Dursthunger

Regentropfen sind nur so lange Tropfen, wie sie fallen. Wenn sie irgendwo aufkommen, beginnt ihre Verwandlung zu einem Plitsch oder Platsch. Einem richtig spitzen Plitsch vielleicht, oder einem besonders ausuferndem Platsch.
Eine Dreifaltigkeit stellen sie dar. Vom Gas, zum Tropfen, zum PlitschPlatsch.

Wenn sich die Wolken in unterschiedlichstem Grauton über das Firmament wälzen und der Wind auffrischt, beben meine Antennen. Sie senden mir die Kunde von Erlösung, Labung, Kühle. Das Ende der Verschmelzung, des immer wiederkehrenden Kreisens um die Suche nach Begrenzung des eigenen Seins.

Dursthunger ist eine der quälendsten Empfindungen, die ich kenne. Wenn sich die Magenwände aneinander festkrallen, um voneinander zu essen. Die Kehle, wie ein Rohr aus kubisch dichtmöglichster Packung groben Sandes im Hals steckt und die Lippen nichts weiter, als eine kraterhafte Begrenzung um das Loch im eigenen Gesicht sind.
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Das Sein regt sich und versucht sich an den scharfen Kanten der Salzkristalle, die das Denken bildet, vorbei zu schleichen. Es bildet lange Arme, rationiert seine Wirbel weg und wird zu einer Art Fadengewirr aus Tentakeln unterschiedlichster Beschaffung, die sich um jeden Reiz herumwickeln und ihn aussaugen bis zum letztmöglichen Funken.

Es tastet sich über die Haut, welche sich wie billigstes Knitterplastik um das knotige Muskelfleisch geklebt ausmacht. Ab und an zuckt ein greller weißgelber Blitz aus Schmerz von der Bauchmitte aus und schneidet die Welt in dünne Scheiben. Irgendwann hört man sie aneinander klirren, wenn sie sich wie Dominosteine berühren. Kurz vor dem Moment, in dem man sich an ihren Splittern schneidet, weil man wie ein Wüstenpilger auf eine Fata Morgana zu gestolpert kam.

Das eigene Denken wird zu einem unstet gurgelndem Schleimbach und produziert eine Falle nach der anderen, um das Vieh zwischen Bauchdecke und Organen mit Angst zu füttern.

Und dann kommen die ersten PlitschPlatschs um sich mit der Erde zu vereinen. Vorwitzig kichernd, lüstern miteinander verschmelzend in immer weiter über den Boden leckenden Pfützen. Sie entzünden das spillernde Fadengewirr zu einem Feuer, das sich seinen Weg freibrennt nur um ihnen den Tod durch Ertrinken zu sterben und wieder auferstehen zu können. Teil ihrer Verwandlung zu werden.

Das Sein ist schneller als das Denken und der ausgedörrte Stapel Menschenfleisch.
Es ist die freigebrannte Schneise des Seins, die dem Denken die Erkenntnis von Ursache und Wirkung ermöglicht. Den Körper an einfädigen Kordeln zum Handeln lenkt, wie eine Maschine und nach einer Weile mehr und mehr von seiner Salzbegrenzung abzusprengen ermöglicht.

Das silbrige Gefühl zwischen Gaumen und Sehnerv, lenkt von der Verwandlung der Taubheit in den Lippen zu flirrend dumpfen Schmerz ab. Jedes PlitschPlatsch wird durch das Sandrohr im Hals begleitet und mit einer Vorstellung von einer mächtigen Gestalt, die wie mit einer Machete feinste Nähte zwischen den Magenwänden auftrennt. Plitsch für Platsch hinter sich auftürmend, bis sie von Krämpfen wieder zurückgepresst werden und in der Mundhöhle und dem hinteren Nasenrachenraum herumschwappen.

Der Kampf ist nicht der, die vielen kleinen und großen PlitschPlatschs in sich hinein zubekommen. Das ist er nie gewesen. Der Kampf ist den ausgedörrten Fleischkloß davon zu überzeugen, dass er nicht verdursten und zerfallen will. Sich nicht zu wehren gegen die fast wilde Lust des Seins, in dem sich Knochen, Wirbel und Gelenke neubilden, Muskeln zucken und Konturen ausprägen, je länger es in der Pfütze weilen kann. Je länger es von der Möglichkeit zur Verwandlung und Begrenzung weiß.

aus der Zeit, in die Freiheit- Warten auf die Dämmerung

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.

Rainer Maria Rilke, “der Panther”, 6.11.1902, Paris

Sie kriechen aus dem Innen, in das Jahr 2013.
Der Vorhang lichtet sich und lässt ein Bild hinein.

Meiner oder ihrer?
Mein Sein- dein Schein- ich habe das in einem Brief der BÄÄÄMs an mich gelesen.
Was ist wahr und was nicht- was ist früher und was ist heute?
Was ist echter? Welche Bedrohung ist gleich, obwohl es nicht die gleiche Zeit ist?

Stab an Stab an Stab
Tastend, jede Ebene erspürend. So mutig diese Stäbe zu berühren, müssen sie doch darauf achten, nicht erwischt zu werden, wollen sie ihre Finger behalten.

Sie fragt, ob sie eine offene Rechnung schließen muss. Hat den Berg der Sprachbarriere irgendwie erklommen. Manche Buchstaben fehlen, die Grammatik ist ein Albtraum. Es sind viele Fragezeichen, die durch den Äther rauschen. Irgendwohin. Nicht wissend an was für eine Autorität genau gerichtet. Doch es ist klar, sie lebt mit zwei Bezahlsystemen und fragt nur, welches bei wem nötig wird.

