Dursthunger

Regentropfen sind nur so lange Tropfen, wie sie fallen. Wenn sie irgendwo aufkommen, beginnt ihre Verwandlung zu einem Plitsch oder Platsch. Einem richtig spitzen Plitsch vielleicht, oder einem besonders ausuferndem Platsch.
Eine Dreifaltigkeit stellen sie dar. Vom Gas, zum Tropfen, zum PlitschPlatsch.

Wenn sich die Wolken in unterschiedlichstem Grauton über das Firmament wälzen und der Wind auffrischt, beben meine Antennen. Sie senden mir die Kunde von Erlösung, Labung, Kühle. Das Ende der Verschmelzung, des immer wiederkehrenden Kreisens um die Suche nach Begrenzung des eigenen Seins.

Dursthunger ist eine der quälendsten Empfindungen, die ich kenne. Wenn sich die Magenwände aneinander festkrallen, um voneinander zu essen. Die Kehle, wie ein Rohr aus kubisch dichtmöglichster Packung groben Sandes im Hals steckt und die Lippen nichts weiter, als eine kraterhafte Begrenzung um das Loch im eigenen Gesicht sind.
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Das Sein regt sich und versucht sich an den scharfen Kanten der Salzkristalle, die das Denken bildet, vorbei zu schleichen. Es bildet lange Arme, rationiert seine Wirbel weg und wird zu einer Art Fadengewirr aus Tentakeln unterschiedlichster Beschaffung, die sich um jeden Reiz herumwickeln und ihn aussaugen bis zum letztmöglichen Funken.

Es tastet sich über die Haut, welche sich wie billigstes Knitterplastik um das knotige Muskelfleisch geklebt ausmacht. Ab und an zuckt ein greller weißgelber Blitz aus Schmerz von der Bauchmitte aus und schneidet die Welt in dünne Scheiben. Irgendwann hört man sie aneinander klirren, wenn sie sich wie Dominosteine berühren. Kurz vor dem Moment, in dem man sich an ihren Splittern schneidet, weil man wie ein Wüstenpilger auf eine Fata Morgana zu gestolpert kam.

Das eigene Denken wird zu einem unstet gurgelndem Schleimbach und produziert eine Falle nach der anderen, um das Vieh zwischen Bauchdecke und Organen mit Angst zu füttern.

Und dann kommen die ersten PlitschPlatschs um sich mit der Erde zu vereinen. Vorwitzig kichernd, lüstern miteinander verschmelzend in immer weiter über den Boden leckenden Pfützen. Sie entzünden das spillernde Fadengewirr zu einem Feuer, das sich seinen Weg freibrennt nur um ihnen den Tod durch Ertrinken zu sterben und wieder auferstehen zu können. Teil ihrer Verwandlung zu werden.

Das Sein ist schneller als das Denken und der ausgedörrte Stapel Menschenfleisch.
Es ist die freigebrannte Schneise des Seins, die dem Denken die Erkenntnis von Ursache und Wirkung ermöglicht. Den Körper an einfädigen Kordeln zum Handeln lenkt, wie eine Maschine und nach einer Weile mehr und mehr von seiner Salzbegrenzung abzusprengen ermöglicht.

Das silbrige Gefühl zwischen Gaumen und Sehnerv, lenkt von der Verwandlung der Taubheit in den Lippen zu flirrend dumpfen Schmerz ab. Jedes PlitschPlatsch wird durch das Sandrohr im Hals begleitet und mit einer Vorstellung von einer mächtigen Gestalt, die wie mit einer Machete feinste Nähte zwischen den Magenwänden auftrennt. Plitsch für Platsch hinter sich auftürmend, bis sie von Krämpfen wieder zurückgepresst werden und in der Mundhöhle und dem hinteren Nasenrachenraum herumschwappen.

Der Kampf ist nicht der, die vielen kleinen und großen PlitschPlatschs in sich hinein zubekommen. Das ist er nie gewesen. Der Kampf ist den ausgedörrten Fleischkloß davon zu überzeugen, dass er nicht verdursten und zerfallen will. Sich nicht zu wehren gegen die fast wilde Lust des Seins, in dem sich Knochen, Wirbel und Gelenke neubilden, Muskeln zucken und Konturen ausprägen, je länger es in der Pfütze weilen kann. Je länger es von der Möglichkeit zur Verwandlung und Begrenzung weiß.

Haasenburg und Menschenrechte

Ich wollte das Thema eigentlich nicht hier drin haben.
Es erschien mir wie eine der üblichen Schockmeldungen, die die Medien halt mal so bringen. Ihr wisst schon: die Bombe des Skandals auf die die Rufe von „Rettet die Kinder“ und „Ein Ende machen- Jetzt!“ erschallen und die Lösung letztlich doch wieder hinter geschlossenen Türen passiert.

Nunja, getäuscht habe ich mich nicht. Trotzdem will ich meinen Senf dazu ins Internet schreiben. Ich will nicht, dass es in vielen Jahren die Möglichkeit gibt zu sagen, man hätte es ja nicht gewusst oder man wäre ja so unglaublich uninformiert.

Ich spreche vom Kinderheim Haasenburg in Brandenburg.
Die
Taz veröffentlichte am Wochenende einen Artikel, der die Missstände in dem Heim „aufdeckte“, die bereits 2010 bekannt waren.
In meiner Facebooktimeline war man sprach- und fassungslos. In meiner Twittertimeline herrschte eine ähnliche Mischung wie bei mir: „Das gibts immer noch- aha.“

Das Bild, das heute über Kinderheime herrscht, schwankt zwischen „Oliver Twist“ und dem Bauernhof, wo alles besser ist. Die Realität ist, glaube ich, einfach zu real und nah und die Worte, die man braucht, um manches zu benennen. sind limitiert auf Kriegswirren und die „dritte Welt“. „Folter“ zum Beispiel. Oder auch „Angriff auf die Menschenwürde“.

Die „nationale Stelle“ besucht regelmäßig Einrichtungen wie diese Heime, aber auch Gefängnisse und psychiatrische Einrichtungen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass viele Menschen nicht so wirklich verstehen, warum das passiert und auf welcher Grundlage.
Unser Grundgesetz unterstreicht das Recht auf Freiheit, auf Unversehrtheit, gleiche Rechte für alle Menschen. Das Recht auf Rede- und Meinungsfreiheit.
In allen 3 Institutionsbereichen sind Teile dieser Rechte beschnitten. Es ist legitim, dass Menschen zwangseingewiesen, zu Haftstrafen verurteilt werden und zur Verhaltensmodulation (Erziehung) in solchen Einrichtungen untergebracht werden. Heißt: Der Staat hat das Recht Menschen ihrer Freiheit zu berauben und nutzt es auch, hat aber nicht das erklärte Ziel, diese Menschen auch noch in ihrer Würde zu verletzen oder ihren Willen zu brechen. So lange sie keine Gefahr für sich und/ oder andere Menschen darstellen.

Dann wird es heikel und der Auftrag zur Überprüfung der Einrichtungen, ob Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben oder nicht, wird zum Beispiel der „nationalen Stelle“ übertragen.
Wenn sich ein Mitarbeiter vom Jugendamt zum Beispiel das Heim, in dem sein Klient untergebracht ist, ansieht, dann achtet er auf konzeptionelle Vorgaben und deren Umsetzung. Er achtet vielleicht noch darauf, wie es seinem Klienten dort geht, ob er „gut gedeiht“. Er hat aber nicht direkt den Auftrag zu gucken, ob zum Beispiel Fixierungen und Medikationen richtig, im Sinne von notwendig und unter dem Aspekt des (Selbst-) Schutzes angewendet werden, oder nicht. Er hat in der Regel Richtlinien seiner Arbeit und Unterbringungsvorgaben im Kopf- nicht das Grundgesetz.
So jemand kann von Missständen erfahren, wenn er guten (im Sinne von „auf Augenhöhe mit gegenseitigem Respekt“) Kontakt zum Klienten hat (oder der Klient die Möglichkeiten hat, wann immer und warum auch immer Kontakt mit ihm aufnehmen zu können) und kann dann handeln. Etwa in dem er eine Unterbringung woanders veranlasst oder eine Beschwerde über die Einrichtung anbringt.

Die Gesamtstruktur bleibt so unberührt.
(Pflege- Erziehungs- und Kinder-) Heime werden gebraucht, denn Alternativen gibt es nicht oder kaum. Dort wütet der Rotstift, denn „gefährliches Material“ wird dort nicht gelagert. Alles, was jederzeit „hochgehen“ kann hingegen, hat Vorrang und wird entsprechend eingelagert und die Verwahrung gefördert- etwa mit staatlichen Geldern, wie im Fall Haasenburg. Logisch nicht wahr? Jemand der reihenweise Menschen verletzt oder gar tötet, braucht dringender Gitter um sich herum, als jemand, der lediglich sein Leben zerstört oder eventuell vielleicht auf die schiefe Bahn geraten könnte… (Ja: Ironie)
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Es ist der Staat selbst, der hier wirkt und ermöglicht, was passiert. Einfach schon mit der Ausnahme der Wirkung von Grundgesetzen in diesen Einrichtungen.
Egal, wo fixiert wird, wird Zwang ausgeübt. Egal, warum fixiert wird, wird Folter ausgeübt. Egal, wo und wie bestraft wird, wird etwas im Bestraften verletzt.

