und dann…

BesuchLichterausschnittund dann öffnet sie die Tür und die Dezemberkälte rieselt von ihren Kleidern auf die Schmutzfangmatte.
Die Stimme vom anderen Ende, der Körper aus dem Früher
es ist… sie ist tot
und blutet aus den Augen im Warten auf das Ende.
Sie schaut sie an und fragt: “Darf ich reinkommen?”. Bohrt eine Lanze in ihren Bauch.
Sie nickt, lächelt, weitet das Loch, reißt an sich herum.
Der Hund, die Begrüßung, das Geraschel, das Trippeln, die letzten 6 Monate fallen im Flur übereinander her und an ihr vorbei.

“Sie wartet darauf, dass sie ihre Geliebte hervorwürgt, wie ein sorgfältig angedautes Gewölle”, denkt sie und wartet darauf, verscheucht zu werden. “So ist es immer wenn Menschen wissen, dass man viele ist. Eine zwei drei werden geschätzt gemocht geliebt, ein paar mehr bemitleidet und getragen, der Rest aus konstruierter Ferne beäugt und für das Dunkle gehalten”, weiß sie und schraubt das Lächeln aus dem Gesicht.

Sie hängt die fremde Jacke auf und verfolgt diesen Körper mit den Augen in die Küche.
Betrachtet den Blick auf sich und in das Loch hinein.
“Ich hab Lebkuchen.”, schrillt es daraus hervor.
Der Körper lächelt und nickt. Lässt die Stimme an ihren Haaren zündeln.

Ein Gedanke scheppert auf den Boden und lässt es in der Küche regnen.
“Du bist da.”.
“Ich bin da.” sagt sie und schneidet Seelenfleisch in Streifen bevor es ertrinken kann.

Unaushaltbar ist es, wenn sie jemand mag.
Wenn sie jemand mag, dann tickt im Hintergrund eine Uhr. Nicht lange dauert es, bis DER Fehler passiert. DAS Moment da ist. DER Augenblick, in dem sie alles verderben und alles Ticken ein Ende hat.

So halten sie inne und warten, lauschen auf das Ticken und lassen alles ohne sie passieren.
Am Rand spulen kleine Radikale ihre Kreisel in die Luft und spülen ab und zu einen Brocken aus dem großen Lauf der Dinge an sie heran. Sie nehmen keinen Anteil, sie berühren nichts und niemanden. Sie warten bis sie vergessen, dass sie warten und verschmelzen zum Nichts. Nichts ist nie falsch. Nie greifbar. Nie schuldig. Nie mehr Etwas als nichts und niemand selbst.

Sie sind das Loch. Wo sie enden, beginnt das Schweigen.

Und dann ist sie da.
Dann ist sie einfach da und alles wird zu allem.

Und das Ticken auf den Moment zu, wird zu dem Moment selbst.
“Ich möchte das verstehen.”, sagt sie und legt die Hände um die Teetasse.

Vor ihren Augen wird sie die Gemögte, die mit ihren Worten Sprache in das weiße Leer des Innen kleckst.
Einfach so.

Weil es um ein Verstehen geht und darum etwas zu tragen, das un.aus.haltbar ist. 

 

und dann sagte ich zu ihr…

ein weiterer Faden

Ich habe heute morgen gemerkt, dass ich gerade das 16-17-fast 18 jährige in mir betrauere und bemitleide. Nicht, weil es so lange in einer Klinik sein musste, sondern weshalb es dort sein musste.

Als ich meinen Artikel über die Wahl zum Suizid geschrieben habe, gab es einen Kommentar,  den ich nicht freischaltete, weil er mich angebrüllt hatte. Da ging es darum, was man denn meiner Ansicht nach machen sollte, wenn sich jemand suizidieren will und man damit konfrontiert ist (die von mir aufgeführten Vorschläge zählten offenbar nicht als Idee)
Heute würde ich antworten, dass man Menschen auch Gründe und Perspektiven für ein Leben geben
und dafür sorgen muss, dass sie diese Perspektiven auch verfolgen können, wenn man von ihnen zu leben verlangt. Ansonsten ist der Anspruch an suizidale Menschen, gefälligst am Leben zu bleiben, nichts weiter als ein reaktionärer, egoistischer Kackscheißanspruchhaufen, der nichts mit dem suizidalen Menschen zu tun hat.