„Nein, mein Herz du bist nicht in der richtigen Zeit.
Aber deine Angst passt in die Angst, um die Situation. Eine Verwechslung ist nur logisch.
Auch wenn sie uns unglaublich tief erschreckt.“
Der Vorhang schließt sich.

Schritt für Schritt für Schritt
Stolpern über Zeitfalten, verwickeln im Zeitstoffband, einen Strick daraus drehen und um den Hals legen.
Einer nach dem Anderen. Auf der Suche nach dem Galgen.
Auf der Suche nach einem Rezept, das es zu einem Zeitkuchen werden lässt.
„Damit ich dich besser fressen kann.“

Zeitfresser. In dich hinein, aus dir heraus.
Zeit, die wie schwarze Tinte über den Boden leckt.
Pfoten tauchen hinein und tragen sie weiter.
Schritt für Schritt für Schritt
Vorbei an Stab für Stab für Stab.

Es war meine Hand, die ihm aufgefallen war.
Flüssige Zeit, tropfenweise aus dem Moos neben der Regenrinne herausgedrückt. Sachte balanciert, durch das eingeschlagene Loch, in meine finstere Hölle. Meinen Käfig.
Fallengelassen in meinen staubig, ausgedörrten Mund.

Schritt Schritt links
Schritt Schritt Schritt links
Schritt Schritt links
Schritt Schritt Schritt links
Quadratur des Kreises

Vorhang auf, Bild hinein.
Wieso war ich da?
Vorhang zu.
Guck nicht hin.
Vorhang auf, Bild hinein.
der Sprachberg baut sich auf, lässt Lawinen herunter segeln.
Vorhang zu.
Wir begraben sie unter ihren Wortbrocken, bis sie nichts mehr sagen.

Schritt Schritt Schritt
Stab Stab Stab

Du hast Zähne, Krallen, Kraft.
Du könntest uns schützen.
Eröffne dich und trete in die Sonne.
Er hat dich gerettet.
Die Tür ist offen
Schon fast 12 Jahre lang.

Der Vorhang wackelt,die Realität scheint immer wieder in kleinen kaltheißen Blitzen hinein.
Blendet und verstört.
Dieses Tier ist nachtaktiv.
Vielleicht ist es ein Warten auf die Dämmerung.
Der Moment, in dem beide Seiten ein vages Erkennen schaffen könnten.

was dann kommt

Vielleicht hat schon mal jemand Geschichten von sogenannten “Wolfskindern” oder auch gehört- mindestens aber von Mogli aus dem Dschungelbuch.

Eigentlich sollte dieser Artikel hier eine der beliebten Disneyinterpretationen werden. Aber ich bemerkte schon beim Lesen der Inhaltsangabe, dass dies eine Geschichte ist, bei der es mir nicht gelingen würde, die rosarote Happy-Lifestyle-Zuckerscheiße mit dem Disneyemblem drauf runterzukratzen.

Zu nah ist die Isolation. Zu genau kennt mein Innen die Art von absolut existenzieller Überlebenskraft, welche hinter der Annahme von Tierischkeit oder, in etwas anderer Form, Verhaltensweisen des Hospitalismus stehen.
Zu genau, kennen wir die Gefangenschaft bzw. Umgebung die “wilde Kinder” produziert.
Deshalb verweise ich hier lediglich auf die Geschichte des Dschungelbuches und versuche mich anzunähern und das Eine oder Andere auszuformulieren.

Den ersten Teil des Geschehens der Befreiung bzw.den ersten Eintrittsakt hat Frau Kampusch in ihrem Buch “3096 Tage” schon gut angerissen. Man befreit sich- kommt endlich endlich raus- kommt endlich im Dorf an und was kommt dann?
“Hände hoch! Wer sind sie? Was wollen sie?”

Als würde man mit seiner Befreiung diese Worte in die Haut- die Seele- die Großhirnrinde gestickt bekommen, verlassen einen diese drei Punkte nicht mehr. Auch Jahre später nicht.
Wer bin ich?
Was will ich?
Ich muss zeigen, dass ich keine Bedrohung bin. Meine Waffenlosigkeit beweisen.

Von nun an gilt alles was ich gelernt und mir angeeignet habe, um zu überleben als falsch, deplatziert, unpassend, zu viel, unsozial. Und wenn ich das Pech habe durch die Tür einer Psychiatrie gehen zu müssen, weil es für Menschen wie mich schlicht keine staatlich geförderte Alternative gibt, auch noch als krank!
Die inneren Ergebnisse jahrelanger Misshandlung, Isolation und gesellschaftskonträrer Sozialisierung fallen nicht immer sofort als solche auf, weil kaum jemand einen so weiten Fokus hat, der auch beinhaltet, dass jemand Dinge für Wunder hält, die er selbst als selbstverständlich empfindet.

Als wir das erste Mal Freiheit erlebten, wurden wir eingesperrt. In eine Psychiatrie.
Zum ersten Mal in unserem Leben, erlebten wir eine einzige Welt- eure Welt- die Welt “der Anderen”. Eine Einzel-Welt, weil hermetisch verschlossen. (Eigentlich so ein Gleichnis)

Und statt Erleichterung und Glückseligkeit, war da Angst. Todesangst und permanente Verwirrung.
Niemand hat das gesehen. Und niemand sieht sowas bis heute an uns.
Vieles, was für andere selbstverständlich ist, ist für uns nachwievor mindestens verwunderlich oder ganz eigentlich verboten und nicht zustehend.