Jetzt gibt es eine Petition, welche die Schließung von Haasenburgs Kinderheimen zum Ziel hat. Natürlich habe ich sie mitgezeichnet, doch meine Intension dabei, ist nicht die Schließung der Heime, sondern die Thematisierung von geschlossenen Einrichtungen im Landtag.
Ich wünsche mir eine Debatte, die zu dem Schluss kommt, dass es bessere Kontrollapparate braucht, Gesetze die nicht nur „ein Recht auf“, sondern auch „ein Verbot von“ und eine Förderung der „nationalen Stelle“ beinhaltet.
Diese ist mit nur fünf ehrenamtlichen Mitgliedern und Mitteln für drei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine Fachangestellte für Bürokommunikation völlig unzureichend ausgestattet, um so flächendeckend und regelmäßig tätig zu werden, wie es eigentlich angebracht ist und wird so Deutschlands Vorreiterrolle in Bezug auf die Wahrung von Menschenrechten nicht gerecht. (Quelle:
Jahresbericht für 2012)

Ich weiß, dass es viele Heime wie Haasenburg gibt. Eines zu schließen, hat keinen Effekt. Die Dynamik der Gewalt wirkt weiter- nur mit einem anderen Trägerlogo.

Aktuell ist man dankenswerterweise sensibel für „Heimkindgeschichten“.
Doch nachwievor nicht für die Heimkinder selbst.
Neulich hörte ich zum Beispiel in einer Serie den Satz „17 Jahre Fürsorgeheimerziehung- was erwarten sie denn?“, über eine zum Opfer gewordene Jugendliche, die nicht „kooperativ“ mit den Autoritätspersonen sprechen wollte.
Ich selbst, sah mich oft mit Zweifeln an meinen Aussagen in Bezug auf sexuelle Misshandlungen, sowie Fixierungen und Medikationen als Mittel meinen Willen zu brechen in psychiatrischen Einrichtungen konfrontiert. „Das kann doch gar nicht sein.“.
Doch. Kann es, weil es so ist:
Wo Macht ungleich verteilt ist, da gibt es auch mindestens den Nährboden zum Machtmissbrauch. Sei es auf kleiner Ebene: PflegerInnen – Patienten; PflegeteamchefIn- Pflegeteam oder auf großer: LeiterIn der Einrichtung- PflegeteamchefIn; GmbH- Einrichtungsleitung

Niemand ist leichter zu brechen, als jener, der ohne Fürsprecher ist. Niemand ist leichter existenziell zu bedrohen, als der, der zu krank, zu arm, zu schwach ist, um sich selbst zu versorgen. Niemand ist leichter auszubeuten, als der Abhängige.

Also kommt hier nun wieder mein Appell: Stellt euch an die Seite der Schwachen, Verlassenen, Armen, Kranken und gebt ihnen eure Stimme.
Verzichtet auf eine Separierung von ihnen, in dem ihr euch zwischen sie und die Verantwortlichen stellt und ein simples „Schluss damit“ fordert. Das bringt nichts. Sie bleiben so weiter allein und abgeschoben. So verändert sich nicht die Ursache für ihr Leiden.

Ich hätte nicht in diversen Heimen leben müssen, wenn ich FürsprecherInnen gehabt hätte. Menschen, die mich, bei sich aufgenommen und mir beigestanden hätten, bei der Entdeckung einer Welt, ohne die Art Gewalt mit der ich aufgewachsen bin. Dann hätte mir noch hundert Mal ein Pfleger sagen können: „Wenn du hier rumzickst oder etwas verrätst, lass ich dich zu deinen Eltern schicken.“. Ich hätte in der Besuchszeit Besuch bekommen, dem ich hätte etwas sagen können. Ich hätte mich darauf verlassen können, dass sie mir helfen eine Strafanzeige zu stellen und hätte keine so globalen Auslieferungsgefühle haben müssen.

Ich hatte damals keine Möglichkeit PatientensprecherInnen zu kontaktieren, denn dazu hätte ich den Pflegedienst der Station um Hilfe bitten müssen.
Niemand in der Klinik hat mir auch nur ein Wort geglaubt, weil ich eine Diagnose, die Realitätsbezugsverlust implizierte, in der Akte stehen hatte. Meine Jugendamtsachbearbeiterin war gar nicht in der Stadt tätig, in der ich lebte, weil die Gesetzgebung Zuständigkeiten vorschreibt, die maximal von dem abwich, was ich brauchte.
Ich war de facto obdachlos, fürsprecherInnenlos und obendrein noch irre.
Niemand wollte mich haben. Niemand wollte mir zuhören.
Kann sich ein Täter ein besseres Opfer vorstellen? Kann er sich ein günstigeres Umfeld dafür wünschen, als das, in dem sämtliches Wirken zum Schutz der Menschenwürde außer Kraft gesetzt ist?
Nein.
Er braucht noch nicht einmal Sorge zu haben, dass ihm von mir eine Strafanzeige droht, denn Beweise habe ich nicht. Ich hätte auch keine sichern können, denn immer hätte ich dazu jemanden gebraucht, der mir glaubt und meine Person als gleichwertig betrachtet und behandelt.

Ich werde genauso niemals Schadensersatzansprüche oder Schmerzensgelder von den verschiedenen psychiatrischen Einrichtungen erfolgreich einklagen können, in denen ich mit Gewalt fixiert und zugedröhnt wurde, nachdem ich mich „falsch verhalten“ hatte. Denn die Begründung (bzw. Definitions-) Macht über den Sinn der Handlung oblag jenen, die sie verordnet haben.

Wenn wir solche Dinge verhindern wollen, wenn wir Heime wie Haasenburg vernünftig geführt haben wollen, brauchen wir mehr Wahrung der Patienten(Menschen)rechte. Ein grundlegendes Bewusstsein dafür und strikte Kontrolle darüber. Wir brauchen ein System in dem Zwang hinterfragt wird und Möglichkeiten geschaffen werden, in denen er nicht gebraucht wird. Zum Beispiel mit mehr Arbeitsplätzen in dem Bereich, Förderung von Betreuungsangeboten und Hilfsprojekten, die direkt am Ansatz anfangen. Mit Patienten/Klientenfürsprechersystemen, die nicht vom gleichen Träger, wie die Einrichtung finanziert werden, einen Betreuungsschlüssel von 1:5 haben und ihre Klienten einmal in der Woche aufsuchen, als Standartmaßnahme.

Das sind so  meine Ideen und sie sind sicherlich leichter einzuführen bzw. umzusetzen, als diverse Beendigungsversuche, die sich für den Gesamtapparat, wie Don Quichottes Kämpfe gegen die Windmühlen ausmachen.

was wäre wenn…?

Der Bildschirm erhellt ihre Front.
Sie hockt auf dem Boden des Schlafzimmers und drückt mir ihren gekrümmten Stachelrückenpanzer in die Brust. Die Luft um uns herum flirrt von ihrer Konzentration.
Der Film ist zu Ende und sie greift nach dem Notizblock neben sich. Eine Strichliste, eine Spalte für Kommentare, eine Spalte für den Titel. Für etwas, dass sich so ergeben hat.

Sie fetzt ihre steilen Buchstaben aufs Papier.206550_original_R_by_Sigrid Harig_pixelio.de
„Geht es dir gut?“
– „Nein.“. Sie drückt mir ihren Stachelrücken tiefer in die Brust, bis ich die ersten Spitzen brechen fühle.
„Kannst du mich ansehen?“
– „Nein.“, sie schüttelt den Kopf kaum spürbar.
„Kannst du deine Augen zu lassen und dich umdrehen?“
– „Hast du Augen?“, sie spricht durch sich hindurch. Lässt ihre Worte, wie Wellen durch ihr Sein gleiten und an mir zur Gischt werden.
„Ja.“. Ich beuge mich etwas vor und lasse sie meine Wimpern an ihrer Wange spüren, als ich sie schließe.

Stachel für Stachel schiebt sich aus meinem Gefieder und lässt die aufgespießten kleinen Herzen frei, als sie sich langsam umdreht. Ein Schmerz perlt in silbrigen Tropfen an mir herunter und vermischt sich mit den Tränen der jungen Frau vor mir.
„Sie stellen nie Fragen. Die ganzen Wunder um sie herum… sie wundern sich gar nicht. Wieso fragen sie nichts?“.
Ich weite mich und versuche sie vorsichtig zwischen meine Federn einzuladen. Doch sie bleibt, wo sie ist, den Kopf an mich gelehnt. Die Beine angezogen, den Bauch fest an die Oberschenkel gedrückt, die Hände zu Fäusten unterm Kinn geballt.
„Das weiß ich nicht mein Herz. Es ist Fernsehen. Vielleicht soll man sich wundern, wenn man es tut?“.

– „Es ist so eine fremdbekannte Welt. Hast du gesehen? Da muss doch… „. Sie verstummt.
„Was man dort sieht, ist nicht echt. Alles was gesprochen und gezeigt wird, hat sich jemand ausgedacht. Das ist ein Puppentheater, weißt du? Eine Geschichte. Die Menschen da sagen nicht, was sie denken. Das ist, als wenn ich die Geschichte von „Was wäre wenn…“ erzähle. Alles gesponnen und ausgedacht. Dann gilt nichts mehr von dem, was wir kennen. Nicht mal, dass man im Weltall nicht atmen kann. Das ist dann so, weil ich es  mir ausgedacht hab. Weil ich das so will. Ich glaube mit dem Fernsehen ist es fast gleich.“. Überall in meinen Federkleid kribbelt es. Ich spreche nicht nur zu einem Herzen. Wer weiß, wen ich gerade alles sehen könnte, hätte ich meine Augen offen.

– „Aber manches ist genau so, wie bei manchen anderen Menschen im echten Leben. Und sie wundern sich auch nie. Sie wundern sich, wenn ich mich wundere, dass sie sich nicht wundern. Sie merken das gar nicht. Fragen nicht. Ich dachte, dass ist so, weil sie es nicht angucken können wie ich. Aber im Fernsehen sind die Wunder auch und eigentlich… dann könnten sie das doch sehen. Und die Figuren könnten doch darüber reden… irgendeiner könnte doch darüber reden… Wenn es eine „Was wäre wenn..“- Geschichte ist, dann könnten es doch auch ganz viele tun. Nicht so wie im echten Leben. So wie in einer „Was wäre wenn sie sich wundern würden?“- Geschichte.“.

