die Tagung

Gestern kamen wir der herzlichen Einladung der katholisch sozialen  Akademie des Franz Hitze Haus und der Fachstelle für Sekten- und Weltanschauungsfragen des Bistums Münster nach, an der Fachtagung mit dem Titel „rituelle Gewalt in satanistischen Sekten“ teilzunehmen.

Als Referenten sprachen als Überlebende ritueller Gewalt „Nickis“  (Nicki und die Bärenbande) über ihren Ausstieg aus dem Kult in dem sie aufwachsen mussten, sowie auch über ihre Therapie und OEG- Erfahrungen.
Über die Hintergründe, die Diagnosen und die Behandlung hochdissoziativer Persönlichkeiten referierte Michaela Huber. Ihres Zeichens Psychotherapeutin und Ausbilderin in Traumabehandlung mit langjähriger Erfahrung auf diesem Gebiet.
Als weitere Sprecher traten Prof. Dr. Adolf Gallwitz von der Polizeihochschule und Kommissar a. D. Manfred Paulus aus Villingen- Schwenningen auf, welche Einblicke in die (Un-)Möglichkeiten der Polizeiarbeit gewährten.

Der Saal war voll belegt. Innerhalb kurzer Zeit sei diese Veranstaltung, laut verschiedener Beteiligter ausgebucht gewesen. Kein Wunder- so ist es wohl meistens wenn Menschen beginnen Dunkelfelder menschlichen Elends zu beleuchten: Man ist so froh um jede Möglichkeit des Austauschs und Abgleichs der Wahrnehmungen, dass man sich wie die Wespen auf alles stürzt war nach Zucker riecht.

Den Anfang machten Nickis und gaben so offen wie es ihnen möglich war, einen Einblick in ihr System und alles was ihnen geholfen hat den Ausstieg zu schaffen. Was für eine innere Stärke dazu gebraucht wurde und wie wichtig der Wille war, haben sie sehr gut verdeutlicht, was uns gefallen hat.
Sie sprachen durchgehend für sich und ließen nie die Möglichkeit entstehen, von ihnen auf alle Betroffenen zu schließen- außer dort, wo es Häufungen gibt. So zum Beispiel erwähnten sie, dass sie es geschafft haben während der 20 jährigen Therapiezeit (die sie nicht gänzlich integriert beendeten) zu arbeiten und ihre Psychotherapie selbst zu finanzieren, doch dass dies etwas ist, das nicht alle schaffen.

Mir hat ihre Sprachführung sehr gefallen, denn sie sprachen von Überlebenden.
Etwas, das dann im Anschluss auch Michaela Huber übernahm und gleich auch weiterleitete auf die vielen kleinen Sprachfallen, in die die breite Masse leider immer wieder tappt. Sie prangerte die Begriffe des „sexuellen Missbrauchs“ („Denn sie wissen ja: Wo ein Missbrauch- da ein Gebrauch und kann es wirklich einen richtigen Gebrauch von Menschen geben?“) und der „Kinderpornographie“, sowie der „Kinderprostitution“ an und schlug, wie damals zu ihrer Lebzeit noch Monika Gesterndörfer in ihrem Buch „Der Kampf um die verlorenen Wörter“, die Begriffe der „sexualisierten Gewalt“, der „Kinderfolterdokumentation“ und der „organisierten Kinderfolter“ vor.

Der Vortrag zu den diagnostischen Hintergründen und der Behandlung von Menschen mit DIS ergab einen runden Gesamtüberblick über die Mechanismen der menschlichen Psyche, die zu erst dafür sorgen, dass die Betroffenen die Gewalt, der sie ausgesetzt waren, überlebten und dann in der Folge leider aber auch dafür sorgen, dass der Ausstieg aus diesen Täterkreisen sehr schwierig und zäh sein kann.
Positiv ist mir dabei aufgefallen, dass zu keinem Zeitpunkt der Mythos des „weltumspannenden Netzes der Satanisten“ bedient wurde. Sehr schnell wurde klar, dass es um schwere Gewaltverbrechen an Menschen geht, die sowohl spirituelle als aber auch sehr weltliche Interessen befriedigen können.
Es wurde sehr eindrucksvoll klar, dass es bei Gewalt um Macht geht. Einzig an der spirituell-geistigen Note zusätzlich, welche die rituelle Gewalt mit sich bringt, wurde ein Unterschied zu anderen Formen von Gewalt gegen Menschen gemacht.
Diese Differenzierung so deutlich vor Augen zu haben, war für mich als Betroffene sehr klärend und ich wünsche dies den vielen TeilnehmerInnen, die vielleicht ähnlich verwischt empfanden wie ich vorher, ebenso.