Wir schreiben hier unsere wirklichen Gedanken zu Disneyfilmen auf! Das hier sind keine gewollten Perspektivschwünge. Wir haben diese Filme nie zuvor gesehen- sind nicht mit dieser Art Verwischung und dem Dauerentertainment- diesem eigentlich gesellschaftlich akzeptiertem Abtöten des Geistes- aufgewachsen und empfinden sie nicht als normal bzw. sortieren das Sehen eines Filmes nicht als reine Unterhaltung ein.
Die Fragen, die hier stehen, stellen wir uns wirklich.
Die Dinge über die wir uns wundern, wundern uns ganz wirklich!

Und die Einsamkeit die wir hier beschreiben und in Worte zu bringen versuchen ist auch wirklich da. Nicht immer, weil wir wirklich real und physisch allein sind- aber immer weil wir oft wie auf kleinen Eisschollen durch menschliche Interaktions- , fremde Werte-, Vorstellungs-  Moralsümpfe treiben. An einer anderen- vielleicht basaleren Stelle verhaftet, als unsere Mitmenschen.
Wir haben keine Ahnung davon, wie man was am Besten sagt oder tut oder wie man was wann und wo am Besten macht oder auch nicht macht, wenn es plötzlich  nicht mehr ums schiere Überleben geht. Die Welt in der wir das noch ganz genau wussten und für die wir gewappnet sind, liegt hinter uns. Sie hat uns verletzt, verkrüppelt und auf eine Weise wachsen lassen, die uns niemals passend erscheinen lassen wird.

Mogli wird vermutlich auch vor einem Spind stehen und denken: “Was für Sachen?! Bett?! Essen am Tisch?! Keine Nacktheit vor Fremden?! Privatsphäre??? HÄÄÄÄ?!”
Doch Mogli ist ein Kind. Er hat wie viele andere “wilde Kinder” je nach Ausmaß der Schädigungen und Defizite, die Chance ganz offen nachsozialisiert zu werden. Da wird es jemanden geben, der versucht ihm das alles beizubringen.

Und bei uns?
Die Menschen, die professionell andere Menschen nachsozialisieren fragen: “Was wollen Sie (erreichen)?” und die Menschen, die mir so im Alltag begegnen fragen: “Wer bist du?”, bevor sie überhaupt nur irgendwas mit mir zu tun haben wollen. Sie erwarten ein Selbstkonzept und ein Gespür für soziale Identität, dass sich bei uns aber gerade erst entwickelt bzw. wahrgenommen und sortiert wird.
Kindern, unschuldigen Kindern, wird diese Schutzlosigkeit, diese Art des Ausgeliefertseins eher anerkannt als Erwachsenen. Kindern wird zugestanden, dass sie Dinge noch lernen müssen, dass sie ihre Position und ihren Weg erst finden müssen.

Verständnis für Schutzreaktionen, Ängste und die Art Unwissenheit- mindestens aber Unsicherheit, können wohl aber  insgesamt nur wenige Kinder und auch Erwachsene mit diesem Hintergrund erwarten.
Niemand, der es nicht selbst erlebt hat, kann sich vorstellen, wie sich die innere Welt füllt und entwickelt, wenn man einzig sich selbst hat. Man fängt an Stellvertreter zu benutzen um das, was aus sich selbst heraus kommt, zu etwas zu machen was in sich hinein kommt. Einfach nur, um dieses Bedürfnis nach Ansprache zu befriedigen. So geschieht es, dass das Schottersteinchen, das man vor sich hat, einen Namen bekommt, eine Meinung, ein Gesicht. Es zum Zeugen und Tröster, aber auch Herausforderer oder Verhöhner wird.

Wenn ein Mogli bei Wölfen groß wird, hat er diesen (sozialen) Input natürlich. Doch ist es einer der nicht seiner Natur, seinen Fähigkeiten und seinem Potenzial entspricht. Ein Mensch ist ein Mensch. Ein Wolf ist ein Wolf. Es kann eine Kommunikation geben, einen Austausch und eine Verbindung, die das Überleben als Gruppe sichert, doch auf keiner der beiden Seiten, werden jeweils alle verfügbaren Kanäle benutzt und trainiert. Es geschieht eine Anpassung, aber nie eine komplette Verwandlung, wie es die frühen Darstellungen von “wilden Kindern” gerne weismachen wollen.

Was passiert mit Menschen(kindern), die lange Zeit nur sich oder einen (auf der biologischen Ebene) unzureichenden Kontakt hatten?

Dinge zu lernen und zu beherrschen ist ein Schutz. Je breiter das Interaktionsspektrum und die Möglichkeit diese auszuprobieren und anzuwenden, desto mehr Schutzmöglichkeiten gibt es. Hatte man nicht die Gelegenheit so zu trainieren bleiben ein- zwei Strategien alles was es gibt.

Kampf, Flucht, Starre.
Zerstörerische Ausbrüche
Vermeidungstänze in Form von Verhaltensstörungen, Süchten und anderen “Stellvertretern”
Unterwerfung, Anpassung, Dissoziation

Um zu lernen wie man in der neuen Welt besteht, muss man Platz für seine Verwunderung haben. Auf Verständnis für seinen Schutz stoßen. Auf jemanden treffen, der geduldig und vielleicht aus vielen verschiedenen Perspektiven heraus erklärt, wie die Welt funktioniert und gleichzeitig genug Halt gibt, um nicht unter der wachsenden Erkenntnis zerdrückt zu werden. Vielleicht braucht man eine Art Nach(ge)wachshaus.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass das etwas ist, das nicht gesehen wird. Vielleicht weil sich nicht jeder in dem Maß wundert und erschreckt wie wir. Vielleicht, weil für die meisten Menschen Sonnenlicht und Bewegungsfreiheit immer völlig selbstverständlich waren. Wenn etwas selbstverständlich ist, dann wird es wohl nicht mehr so oft hinterfragt.

