das warten

intuitiv2 irgendwann heute morgen ist mir eingefallen, dass ich aufgehört hatte zu warten
ich glaube nicht, dass da ein gedanke war, der mir sagte, es käme niemand. so denke ich erst seit ein paar jahren.
erst seit es kommende und gehende menschen in meinem leben gibt.

aktion und reaktion waren tragend. das weiß ich noch. aber irgendwann werden sich meine reaktionen auf eigene aktionen begrenzt haben. manchmal hat das rauschen in meinem kopf sich zu einem schrillen sirrenden faserig flirrenden ton verwandelt und ihn mir fast gesprengt. also schüttelte ich den kopf und ließ den ton aus meinen ohren herausfallen. ich bin im kreis gelaufen und hab das gitterbedeckte loch im boden ausgelassen.

heute morgen dachte ich, dass das aufhören eines wartens, das erste in sich hinein- und aus der welt herausfallen ist

wenn man nicht mehr wartet, dann ist es, als trenne man eine letzte verbindung, um neue wege des ich zu gehen
man lautet um etwas zu hören, greift sich alles außer sein selbst und steckt es sich in den mund, um zu fühlen und eine reaktion zu provozieren. und sei es das hochwürgen und erbrechen der eigenen fäkalien.

wenn das ende des wartens auf den reiz menschlicher existenz, zur reizung an sich selbst wird
das ist, als würde das leben versuchen, sich selbst zu reanimieren

eine art implosion, die denkt sie sei fähig zur explosion ist das

ich hab lange gedacht, dass mich das warten zermürbt hätte. diese ohnmacht vor der verschlossenen tür, die sich nicht auf schreien, treten, verhandlung, fragen, bitten, betteln, weinen, versprechen öffnete. die nur da war und irgendwann zu einem wandstück wurde, das anders schmeckte, als die anderen.

jetzt denke ich, vielleicht war das mürbende element viel mehr, dass es nach dem ende des wartens weiterging
dass selbst das ende der existenz des “außerhalb von mir” in meinem eigenen inneren kosmos nicht das ende von mir bedeutete

ich weiß nicht wieso ich nicht ausgewichen bin auf das warten auf den tod

wieso hab ich damals aufgehört zu warten
und wieso besteht heute, wo ich licht, nahrung, wärme, sauberkeit, luft, bewegungsfreiheit und ansprache habe, der großteil meiner alleinsamkeit daraus, alle reize von mir abzutrennen und

 

zu warten

und also warten…

warten

Ich dachte
heute würde so ein Tag, an dem ich sicherer sein würde

werden würde

Und dann hab ich mich verunsichert, während ich mich versicherte

und werde unsicher, weil ich warte und warte
und niemand anruft

Ich weiß nicht mehr, wie ich was wo finden

in mir finden muss

kann

darf

soll

und also warte ich

Wort, um Wort zu sein

614604_web_R_K_B_by_Ulrich Wieber_pixelio.deAndersgleich
Menschtiermonster
Angstwutmut

Irrewirre
Einfach auf dem Weg abgestellt
Schritt für Schritt
Vorbei an Stab für Stab schleppend

Kein Gedicht verdammt nochmal

einfach nur
Hoffnung aus Trotz
Evolution des Überlebens

Worte um Wort zu sein, statt das, was einfach übrig bleibt.

7 Erwachsene

Sie sucht herum und weiß nicht wohin. Sucht das Heute von Gestern und findet nur noch freie Fläche. Ihre Geschichte wird Stück für Stück gefressen von der Karies am Zahn der Zeit.

Stumm ist sie gezwungen zu sehen, dass ihre Schulen und sogar Kindergärten und Heime abgerissen wurden. Es ist nur noch ein leerer Platz, dort wo ihre Worte hallten und in niemandes Kopf zu dringen vermochten.

„Wo ist mein Gesagtes jetzt?“.
Sie steht da und wartet noch immer auf eine Antwort, dreht und wendet ihre Worte wie Steine in ihrem Mund herum. Ab und an beißt sie darauf, um ihre Festigkeit zu prüfen. Sich zu versichern, dass es noch die Gleichen sind wie vor 19 Jahren. Um dem kleinen Herzen, das in ihren Haaren wohnt, sagen zu können, dass sie gewappnet sei, falls doch die Erzieherin wiederkäme und sie nochmal fragte.

Sie steht noch immer an dem mehrschichtig lackiertem Karussell. Versucht zu ergründen, wieviele Farbschichten es bedecken und pult mit ihrem abkauten Fingernagel daran herum. 316455_web_R_K_B_by_mondstein_pixelio.de

„Hier sind wir lang gelaufen. Es war Sommer mit 37°C und sie haben Wasserschläuche hier hingelegt mit Löchern drin. Da konnte man nackig durchlaufen und es war so schön. Es gab Capri- Eis zum Mittag.“

Jetzt ist nichts mehr davon da.
Der Ort an dem die Not aus Versehen sichtbar wurde, existiert nicht mehr.
Es ist, als sei die Chance nun noch endgültiger als damals vergangen.

Das Heute hat das Gestern gefressen.
Was bleibt ist das Mädchen, das erzählte, dass es Monster gibt, die Kinder schlagen und auseinanderreißen.

Das Mädchen, das noch immer da steht und sich fragt, wo sein Gesagtes jetzt ist.

Im Schnitt muss ein (sexuell) misshandeltes Kind, 7 Erwachsene ansprechen, bis es gehört wird