Als ich Ende 2002 in diese Kinder- und Jugendpsychiatrie kam, hatte ich keinen Sinn frei für solche Dinge und auch das hatte Gründe, die ich bis heute gut nachvollziehen kann. Selbst heute habe ich in ähnlichgleichen Lagen noch immer eher Suizidgedanken, -pläne, -ideen , als die Selbst-Sicherheit und die Möglichkeit mich allein zum Weiterleben zu befähigen.
Dass Leben so wahnsinnig viel mit Befähigungen zu tun hat, die weit mehr als kognitive oder körperliche oder auch soziale Fähigkeiten, die man auf irgendeine Weise erlernen kann, meint, habe ich durch diese Reise und die Gespräche mit der Kliniktherapeutin und auch der Klinikschulenlehrerin aus der Zeit, einmal mehr verstanden.

Zu der Zeit _konnte_ ich nur noch nicht leben wollen.
Mir sind einige Situationen gefallen, in denen ich mich heute “reaktives Hörnchen” nenne. Oder “flattrig zittriges Espenblatt”.
Ich hatte ja keine Ahnung von Traumafolgen, von Stressphysiologie und der Mechanik des Grauens.
Wenn man 16 ist, dann ist man genau in dem Stück Entwicklung, in dem Geister als Unfug markiert sind – der Lauf der Dinge aber, vor allem an sich selbst, so voller Zauber, Magie, ungreifbarer Wunder ist, dass das eigene Wachsen und Erkennen nicht nur auf der sozialen Ebene absorbierend sein kann.

Ich hatte keine Worte dafür, weil ich dissoziierte, was da in mir waltet. Damals habe ich von einem Tag vielleicht 5 bis 10 % bewusst aufgenommen und vielleicht 1% als Idee von dem Hauch einer Ahnung der Essenz des Lebens als Lauf der Dinge, aktiv in mir gehalten. Ich war von Angst absorbiert und bin es bis heute in gewissem Maß.
Heute kenne ich die Graustufen meiner Angst – ich habe eine Skala von Panik & Knock out bis Unruhe & Anpfiff zum Vermeidungstanz.
Die Skala damals war von […Wortlos…] bis Tavor/Fixierung/Paniksymptome.

Sogar die Medikamente kann ich jetzt mehr als Hilfe stehen lassen.
Nach dem, was ich von den jugendlich kindlichen Innens hinter mir aus dem Gestern ins Heute schwingen fühlte, müssen sie sich oft als eine Insel dargestellt haben, was mir wiederum die Benzodiazepinabhängigkeit als junge Erwachsene noch besser erklärt.
Wenn es nichts und niemanden auf der Welt gibt, außer eine chemische Reaktion, die zum Atmen und Wahrnehmen befähigt, wie es “alle” verlangen – tja, dann eben chemische Reaktion und das Gefühl “alle” zu belügen in Sachen “sich keinen Schaden zufügen”.

“Die Umstände, in denen ich leben musste, waren oft lebensfeindlich.”
Das ist mir als Gedanke auch gekommen und erklärt mir die Selbst-Bilder einer Assel, einer Kakerlake, eines grüngesichtigen Mutanten unter einzelnen jugendlichen Innens. Auch da wieder: eigentlich wussten und wissen sie: “Ich bin ein Mensch” –  sie wussten und wissen aber auch: “Was ich damals zu leben – zu überleben gezwungen wurde, hatte nichts menschenwürdiges, nichts menschliches – erfordert aber bis heute zum Teil noch Fähigkeiten, die nicht mit Menschlichkeit benannt werden”.
Es bestärkt mich noch einmal mehr darin meine Armut auch Armut zu nennen. Diese Lebensumstände, in denen es eben doch noch existenzielle Angst und globales Ausgeliefertsein ganz real greifbar immer wieder gibt, nicht zu relativieren, weil irgendjemand anderes eine andere Sicht darauf hat. Es bestärkt mich in meiner eigenen Einschätzung über mein Leiden und auch Leben. Wenn ich es als furchtbar wahrnehme, dann ist es furchtbar. Wenn ich das Gefühl habe, es ist unaushaltbar, dann halte ich es nicht aus.