Vielleicht ist es auch einfach auf eine Art basal, die nur dann wahrgenommen wird, wenn man selbst über lange Zeit hinweg auf der zutiefst eigenen Basis seiner Existenz zu stehen gezwungen war.

Vielleicht ist es diese Nähe zu sich selbst, die später trennt und vielleicht niemals zu überbrücken ist. Auch wenn man längst kein “wildes Kind” mehr ist, ein Bett benutzt, Kleidung auf der Haut aushält und menschsozialer Konventionen entsprechen kann.

Vielleicht ist es das, was meine Augen hat weinen lassen, als der Film zu Ende war.
Das Wissen, dass Disney verzuckert hat, was der bitterste, tiefste Bruch im Innern eines Menschen sein kann. Das Wissen, dass die ganzen Menschen, die “wilde Kinder” dokumentiert und beforscht haben, sich genau darüber nicht klar zu sein schienen.
Die Befürchtung, dass die Menschen die uns heute umgeben genau das auch nicht im Bewusstsein haben.

Die Angst im Innern vielleicht für immer diese Art “wildes Kind” zu bleiben.

Türen und Fenster auf!

Es scheint ein wichtiges Thema zu sein diese Religionen und der Glaube…

Ich merke immer wieder, wie wenige Menschen sehen, dass es sich beim Begriff der Religion nicht um ein Synonym für Irrationalität oder den Glauben als solchen handelt.
Und wie pauschalisierend jeder Gläubige zum Anhänger einer Religion  bzw. einer religiösen Praxis gemacht wird. Wie verachtend auf die religiöse Institution geschaut wird, wenn es eigentlich um eine religiöse Pflicht geht.

Für den Begriff der Religion gibt es keine allgemein gültige Definition.
Wir für uns betrachten die Religionen dieser Welt, als Ausdrucksoption von Überzeugung und Anspruch. Und als Kommunikationsmittel über viele soziale Begrenzungen hinweg.
Mehr nicht.

Unser persönlicher Glaube wird nicht davon beeinflusst. Glaube ist die Abwesenheit von Zweifel. Wir brauchen keine Bestätigung von einer Führungsperson dafür, dass es Dinge gibt, die nicht in unserer Hand liegen, die nicht wir zu kontrollieren und zu lenken haben. Wir müssen uns keine Geschichten davon erzählen lassen, wie umfassend groß unsere Ohnmacht ist, wenn das Schicksal, G’tt, die Natur zuschlägt. Wir wissen für uns- glauben für uns- sind davon überzeugt- dass es so ist. Doch sind wir dies nicht durch die Religion, sondern durch das Leben selbst. Wir wären sogar ohne unsere Gewalterfahrungen zu dieser Erkenntnis gelangt.

Wir wissen, dass es Dinge gibt, die uns das Gefühl vermitteln, diese Überzeugung auszudrücken. Genauso wie wir wissen, dass es Dinge gibt, die uns das Gefühl geben, manche Geschehnisse doch beeinflussen, kontrollieren zu können. Jeder Mensch weiß, dass man sich Gründe für Ereignisse sucht. Vielleicht auch konkret ausdenkt, um sie sich erklärbar und damit leichter zu ertragen zu machen.

Genauso wie sich viele meiner kleinen Herzen überlegten, dass Dinge geschehen, weil es Zauberei oder Wunderblitze gibt, haben sich die Menschen in Zeiten in denen das rein körperliche Überleben ein noch viel grundlegender Teil des Lebens war, die Welt und ihren Schmerz erklärt.

Es ist eine Fähigkeit des Menschen zu glauben- selbst wenn seine gesamte Wahrnehmung eingeengt und dysfunktional ist. Blind, taub, gefühllos, ohne Geschmacks- und Geruchsempfinden zu sein, hindert die Menschen nicht daran glauben zu können, dass ihr Sein einen Grund und ein Ziel hat. Genauso wie auch diese Menschen sich- wenn auch nicht auf die gleiche Art (im Sinne der biologischen Reizverarbeitungs-Sortierungsart)- darüber klar sind, was sie beeinflussen können und was nicht.

Wie genau sich das darstellt und bewertet wird- der Grund des Seins und das Ziel… genau das allein ist abhängig von der Umwelt und findet seinen Ausdruck in der Religion(spraxis) und/ oder  dem Gesellschafts-/Staatsgefüge.
Im Zweifel ist ausschließlich die bare Existenz eines in seiner Wahrnehmung so verstümmelten Menschen, der Grund für andere Menschen, sich der eigenen Befähigungen und Wunderbarkeit ihrer Sinne bewusst zu werden. Sich dem Wunder ihres Selbst bewusst zu werden und Dankbarkeit dafür zu empfinden. Oder aber auch den allgemeinen Umgang mit so einem Menschen zu prüfen.

Ich denke, es gibt verschiedene Grundüberzeugungen, die sich unsere Religionen und mit ihnen 521944_web_R_K_B_by_Angelika Wolter_pixelio.deauch die (Religions)Gemeinschaften/Gesellschaften haben entwickeln lassen und sie alle wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Besprochen, entwickelt, sie verzweigten sich, änderten sich in Gänze oder nur in Teilen.