Nach der Mittagspause trat Herr Prof. Dr. Gallwitz ans Mikrophon, um einen Einblick in die Polizeiarbeit im Dunkelfeld der rituellen Gewalt zu gewähren. Es wurde deutlich, dass es sich um einen akademischen Vortrag zum Thema der Hindernisse bei der Anzeigeerstattung von Menschen mit DIS allgemein und leider nur am Rande die Handlungsmöglichkeiten der Polizei handelte, der eher ungünstig für das Publikum aufbereitet und vorgetragen wurde.
Dies spiegelte auch das Publikum. Der Vortrag endete leider ohne leicht nachvollziehbares Fazit und hinterließ spürbares Gefühl der Ohnmacht und Enttäuschung bei mir. Hatte ich doch nun gerade wieder das „typische“ Verhalten von Vertretern der Polizei gesehen. Nur diesmal noch obendrauf akademisch vorgetragen und mit der Ahnung, das genau diese Haltung und Raster offenbar auch so gelehrt werden.

In diese Stimmung hinein trat der Kommissar außer Dienst, Herr Paulus aufs Podium.
Seine emotionale Beteiligung an dem Thema nach 30 Jahren im Dienst war gleichsam unüberhörbar, wie sein Wunsch nach mehr Handlungsmöglichkeiten der Polizei im Angesicht dessen. Ihm gelang es deutlicher sein Mitgefühl und Verständnis für die Position der Überlebenden zum Ausdruck zu bringen. Doch auch nach diesem Vortrag in dem viel Kritik am „runden Tisch sexueller Missbrauch“, an den derzeitigen Täterschutzgesetzen und Leitlinien zur Prävention und Aufdeckung von sexualisierter Gewalt an Kindern angebracht wurde, entspann sich in meinem Gefühl folgendes Schlussfazit für die Vorträge der beiden Polizeivertreter:
„Wenn ihr Überlebenden die Täter nicht anzeigt, können wir nichts für euch tun. Wenn ihr es doch tut, aber auch nicht, weil ihr durch die Folgen nicht ganz so zuverlässig seid, wie ihr müsstet.“

Das „selber Schuld“ schwang in meinem Kopf hin und her- abwechselnd mit einem Gefühl der absoluten Hoffnungslosigkeit von der Polizei zum jetzigen Zeitpunkt, und entsprechend ihrer Mittel und Möglichkeiten, die Hilfe zu erfahren, die sie zu stellen verpflichtet ist.
Ich, als Betroffene fühlte mich auch auf der sprachlichen Ebene nicht angemessen angesprochen von diesen Vorträgen. Die gerade 2 Stunden vorher negativ konnotierten Begriffe wurden durchgehend verwendet, genauso wie der Begriff des „Opfers“ immer wieder fiel. Auch wurde nicht darauf geachtet, Gewaltschilderungen herauszustreichen oder auf evtl. visuelle Trigger in der Overhead- Präsentation hinzuweisen.

Es war sehr deutlich, wie weit sich allein schon der normale Umgang mit dem Thema und dem Publikum in der Wertschätzung der Begegnung unterschied.

Nach einer 10 minütigen Pause schloss die Tagung mit einer einstündigen Podiumsdiskussion in der einige Fragen an die Referenten der Tagung gestellt werden konnten.
Sehr positiv fiel mir die Wortmeldung einer Teilnehmerin und dem folgend einer Vertreterin des „runden Tisch sex. Missbrauch“ dabei auf, die auf die Forderung von Herrn Paulus nach einer Anzeigepflicht reagierten.
So wurde die Notwendigkeit von Opferschutz vor Anzeigeerstattung unterstrichen. Doch auch hier war wieder sehr deutlich spürbar, dass es eben diesen Opferschutz in der Bundesrepublik Deutschland bis heute nicht ohne die auslösende Gefahr der Anzeigeerstattung an sich gibt.

Ich habe mich zum Ende hin immer ohnmächtiger und trauriger gefühlt.
Immer weiter häuften sich Aussagen, die einen nur unbefriedigenden Schluss übrig ließen:
Du bist ganz allein
Keiner kann dir helfen
Du bist machtlos

Für mich sind das Schlüsse, die meine ganze Kindheit und Jugend durchzogen. Wir haben uns als Mensch genau deshalb so aufgespalten, weil wir in einer Realität gelebt haben, in der diese Aussagen wahr waren.