Ich erinnerte mich daran, wie es nach der Entlassung aus der Klinik dort war und ich umgeben von Menschen, die Forderungen an mich stellten, denen ich nicht gerecht werden _konnte_. Wie das war, als es plötzlich hieß, ich würde hysterische Rollenspiele abziehen, um betüddelt zu werden. Als “alle Welt” (und ja, so eine Welt kann auch nur eine kleine Kreisklapsenstation umfassen, wenn sich sonst niemand mehr nach einem erkundigt und die Welt hinter dem Klinikzaun endet) dachte, ich würde es nie raus schaffen. Als “alle” davon ausgingen, ich würde nie 19 Jahre alt werden.
Ich hatte mich in zurück in das reaktive Hörnchen verwandelt, das die Zeit vor dem langen Klinikaufenthalt so gut überstanden hatte.

Klar, brauchte es Jahre zu glauben, dass ich mich auch als Mensch wahrnehmen darf. Klar, habe ich mich an Menschen gehängt, die mir ihre Selbstzerstörung als selbstverständlich heldinnenhaft vorlebten und bis heute anderen hilflosen, verzweifelten Menschen vorleben. Klar, habe ich jahrelang versucht in Arbeit, Leben und Leben lassen zu kommen, wie es die Gesellschaft ™ verlangt.
Obwohl diese mein Fehlen nicht merken würde, wie sie das Fehlen aller, die ohne Stimme sind, nicht bemerkt.
Selbstverständlich verzweifle ich regelmäßig daran, dass Forderungen an mich gestellt werden, die eine Veränderung an oder in mir meinen und negieren, dass ich auch in Reaktion auf Dinge, die um mich herum verändert werden müssten, lebe.
War doch die Erkenntnis auf etwas zu reagieren so ein wichtiger Schritt zu verstehen, was mit mir passiert.

Das ist die Wahl, die die Menschen treffen, die mit mir zu tun haben.
Entweder erkennen sie die Mechanik des Grauens in mir an und sehen meine Reaktionen [das Symptomcluster das letztlich dann DIS heißt] oder bleiben bei einer Sicht auf mich, die einzig das Außen umfasst und implizieren einen Plan, einen Willen, eine Absicht.
Manche Menschen sind vielleicht auch mutig und trauen mir je nach Situation beides zu. Lassen beides in meinem Leben und meiner Er-Lebensrealität einen Platz haben und erkennen an, dass uns nicht sehr viel unterscheidet.

Ich bin traurig darüber, dass ich, die heute jungen Innens, damals so wahnsinnig viel Angst hatten und haben mussten, obwohl wir uns in relativer Sicherheit befunden haben.
Ich bin traurig darüber, dass ich eine Bewertungsdynamik von außen erst jetzt in mir merke. Nämlich, dass ich selbst so oft zwischen HelferInnen*seite und Seite derer, die Hilfe brauchen oder erbitten, trenne und auch werte.

So drücke ich auch deshalb den Wert meiner Arbeiten und verlange weder aktiv Honorare noch bestehe ich auf angemessene Beiträge zur Unterstützung, weil ich ja nur veröffentliche, was in meinem stinkenden Höllenloch des “Inmitten von mir” gereift ist und raus muss. Ich habe ja nichts gelernt, bin ja nur aus Versehen überhaupt noch da.

Zum ersten Mal bin ich auch traurig darüber, dass ich mich selbst noch immer so sehr hasse, widerlich finde und bis heute über Platz im Herzen anderer Menschen wundere, weil ich etwas anderes noch immer nicht _kann_ – obwohl ich inzwischen auch keine Gesten, die etwas mit Wertschätzung meiner Arbeit oder auch meiner Person zu tun haben, ablehne, weil ich sie zu (er)tragen gelernt habe.

Ich bin traurig, dass ich erst jetzt auch merke: mein Selbsthass war nie die Entscheidung, die mir unterstellt wurde mit jedem: “Du musst dich einfach mal toll finden- geh doch mal raus- der erste Freund macht das alles gut- du musst dich mal zurecht machen, dann siehst du wie schön du bist – du musst nur mal glauben, was andere Positives über dich sagen”.
Mein Selbsthass ist genauso sehr auch Reaktion auf den Hass, der in mich eingebracht wurde, wie eingeschliffenes Muster der Selbstbetrachtung.