Eine Religionsreinheit- im Sinne einer schieren Religionsgläubigkeit kann es entsprechend nicht mehr geben. Einen Ausschliesslichkeitsanspruch auf Wahrheit und Einzigkeit kann es allein schon deshalb nicht geben. Vielleicht konnte es das auch nie- egal wie weit wir in der Zeit zurück gehen.
Dass es Menschen gab (und gibt) die diesen Anspruch vertreten und auf verschiedene Arten durchsetzen wollen ist menschlich. Und doch nur eine Blüte der großen Pflanze der menschlichen Natur.

Wir Menschen sind so entwickelt Zusammenhänge zu verstehen und für uns zu nutzen. Wir alle sind egoistische Opportunisten mit Abhängigkeit von Sozialität, was schließlich dafür verantwortlich ist, dass wir heute überhaupt noch existent sind.
Doch wo der Ursprung für unser Sein liegt, werden wir uns nie in Gänze und schier glaubend erklären können. Ich denke, immer wird es einen Zweifel geben. Egal wie religiös oder nicht religiös wir sind

Ob Urknall oder g’ttlicher Funke.
Physikalische Kettenreaktion oder eine Macht die mit ihren Fähigkeiten eine Welt erschuf, die Erklärung schwankt, die Überzeugungen driften oft sehr weit auseinander- scheinen sich sogar auszuschließen und doch…

Glaubt jeder Mensch, erklärt sich jeder Mensch sein Leben, seine Welt, sein Sein und seine Existenz und drückt sie aus. Ob wir das nun mittels Riten und Gebräuchen, religiösen Schriften und Überlieferungen tun oder in naturwissenschaftlichen Beweisen, Experimenten oder Thesen.

Es hilft uns allen, uns und das Leben zu erleben und anzunehmen.

Ich denke die ständige Aktualität des Themas ist die (oft verleugnete oder von sich gewiesene) Intoleranz, Unwilligkeit sich selbst zu reflektieren und zu hinterfragen, was man eigentlich gerade genau sagt bzw. zum Ausdruck bringt oder auch für Erwartungen und Ansprüche pflegt.
So wird zum Beispiel über manche Menschen gesagt, sie seien christlichen Glaubens, dabei sind sie lediglich IHRES Glaubens und drücken diesen zufällig mittels des Christentums bzw. der christlichen Institution oder den christlichen Riten und Gebräuchen aus.
Oder- für mich persönlich eine sehr spannende Sache, die “Beschneidungsdebatte” im letzten Jahr.

Um es gleich vornweg zu sagen: Wir lehnen die Beschneidung von kleinen Jungen aus religiösen Motiven ab- doch wir tun das nicht, weil wir diese Art seinen Bund mit G’tt zu beschließen ablehnen oder meinen, man würde seinem Kind eine religiöse Bürde ohne seine Zustimmung aufdrücken. Sondern, weil wir uns selbst, unseren persönlichen Glauben, unsere Auffassung/ Interpretation des Judentums und auch unsere weltlichen Ansprüche und Wünsche reflektierten und uns mit der Intension einer Gemeinsamkeit- einer Verbindung aller dieser Ebenen damit beschäftigten und zu einem entsprechendem Ergebnis kamen.

In der großen Debatte allerdings, schossen altbekannter Antisemitismus, allgemeiner Religionshass, internalisierte Haltungen und ein allgemeines Durcheinander aus Fehlinterpretation und Miss-(Un-Sach)Verstand aus der Medienlandschaft und als Ergebnis blieb: “Scheiß Religionen- die wollen die Menschen nur ausnutzen und unterdrücken und dummhalten und die Leute, die das glauben, denken gar nicht darüber nach, was sie da alle machen. Die folgen alle nur alten Männern mit grauen Rauschebärten”.
So wurde aus einem berechtigten Anstoß sich mit seiner eigenen Ethik und Glaubensausdruckspraxis kritisch auseinanderzusetzen, das Absprechen der Fähigkeit desselben, Vertiefung der Kluft zwischen Religion und Rationalismus und ganz unterm Strich doch nur wieder eines: Trennung, statt Verbindung.

Für manche Botschaften ist Religionsverachtung oder auch schlichte Ablehnung religiöser Institutionen sehr praktisch- machen wir uns nichts vor- hätte Norbert Denef nicht im Kontext der katholischen Kirche so gelitten, wie er leiden musste, hätte er noch ganz erheblich viel mehr Kraft aufbringen müssen, sein Leid und seinen Willen zur Veränderung der Lage der Opfer von sexualisierter Gewalt so sicher zum Ausdruck zu bringen. Es ist klar, dass viele Kirchenkritiker und Religionsverächter nur auf solche Ausbrüche warten, um wiederum ihre eigene Botschaft zu verbreiten. Wenn sie nebenbei noch was für die Opfer tun, ist das dann “schon okay”.
Hier in Deutschland- dem Kessel der Kulturen, der großen Bushaltestelle in mitten der Völkerwanderungen- gab und gibt es immer die gesamte Bandbreite der Ausdrucksmittel für seinen Glauben und seine Wünsche. Als neutrales Standbein bietet sich der Rationalismus und auch der Atheismus definitiv an, um eine grundlegende Gemeinsamkeit- einen Staat zu bilden und unter ihm gemeinsam zu sein.

Sich unter diesem großen Dach zusammen zu finden, dient der Lebensqualität aller Menschen, die hier leben. Sich an diese Regeln- Gesetze zu halten, ergibt eine Grundnorm, die allen als Anker und Grenzposten dienen kann.
Doch auch dieses Standbein darf- bei aller Sicherheit und Neutralität- nicht als das einzig tragende Element gelten. Auch dieses Ausdrucksmittel verleiht (und definiert) Macht. Und auch Rationalität und Atheismus haben den Hang zu Instrumenten des Machtmissbrauchs, der Unterdrückung und der Gewalt benutzt zu werden.