Doch diese Tagung zu besuchen war uns nur möglich, weil diese Sätze eben nicht mehr wahr sind. Weil wir eben nicht mehr allein sind und es auch nie wieder sein müssen. Weil die Menschen da draußen, die sich so sehr für ihre Klienten einsetzen, eben doch helfen können und wollen. Und weil wir alle, die wir hier in Deutschland leben und diese Gewalt ablehnen, eben nicht hilf- und machtlos sind.

Und so kam es zu unserer Wortmeldung an Ende der Tagung.
Ich dachte: „Wenn all das so in mir arbeitet und mich irgendwo zwischen „schreien gen Himmel“ und „Weinen im Innen“ flattern lässt- wie muss es in jenen nun aussehen, die herkamen und sich dessen als BehandlerIn noch nicht so sicher sind, in dem was sie für ihre Klienten tun und in Bezug zu ihren eigenen Motiven?“.

Ich weiß nicht mehr wortwörtlich was wir gesagt haben, aber das Wichtigste wurde zum Ausdruck gebracht und ich hoffe, dass die an die es gerichtet war, dies eine Weile bewahren können.
Ja, BehandlerInnen und auch die Polizei stehen der Gräuel in den meisten Fällen auf eine Art gegenüber, die sie sich ohnmächtig und hilflos fühlen lässt, doch zumindest ich, als Überlebende, bin bis heute für jede gereichte Hand, für jede gezeigte Präsenz, für jede Geste der Hoffnung unglaublich dankbar.
Das ist soviel mehr als das, was wir als Kind erlebt haben und auch manchmal noch soviel zu viel Gutes für mich, dass ich oft noch gar nicht richtig damit umgehen kann.

Doch es ist nicht umsonst, denn genau das hat mein Leben so oft gerettet und genau das ist es, was immer möglich ist- auch wenn die Gewalt weiter geschieht und auch wenn die Polizei nichts dagegen tun kann.
Da sein und sich zeigen und kämpfen geht trotzdem.

Für uns war es ein großer Tag. Wir haben unsere Freiheit aus den Täterkreisen zum ersten Mal genutzt und Dinge getan, die für uns bis dato mit einem Machtgefälle zu tun hatten (Erwachsenensachen eben). Um dann eine Entwicklung zu spüren aus einer tiefen Ecke im Innern. Wir taten etwas, das wir in den ganzen Jahren seit der Befreiung niemals von uns aus getan haben: Wir forderten die Hand einer Verbündeten und hielten sie einfach fest, als wir das Veranstaltungsgelände verließen.

Ich weiß es nicht genau- aber irgendwas ist bei uns an dem Tag einen Zentimeter gewachsen.

Danke dafür an alles und alle!

265686_web_R_K_by_ibefisch_pixelio.de

Verantwortung, Schuld und was uns sonst noch so trennt

Eigentlich ist es doch eine ganz einfache Kette:
mir wurde Gewalt angetan —> ich erhielt etwas, dass ich ver- geben kann

Weshalb ich das gerade nicht tun kann, erklärte ich in dem Abschnitt der aufzeigte, dass die FolgenDavidPfister der zugefügten Gewalt von meiner Seele- meinem Sein- diesem blinkenden Kern der “uns” darstellt, bereits so aufgenommen wurde, dass jedes Vergeben hieße: “jemanden” von uns zu ver-geben. Im Sinne von “ein Innen weg- geben”.

Schnell entspinnen sich die Gedanken anderer Menschen auch um das Thema der Schuld und der Verantwortlichkeit von Menschen die zum Opfer (zwischenmenschlicher) Gewalt wurden.

Ja, gut.
Dann also die Themen Schuld und Verantwortlichkeit.

Gerade nach dem letzten Artikel hörte ich: “Nein- du hast keine Schuld gehabt- es war nicht deine Verantwortung.”
Was aber ist Verantwortung?
Entsprechend allgemein gültigen Wortdefinition, ist Verantwortung, eine Art Verpflichtung im Rahmen von geltenden (sozialen, kulturellen, moralischen, religiösen) Normen (die in Gesetzen festgehalten sind) zu interagieren. Es ist etwas, das wir Menschen uns gegenseitig aufdrücken, damit wir vernünftig miteinander leben können.