Es ist traurig und bitter, Hass als Motiv neben Erklärungen wie “hat eben auf etwas Falsches von mir reagiert” , “ich bin eben…”, “ich hätte halt…”, “er/sie/* ist ein kranker Mensch, deshalb….”, “er/sie/* wusste es nicht besser…”, “er/sie/* hatte ja auch keine andere Wahl…”, “er/sie/* ist SadistIn* und deshalb…” und so viele mehr, die wie ein Karussell in mir herumkreiseln, zu stellen.

„Es ist okay zu trauern“, denke ich.
Und starre mich gleichzeitig fassungslos an.

„… dass ich sowas _kann_ …“

slice of “Psychiatrie und Anderssein”

Abgeplatzt2Vorhin träumte ich von “Nur für drei Tage”, “Wo dir geholfen wird”… von der Lüge, dem Verrat, dem Abschuss, der Konsequenz.
Dem Fallen in eine Welt ohne Mitsprache und ohne Relevanz.

Damals habe ich das Gesicht des Anderen erst erfasst, als sich die Welten des Drinnen und des Draußen vermischten.
Wenn wir, die wir drinnen waren, nach draußen gingen, um am Rest der Welt zu lecken.

Kegeln damals. Klassiker.
Bezeichnend.
Statt sich für einen Ausflug mit Luft und Weite zu entscheiden, entschied sich die Gruppe immer wieder für Hallen. Geschlossene Räume, die immer künstlich und auf das Wesentliche ausgeleuchtet waren: Kino und Kegeln.

Wir waren Teenager zwischen 12 und 17 Jahren und wussten trotzdem, dass wir nicht mehr nur innerhalb unserer kleinen Welt, die sich aus pubertärem Sein zusammenstückelte und von Tag zu Tag beklemmender wuchs, sondern auch im Außen ein Merkmal an uns haften hatten, das uns zu “denen” machte.
Hatten wir uns selbst etikettiert?
Habe ich mich selbst in eine Rolle begeben, um mich noch weiter von Menschen, die nicht erfassen, nicht begreifen, nicht einmal aufnehmen wollen, zu entfernen?

Erst vor ein paar Tagen ging es in einem Kontakt um die eigene Intelligenz und darum, dass diese sehr viel öfter Probleme im Zwischenmenschlichen verursacht, als ich es selbst erwähne oder sonst wie sichtbar mache.
Ich weiß, dass ich oft nicht verstanden wurde und nicht nur einmal aus Unsicherheit eingewiesen wurde.
Ich weiß, dass meine Dummheit in der Regel Ehrlichkeit und Werttreue ist. Immer wieder der Versuch Dinge, die von Dauer sind, erschaffen und leben zu wollen.

Jede Einweisung, jeder Umzug, jede neue Gruppe- ich kam um zu bleiben.

Wenn ich von Heim- oder Klinikzeit träume, dann dreht es sich am Ende immer um den Moment, in dem ich spüre, wie es durch mich hindurch und aus mir heraus rast.
Dieses ES mit hellen Blitzen im Kiefer, steinharten Muskeln und Sehnen, die sich wie Schlangen unter der Haut entlang bewegen.
Es geht um den Moment in dem dieses ES gepackt und auf den Boden geworfen und gestaucht wird. Knie durch die Oberschenkel gebohrt bekommt, die Schulterkugeln knirschen spürt.
Einen Namen hört, den es zu fressen gilt.

Es geht nie um das Danach mit blauen Flecken, den Blicken derer, die definierten, was war. Die sich selbst mir gegenüber nie entschuldigen mussten.
Obwohl sie mich verletzt haben, weil sie ES nicht verstanden.
Dieses Danach ist, wenn ich aufwache und in mein Heute zurückrutsche.

In meine dunkle Halle.
Wenn ich dann wie jetzt, am Fenster sitzen muss, um den Himmel durch meine Augen in mein Innen hineinzusaugen. Den Schmerz der Anspannung veratme und die Gefühle von Auslieferung und Ohnmacht säckchenweise verpacke.
Das Danach in dem die Jugendliche mit dem Riss in der Hose und den blauen Flecken vor mir steht und mich fragt, ob sie so gefährlich ist, dass sie besser sterben sollte.
Das Danach in dem die Jugendliche mit der gebrochenen Nase ihr Blut in meinen Mund tropfen lässt und flüstert: “Sie sind dumm. Alle sind sie so dumm.”.

