ismus) ist keine Lösung- sondern ein Destillat (also das Ergebnis eines doch recht vielschichtigen Prozesses!).
Dumbo wird keine 50 Jahre alt geworden sein.

So kanns gehen.
Auch in der realen Welt.

Wer nicht sprechen darf oder kann oder soll, wenn er das möchte, hat nie die Chance das Erlebte in eine fassbare Form zu bringen. Das Schlimme bleibt immer UNfassbar (grausam, furchtbar, bedrohlich).

Wer immer wieder verdrängt oder zur Verdrängung gezwungen ist, hat nie die Chance sich auch als das verletzliche Wesen zeigen zu können, das man auch ist. Obwohl man ein Herrscher ist.

Wer sich nicht befreit aus Lebensumständen, welche demütigen und ausnutzen, der hat keine Chance eine Selbstdefinition zu entwickeln, die mehr umfasst als eine einzige Funktion.

Hat sich schonmal jemand gefragt, warum wir uns “Bambi”, “der König der Löwen” oder auch “Dumbo” anschauen und diese Wahrheiten oder diese Perspektive auf das Gesehene einfach mal ausblenden?

Irgendwie ist es doch so, dass uns durch diese Filme (neben vielen anderen Dingen) vorallem gesagt wird, dass es ein „danach“ gibt. Aber warum wird bis heute, wo klar ist, dass jede 2te Frau und jeder 7te Mann Gewalterfahrungen oder schwere Lebensereignisse zu ertragen hatte noch bevor er 25 Jahre alt war (also genau in der Zielgruppe von Disney!), nicht auch auf die Wichtigkeit der genannten Punkte abgezielt?

Von Freiheit und Kategorie

“… der freiste Vogel unterm Himmel ist nicht der glücklichste.”

Als ich diesen Satz schrieb eröffnete ich mich meiner damaligen Therapeutin auf einer Ebene die sie gar nicht erfasste. Schade- war dies doch der treffenste Satz um die eitrige Wunde, welche auf mir klebt, zu beschreiben.

Wer frei ist, ist einsam. Denn: der freiste Vogel unterm Himmel, teilt sich nicht das Nest mit anderen. Das tun nur die glücklichen Vögel.
Unser Mut sich in Freiheit zu begeben hatte nichts mit dem Streben nach Glück zu tun.
Es ging nur darum los- gelöst- abgegrenzt und von einer bestimmten Kategorie be-frei-t zu sein.
Sich zu befreien von der Gewalt, von der Angst je wieder Gewalt an uns ertragen und leben zu müssen und von der Verpflichtung eine Rolle zu tragen.

Nun sind wir frei und stoßen an die Bedürftigkeit von Kategorie, sozialer Identität, und ganz basaler evolotionär bewährter Sozialität und stellen fest, dass es alles das nur gibt, in dem man sich unfrei macht. Wenn man sich verpflichtet, ängstigt und an den einen oder anderen tragfähigen Balken bindet.

Ich mag Kategorien. Sie beruhigen mich, gestehen mir einen Platz zu. Sie erlauben mir irgendwo zu sein. Sie erteilen Berechtigungen ganz und gar ungebeten und an sich, rein sachlich von der Definition ausgehend, wertbefreit.
Schwierig sind halt immer “die Anderen”. Wo mich meine Kategorie sitzen lässt, kann niemand anderes mehr sitzen- was mich beschreibt, beschreibt nur mich- was mich definiert, kann für niemand anderen mehr gelten. Es sei denn meine Kategorie wird erweitert und umfasst die Gemeinsamkeiten auch noch mit anderen.
So könnten alle glücklich sein.
Doch wir Menschen sind nunmal auch Wesen mit ewiger Januskopf-Seele:
Individualisten die auch Separatisten die auch soziale Wesen sind

Als individuell kann sich nur bezeichnen, wer genau weiß, dass er allein so ist, wie er ist. Wie findet er das heraus? Indem er zu anderen geht und guckt: “Bin ich so wie du? Bin ich du? Bist du ich? Wo fange ich an und wo hörst du auf?” Diese Auseinandersetzung- dieser Drang zum Separatismus (von anderen Menschen) ist hoch menschlich und sehr vielseitig.
Der eine lehnt Kategorien für sich ab, weil er sich schnell eingesperrt oder von seiner Gesamtheit abgeschnitten fühlt (oder eine eigene noch nicht geschaffen hat?); der Nächste, braucht sie ganz dringend, weil er so haltlos und gänzlich ohne Anfang und ohne Ende ist; weil er noch gar keine richtige Gelegenheit hatte, zu anderen Menschen hinzugehen und sich zu separieren mit allem, was in ihm ist.

Ich-Du-Ich-Du Wer bist du da in mir drin? Bist du ich? Nein du bist nur ein Teil von mir- du bist nicht ich- Ich bin du? Nein- ich bin ich bin ich bin wir alle bin ich? Mein Ich aus vielen Du´s…
Wir sind bereits separiert. Wir sind so sehr separiert voneinander und gerade durch unsere jeweilige Individualität, dass uns selbige als Gesamtpersönlichkeit verschlossen bleibt.
Wir müssen sie erst erkunden, werden noch auf vielen Ebenen immer wieder gucken müssen:
Wer bist du und wer bin ich? Wo fängst du an und wo ich?

Doch
was definiert noch gleich den freisten Vogel unterm Himmel?

 

Willkommen in der Realität nach dem Ausstieg!