Das ist eine gute Idee wenn es darum geht, Schäden zu verhindern und Ansprüche auf Ausgleich und Gerechtigkeit definiert und geltend gemacht werden können.

Verantwortung ist keine flexible Pflicht. Sobald man sich in einem menschlichen Kontext mit einem Normenkonzept befindet, ist sie da. Man ist verantwortlich für alles was von einem ausgeht- wie für alles was zu- an einem herangetragen wird. Ganz grundlegend und immer und überall.
Es gibt nur genau einen Punkt an dem man trennen kann zwischen dem, was die eigene Verantwortung ist und dem, was die Verantwortung eines anderen Menschen ist. Und das ist der Punkt an dem etwas nicht mehr im eigenen Einfluss- Beeinflussungsbereich liegt.

Unsere (Staats-) Gesetzgebung nennt Kinder unmündig und stellt sie als besonders hilflos und schutzbedürftig dar. Das heißt: vor dem (Staats)Gesetz haben Kinder keine Verantwortung dafür zu tragen, wenn ihnen Gewalt angetan wird- da ihnen im Sinne der Gesetzgebung jede Möglichkeit zum Einfluss bzw. zur Beeinflussung fehlt.

Ich vermute, weil unsere demokratische Kultur das Konzept der Staatsmacht sehr hoch bewertet (da ihre Standbeine die Aufgabe haben, absolut neutral und ausschließlich den geltenden Gesetzen entsprechend zu agieren), heißt es heute sehr schnell, dass jemand eine Schuld trägt, weil er eine Verantwortung (entsprechend der staatsmächtlichen Normen) abgegeben hat oder einer hilflosen- (einer zu Einfluss unfähigen) Person übergeben hat.

Doch ist für mich- uns diese Überzeugung fern.
Sehr viel näher liegen uns die Felder der Verantwortung, auf die so bewusst scheinbar nur wenige noch Rücksicht nehmen, weil die Staatsmacht soviel Raum einnimmt.
(Pseudo)Religiöse (und damit schnell (sub)kulturelle) Normen und darin begründete Verantwortung wird (vor allem hier in Deutschland) meinem Empfinden nach verachtet- ja manchmal sogar missbilligt und jede weitere Pflicht, die man sich aus ihr heraus annimmt wird abgetan und teilweise sogar kriminalisiert.
Doch sie ist da. Und sie hat für viele Menschen unter Umständen genauso viel Gewicht wie die Staatsgewalt. (Stichwort “nicht integrationswillige Migranten”, Beschneidungsdebatte, Burkadebatte, das Kreuz im Klassenzimmer)

Wir sind mit einem Konzept aufgewachsen in dem unser Einfluss- unsere Möglichkeiten der Einflussnahme auf andere Menschen nicht als inexistent betrachtet wurde.

copy gnar.gn.funpic.deWir wuchsen mit dem Wissen und der Selbstverständlichkeit von Gewalt auf, weil sie in dem Kontext gerechtfertigt ist, aufgrund eben genau dieser Form der Selbstverantwortung und pseudoreligiöser Pflicht..

Wenn man etwas will, dann soll man es tun. Wenn man etwas nicht will, dann soll man es lassen.

Der Fall, dass man nicht will, dass etwas mit einem gemacht wird, ist schlicht nicht vorgesehen. Das gesamte Konstrukt ist darauf aufgebaut, dass jeder einen Schmerz oder einen Unwillen überwindet (und überwinden will) um stärker und damit wertvoller für alle zu werden.
Und das ist schon alles.

Alle Konflikte die sich darauf aufbauend entwickeln, sind begründet in dem Doppelleben das wir zu leben gezwungen waren (und es innerlich bis heute sind). In der einen Welt, der Welt in der Verantwortung mit potenzieller Schuld, Hand in Hand geht und Kinder vom Gesetz geschützt werden, können wir vieles was uns angetan wurde als definitiv unrecht betrachten und eine Unschuld im Sinne einer Unfähigkeit einer Einflussnahme, sowie all den Schmerz und die Demütigung annehmen. Das gilt zum Beispiel für alles was uns passiert ist, seit wir aus dem direkten Wohnumfeld der Täterkreise (also aus dem direkten pseudoreligösem Einfluss) heraus sind- nicht aber für das, was uns unter dem Deckmantelkonzept der Pseudoreligion angetan wurde, während wir direkt noch dort lebten. In jener anderen Welt hätten wir etwas verhindern können und haben es nicht getan.