Als es zum ersten Mal durchbrach und ich auf die Station zurück kam, legte mir eine Mitpatientin die Hand auf den Arm. Das war die einzige nicht hohle Geste bezüglich dessen. Die Schwestern redeten von Ursache und Wirkung, Recht und Ordnung. Irgendwas mit krank und selbst schuld, kam von der Psychologin.
Berührt hat mich aber die Hand einer, die mit mir im Anderssein verbunden war.

Ich erinnere, dass ich versucht habe mich einzupassen. Irgendwie einen Platz im Zwischenstück von Drinnen und Draußen zu finden.
Das geht in allen Einrichtungen nur über das Personal. Sie kommen um zu arbeiten. Sich ab- und alle Makel an den InsassInnen wegzuarbeiten.
Kontakt suchen, sich wie ein Seelenfresser an sie heranschleichen, klammern, Bekundungen des Gernhabens absondern, Humor kopieren, Werte spiegeln, Weltbilder bestätigen, sich erniedrigen, um bei ihnen ein Wohlgefühl zu vermitteln.

Bis man merkt, dass es nicht sie sind, die einen rauslassen. Dass nicht sie das System sind.

Es gab Experimente, an denen wir PatientInnen teilnehmen DURFTEN.
Vorlesungen, in denen wir PatientInnen uns zur Schau stellen DURFTEN.
Es hat sich niemand bemüht uns Jugendlichen etwas über Ethik zu erzählen. Über die Art der Moral, die Medizin auch verfolgen könnte.

Ich habe nie erfahren, worum es in dem Experiment, in dem ich kleine E-Schocks bekam, während ein EEG gezeichnet wurde, ging.
Genauso wenig, worum es in der Vorlesung ging, in der ich zu meinem Verhältnis zu meiner Familie und mir selbst befragt wurde.

Ich weiß aber noch, wie wichtig es mir war, das zu dürfen.
Vielleicht, weil es mich ganz kurz anders als die anderen im gemeinsamen kleinen Andersuniversum gemacht hat. Einfach nur durch die Tatsache an einem Punkt des schier statisch Monotonen etwas Besonderes zu erzählen zu haben.

Hier in diesem Blog gibt es viele Artikel, in denen ich versuche mich dem, was mir das System Psychiatrie angetan hat, anzunähern und zu verstehen.
Vielleicht versuche ich irgendwie auch noch immer zu verarbeiten und zu sortieren.
Was ich aber merke ist, dass ich es nicht mehr aus einem gleichsam wie damals ausgestanzten Anderssein heraus tue.

Ich bin keine Psychiatriepatientin mehr und auch keine Jugendliche.

Aber das ES ist noch immer da.
Die Möglichkeit von jetzt auf gleich wieder zur Insassin zu werden, besteht immer und jederzeit- egal wie sehr und mit welchen Bandagen ich mich zu wehren in der Lage sehe.

Ich denke heute nicht mehr, dass ein so behäbig nihilistisches System wie das der Psychiatrie nur verstehen muss.
Dass ich nur gut genug erklären muss.
Dass ich nur so schlicht wie möglich- geistig so reduziert wie nur irgendmöglich beanspruchen muss, um wieder freigelassen zu werden.

Ich denke heute, dass ich einfach nur nicht mehr in dunkle Hallen gehen sollte, wenn es darum geht mich zu äußern und mir ein Stück Leben in den Mund zu schieben.
Mich und vielleicht auch ES sichtbar zu machen.

Es geht darum zu zeigen, dass das System Psychiatrie beansprucht längst verstanden zu haben, während es zeitgleich einen unverstanden Menschen nach dem anderen in sich verwahrt und an irgendeiner Stelle gebrochen- wenn nicht zerstört- wieder zurück wirft.
In eine Gesellschaft, die dumm ist und erklärt haben will.

Aber keine Verantwortung tragen möchte.
Vor allem nicht für jene unter ihnen, die zurück sind und davon träumen, wie sie auf den Boden geworfen werden, um gestochen zu werden, um fixiert zu werden.