„Schätzelein, dann wärs nicht mehr Fernsehen.“. Ich spüre seinen Ellenbogen in meiner Halsbeuge.
„Ich glaub, das gibts nur damit man nicht dran denkt sich zu wundern und fragen. Guck mal, was da alles serviert wird. Da gibts nichts mit Denken und Überlegen. Das läuft alles wie am Schnürchen. Einmal alles was man kennt mit einer Prise, wie mans gerne hätte, durch den Häcksler, paniert mit einer Kruste aus Anspruch und zack in einer 25-45 Minuten Portion ins Wohnzimmer. Geistiges Mc Donalds- haha- Wirste auch arm von aber nich satt.“. Sein Lachen klingt bitter. „Weißt doch wie das ist im echten Leben- das Fernsehen wird vom echten Leben gemacht. Man soll denken, es wäre wahnsinnig gleich, damit das, was man so macht, wenn die Glotze aus ist. nicht weiter wundernswert ist. Tote Köpfe lassen sich besser stapeln, als welche die rumzappeln.“. Er stößt sich ab, murmelt noch irgendwas und zündet sich eine Zigarette an.

„N.?“. Plötzlich spüre ich ihrem Atmen warm auf meiner Haut. „Ja, mein Herz?“
„Erzähl mir eine „Was wäre wenn, sie sich alle fragen würden, wo die Wunder herkommen“- Geschichte.“.
Sachte fühle ich, wie ihre Wimpern an meinen Federn entlang gleiten.

vom Vielheitsnetz und der Therapie

Und schon wieder krabbelt das erste Tageslicht und Vogelzwitschern in meinen nächtlichen Dunstgrübelbrei. Adieu, du schnöde Schnapsidee von einem Nachtschlafrhythmus.

Ich grüble über die letzte Therapiestunde und die Therapie allgemein. Ich bin so dumpf erstummt in der letzten Zeit und empfinde mein Alltagwirken als unpassend dort.
Nicht, weil die Therapeutin es mir vermittelt, sondern, weil es von je her wenig bis nichts mit dem zu tun hat, was wir er- und bearbeiten wollen. Es ist eine selbst gewählte Ergotherapie, die ich hier jeden Tag mache und das ist okay.

Es gibt Berührungspunkte, aber kein zentrales Zusammenspiel.
Letztes Mal, war es das Baugerüst und der Akt um dort hin zu kommen, der mich hat so wegkippen lassen. Irgendwie immer wieder in diesen Zustand vom Warten auf nichts und währenddessen so tun, was man eben so tut. Während andere Innens Psychotherapie „tun“.

Sie waren da und haben- ja was eigentlich? Haben sie geredet oder einfach nur da gesessen und vor sich hinverstoffwechselt? Hab sie gearbeitet oder nur herumgecreept? Haben sie einen Zeitbezug oder nicht? Haben sie etwas getan, was die Therapeutin etwas über mich denken lässt?

Ich versuche mich zu konzentrieren, versuche die Tagebucheinträge dazu zu verstehen und kanns einfach nicht. Da ist nichts. Ich finde keinen Punkt, an dem ich mich festhalten und von dort aus weiterarbeiten kann. Das einzige verbindende Element ist der Satz, der nachwievor ständig und ständig von „hinten rechts“ kommt und einen Handlungsdruck erzeugt, den ich noch immer nicht zu erfassen in der Lage bin.

Wir sprachen vom „leiser machen“, vom „Abschirmen“ und eigentlich würde ich gern langsam wie irre darüber lachen. Nicht, weil das nicht geht, sondern, weil es davon nicht aufhört.

Sie riss mir kurz ab, was in der Stunde war, aber schon bei „ein Kind“ klinkte sich mein Ich-Bezug aus. Ich schaltete in den Erklärmodus und versuchte ihr eine Brücke zum Verständnis zu machen- nicht mir selbst.
Warum?
Weil ich etwas über die Kinderinnens von anderen Außenmenschen weiß und sie nicht.
Und, weil ich nicht weiß, was gewesen ist, was dazu geführt haben könnte, dass eines da war. Wenn sie anfinge mit mir das zu erraten, könnte es wieder passieren, also tun wir das nicht.

Sollten wir das tun? Ist das wichtig? Wo führt uns das hin? Zum Satz- Ende oder auf ein weiteres Nebengleis im Vielheitsnetz meines Kopfes?

Sind wir noch da woran wir arbeiten wollten?
Ist es die Notwendigkeit, wie ein Krake mehrere Bereiche berühren zu müssen und in seinem Kopf simultan beizubehalten oder meine Unfähigkeit, eingleisig bei einem Thema zu bleiben, die es mir unmöglich machen, die Stunden selbst zu nutzen?

Ich bin nur eines von vielen Innens. Vielleicht bin ich gerade nicht wichtig?
Oder ist es die Therapie selbst, die die anderen Innens zum Auftauchen zwingt? Was tut sie, dass mein Gehirn meint, einen anderen Funktionsmodus anzuschalten, als meinen? Ist es etwas, das sie sagt oder tut? Etwas im Raum? Ist es unsere Anpassung auf das ständige innere Hören des Satzes, das uns Dinge nicht wie sonst wahrnehmen lässt und entsprechend auch nicht in der Therapie arbeiten lässt, wie sonst?

Es ist halb 5 Uhr morgens und ich weiß, dass mich diese Fragen350215_web_R_by_GesaD_pixelio.de bis zum nächsten Termin beschäftigen werden. Obwohl ich gerade wie ein Krake auf meinem Alltagsgeschehen sitze und nur einen Arm auf dem Therapierhizom habe.
Wenn der Termin ist, versuche ich mich ganz darauf zu pflanzen und daran festzukrallen.
Wohlwissend, dass ich, obwohl selbst ein Krake- doch wieder nur ein Saugnapf von vielen, an einem Arm von vielen, eines noch viel größeren Kraken bin.

„Ich bin nicht die Anderen- aber ich bin nicht anders, als die Anderen.“

Wiederholtes Plingkonzert, gestern Nachmittag.

Ich schrieb über Twitter mit einer Leserin des Blogs, die mir schrieb, dass sie sich mit Kommentaren bei persönlichen Einträgen zurückhält, weil sie nicht durch das Erzählen eigener Erfahrungen vermitteln möchte: „Hey, ich kenne das auch alles- aber irgendwie doch nicht so, nur anders- aber es ist irgendwie so gleich und …“.

Ich finde es immer schön, wenn jemand hier kommentiert und gerade auch, wenn jemand seine eigenen Erfahrungen und Empfindungen teilt bzw. das für sich so kann und möchte.

In dem Reiter „über dieses Blog“ steht ein wichtiger Satz drin, der mir zu Beginn den Anreiz für das Blog gab.
„Das Leben mit DIS wird meiner Meinung nach von den (Massen)Medien unnötig aufgehyped, verzerrt und gleichsam falsch, wie fast alle Themen rund um (die Gesichter, die Folgen und Ursachen von) Gewalt, aufgenommen.“
Ich hatte damals vernünftige Literatur und Medien gesucht, um jemandem in meiner Umgebung meine Wahrnehmung und Schwierigkeiten darzustellen. Außer Sachbücher konnte ich ihm nichts geben und selbst bei der Auswahl musste ich noch viele Abstriche machen.

Gab man damals „multiple Persönlichkeit“ bei Google ein, landete man bei „Höllenleben“, medizinischem Kauderwelsch, reißerischen Zeitungsartikeln und Links zu Foren, die nicht öffentlich lesbar sind.
Das Bild, das sich ergab, war einfach nicht das, was ich vermitteln wollte: Die Fachwelt streitet und zweifelt (was damals schon nicht mehr ganz stimmte!), die Presse sucht die Story und die Betroffenen verschanzen sich aus Angst um Leib und Leben „müssen sie ja auch, kommen ja alle aus einem Kult“ (O-Ton des Menschen damals).

Heute ist die „dissoziative Identitätsstörung“ als komplexe Traumafolgestörung bekannt und sowohl im DSM 5 als auch im ICD 10 anerkannt. (Im Gegensatz zu so opferverhöhnender Bedeckmantelei, wie das „False Memory-Syndrome“). Heißt: Wenn einem heute ein Arzt sagt, so etwas wie multiple Persönlichkeiten gäbe es nicht, kann Mensch davon ausgehen, dass es sich um einen Arzt handelt, der nicht fortgebildet ist oder ein Interesse daran hat, Gewalt und seine Folgen zu negieren.

Die Presse und auch das Fernsehen, wird allzu oft dafür bezahlt, eine Story zu liefern. Wichtig ist, was gesehen wird- nicht das, was gehört und an Informationen aufgenommen wird. Gesucht wird die Andersartigkeit- nicht die Gleichheit. So begegnete mir auch schon die Aussage, für mehr Authentizität, sei es notwendig Aufnahmen vom Betroffenen an Tatorten zu zeigen.
Die Irre daran wird leider oft übersehen.
Wenn man einen Film über DIS macht, macht man einen Film über die Gegenwart. Filmt man den Betroffenen an Orten, an denen er in der Vergangenheit gequält wurde, provoziert man beim Zuschauer die Notwendigkeit, sich diese Qualen vorzustellen in dem er sich den Betroffenen als Kind vorstellt und den leeren vermodernden Keller in möbliert und mit Tapete an den Wänden. So entsteht ein anderes Bild, als die Wirklichkeit. Es ist ergo nicht kongruent mit dem, was der betroffene Mensch tatsächlich erlebt hat.
Außerdem gibt es den Effekt, dass nicht das Leben mit den Folgen davon im Kopf bleibt, sondern das Grauen allein. Das ist total basal- wir alle wissen, dass uns negative Dinge eher im Gedächtnis bleiben, als neutrale oder positive.