Die vom Staat und auch der breiten Masse immer wieder unterstrichenen Trennung von Religion und Staat ist es zu verdanken, dass wir mit unserem Ansinnen diese Punkte irgendwie zu verbinden allein auf weiter Flur zu stehen scheinen.

Ich merke es, wenn ich auf der Suche nach Literatur zum Thema des geistigen Ausstiegs oder auch der spirituell-psychischen Selbstbestimmung bin. Ich merke es, wenn ich auf der Suche nach einem Konzept, einer Idee, einem Stichpunkt bin, der mir erlaubt meine eigene Verantwortung an der uns zugefügten Qual sowohl anzunehmen, als auch gleichzeitig als “Unrecht” zu bezeichnen.

Wir wollen (und können) nicht einfach unseren Kopf aufklappen und einmal feucht durchwischen, um dieses uns gleichsam zerstörende- wie aber auch haltende (Normen- und) Wertesystem abzubauen.
Oft stoßen wir damit auf Unverständnis, stürzen unter Umständen hilfreiche Phrasen, die sich jemand vorsagt, um mit seinen Gewalterfahrungen zurechtzukommen um, wenn ich sage, dass wir nicht vergeben oder wie nun hier, dass wir die grundlegende Verantwortung für das was uns passiert ist, nicht als inexistent oder zu Unrecht auf uns abgewälzt betrachten (können) bzw. beides gleichzeitig gesehen haben wollen.

Würde ich anfangen Tätern eine Verantwortung im Sinne der Gesetzgebung zuzuschreiben, würde ich ihnen eine Schuld aufdrücken, die sie aber im richtigeren Kontext (der ursächlich für die Handlung war) schlicht nicht haben. Ja, würde ich zu einem Richter gehen- der einzig dem juristischen Recht der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist- käme es zu einem Schuldspruch. Doch würde ich zu einem Richter gehen, der den Gesetzen jenes pseudoreligiösem Konstruktes entspricht, wäre meine Anklage ein Fall für einen Schuldspruch!

Ja, liebe ultra-Schlauen da draußen, es ist völlig klar, dass hier jemand schreibt, der einer Indoktrination unterworfen wurde und der Gedanke, dass diese Worte hier stehen, weil wir mit viel Angst dazu gebracht wurden, so zu denken und zu vertreten, ist verständlich.
Doch bedenken Sie bitte Eines: jemand der schlicht Täterkonzepte- und Inhalte repliziert, der sieht nicht beide Welten.

Wir haben eure Welt gesehen.
Wir sehen sie und wir wollen in ihr leben, wie alle anderen Menschen auch- doch… wo wir die Täter und die ganze Gewalt in uns haben und sie nie werden ver-weg-geben können, da haben wir auch ihre Werte und ihre Konzepte in uns.

Unser Ziel ist kein Zustand in dem wir von einer Freiheit dieser Inhalte sprechen.
Das Ziel ist ein Zustand der Integration, sowohl dessen was in mir ist- als auch mit dem was um mich herum ist.

P.S. So viele Parallelen: Ich denke: Ich möchte beides gelten lassen können. Ich möchte alles (da)sein lassen dürfen.
Und irgendwie ist es wieder auch das Thema: Ich möchte eine Erlaubnis für mein Sein- mein auch so viel(e) sein wie ich- wir eben sind.

von Bubbles und Pseudoreligiösem

“Du schreibst immer von “pseudoreligiös”- wieso? Weiß doch jeder, dass Multiple was mit Satanskult und so Zeugs zu tun haben.. Scheiß Religionen.”, sprachs und ließ mich, aufgerippelt wie einen Strickpulli, unter der Decke kleben.

Ich weiß nicht, obs nur das Sprachding oder noch mehr ist..
Vielleicht bin ich doch so was wie der Tropfen Seifenwasser, der sich an die Bubble des sozialen Miteinanders hängt und wirklich immer und überall einfach nur dazwischen steht. Weder in der Bubble selbst- noch wirklich davon getrennt.