Alles was wir Menschen uns zu eigen machen, kann dazu werden! Vor allem wenn wir weder sie noch uns selbst nicht hinterfragen und immer wieder überprüfen bzw. anpassen, wenn es nötig erscheint.

Ich merke an uns, dass uns die Religion als Ausdrucksmittel des persönlichen Glaubens (im Sinne einer Abwesenheit von Zweifeln) stützt und entsprechend oft trägt. Vieles aus dem Innen zieht unerschöpfliche Kraft aus der Möglichkeit ihren Glauben mit anderen Menschen teilen zu können und auf die gleiche Art auszudrücken. (Und das gilt sowohl für die Innens die jüdisch leben, als auch für die Innens die sich dem Konstrukt der früher gelebten Pseudoreligion verpflichtet fühlen.)

So ist es, als sei man in einem großen grundsätzlichem Haus (der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland), in einem besonders schönen Zimmer.

304163_web_R_by_berwis_pixelio.deWas manche Menschen (sowohl innerhalb als auch außerhalb des Zimmers) ab und an zu vergessen scheinen, ist, denke ich, dass Zimmer, Türen und Fenster haben, die ruhig die ganze Zeit offen bleiben können und sollten.
Sonst fängt es an zu stinken- und zwar so zum Himmel zu stinken, dass der Vorwurf der Unterdrückung und (geistigen) Gefangenschaft sehr berechtigt ist. Wobei dann oft wieder vergessen wird, dass nicht nur die Insassen die Tür geschlossen haben, sondern manchmal auch der Schlüssel von Außen steckt.

Dieser Artikel ist bemüht das Menschlein im Flur zu sein, das an die Anwesenheit dieser Ventilationsmöglichkeiten erinnert.
Mehr nicht.

Wir haben bei uns gemerkt, dass uns die Ablehnung des Glaubens und die Verweigerung von religiöser Praxis auseinander treibt und nicht nur eine Kraftquelle nimmt, sondern auch Druck aufbaut, der aus dem inneren dunkelbunten Imperium hervorkommt.
Es gab früher immer wieder diese Grabenkriege im Innen, was denn nun die Allmacht sei- was man denn nun glauben darf und was nicht.
Was genau geglaubt wird- ist es G’tt oder der Gegenpol? Ist es Liebe oder Hass? Licht oder Dunkelheit? Gut oder Böse?
Statt zu sehen wie wach und kritisch wir waren/ sind- allein schon durch die Tatsache, dass wir überhaupt in der Lage waren, uns diese Fragen zu stellen bzw. einander und die Täter (bzw. deren pseudoreligiöse Handlungen) zu hinterfragen- haben wir uns gegenseitig kaputt gemacht, um ausschließlich eine Linie einnehmen zu können. Wir fühlen oft eine Verpflichtung zu einer einzigen Linie.

Wir merken sehr deutlich, dass wir mehr Freiheit und innere Nähe leben können, wenn die Fragen- die Kritik angebracht werden, aber jede Antwort für sich stehen darf. Wenn bestimmte Grundsätze schlicht da sein dürfen und gelebt/ gedacht/ gefühlt werden können, solange sie gemeinsam getragen werden und nicht den geltenden Gesetzen entgegen stehen.
Seitdem wir also ganz bewusst mehrgleisig fahren- multipel glauben- multipel religiös sind, geht es uns in der Hinsicht besser- auch und gerade wenn es darum geht, die Täter zu enttarnen und uns der erlebten Gewalt Stückchen für Stückchen zu nähern.

Seit wir unsere Fenster und Türen offen haben, können wir besser miteinander in Kontakt treten und das Ergebnis ist: Verbindung, Nähe… Chance auf Integration durch Reflektion der Ursachen.

klare Deutung bitte!

Heute, nach vielen Tagen in denen das Thema “sich erklären (und rechtfertigen)” wie eine bedrohliche dunkelgraue Nebelwolke über mir hing, komme ich endlich darauf, mir das Wort anzuschauen.
Endlich, nach einer Woche kreiseln und untergründiger Ängstlichkeit, schaffe ich es auf meine stärkste Waffe zuzugreifen: mein Sprachknall

Wir halten uns an die Bedeutung der einzelnen Worte, die die Menschen benutzen.
Das liegt daran, dass wir in einem Umfeld lebten, in dem unsere Interpretation- die Deutung dessen was wir hörten niemals zuverlässig zutreffend war.
Ein “Liebling” von jemandem zu sein, konnte bedeuten liebevoll gedrückt zu werden oder gewaltvoll nieder-gedrückt zu werden.
Das Wort “Liebling” aber, war immer eindeutig: ein “Ling” (weder männlich noch weiblich) welches “lieb” (also “gut”) ist (weil es mit sich machen lässt, was auch immer mit ihm passiert).

Dieser Umstand- unsere Fixierung auf allein die Worte, die verwendet werden, aber ist es, der uns die Kommunikation heute extrem erschwert.
Wo die Verwendung von Worten nicht gleich ist, wo Worte nicht deckungsgleich mit ihrer Bedeutung benutzt werden- da kann es nur Sprache geben. Nicht aber Kommunikation. Und somit auch keine Klarheit und damit auch keine Erklärungen.

