Es ist nicht
Worte
Gedanken
Gefühle
Es ist
von dort
Dem Da ohne
Worte
Gedanken
Gefühle
glaube ich
ich weiß nicht
aus dem Er_Leben mit dissoziativer Identitätsstruktur auf dem Autismus-Spektrum
Es ist nicht
Worte
Gedanken
Gefühle
Es ist
von dort
Dem Da ohne
Worte
Gedanken
Gefühle
glaube ich
ich weiß nicht
eines Tages
wenn wir in Athen angekommen sind
werden wir unseren Rucksack öffnen
Und sie werden mit uns sprechen
uns ihre Wahrheiten
ihre Weisheiten sagen
Es begann damit, dass die Therapeutin ihren Satz sagte. “Vielleicht ist es eigentlich kein Satz, sondern ein Sinnsubstitut. Ein Platzhalter, der hervorgeholt wird, weil er eigentlich eine Krücke über eine Eselsbrücke ist”, dachte ich.
Immer wieder diese Frage danach, wer die Verantwortung trägt.
Obwohl doch eine/r der VerantwortungsträgerInnen vor ihr saß.
Ich weiß, dass es bei den Bildern um Sichtbarkeit/ Klarheit geht. Vielleicht auch und immer mehr, seit die Themen konkreter werden, manche Dynamiken und auch Innens schärfer konturiert in klareren- logischen Kontexten wahrzunehmen sind. Die Logik der Mechanismen langsam logisch erscheint.
Ich weiß, dass es auch darum geht, zu sehen, dass es immer ein Körper ist.
Das Innen hatte sich fotografiert. Man sieht Wut und auch, wie offensiv und zeitgleich im Dunkeln zu bleiben bemüht es agiert. Es ist sichtbar.
Plötzlich erschien die Frage der Therapeutin nicht mehr kontextunabhängig, sondern nachvollziehbar. Auf den Fotos ist der Blick abgewendet, der Mund verschlossen, der Körper frei und dem Licht zugeneigt. Der Kopf ist zu, der Rest des Körpers bar jeder Verletzlichkeit.
Es gibt keinen äußeren Anhaltspunkt für das, was es für uns trägt.
Ich hatte mir einen großen Spiegel gewünscht und wollte sehen, was zu sehen ist.
Was heil geblieben ist. Was einen Wert hat. Wo keine Sollbruchreisslinien in meinen Hand-und Schulter, Hüft- und Fußgelenken sind, obwohl ich sie im Moment stetig knirschend oder grell aufreißend wahrnehme. Ich wollte sehen, wie es aussieht, wenn ich die Füße auf den Boden stelle. Ob ich meine Füße sehe.
Dann kam die Kunst als Möglichkeit Entlastung zu schaffen. Das Grafiktablet zog ein und mit ihm die Möglichkeit auch unter Schmerzen malen zu können, weil weniger Bewegung gebraucht wird.
Zwei andere Innens machten Fotos von sich. Das eine blitzt verschmitzt an der Kamera vorbei- so wie es immer an Menschen und ihren Augen, auch ihren künstlichen, vorbei blitzt. Das andere macht Quatsch. Kennt die Kamera genau, benutzt sie jeden Tag.
Und ich?
Die sich die ganze Zeit ansehen wollte; vielleicht sich sehen, in und an sich einen Wert sehen will; ein “das Leben wert sein” finden muss- Ich, die das “Sie wissen, sie wurden schwer missbraucht” mit sich in Verbindung zu bringen noch immer scheitert-
Ich schäme mich und halte dennoch gnadenlos drauf.
Ich wunderte mich, dass das Bild am Ende nicht unscharf war. Dass ich es ansehen konnte, nachdem ich wusste, dass ich mich gequält- mich verletzt hatte dafür.
Gestern Abend malte es dann jemand ab. Ich erinnere das Streichen des Stiftes, später auch der Finger über dem Tablet, so als würde ganz vorsichtig über meinen Kopf gestrichen. So als hätte ich mich berührt, obwohl nicht ich die Bewegung dazu ausführte.
Irgendwie war es ein Akt, ein Stück Nichtecht und doch real.
Als hätte das Innen, das mich malte mich gesehen. Nicht nur als das Foto, das dann doch eigentlich nur Haare zeigt, sondern ganz mich in meiner Scham, meinem Selbsthass, in all dem: “Ich will das, aber ich… ich bin so scheiße.”.
Es ist Kontakt.
eine Art Berührung, mit dem MirIchSelbstSein, mit der ich nicht gerechnet hatte.
Das da bin ich, wie ich etwas auf genau meine Art tun will und daran scheitere. Das bin ich, wie ich mich beim Scheitern, beim mich selbst hassen fotografiere, um im Nachhinein so etwas, wie ein Michzeigen und Michsehen möglich zu machen.