Oder bin ich Teil einer noch nicht aufgepusteten Bubble- oder schlimmer noch: einer Geplatzten…? (Kommentarfunktion ist an…*räusper)

Wenn ich von Pseudoreligiösem Handeln schreibe, dann meine ich genau das, was das Wort sagt. Nämlich davon, dass jemand angibt ein religiöses Konzept zu verfolgen, dies aber in täuschender Absicht (oder gar nicht) tut. Für mich ist dieser Begriff die bestmögliche Umschreibung dessen, womit wir als Kind konfrontiert waren, ohne auf Inhalte eingehen zum müssen. Deshalb verwende ich ihn. Ich könnte auch von schlichter Täuschung, Lüge, Manipulation mittels Zaubertricks, drogeninduzierter Verwirrung und der Ausnutzung von kindlich- magischem Denken sprechen- aber das deckt nur einen kleinen Teil dessen ab, was sich so langsam erinnern lässt und ist entsprechend schlicht falsch. [Außerdem lassen solche Worte in Bezug auf die Ereignisse die BÄÄÄMs aus ihrem Bau kriechen und wer will das schon haha]

Die oben getroffene Aussage berührt viele Punkte, die mir (uns) wirklich stinken.
– “weiß doch jeder”
Stimmt nicht! Mit solchen Ansagen wird der immense Bedarf an Aufklärung nicht nur verharmlost, sondern direkt mal gleich für unnötig erklärt.)

– “dass Multiple was mit Satanskult und so Zeugs zu tun haben”
[war die Pauschalisierungskeule, die mich unter die Decke knallte]

– “Scheiß Religionen”
[…wird ein eigener Artikel…und war das aufrippelnde Element]

Wo ich schon die “Bubbles” erwähnte… “weiß doch jeder”, gilt (eventuell vielleicht!) für die kleine FabianOefner4Bubble in der sich der Mensch, der diese Aussage machte, befindet, doch das heißt noch lange nicht, dass “jeder” überhaupt weiß, worum es bei
a) der DIS (dissoziative Identitätsstörung) oder auch MPS (multiple Persönlichkeitsstörung) überhaupt (und im Grundsatz des Grundsätzlichsten) und
b) “Satanskult und so Zeugs” bzw. “rituellen Missbrauch”, wirklich geht!

Wenn ich zurückblicke auf unsere 23 (!!!) Erstgespräche bei ambulanten Psychotherapeuten im Großraum unserer  Stadt letztes Jahr, sowie auf unsere Rundreise durch div. Kliniken und Therapeutenpraxen früher, weiß das nicht mal in den Profibubbles “jeder”!
Was auch (in einem Teil) gut ist, denn es ist nicht wahr, dass DIS gleich Satanismus bedeutet!

Eine DIS ist eine Traumafolgestörung, die sich aufgrund sehr früher, wiederholter, schwerwiegender Ereignisse, ohne einen sicheren sozialen Bezug in der Folge, entwickelt.
Diese Bedingungen erfüllen mehrere Szenarien und Lebensumstände- nicht nur satanisch-sexualmagische- extremreligiöse- destruktive Kulte und Sekten.

Dass es diese Kulte gibt und ihre Existenz nun endlich wahrgenommen (und zumindest nicht mehr rigoros und von vornherein) verleugnet wird, liegt an beispielloser Aufklärung, Forschung und der Tatsache, dass sich zum Beispiel “Nicki und die Bärenbande” als Betroffene so offen in die Medienlandschaft getraut haben. Das ist großartig und ohne Frage ein wichtiger Beitrag.
Doch, dass wir nun wieder bei einer Ausschließlichkeit (einer Bubblebildung) angekommen sind, bekritzt mich wirklich.
Ich finde es nachwievor fatal, dass der Film “Höllenleben” jederzeit und ohne weitere er- und aufklärende Worte bei YouTube angeschaut werden kann und viele Medien zum Thema DIS ihre Beispiele für organisierte Gewalt an hilflosen Menschen, fast ausschließlich in Bezug auf Kulte und Sekten bzw. auf mafiöse Strukturen im Ausland fußen lassen. Während gleichzeitig die Angebote zum besseren Verständnis und des Austauschs mehr oder weniger systematisch blockiert, schnell beiseite geschoben werden (Stichwort: Betroffene bei Fachtagungen und Helferkonferenzen bzw. Helfer in Tagungen von Opfervereinigungen und ganz allgemein das schlichte Desinteresse/ der offene Unwillen die (Definitions)Macht im Patienten-Behandler Kontext abzulegen und die offene Ablehnung der “Profis” sich auf die Lebensrealität ihrer Patienten/ Klienten einzulassen), und Fachbücher mit dem Fokus so derartig teuer sind, dass eine gewisse Informationsverteilungsbenachteiligung entsteht.