Erklärungen aber sind es, die Dinge fassbar greifbar und sortierbar machen.
Auch hier kann ich wieder eine Schleife ins Gestern ziehen. Uns wurde nie erklärt, was nun genau und konkret oder gar warum wirklich etwas mit uns geschah. Früher nicht und mittelfrüher auch nicht. Erst heute, wo wir die Gelegenheit haben uns mittels der Worte und der klaffenden Wortlücken an eigene Erklärungen heranzutasten, lichtet sich der Wald aus Fragezeichen und dunkel wabernden Ängstlichkeiten. Das Unfassbare wird fassbar.

Doch wie kommen wir aus dem Dilemma der unterschiedlichen Wortnutzungen und Deutungsnotwendigkeit heraus? Reicht es aufzuzeigen? Reicht eine Erklärung- ein “sich erklären”, um eine Lösung zu finden?

Ein Beispiel.
In Bezug auf die Konflikte der letzten Zeit, sagte jemand: “Ihr müsst den Konflikt klären”.
Bei uns kam an: “Ihr müsst euch klar machen (klären- erklären), worum es bei dem Konflikt geht”; der Mensch aber meinte: “Ihr müsst den Konflikt bereden und eine Lösung/ einen Umgang finden.”
Für uns also endet die Aussage des Sprechers schon “einen Schritt vorher”.
Wo für den Sprecher ein etabliertes Reaktionskonzept in der Bedeutung hängt; ist dort für uns nur eine Denk- und erst darauf folgend Reaktionsoption. Und nichts weiter. (Wir hätten uns nie so anzupassen gelernt, wie wir es gelernt haben, hätten wir nur ein-zwei feste Reaktionskonzepte- quasi nur “eine Linie”, statt eines multiplen (!) “Optionendeltas” entwickelt)
Der Rest, ist das übliche Glücksspiel mit einer Hand im Dissoziationswerkzeugkoffer – wohlwissend, dass wir grundsätzlich gut gerüstet sind, für was auch immer auf uns zukommt. Wir wissen ja grundsätzlich, dass man vieles überleben kann…
Tja… Willkommen in der Sackgasse.
So geht es nicht. Jedenfalls nicht, wenn wir uns kommunizieren lernen wollen, um klarer zu sein- auf eine gemeinsame Linie zu kommen. Erst anderen Menschen gegenüber, damit ihr Spiegeln uns wiederum hilft, uns selbst klarer einordnen zu können.

Doch was soll das Gegenüber anders sagen? Wie sollte eine Sprachführung uns gegenüber sein? (Und große Frage auch: Ist es erlaubt selbige von ihnen einzufordern?)
Wir finden Menschen bzw. Kommunikationen mit Menschen gut, die transparent sind. Wir profitieren sehr von Übertreibungen und leichter Überzeichnung, weil sie sehr viel eindeutiger auf die Bedeutung der Sätze abzielen.Und natürlich von jeder Menge Erklärungen. Synonyme die wie in einer Polonaise aneinanderkleben und mit einer offenen Körpersprache harmonieren.
Perfekt und fast so, dass wir den Dissowerkzeugkoffer nur noch am Fuß zu spüren brauchen wird es, wenn wir das Gegenüber kennen und einschätzen können. Hier kommt dann noch der Faktor der sicheren Bindung zum Tragen.

Logisch- können wir uns in Sicherheit wiegen und brauchen weder Schmerz noch Integritätsverlust fürchten, fallen so (neben vielen die Dissoziation verstärkenden Ängsten) auch viele Deutungsoptionen weg. Und plötzlich gibt es nicht mehr das Optionensortiment von Real, sondern nur noch das vom Tante Emma Laden. Eingegrenzt von einer sicheren äußeren Umgebung und einer offenen Tür für Nach-und Hinterfragen, muss man fast schon intellektamputiert (oder halt in einem desorientiertem Seinszustand) sein, um da noch daneben zu greifen.

Mittels so gestalteter Gespräche haben wir jetzt auch endlich für uns klar (geklärt- uns selbst erklärt), warum Konflikte sogar auf der schriftlichen Ebene so kompliziert für uns sind. Dachten wir doch lange, dass wir rein schriftlich klar im Vorteil seien. “Kann doch jeder sehen was ich meine- steht doch alles total pur da!” (frei von evtl. ablenkender Körpersprache und anderen äußeren Einflüssen)… Hm Hand —-> Stirn
Nein- wer es gewohnt ist Subtext zu suchen, der findet in der Regel auch welchen und macht ihn nicht von den verwendeten Worten (und ihrer Bedeutung) abhängig, sondern vom Gesamtkonstrukt aus Bedeutungen und eigener Interpretation.
Und so muss es zu Missverständnissen kommen, die entsprechende Folgen haben.
Wir sind dann eben noch eine Weile “einen Schritt” zurück und entfernt vom anderen Menschen.

Das heißt ja aber nicht, dass ich nicht doch ein bisschen drauf bestehen kann, dass mein Gegenüber entweder wartet bis ich ihn eingeholt habe (indem ich eine Erklärung oder Verdeutlichung erbitte) oder selbst diesen einen Schritt zurück geht (indem er selbst seine Worte erklärt oder auch meine Erklärungen anhört).
So gesehen, habe ich schon völlig richtig gehandelt, als ich begann mich zu erklären, in der Hoffnung, dass mich dies näher an andere Menschen bringt. Es ist meine Sache dafür zu sorgen, dass ich verstanden werde.
Wenn meine Art mich auszudrücken und verständlich zu machen aber von anderen nicht verstanden wird, aber kein Interesse an einer Erklärung besteht, dann ist es nicht meine Schuld.