Doch wenn ein Film starke Gefühle erzeugt, die „hängen bleiben“, gilt er als gut. Egal, ob das, was gezeigt wird stimmt (grausamer oder weniger grausam, als im Kopf des Zuschauers entstanden). Umso schlimmer  finde ich es, wenn ich von einer „packenden Dokumentation über eine multiple Persönlichkeit“ höre. Eine Dokumentation bildet ab- sie ist in der Regel sachlich und informativ- nicht „packend“.
Eine Reportage hingegen, hat einen anderen Rahmen, oder ein Portrait. Sie soll „packend“ sein, damit sie verkauft wird.

Ich bin keine Journalistin, habe aber eine grobe Ahnung vom Auftrag der journalistischen Ethik und der Verantwortung, die man trägt, wenn man über etwas schreibt, das in manchen Bereichen stellvertretend veröffentlicht wird. Man unterstreicht die allgemeinen Gemeinsamkeiten und zeichnet die individuelle Ausprägung als so individuell, wie sie ist.

Es ist bekannt, dass alle Menschen dissoziieren. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Unser Gehirn funktioniert in der Hinsicht ganz basal gleich.
Es ist bekannt, dass jeder Mensch, im Laufe seines Lebens das Verhalten anderer Menschen studiert und introjeziert. Das ist Teil der menschlichen Entwicklung und evolutionär bewährt. Beobachten, bewerten, imitieren. Ebenfalls ganz basal gleich.
Es ist bekannt, dass Schmerz schmerzt und vermieden werden will.
Und es ist bekannt, dass jeder Mensch subjektiv bewertet und verschieden (re-) agiert.

Mehr braucht es eigentlich nicht zu wissen, wenn man vernünftig über etwas schreiben will, was bei sich selbst los ist und von anderen Menschen verstanden werden soll.
Ich sitze hier und mache das große: „YES!“, wenn mir jemand ohne DIS schreibt, er kenne dies und das von sich und gehe damit so und so um. Weil es mir zeigt, dass er die Gleichheit für sich wahrgenommen hat und meine individuelle Wahrnehmung als solche von sich abgrenzen kann.
Für mich bietet sich dann die Chance zu beobachten, zu bewerten und vielleicht zu imitieren. Heißt, einen neuen vielleicht hilfreichen Umgang mit Dingen zu lernen.

Ein großes schlimmes Ding an Traumafolgestörungen ist die Einsamkeit. Das Gefühl aufgrund seiner Erfahrungen- die man selbst ganz allein erfuhr, über die man nicht sprechen will/ kann/ darf- ; dem subjektiven Leiden darunter und der persönlichen Reaktion/Kompensation in Bezug darauf „anders zu sein, als die Anderen“. Ungleich zu sein.

Mir sind schon Menschen begegnet, die diese Ungleichheit für sich wichtig finden, gleichzeitig jedoch verzweifelt sind, über ihre Einsamkeit.
Das Gefühl besonders zu sein, ist ja auch ein Schönes. Man hebt sich ab, spürt seine Individualität sehr deutlich. Ist von anderen Menschen abgetrennt.
Wenn ich etwas Besonderes erschaffe, habe ich natürlich auch den Wunsch, dass es als so besonders wahrgenommen wird, wie ich es empfinde. So wie hier mein Blog. Er ist Freiheitspraxis deluxe mit Glitzersteinchen drauf. Jeden Tag aufs Neue. Ich gebe mir viel Mühe beim Schreiben und Suchen von Themen. Es ist ein schönes Gefühl, wenn ich dann unter den Artikeln die Bilder von anderen BloggerInnen sehe, denen der Artikel gefällt. Oder wenn meine Statistik Beulen bekommt, weil es Artikel gibt, die von vielen Menschen gelesen werden. Oder wenn ich viele Rückmeldungen bekomme, die Dank, Verständnis und Lob ausdrücken. Hach!
Ich bin aber nicht der Typ, der gern von anderen Menschen abgegrenzt ist.

Für mich bedeutet „anders sein“ von je her direkte Gefühle von existenzieller Bedrohung. Als Kind gab es die Notwendigkeit von Gleichheit mit den Menschen, von denen ich abhängig war, um nicht zu sterben. Als Jugendliche gab es die Notwendigkeit von Verhaltenskongruenz, um nicht von Heim zu Heim, von Klinik zu Klinik abgeschoben zu werden und heute, als Erwachsene, suche ich die Kongruenz, um mich, wie andere Menschen auch, selbst zu versorgen und meine Bedürfnisse zu befriedigen.

Gleichheit bedeutet für mich Sicherheit auf vielen Ebenen.
Werde ich hervorgehoben, als „anders“ dargestellt, spüre ich direkt den Drang, meine Gleichheit mit anderen Menschen auf allen Ebenen, neben dem „Besonderen“ zu unterstreichen.
Neulich kam eine Email von jemandem, der schrieb, ich sei jemand ganz Besonderes, weil ich hier schreibe. Ich schickte ihm den Link zu WordPress.com und antwortete: „Meld dich an, machs dir nett und du „bist“ auch so besonders.486908_web_R_K_by_sokaeiko_pixelio.de Danke, dass du mein Schreiben, als besonders empfindest. Aber mein Sein, ist es nicht.“. 

Ich habe eine dissoziative Identitätsstruktur. Nehme mich und die Umwelt anders wahr, als andere Menschen. Trotzdem bin ich ein Mensch, wie sie auch.

Das so zu fühlen ist für mich immer wieder wichtig und schön. Vor allem, wenn meine Umwelt mir dabei hilft.

Intrusion, Konstriktion und Skills

Im letzten Blogartikel stehen zwei große Fremdwörter drin, die nicht jedem Menschen direkt sagen, was sie bedeuten: Intrusion und Konstriktion.
Damit mein Blog seinem Türöffnerauftrag nachkommt, versuche ich sie nachfolgend zu erklären.
Hierzu ein kurzer Überblick in klinischer Symptombeschreibung zur Posttraumatischen Belastungsstörung (kurz PTBS)

Es wird eingeteilt in 3 große Kategorien:
1) Überregung
Der Betroffene befindet sich in einer Art innerer Alarmbereitschaft. Das vegetative Nervensystem ist auf „Überleben“ eingestellt und ermöglicht durch vermehrte Produktion von Botenstoffen und auch Hormonen, erhöhter Muskeldurchblutung etc. die Fähigkeit dazu. Die Folgen sind unter Anderem (auch, wenn das Trauma längst vorbei ist) eine enorm sensible Wahrnehmung seiner Umgebung (Hyperviglianz), Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit, Herzrasen.
Im direkten Traumakontext kann Übererregung solche Episoden wie „der Mann, der vom Ort seines Autounfalls mit offenem Beinbruch die Straße überquert und in den Wald läuft“, bedeuten. Oder auch „die Frau, die mit übermenschlichen Kräften, den Stahlträger anhebt, um ihr Kind darunter hervor zu holen“.
In diesem Zustand kognitive Aufnahmefähigkeiten herabgesetzt. Es ist kein Lernen (auch kein Umlernen!) möglich.

2) Intrusion
Unter Intrusionen versteht man sich ungewollt aufdrängende Erinnerungen, die sich anfühlen, als würden sie  ganz real und genau gleich wieder geschehen. Es gibt die gleiche Haptik, optische Wahrnehmung der Umgebung, genau die gleichen Gefühle (etwa Todesangst, Ohnmacht, Wut etc.). Dies wird kurz mit „Flashback“ benannt. Eine Orientierung in der Gegenwart, sowie den aktuellen Lebensumständen ist in dem Zustand nicht vorhanden, was oftmals die Diagnose der „psychotischen Episoden“ begründet, wenn keine Traumavorgeschichte bekannt ist (oder geglaubt/ anerkannt wird *räusper)

3) Konstriktion
Ist ein anderes Wort für „Vermeidungstanz“ bzw. Vermeidungsverhalten oder Vermeidungsreaktion. Dazu zählt auch die Dissoziation in Form von Derealisation („das hier ist ein Film- nicht echt“) und Depersonalisation („out-of-body-experience“, Schmerzunempfindlichkeit). Aber auch manche eine Zwangsstörung oder Esstörung und sonstige Suchterkrankungen können in diesem Zustand begründet sein.

Ist das Trauma länger her (und unverarbeitet) können traumaassoziierte Trigger (Gegenstände, Geräusche, Gerüche, aber auch Gefühlszustände, die als Katalysator von Erinnerungsprozessen wirken) diese Zustände auslösen. 

In dem Blogartikel kann man das Gleiten in diesen Zustand ganz gut wahrnehmen: „Ich stehe am immer offenen Fenster und starre ins Nichts. Ich merke, dass ich rauche und doch ist es der Anblick meiner Tränen, die auf die Fensterbank fallen, der mich fesselt.“- Innere Leere erzeugt eine Art Unfähigkeit das Haus, auf das ich sonst immer schaue, wenn ich aus dem Fenster gucke, zu sehen. Wenn ich anfange zu dissoziieren- sehe ich dort kein Haus mehr, sondern tatsächlich ein Nichts.
Wenn ich mich noch nicht ganz „wegdissoziiere“, nehme ich noch Teile meines Verhaltens oder auch meiner Umgebung war. Wenn auch unglaublich schwammig und so als würde entweder nicht ich so agieren, oder so, als sei ich nicht wirklich in meinem Körper (etwa um das Fell meines Hundes zu fühlen).

Ich deutete auch an, dass ich dies jederzeit beenden könnte.
Das ist ein Therapiefortschritt. Ich kann mich inzwischen einigermaßen sicher aus diesen Zuständen herausarbeiten.
Ich versuche nun zu beschreiben wie ich das mache.
Zu Beginn merkte ich ein allgemeines Gefühl von Ohnmacht. Ich bin gerade in verschiedene Konflikte involviert, die ich noch nicht lösen kann. Es ist mehr oder weniger typisch für mich, wütend zu sein und auf Stasis im Miteinander mit Gefühlen von Ohnmacht konfrontiert zu sein. Dieses Gefühl triggert traumaassoziierte Erinnerungen an, die ich nicht auf ein mir klares Ereignis zurückführen kann. (Also ich merke: Yeay- da hängt was dran- weiß aber nicht, was genau.)