Satanismus als Deckmantel- als “Thema” von Folterdokumentation taucht nirgends auf. Als hätte die Täterschaft kein Bewusstsein für die Wirkung von dem, was ihre Opfer später (so sie denn dazu in der Lage sind) erzählen könnten. Menschen, die nur so tun als wären sie eine Sekte, in Wahrheit aber schlichte Dokumentatoren/ Produzenten/ Darsteller für ein breites ! zahlungskräftiges !  Publikum sind, werden gar nicht erst erwähnt. Zu profan und undramatisch ungruselig vermutlich die illegale Pornographie und zu privat der Kreis der “FKK- Liebhaber”, zu ausgelatscht und “hin-Gesetz-t” das Thema Zwangsprostiution und Menschenhandel in und um Deutschland.
(Bei der Gelegenheit erinnere ich gerne an die Worte meiner Rechtsanwältin: “Die ganzen Fälle von Kinder”pornographie”- was glauben Sie denn, was aus den Kindern geworden ist und wie solche Bilder entstehen?!”, um etwas anzustoßen)

Gewalt muss in den Medien immer noch schlimmer dargestellt werden, als sie eh schon ist. Auf Kosten der Opfer. Paradebeispiel für mich bis heute: der Fall rund um Frau Kampusch. Jahrelange Gefangenschaft reicht nicht… da muss mehr her.
Das Gleiche bei Menschen mit DIS. “Gewalt” an Menschen seit der frühen Kindheit reicht nicht als Oberbegriff- da muss noch was Gruseliges dazu… (Vorallem wenn die Betroffenen inzwischen erwachsen sind- handelt es sich um ein Kind “reicht auch” die “übliche” Kindesmisshandlung. Faktor Mitleid hoch zehn- obwohl mit Mitleid niemandem gedient ist.)

Das Ergebnis sind Betroffene (und deren Helfer- so sie denn so stark und mutig sind) in der Rechtfertigungs- und Erklärungsposition, die gleichsam bedrängt wie unbeachtet im Dunkel um jeden Fitzel Beachtung ihrer aufklärenden-erklärenden Worte kämpfen.

Ebenfalls ein Ergebnis ist verwaschene Begrifflichkeit.

In Bezug auf den Song von Herrn Naidoo tauchte zum Beispiel immer wieder der Begriff des “rituellen Missbrauchs” auf. In dem Song ging es aber um Gewalt in (satanistischen) Kulten.
Etwas rituell zu tun, kann auch den allmorgendlichen Sonnengruß eines Yoga praktizierenden Menschen oder, dass jemand eine bestimmte Handlung ganz allgemein immer wieder und wieder und wieder vollzieht, meinen.
Der Mensch der ein Kind mit immer der gleichen Musik im Hintergrund quält, setzt das Kind ebenso rituellem Missbrauch aus, wie der Mensch der ein Kind im Rahmen eines Rituals (auf immer die gleiche Art) quält.

Heute aber heißt es: “ritueller Missbrauch” und die erste Assoziation sind (ausschliesslich männliche) Menschen in Kultkluft und religiösem Wahn. Inszenierte Folterungen ganz ohne Kulthintergrund, rücken so wieder in den Hintergrund und verschmelzen in der Sparte des “Naja-igen”. Relativiert, wie die durchlittene Vergewaltigung im Begriff der “sexuellen Nötigung”, einfach schon weil sie keine eigene explizite Bezeichnung (mehr) hat.
Und was ist ganz logisch? – Was kein eigenes Wort hat (und damit seinen Platz für Beachtung bekommt), das gibts nicht…
Dieser Gefahr sind sich viele Menschen da draußen gar nicht bewusst, weshalb ich hier immer wieder darauf herumreite, wie wir uns im Bezug auf Gewalt an und gegen Menschen ausdrücken.
Sprechen wir undeutlich, kommunizieren wir das Falsche und die Falschen profitieren davon.

Unsere Worte aber haben Kraft.
Verwenden wir die Richtigen im richtigen Kontext, kann es Aufklärung, Schutz und Gerechtigkeit gehen.

Und niemand muss sich als Seifenwassertropfen inmitten der ganzen (Unbetroffenen-)Bubbles fühlen, weil er das (manchmal gefühlt) allein tut und immer wieder vom Urschleim an beginnt zu erklären und geradezurücken….

FabianOefner1