Heute wie früher ist es nicht meine  Schuld, wenn die, die mich isolieren kein Interesse daran haben mich richtig zu verstehen und mit mir gemeinsam zu sein.
*abgelegt unter: “Sätze die ich mir vorsagen muss, wenn es um Konflikte geht”

ich erklärs dir mal…

Es ist zu eng, zu fern, zu weit von diesem Kind, das viel nah unter der Oberfläche ist.
Dort ist kein Platz- kein Millimeter mehr, um mich dazwischen zu drängen, meine Schwingen auszubreiten, es aufzufangen und in die Höhle auf meinem Rücken zu heben.

Es gibt für mich keine Möglichkeit- ich kann nicht in das Kellerloch, aus dem es um sein Leben schreit- ich kann nicht die steife, harte- stummblinde Verschalung, die sich Frontfrau nennt, sprengen, wenn so etwas passiert.

So ist es für mich, wenn “Herr Trigger” bei ihr anklopft..

Wenn das Schreien herausbricht, das Kind in einer Realität landet, die es nicht kennt.. dann ist niemand da, der es hört. Da ist niemand der sein Leiden beendet.
Es ist stockfinstere Nacht und wir sind allein in unserer Wohnung.
Es weiß nicht, wie das Telefon funktioniert, es hat keine Ahnung von mir, es weiß nicht, dass ihm nichts passiert. Es ist was es ist: das verselbstständigte Flehen um ein Leben, das nicht mehr ihm gehört. Es hört nur noch das Lachen jenes Monsters, dass es in dieses Loch schmiss und sieht nur noch die Wände von eben diesem.

Manche glauben ich sei Nähe in Reinkultur. Ein Beschützertier. Ein allmächtiger Schwan.

Dabei bin ich nur das, was sie einen ewigen Zeugen nennen.
Ich bin nur das, was sich von dort unten befreien konnte.

Ich kenne sein Leiden nicht aus eigenem Überleben.
Aber ich habe nie vergessen können, woraus ich mich befreit habe.
Und was ich dort zurück zulassen gezwungen war.

Ich wünsche mir, mit den gerecht wütenden und den starken Aufrechten zusammenzukommen.
Vielleicht könnten wir dieses meiner Herzen retten
und die Frontfrau stünde nicht so stumpf-ertaubt sich fragend, wieso dieser Konflikt sie nicht mehr zu weinen aufhören lässt, in unserer Wohnung.

Ich spüre wie es in mir summt. Die Tränen laufen mir schon seit Stunden einfach aus den Augen heraus. Auch wenn ich nicht genau weiß warum und wem  wirklich gegenüber merke ich, dass ich mich dringend erklären muss- unbedingt und jetzt und sofort.
Nicht nur- als ob- sondern weil, mein Leben davon abhängt.

[Und weil wir schon mal dabei waren uns eh dumm und dusselig zu erklären und uns irgendwie einfach nur noch zu retten, haben wir uns auch noch einen Notarzt ins Haus gerufen, um uns weiter zu erklären… Kopf —-> Schreibtisch
Grandios, dass wir in einem Land leben, wo es das gibt. Also die Möglichkeit jemanden zum helfen ran zurufen. Scheiße ist leider, dass man oft irgendwie an Leute gerät, die einfach nur immer ihr Schema F durchziehen wollen. Nachhaltig denken? Vielleicht bisschen realistisch logisch?
Es kommt immer wieder das “Angebot” in “eine Klinik”  gebracht zu werden. Da könne uns viel besser geholfen werden. Hmm, jo… Eigentlich war die Dosis Diazepam schon gar nicht mehr nötig, so wie ich mich über diese Kurzsichtigkeit aufgeregt und mich damit gut geerdet hab. (Haben die dann bestimmt anders gesehen haha).
Es ist nämlich keine Hilfe auf nen Samstagabend für 3 Tage zur “Krisenintervention” eingewiesen zu werden, wo wir den Sonntag verpennt hätten und am Montag nicht mehr im Alltagssystem “geordnet” wären, sondern in genau dem System, dass uns die Umgebung “Psychiatrie” immer hat überleben lassen. Diesem System ist unser Leben hier egal- es hat damit nichts zu tun. Wozu also auf Entlassung pochen…?
Auch fies- wenn so was ist und man schon jemand ruft, damit die einen einfach nur für diese Nacht bitte körperlich abschießen, dann sprechen sie schon nicht mal mehr mit uns- die darum gebeten hat, sondern nur noch mit der Gemögten, die mit unserer Rechtsanwältin rum droht, falls sie uns gegen unseren Willen irgendwo hinbringen,]

Und dann- wenn hier endlich wieder Ruhe ist, wir medikamentös versorgt sind und es nur noch eine Weile dauert, bis wir wissen, dass wir dieses schreiende Innenkind, ohne die körperliche Panik im Nacken versorgen können, dann sind wir wieder allein.

Das ist der Moment in dem ich mich an den Rand des Lochs setze und versuche zu erklären…

 

 

 

P.S. Ich bin erschreckt, wie sich unsere Art zu schreiben, verändert, wenn Medikamente im Körper sind. Diejenige, die sonst unsere Einzelbeiträge zu den Artikeln verbindet, ist nicht erreichbar.
Obwohl mir diese Art nicht gefällt, veröffentliche ich diesen Artikel doch. Er zeigt viel von uns- zeigt aber auch einen Grund, weshalb wir Medikamente für uns so strikt ablehnen. Diesen Artikel so zu sehen, hilft auch mir, meinem Innen in dem Wunsch beizustehen und achtsamer mir gegenüber zu sein, wenn ich einen Konflikt zu lösen versuche.