Ich versuche also mich in andere Zustände zu bringen. 460648_web_R_B_by_Oliver Haja_pixelio.deDafür eignet sich für mich unsere Skill-Liste (auch als „Notfallkoffer“ bekannt). Darauf stehen Dinge wie: mit dem Hund spielen, spazieren gehen, mit Gemögten telefonieren, Computerspiele spielen, Icepak auflegen, diverse Übungen bei denen Muskelgruppen gezielt an- und entspannt werden, das Schreiben im Blog, etwas kochen, etwas bauen, malen, Telefonbücher zerreißen, Altglas in den Container werfen, duschen gehen, Papiere sortieren, handarbeiten.
Es geht dabei nicht um die stumpfe Ausführung dieser Tätigkeiten- nicht um Ablenkung, sondern ums Wachwerden- wieder ganz da sein- wieder in einen normalen Erregungszustand kommen.

Ich habe diese Skills lange „falsch“ angewendet, weil ich es als hilfreich empfand eine Liste abzuarbeiten. Aber das war der -ich sag mal- „positive Fehler“. So komme ich zwar in einen funktionalen Zustand, doch bin noch lange nicht klar in der Gegenwart verankert. In diesem Zustand „bin ich meine Tätigkeit“- nicht: „Ich bin mit einem Alter, in meiner Wohnung, im Jahr 2013 hier und mache Tätigkeit XY.“

Letzteres ist aber das Ziel.
Also begleite ich diese Tätigkeiten mit einer Art rationalem Mantra:
So, ich werde jetzt den Laptop anmachen- Ach guck das Bild von NakNak*- mein Passwort gebe ich ein, indem diese, diese, diese … Taste drücke, mein Desktopbild ist ein Schwan mit kleinen plüschigen Küken auf dem Rücken- Ach ja, diese innere Kraftquelle habe ich- kann ich sie spüren?- Ja, da ist sie- sie gibt mir ein Gefühl nicht verlassen zu sein- Ich öffne das Programm mit einem Klick auf dieses Symbol. Ich schreibe und verwende dieses und jenes Wort dafür. Ich stehe auf und gehe an den Kühlschrank, öffne die Tür indem ich sie anfasse und leicht ziehe. Trinke jetzt einen Schluck kalten Saft- er schmeckt nach … ist kalt und säuerlich. „Wie wird Saft eigentlich hergestellt? Was bedeutet „Konzentrat“? Uh ja Konzentration- ein gutes Ding zum Herausfinden!“. Ich schließe die Safttüte indem ich sie festhalte und den Deckel draufschraube, stelle sie in die Seitentür des Kühlschranks und schließe ihn, indem ich sie leicht andrücke. Ich mache einen Schritt- versuche mal einen Schritt auf Zehenspitzen, schicke meinen Blogartikel jetzt ins Internet. Coole Sache, dieses Internet. Wie fühle ich mich gerade? Immer noch etwas diffus- Zeitcheck mit einem Klick auf die Weltuhr. Datum stimmt mit meinem Gefühl überein- immerhin. Also jetzt- wie kommt es zu Saftkonzentraten…

So habe ich die Nacht bis etwa halb 5 Uhr morgens verbracht, bis ich wieder „klar war“ und schlafen gehen konnte. Konstriktion und Orientierung in Zeit und Raum.

Ich konnte ein als real und direkt empfundenes Wiedererleben eines Traumas verhindern und mich in ein mittleres Erregungslevel bringen.
Etwa 5 Jahre habe ich gebraucht, um den Trigger als solchen wahrzunehmen und ungefähr 3 Jahre, bis ich dieses Verhalten in solchen Situationen etablieren konnte. Dabei half mir ein Protokoll, das ich erst zusammen mit meinen Gemögten geführt habe, weil ich zu stark dissoziiert habe, um Ursache und Wirkung zu abstrahieren und dann später allein führte. Es beinhaltet die Punkte: Welches Ereignis/ Gefühl oder welche Aktivität war vor dem Flashback? Was half diesen Zustand zu beenden?

Meine Erfolgsquote der Orientierung steigt, je sicherer mein soziales Netz und meine ökomonischen Ressourcen ist. Habe ich an allen Ecken und Enden Konflikte, Existenzängste und ein (selbst-) unsicheres Grundgefühl, sinkt sie.
Es hilft mir nicht zu wissen, dass es mir helfen würde Altglas in den Container zu schmeißen, wenn ich kein Geld für Produkte im Glas habe. Genauso wenig, wie es mir hilft zu wissen, dass es mir helfen würde mit Gemögten zu telefonieren, wenn ich keine habe.

Will heißen: Skills sind nicht alles, um mit den Symptomen einer PTBS zurecht zu kommen. Es braucht Kenntnis über die Trigger und die gesicherten Möglichkeiten sie anwenden zu können- und zwar immer- egal zu welchem Zeitpunkt.

diese Nächte

Es sind Nächte wie diese, die ich so fürchte.

Am Morgen und am Abend des Tages wütete ich, glitt durch die Zwischenzeit denkend, erlebend, diffus ängstlich in mir und meiner Umgebung herumtreibend. Dachte, dass ich bereits viel zu lange verschiedene Kränkungen meines Egos hinnehme und mir selbst die Schuld dafür geben lasse.
Und trotz dem ich weiß, meine Kraft ist verschwendet an der Stelle, bringe ich sie auf. So überzeuge ich mich von meinem eigenen Sein, als jemand der eine Stärke in sich trägt, die für andere Menschen hilfreich ist.

Ich brauche dieses Wissen, denn wo Kraft für andere ist, kann auch für mich etwas wachsen, wenn ich es wert genug bin. Vor mir selbst und vor Anderen. Irgendwann.

Und dann wird es dunkel und die Welt wird grau und schwarz. So diffus und doch klar umrissen, wie mein Inneres. Mein Panzer bricht auf und lässt mich gleichsam verschmelzen, wie mich selbst verlieren.

Ich bin müde und wie von selbst tropfe ich in ein Meer aus sandigem Wasser. Süße Rettung fern von allem und doch dringt auch ein herzzerreißendes Fiepen an mich. Ganz dumpf, ganz zart, aber mitten in mich hinein. Es ist in mir, mit mir verwoben, doch wie ein Fremdkörper.

Ich stehe am immer offenen Fenster und starre ins Nichts. Ich merke, dass ich rauche und doch ist es der Anblick meiner Tränen, die auf die Fensterbank fallen, der mich fesselt. Mein Verhalten ist neu. Ich habe nie geraucht, braucht nie etwas zum Festhalten, wie der starke Kämpfer bei uns. Ich habe mir meinen Halt immer selbst in dem was ich tue geholt. Habe nie geweint. Konnte es nie und kann es bis heute nicht.

Meine Versuche mich zu wecken und aus diesem inneren Benutztwerden scheitern nicht. Ich kann es jederzeit beenden. Kann immer etwas tun.
Aber in der letzten Zeit wird es unterwandert.

Da ist dieser Satz der mir all mein Tun unwürdig erscheinen lässt. Stimmen von außen, die mich angreifen und mich schmerzen. Ein Schwarz im Grau wachsen lassen und mir meine Flucht nach innen aufdrängen. Eine Balance zu halten fällt mir mit jedem Tag schwerer und oft entgleitet mir die ganze Welt.

So wie jetzt. Zu müde zum Wachsein, doch zu wach um direkt in den Schlaf zu gleiten. Zu satt zum essen, doch zu hungrig um die Kontrolle zu halten. Ich habe Schmerzen im Rücken, doch nicht genug um Schmerzmittel zu nehmen. Ich will den Hund spüren und bin doch nicht genug im Körper dafür. Ich schreibe und fühle mich doch entfernt von meinen Worten. Die Tränen auf der Fensterbank sind längst getrocknet und tropfen doch in mir weiter.

Ich bin irgendwie verlassen, obwohl in mir etwas ist, das bei mir ist.

Ich dissoziiere fast schon und hänge noch an der Stelle zwischen Intrusion und Konstriktion.
Schön, das zu wissen.

der Rosenblätterhulk marschiert wieder

Willkommen zum neusten Durchbruch des Rosenblätterhulks, welcher von „Wie kann man nur so blind sein?!“ skandierenden Rosenblättern durch den Blogartikel begleitet wird.

Heute wurde der neuste Arzneimittelreport der BARMER GEK veröffentlicht.
Uh- ja es gibt einen Anstieg von 41% bei der Verordnung von Antipsychotika bei Kindern und Jugendlichen! Huch jeder zweite Senior zwischen 80 und 94 Jahren ist von Polypharmazie betroffen!
Oh mein G’TT !!! Wer hätte das denn ahnen können!!! Oh nein!!!

Wir brauchen ganz doll dringend eine elektronische Vernetzung der Ärzte!!!! Ganz doll schnell verdammt, sonst…. DA DA DA DAAAAAAA könnte jemand auf die Idee kommen, die Ärzte, Pfleger- oder… oh my fucking G’dness DIE PATIENTEN SELBST zu unterstützen und sich den Faktoren für steigende Arzneimitteltherapieverordnungen selbst widmen!

Wir könnten die Mediziner noch mehr ausbeuten, indem wir sie noch effizienter (heißt schneller schneller schneller) zu arbeiten zwingen. Wir könnten von „technischem Versagen“ sprechen und nicht von einem medizinischen Kunstfehler, wenn aufgrund der Wechsel- und Nebenwirkungen von Medikamenten ein Mensch verstirbt. Ach und nebenbei könnten wir auch noch viel besser den Patienten mangelnde Mitarbeit und/ oder riskantes Verhalten beweisen, wenn es ihnen nach einer bestimmten Zeit mit ihrer Erkrankung nicht besser geht! So sparen wir viel mehr Geld im Bereich der Heilbehandlungen!