Ich verstehe jetzt, warum ich noch immer keinen großen Spiegel habe.
Ich dachte
heute würde so ein Tag, an dem ich sicherer sein würde
werden würde
Und dann hab ich mich verunsichert, während ich mich versicherte
und werde unsicher, weil ich warte und warte
und niemand anruft
Ich weiß nicht mehr, wie ich was wo finden
in mir finden muss
kann
darf
soll
und also warte ich
Worte, wie Spaghetti auf eine spitzscharfe Gabel zu drehen.
Mitten aus dem Gehirn heraus.
Das ist mein Jetzt.
Es ist auch, darum zu betteln, nicht nett, nicht freundlich, nicht lieb, nicht (irgendeinen) wert_schätzend zu mir zu sein. Bitte nicht
Es ist auch, sich mit jeder Minute ein zartknospend nachwachsendes Menschenkostüm vom Leib zu reißen und in den Schrank zu hängen.
Bevor jemand sieht, dass es Menschenhaut ist.
Die Medikamente verursachen Muskelstarre, Gangunsicherheit, unwillkürliches Schwanken.
Ich schlafe viel, flüchte unter meine Decken und verkante mich in meinem Käfig.
Mache die Tür zu und warte dort, wie in einem Luftschutzbunker auf das Bald, die Zukunft.
Schlafe darüber ein.
Wenn ich rausgehe, NakNak* Auslauf und Licht, Freude und Reize gewähren will, braucht es Stunden bis meine Muskeln ihre Metamorphose von Stein zu weichem Gewebe vollzogen haben.
Die Schmerzen dazu sind ein Himmelreich.
So kann ich kurz telefonieren, essen, trinken, mich waschen, mir die nächsten Tabletten erlauben.
Ich bin so froh um den Hund.
Ihr ist egal, wenn mein Denken rudimentär, meine Worte unartikuliert sind.
Wenn es Fell ist, an das sie sich schmiegen kann.
Sie brennt mir die Schneise zwischen die Welten, die Zeiten, all die Nötignotwendigkeiten in Kampf um Leben und Tod, die ich brauche.
Ich halte noch diesen Bind(ungs)faden fest, dessen Ende irgendwo in der Menschenwelt ist
obwohl ich nicht sicher bin, ob er dort irgendwo fest ist
von jemanden aus-gehalten wird
Stifte rollen über den Tisch, Farben ergießen sich auf festes Papier und zerlaufen zu Formen.
Töne und Laute schrauben sich im Hals zusammen, um von der Zunge springen gelassen zu werden.
Da passiert so viel, wenn sie miteinander telefonieren.
Es braucht das freundlich vorsichtige „Hei du“ um anzufangen; die Lautsprachenmaschine im Rachen anzuschalten, die Betriebssysteme hochzufahren und aus dem stummstillen Sein, das nicht einmal mehr mit dem Hund sprechen kann, heraus zu brechen.
Es ist eine komplizierte Sache geworden das Sprechen. Die Sprache. Die Fähigkeit etwas auszusagen.
Treffen und soziale Interaktionen, die direkten Kontakt erfordern, sind abhängig von einer gewissen Unwissenheit, einem: „Ach ich red halt drauf los.“ vom Gegenüber, um die Tür zum Sprachserver zu öffnen.
Wenn es keine Ansprache gibt, gibt es keine Worte.
Das ist eine Abhängigkeit, die sie genau spürt und von der sie bemerkt, dass die meisten Menschen überhaupt keinen Zugang zu diesem Umstand haben.
„Ich bin ja auch verrückt“, denkt sie und schmiert eine weitere Schicht Panzerplattenepitel auf ihren Rücken.
Sie kann es noch.
Worte sammeln. Sinne bündeln. Fäden spinnen, aus denen ich Texte webe.
Sie kann es noch.
„Hei du“ wie Morgentau auffangen und in den Rachen fallen lassen. Erste Satzreflexe abhusten und sich der Situation versichern.
Dann sprechen andere und die sprechen anders.
Sichtbar, fröhlich, freundlich, offen und bewusst. Nah und fürsorglich, manchmal albern oder besorgt.
Die Ansprache macht sie wach.
Sie öffnen sich wie eine Rose von Jericho und lassen ihre Kunst zur Sprache ohne Worte werden.
Sie selbst hat sich einen Orden gemacht.
Für außerordentliche Mutigkeiten.
Dazu gehört das Telefonieren genauso, wie das Nichtsterben, wenn sie die Bilder am Morgen einsammelt und in die Mappe legt.
Wortlos, denn wann sie das nächste Mal ein Mensch anspricht, damit überhaupt Wortmaterial in ihrem Kopf landen kann, ist von Tag zu Tag anders.
Das ist, das Ist.