Nur in den Pflegeheimen, da müssen wir uns etwas überlegen. Ist ja immer medizinisch begründet, wenn Menschen mit Demenz mit Benzodiazepinen und Neuroleptika abgefüllt werden. Die sind ja dement und nicht etwa zusätzlich noch posttraumatisch belastet und in Unterkünften, die gerade mal eben so eine Grundversorgung schaffen. Da so mit einer examinierten Pflegekraft, einer Aushilfe und einer studentischen Hilfskraft auf der 25 Bettenstation…

Boa Leute echt mal. Das kann doch nicht wahr sein!

Da wird erst mal gleich zu Beginn, am Anfang von allem, einem Wirtschaftsunternehmen die Aufgabe der medizinischen und krankheitstherapeutischen Grundversorgung von Menschen zugetragen. Fail Nummer eins. Gesundheit dürfte nichts kosten! Genauso wenig, wie sauberes Trinkwasser (Hint: Nestlé) und ein Dach über dem Kopf (Hint: Wohnungsknappheit durch Bevorzugung bei der Baugenehmigung von Luxushäusern).

Und dann gibt man ihnen auch noch so viel Raum, dass sie sich aufgrund dieser Monopolposition als Allwissende über sämtliche Faktoren, die eine Medikation oder Heilbehandlung nötig macht, stellen kann.

Verdammt nochmal- es liegt nicht an zunehmenden Krankheiten oder der Zunahme von Diagnosestellungen, die zu steigender Arzneimittelverordnung führen (immerhin wurde dies im Artikel auch erwähnt). Es liegt an beschissener Versorgung und ausreichender- konstant und gründlich durchgeführter- Hilfe!

Wie soll sie denn auch passieren, wenn immer knapper kalkuliert wird, um die Gier an der Konzernspitze zu befriedigen?! Sowohl bei den Geldgebern, als auch an den Konzernspitzen der Geldnehmer!

Nehmen wir mal an, ein Arzt bräuchte für seine kleine Praxis nicht um die 150 Patienten um seine Praxis so zu führen, dass er sich ausreichend weiterbilden und selbst ernähren kann. (Ich weiß nicht wie viele Patienten ein Arzt tatsächlich braucht- es ist fiktives Modell, dass ich hier darlege)
Sagen wir, er bräuchte nur noch die Hälfte. Er hätte doppelt so viel Zeit, sich der Anamnese zu widmen, hätte doppelt soviel Zeit sich die Akte des Patienten durchzulesen  Hätte doppelt soviel Zeit sich die Rote Liste vorzunehmen und eine Arzneimitteltherapie so risikoarm wie möglich zusammenzustellen.
Er hätte sogar die Möglichkeit seine Patienten ohne Medikamente zu versorgen, sondern bei der Änderung ihrer Lebensumstände hilfreich zu sein. Er hätte die Zeit sich mit den anderen BehandlerInnen über seinen Patienten auszutauschen und abzustimmen.

Meiner Meinung nach, würde ein elektronisches Datennetz zum Patienten dazu führen, dass der Arzt selbst im Grunde genommen nur noch dazu da wäre, die Symptome seiner Patienten in einen Computer einzugeben. Und selbst das, könnten die Patienten im Wartezimmer in vielen Fällen bereits allein tun, in dem man ihnen einen Ankreuzdatensatz vorlegt.
Der Arzt würde zum Rezepteschreiber degradiert- noch einmal mehr, als er es heute oft genug bereits ist.

Beispiel?
Meine Neurologin und mein Hausarzt zum Beispiel.
Ich ging zu meinem Hausarzt, saß 5 Minuten da und sagte ihm, dass ich in der Psychiatrie auf das typische Traumatriple ABN (Antidepressiva, Benzodiazepine und Neuroleptika)  eingestellt wurde und laut Klinik eine Folgebehandlung nötig sei. Er hatte nicht die Zeit eine weitere Anamnese zu erstellen, außerdem fällt die psychiatrische Behandlung von Patienten in den Fachbereich der Neurologen/ Psychiater. Er fragte nach dem Namen der Mittel und schrieb sie auf. Dann fragte er nach sonstigen Erkrankungen. Ich gab an allergisch auf Penicillin zu reagieren, am Reizdarmsyndrom zu leiden und leichten Heuschnupfen zu haben, sowie zu somatoformen Dissoziationssymptomen zu neigen.
So- für ihn war alles klar. Ich bin psychisch krank- nicht sein Fachgebiet- Überweisung und fertig.

Meine Neurologin, nahm meine Klinikzettel entgegen und verschrieb mir durchgehend ein Mittel, das mir als Nebenwirkung Krampfanfälle verursachte. Ich ging damit in eine Klinik, die auf epileptoforme Erkrankungen spezialisiert ist. Diese gab mir einen Zettel für die Psychiaterin mit auf dem stand, ich hätte keine Epilepsie, sondern dissoziative Krampfanfälle.

Meine Psychiaterin schrieb mir dies auf einen Zettel für die Psychotherapeutin.
Ich fand heraus, das meine Krampfanfälle aber keinen seelischen Effekt hatten (wie es typisch für dissoziative Krampfanfälle ist). Also ging ich zu meinem Hausarzt und sagte ihm, dass ich mir unsicher in Bezug auf meine Medikation sei und dringend einen Rat brauchte, wo ich zu Informationen dazu komme. Ich sagte ihm, dass ich an eine Wechselwirkung mit den verschiedenen Psychopillen glaube.
Mein Hausarzt hatte 5 Minuten für mich. Zu wenig die rote Liste zu studieren und festzustellen, dass daran tatsächlich etwas dran sein könnte. Meine Neurologin hatte 10 Minuten für mich. Zu wenig, um dies zu tun, denn etwa 8 Minuten brauchte ich, ihr alle Zusammenhänge zu erklären und zu formulieren, was meine Gedanken dazu waren. Meine Behandlungszeit ging für die Zusammenfassung meiner Behandlung durch 3 verschiedene BehandlerInnen drauf!
Meine Psychotherapeutin hatte 50 Minuten für mich, in denen sie mich anhörte und das Gespräch beenden musste mit: „Sprechen Sie mit ihrem Arzt darüber.“.

Natürlich hätte ich davon profitiert, wenn es eine zentral abrufbare Akte für mich gegeben hätte. Aber ich hätte genauso davon profitiert, wenn sich meine BehandlerInnen ausführlich und vernünftig mit meinem Fall hätten auseinandersetzen können. Nämlich mit Zeit, die sie auch vernünftig bezahlt bekommen hätten.

Und ganz ganz klar, kann ich heute sagen, dass ich keines der Medikamente überhaupt je wirklich gebraucht hätte, hätte es bereits in der psychiatrischen Klinik Zeit und Ressourcen gegeben, die mir den Umgang meiner Traumafolgestörung ohne Medikamente vermittelten.

Ich persönlich hätte überhaupt nie in die Klinik gemusst, wenn es in den Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen Zeit und Ressourcen gegeben hätte, meine Hölle von Kindheit zu verarbeiten.

Ich hätte überhaupt nie in eine Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung gemusst, wenn mir nie Gewalt und Ausbeutung passiert wäre!

Mir wäre nie Gewalt und Ausbeutung geschehen, wenn es keine Profiteure und Geld als Garant für Sicherheit und Machtbefriedigung gäbe.

Und so schließt sich der Kreis.108423_web_R_by_Claudia Hautumm_pixelio.de
Er wird sich nichts verändern mit elektronischer Patienten- oder Behandlungsüberwachung. Er wird nur besser organisiert, verschleiert und verschärft die wahren Probleme, die hinter Massenmedikationen stecken.

Es ist wieder ein Versuch sich vor der wirklichen Aufgabe als Unternehmen mit Gesundheitsdienstleistungen kostengünstig zu verkriechen.
Ein Ding, das den Rosenblätterhulk marschieren lässt.

Wir werden in der nächsten Zeit immer mehr Ergebnisse dieser Studie in den Massenmedien lesen und wir werden wieder erleben, dass in diesen Artikeln nicht von Zeitnot der MedizinerInnen gesprochen wird. Dass nicht davon gesprochen wird, dass Angehörige gezwungen sind, ihre dementen Familienmitglieder in Heime bringen zu müssen, weil sie selbst arbeiten und zu Recht um ihre Existenz und Kraft fürchten müssen, wenn sie sie zu Hause pflegen müssten. Wir werden nicht davon lesen, dass Eltern so eine Angst um die Zukunft ihrer Kinder haben, dass sie ihrem „Zappelphillip“ Medikamente geben, um ihm Chancen zu erhöhen in der Gesellschaft zurecht zu kommen. Wir werden nicht davon lesen, dass nur 10% der Menschen, die eine psychiatrische Diagnose haben, überhaupt eine Chance auf eine richtige Behandlung haben. Wir werden wieder nichts davon lesen, dass es ein Klima der Angst um Leib und Leben ist, von dem unsere „Gesundheitskassen“ profitieren.

Wir werden nur lesen, dass das bestehende Elend besser organisiert werden muss.
Machen wir nicht Fehler, dies zu glauben!

vom Selbst- sein und der Wahrnehmung des eigenen Selbst- seins

Wer wir sind, erfahren wir nicht, wenn wir wissen zu wem oder was wir uns zuordnen.
Wir erfahren nur, was wir können.

Als wir die Therapie anfingen war es das Grundthema: „Bin ich eigentlich?“
Erst einmal spüren und bei allen von uns klar zu bekommen, dass wir wirklich existieren.
Ein Mensch sind. Was Menschen können, dürfen, sollen, müssen und wo, wie, wann sie das können, dürfen, sollen und müssen.
Ganz basal. Absolut niedrig und fern von Wertung, Bedeutung und Erwartung.

Es ging in unserer Erziehung und auch späteren Sozialisierung viel darum Etwas oder ein Jemand zu sein- nicht darum, wie es ist zu sein. Wie sich dies anfühlt oder wie die subjektive Bewertung dessen war. Es gab in unserem Leben ein Sozialkonstrukt, dass nach körperlicher Reife und Eignung zu diversen Handlungen gestaffelt war. War man 3 Jahre alt, war man etwas (oder jemand) anderes als jemand (oder etwas) der (das) 33 Jahre alt war. Vom Etwas zum Jemand und vom Jemand zum Sein zu werden, war das erklärte Ziel von allem was uns begegnete.

Die eigene Existenz- das ganz ureigene (So-) Sein wie man ist, spielte dabei keine bzw. eine untergeordnete Rolle, als etwas, das defizitär ist und zu formen gilt. Das ist das Gift im Problemkreis der Seelenmörder, Sekten und sektuöser Gemeinschaften: Man ist nicht „Mensch, der nach XY lebt und denkt“, man ist „das was man lebt und denkt“. Man ist „die Gruppe/ der Guru/ der destruktive Partner etc. „.
Es gibt keine akzeptierte und respektierte Grenze zwischen sich als Mensch mit ureigenem Sein und dem was auf einen einwirkt.

Das ist in vielerlei Hinsicht gut, wie ich das jetzt nach der Lektüre von dem Buch „Der Feind im Innern“ von Michaela Huber aufgenommen habe. Wenn man, wie der Täter/ Anführer/ dominante Part oder dessen „Lehre“ entsprechend in seiner Umgebung ist, findet dieser eine Gleichheit und keinen Widerstand, der von ihm gebrochen werden kann/ muss.
Gleichheit schützt. „Gleich und gleich gesellt sich gern“, sagt man nicht ohne Grund.

Wir Menschen sind soziale Wesen. In unseren Zellkernen steckt das tiefe Wissen, dass wir ohne andere Menschen um uns herum, niedrige bis gar keine Chancen haben, unser Leben zu entsprechend unserer Grundbedürfnisse zu gestalten, zu schützen und am Ende sogar weitergeben zu können.

Das Problem dabei ist, dass man eben wie jemand anders agieren kann, doch niemals derjenige sein kann. Selbst Klone haben ein eigenes Sein- obwohl sie gleichen biologischen Anlagen haben. Die Seele- das ureigene Sein ist immer einzigartig.

Es gibt diesen Begriffknoten ums „Sein“.
An der Frage: „Wer bist du?“, kann ich es gut darstellen.
Die meisten Menschen antworten reflexhaft mit: „Ich bin Farfalla Regenbogen“. Nicht: „Ich bin ein Mensch, dessen Körper Farfalla Regenbogen genannt wird.“ (Ich bin mein Sein mit diesen und jenen Eigenschaften, die sich in einem Körper, genannt Farfalla Regenbogen, bündeln.)

Haarspalterei? Vielleicht.
Doch bei Menschen mit Selbstunsicherheit kann so eine Differenzierung eine Hilfe sein, wie für mich auch.
Wer bin ich, was macht mich aus, was bewirke ich?

Der Schlag unter die Gürtellinie ist in so einer Phase: „Ich bin ein Nichts im Universum- ich bin egal, ich hinterlasse nichts, bewege nichts…“. Es ist ein Tiefschlag, weil er einen größeren Denkrahmen impliziert, als er eigentlich verwendet und gebraucht wird. Es wird ein Mangel an Demut, am Wissen um die eigene Begrenztheit im großen Lauf der Dinge impliziert.
Mir wird fix mal Größenwahn unterstellt, wenn ich sage, ich möchte etwas verändern, möchte grundlegende Veränderungen schaffen, möchte gesellschaftlichen Wandel anstoßen. Als würde ich von der ganzen Menschheit oder der Welt sprechen. Dabei spreche ich von meinem kleinen Dunstkreis oder auch ganz allein mir und meinem Miteinander im Alltag.
Was interessiert mich das Universum, wenn es mein kleines „Bullergeddo“ ist, in dem ich lebe und das auf mich einwirkt? Ich muss mich nicht um die ganze Welt kümmern, denn es ist nicht die ganze Welt, die mit mir zu tun hat.

Und überhaupt muss ich dafür erst einmal wissen, wer ich bin. Wie mein Sein ist, wie es wirkt, was für Eigenschaften da sind und wie ich sie im Rahmen meiner biologischen, sozialen, kulturellen und ökomischen Bedingungen nutzen kann. Wo fange ich an und wo höre ich auf?
Wir sind also beim Thema Abgrenzung, Selbstreflektion und Selbstwirksamkeit.

Ich bin bedingt selbstreflektiert. Entweder nutze ich mein Tagebuch als Ursache-Wirkungs-Protokoll, oder meine Mitmenschen bzw. ihre Reaktionen auf mein Einwirken auf sie.
Aufgrund meiner dissoziativen Störungen, kann ich nicht alles, was mittels meines Körpers von meinem Sein transportiert wird, wahrnehmen. Heißt: Ich bin blind für manche Dinge und merke es nicht, wenn es keine für mich wahrnehmbare Wirkung im Außen hat. Etwa, weil ich den sozialen Kontext nicht erlebe, oder weil es darüber keine Aufzeichnung im Tagebuch gibt. Das macht mich selbstunsicher und es ist schwer eine ganzheitliche Einschätzung meiner Fähigkeiten und Eigenschaften bezüglich meines Seins (hier: Selbsts) zu erfahren.

Und das ist es, was die DIS auch mit so komplex macht: Ich weiß, was ich als Innen in diesem Gesamtmenschen kann und tue das auch. Doch ich weiß nicht, was ich als Ganzmensch für alle anderen Menschen wahrnehmbar kann und tue.

Der eine lernt eine C. Rosenblatt kennen und erlebt jemanden, der Hände schütteln, lächeln, sich sachlich und schlicht ausdrücken kann. Der Nächste lernt eine H. kennen, die auf Ausstellungen geht und sich auf die Schulter klopft, wenn sie es schafft sich für ein Kleidungsstück zu entscheiden. Wieder jemand anderes lernt eine E. kennen, die ihn anrotzt, wieso bei Werkstück XY der Schraubendreher Größe 8 bei einer Schraube die auf Größe 6 ausgelegt ist, verwendet wird und so weiter und so weiter.
Sie alle wissen, was sie können und tun dies- doch sie könnten, rein theoretisch, auch jeweils die anderen Dinge. Sie nehmen sie aber nicht bewusst (assoziativ) wahr oder als etwas, dass nicht zu ihrem Gesamtsein gehört.

Wir sind jetzt, nach langer Zeit in Therapie, so weit zu wissen- rein rational-, wo die Eigenschaften und Fähigkeiten insgesamt da sind. Also ich weiß, dass dieser Körper fähig zu Dingen wie schreiben, denken, handwerken, soziale Interaktion etc. ist, hänge aber an dem Punkt, an dem es sich nachwievor nicht so anfühlt, als gehöre dies zu meinem Sein. Zu meinem Selbst- so- sein wie ich als „Gesamtsein“ in einem Menschen bin.
Für mich ist es nachwievor Innen A, B, C, das dies kann.

Dazu gehören auch Positionierungen in sozialen, religiösen oder kulturellen Bezügen.
Ich weiß, dass viele bei uns nach dem jüdischen Kalender leben, würde dennoch von mir selbst nicht sagen „Ich bin Jüdin“. Genauso wenig wie ich sagen würde, ich sei Handwerkerin, Schriftstellerin, Lesbe oder Philosophin.

Ich brauche es ganz basal, um mir meiner selbst sicher zu sein: Ich bin ein Mensch- der Rest sind optionale Etikettierungen, die ich mir später vielleicht als mir zugehörig annehme oder auch nicht.
Mein Sein wird davon nicht berührt, keine dieser Beschreibungen haben etwas mit mir zu tun und das wäre nicht anders, wenn ich sie nennen würde. Mich also irgendwo so vorstellte: Hallo ich heiße XY und bin Handwerkerin.

Ich wäre es nicht, nur weil ich es sage und die Fähigkeiten in meinem Körper inne habe, dieses Etikett zurecht mit mir herumzutragen. Es würde nicht sagen wer ich bin- es würde sich nur anders anfühlen mit dieser Selbstbeschreibung von Menschen angenommen zu werden.

Ich glaube, dass es sehr viel mehr Mut und Selbstsicherheit braucht, als man meinen könnte, auf Etiketten und Zugehörigkeitsbeschreibungen zu verzichten.

Es ist einfach leichter, wenn man für vieles von sich selbst blind ist, sich in Kreisen zu bewegen, die ausschließlich auf den direkt abruf- und reproduzierbaren Fähigkeiten basieren. Zum Beispiel eben auch in zum Beispiel sektuösen Gemeinschaften zu leben, die einem genau vermitteln, wer man ist und was man kann (zu können hat). Dort ist das alles klar und der Rest ist irrelevant.
Deshalb hier auch noch mal der Einschub: Es ist hilfreich eine Therapie zu beginnen, selbst wenn man noch in Täterkontakten steckt! Woher zum Geier soll man sonst erfahren, was noch für Fähigkeiten und Eigenschaften in einem stecken, als die die erforderlich sind, um in Gewaltbeziehungen zu überleben?!
Es ist egal, ob sie auch gleich nutzbar sind- das Erfahren selbst macht den Unterschied und erschafft eine Wahlmöglichkeit, die vorher nicht erfahrbar war. Welche dann wiederum irgendwann soweit wachsen kann, dass sie hilfreich ist, bei der Lösung aus solchen destruktiven Kreisen.

„Vom So-Sein, welches einem hilft zu überleben und funktional zu sein, zur Entdeckung des Gesamtselbst- seins“, so hab ich mir die „Abgrenzungskurse“ in div. Kliniken erklärt.
„Suchen Sie sich hier im Raum den Platz, an dem sie sich am Besten fühlen… Was gibt ihnen dieser Platz und woran merken Sie das? … Wo im Alltag haben Sie noch so einen Platz? … Wann suchen Sie ihn auf- können Sie ihn aufsuchen oder ist es der Wäscheablageplatz ihres Mitbewohners?“… Was können Sie tun, um diesen guten Platz für sich zu sichern?“.
Klingt alles total leicht, oder?
Ich stand in diesem Raum und dachte nur: „Orrr weiß ich doch nicht! Ist doch auch egal- so hier platsch, ich bin hier um meine Aufgabe zu erfüllen und peng. Haken hinter und weiter im Text.“.

Ich hatte keine Ahnung, wie sich ein Sicherheitsgefühl anfühlt, weil ich mich selbst nicht gefühlt habe. Durch die Übungen allein habe, ich das auch nicht entwickelt- aber dieser Anstoß mich das mal zu fragen und zu merken, dass ich da einen blinden Fleck habe, der mir hinderlich sein kann, war hilfreich. Ich fragte mich das später immer wieder mal und entknotete meine inneren Fühler, um sie über mein Selbst gleiten zu lassen. Ob sich etwas gut oder schlecht anfühlt, kann ja nur von dort kommen.

Alles was ich dabei so fühlte und spürte war damals noch schwammig (und ist es in manchen Bereichen nachwievor), doch es bekam so eine Grenze. Ich tastete ja mein Sein ab- nicht das eines anderen Menschen. Zu lernen, dass Gefühle und Gedanken nicht deckungsgleich sind und auch nur selten deckungsgleich sein können, war für mich der erste Schritt. 91004_web_R_K_B_by_Michael.O_pixelio.de
So und so fühlt sich XY für mich allein an und löst XY in mir allein aus. Egal, wie es jemand anderes nennt, bewertet oder von mir verlangt. Ich bin ich selbst und das Gegenüber ist das Gegenüber selbst- auch wenn es Aspekte der Gleichheit gibt- wir sind nicht kongruent.

So löste sich an manchen Stellen auch das spontane „mit dem Gegenüber verschmelzen und ihn in der Wahrnehmung einer Gleichheit wiegen, damit er mir nichts tut“ auf. Je deutlicher ich erfahre, was ich kann, um zu überprüfen ob mir reale Gefahr droht oder um klar zu haben, was im Miteinander erlaubt ist und was nicht, desto sicherer werde ich mir in Bezug auf mich selbst. 

Mich zum jetzigen Zeitpunkt einer Gruppe anzuschließen, würde mich dabei behindern. Ich weiß ganz genau, dass ich ganz und gar verschmelzen würde, oder mindestens Gefahr laufen würde, das zu tun. Die anderen Innens würden wieder unterdrückt und schlechter versorgt. Ich würde vermutlich auch wieder aufhören Selbstfürsorge zu betreiben und nicht merken, wenn es uns als Gesamtselbst schlecht geht.

Sich abzugrenzen, wirkt egozentrisch- es ist auch egozentrisch. Doch daran ist nichts Schlimmes- auch wenn der Begriff oft negativ konnotiert ist. Genauso wie es als negativ oder arrogant gilt, sich mit seinem Sein irgendwo kategorisiert wissen zu wollen, wenn es sich für einen selbst nicht stimmig anfühlt.

Im Grunde aber halte ich es für mutig und aufrecht.
Für mich ist es ein Marker von Selbstbestimmung und damit wiederum, gerade bei Menschen die zwischenmenschliche Gewalt erfuhren, ein Teil der Heilung davon.

besondertäglich

Gestern haben wir uns Kunst angeschaut. Wir sind aus dem Haus gegangen, haben unsere neuen Gemögten getroffen und sind in der Öffentlichkeit gewesen.
Schwusch!
Das ist etwas, wozu ich mir normalerweise meine rot- güldenen Wonderwomenstiefel sowie meine Kleiderschutzpanzer anziehe und hoffe, die Aufmerksamkeit bei den Menschen, die mich kennen, die ganze Zeit über halten zu können.

Aber gestern schien die Sonne. Es war warm, während ein bisschen Wind ging.
Es war das typische Problem von Menschen, die sich selbst verletzen: Was ziehe ich an? Lang, kurz, welcher Stoff in wie vielen Lagen ist aushaltbar und trägt nicht zu einer übermäßigen Geruchsentwicklung bei? Was passt zusammen und ist dem Anlass angemessen?

Ich war so unangezogen wie schon viele Jahre nicht mehr.
Ein Kleid, das überm Knie endet und dessen Ärmel nur die Schulterkugeln bedecken.
„Mooa das Kleid ist genau richtig jetzt- ich nehm das jetzt. Seide ist gut bei dem Wetter. Die Strumpfhose passt dazu und die Schuhe- ich nehm das jetzt. Ja, ich nehm das jetzt. Ich will das jetzt anziehen.“
[- „Du denkst auch nie an die Anderen, ne? Weißte, das ist, was unsere Kontakte immer so kaputt gehen lässt- die gelten doch gleich als was, was sie nicht sind, wenn sie mit dir so gesehen werden.“]
Schnell über Twitter nochmal gefragt, obs okay für sie ist.
Ist es. Ha! Bätsch!

[- „Du siehst scheiße aus. Lass es. Alle werden dich angucken- eh schon wegen des Zopfes und dann sehen sie die Narben und dann bist du wieder Klopsi von Ballerburg zu Psychohirn- aber das willst du ja, ne? Du willst nicht, dass die Leute etwas Anderes von dir denken, ne?“
– „So willst du gehen? Du siehst nach „Fick mich“ aus. Wenn dich einer anquatscht, haste selber schuld.“
– „Schrecklich- einfach schrecklich. Hässlich.“
– „Das ist zu unsicher. Man sieht zu viel vom Körper. Man soll sich nicht so zur Schau stellen- oder suchst du einen Ehemann? Dann wärst du im Frauenkulturzentrum sicher falsch.“]

Ich schleifte NakNak* durch den Park und wurde wieder unsicher. Aber die Zeit wurde knapp und ich hatte keine Lust mehr mich nochmal in den Kleiderschrank zu setzen und festzustellen, dass das Kleid eben doch das Beste, neben der üblichen Alltagspanzerung, gewesen wäre.
Es war ein besonderer Anlass, es war ein nicht alltägliches Zusammenkommen.

Im Sommer werden wir auch im mehrschichtigen Sichtschutz angequatscht und „angeflirtet“. Die Klamotte spielt dabei keine Rolle, sondern lediglich unsere biologische Weiblichkeit. Für solche Menschen sagt jede Kleidung „Fick mich“. Und einen Ehemann zu finden, hat auch nichts mit dem Aussehen oder dem Zeigen der Körperlichkeit zu tun. Mal abgesehen davon, muss ich mal noch herausfinden, wo das nun wieder herkam. Klingt nach Zeitverschiebung um etwa 60-70 Jahre…

Wir gingen zurück in die Wohnung, in der sich NakNak* uftzend unter die Essecke fallen ließ.

Ja? Nein?
Verdammt- Ja!

Dann fiel mir noch etwas ein, was dieses Gewülst aus innerer Ablehnung und Kommentiererei beenden könnte. Mensch XY nebenan.

„Ist Mensch XY da?“, fragte ich den Besuch, der bei ihm in der Küche stand.
– „Nee, der ist grad was einkaufen.“
Hm… was jetzt? Die pünktliche Bahn hatte ich jetzt schon verpasst, noch später zu kommen ging nicht.
– „Na dann- kannst du mir grad sagen, dass ich nicht komplett furchtbar aussehe?“
[Warg- eines der Teenieinnens. Nein Nein Nein geh weg- jetzt waaaa nicht jetzt.]
„Ach nein gar nicht! Wirklich nicht.“
„Okay, danke- Erklärung kommt später- Tschüüüß“, umgedreht und los! Im Laufen merken, wie dieses Teenieinnen es genießt weniger zu tragen und etwas das wir „halb und halb“ nennen versuchen. Akzeptieren dabei Britney Spears in den Ohren haben.

Die Ausstellung war schön, die flockige Art des jüngeren Innens in meiner Nähe war hilfreich, den Kontakt zu den Gemögten zu halten. Wenn auch weniger hilfreich beim Thema „VulvaArt“ der Ausstellung. Meine Güte- Teenies sind echt unreif, wenn ich das hier grad mal anmerken darf haha

Wir haben jemand Neues kennengelernt, und sind im Anschluss sogar noch in der Öffentlichkeit essen gegangen. Auch so eine Sache gerade. Menschenessen essen, sichtbar sein, kurzärmlig sein, sprechen, denken, interagieren. Die Menschen beobachten, imitieren und das alles mit Nutzung des Sprachzentrums, während man den inneren Händen und Füßen wegstemmt, was sich hochdrücken will.
Merken, wie leicht der Nichtkörpername bei einer Vorstellung gesagt werden kann. Wie gut er in diese Konstellation passt, wie sehr es erleichtert, „die Hannah“ sein zu dürfen und von Anfang an so bekannt zu sein.

Merken, wie gut es tut, vermitteln zu dürfen, dass man nicht gut bitten kann nach Hause gefahren zu werden und nicht alles dahinter auch noch sagen zu müssen. Am Ende sogar ein bisschen vergessen zu können, was man gerade an hat und wie man aussieht.

Zu Hause haben wir uns wieder umgezogen. Aber nur weil sich Wolken am Himmel zeigten und die Nacht kühl zu werden begann. Erst mal ein bisschen in NakNak*s Fell weinen vor Dankbarkeit und das Eindrucksgewirbel im Laufen mit dem Hund verteilen. Es einfach im Park liegen lassen.
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Irgendwann in der Nacht sogar traurig darüber sein, seinen Höhenflug beenden zu müssen, weil der Körper nach Schlaf jammert.

Nein, es war nicht alltäglich. Es war besondertäglich. Schön und nah dran an dem, was wir uns für die Zukunft vorstellen.

Danke ihr Beiden!