Als Held_in darfst du nie aufs Klo

Siegfried war ein Held. Odysseus war ein Held. Artus war ein Held.
Die Ilias ist ein Heldenepos. Die Edda.
Krieger. Kriegsgeschichten. Tief eingewebt in das kulturelle Gut unserer Gesellschaft, wirken sie bis heute mit enormer Kraft.

Keine Geschichte vom Krieg um Leben und Tod ohne jemanden, der* fast gestorben zu übermenschlicher Kraft und Fähigkeit wächst, um seine_n Widersacher niederzuschlagen. Triumph und Macht, Ehre und alle Würden, die seine Anhänger_innen zu geben vermögen, stehen dem Helden zu. Ob aus Angst vor der Über_Macht oder aus dem Wunsch nach autoritärer Führung, ist oft nicht eindeutig zu erfahren, basieren die Leben der Menschen in allen Sagen und Epen doch immer auf autoritärer Herrschaft. Also Gewalt.verhältnissen.

Mir ist gestern die Aktion des Twitteraccounts @kidzpodcast aufgefallen.
Unter #wahreHelden verbreiten die Betreiber Plots ihrer modernen Heldensagen. Kinder, die anfangen, andere Menschen vor ihren Misshandler_innen zu schützen. Personen, die aus gewaltvollen Partner_innenschaften fliehen. Kinder, die ihren Misshandlern drohen, zurück zu schlagen.
Die Tweets laufen gut. Heldensagen gehen immer gut. Inspirierende Tweets, Tweets mit einst verletzten doch dann erstarkten Kindern gehen immer gut. Man wünscht sich, dass Kinder stark sind. Man wünscht sich, dass Gewalt nicht vernichtet, sondern stark macht – Augenblick, ist das wirklich, was man sich wünscht? „Was nicht tötet, härtet ab.“, „Was dich nicht umbringt, macht dich stärker.“, „Nur die Harten kommen in den Garten.“ ?
Vermutlich wünschen sich die Leute hinter dem Hashtag das nicht, aber das ist meiner Ansicht nach am Ende die Botschaft dessen, was sie da verbreiten.

In unserem letzten Format von Vielen, haben wir darüber gesprochen, dass es zum Inspirationporn gehört, wenn man Menschen, die zu Opfern wurden, in ihrem Üb.er_leben überhöht. Zum Beispiel, indem man ihnen sagt, dass sie ganz außergewöhnlich mutig sind, ganz besonders stark sind und sich alle Menschen davon mal eine Scheibe abschneiden sollten. Denn damit macht man die Opfer und ihre Kämpfe um Selbstbestimmung, Normalität und Heilung zu Inspirationsquellen. Das ist zum Einen Objektifizierung, also Gewalt, und zum Anderen macht es ihre Leben zu etwas, das nicht als üblich, normal, alltäglich gilt. Es ist aber normal zu leben. Selbst bestimmen zu wollen, heilen zu wollen und Alltag leben zu wollen. Egal, ob man in diesem Leben zum Opfer von Gewalt wurde oder behindert ist_wird, ob man Schwarz ist oder homosexuell oder oder oder. Niemand, die_r versucht in dieser unserer Gesellschaft den eigenen Bedürfnissen entsprechend zu handeln, tut etwas außerordentlich spezielles.
Die Heraushebung von Üb.erlebenden von Gewalt zu „wahren Helden“ ist in sofern ein Akt der Gewalt an Menschen, die bereits zu Opfern wurden. Ja, auch dann, wenn man das gar nicht so meint. Ja sogar, wenn man es richtig lieb meint und eigentlich nur sagen will, dass man richtig krass (gut) findet, was die Person da macht oder mal gemacht hat. Auch dann.

Zusätzlich dazu ist es – und darüber kann man diskutieren, denn hier kommen wir an Interpretationsfragen – doch eigentlich unfassbar zynisch, wenn man Menschen, die Opfer sind oder waren, zu Krieger_innen, also Aggressoren erklärt. Also, einzelne Handlungen, die mehr oder weniger geplant, gezielt, überlegt waren, um mit einer (Lebens)Bedrohung umzugehen, zu dem macht, was sie als Menschen auszeichnet.
Diesen Umstand erleben Menschen, die einmal zu Opfern wurden, in beide Richtungen.
Im einen Extrem wird ihnen abgesprochen, gut für sich selbst sorgen zu können. Sie werden entmündigt, ihnen wird mit (gut gemeinten, doch auch dann selbstverständlich übergriffigen) Rat_Schlägen, Vor_Schlägen, zuweilen (und speziell in autoritären Kontexten) kategorischen Verboten begegnet. Sie werden praktisch vor sich selbst beschützt, als seien sie Aggressoren gegen sich selbst – sich selbst hilflos ausgeliefert, wie in der Situation oder den Situationen, in denen sie real konkret zu Opfern wurden – von jemand anderem.

Im anderen Extrem sind die Menschen, die zu Opfern wurden ein permanentes Mahnmal an die Gewalt. Also praktisch das, wozu man Helden und ihre Geschichten überhaupt erfunden hat.
Man hat früher nicht ums Feuer gesessen, um Helden und ihre Aggressionen geil zu finden, sondern um von Zeiten zu berichten, in denen gemordet, geplündert, vergewaltigt und geraubt wurde. Also von Kriegen. Von Zeiten, in denen Angst der Alltag, in dem es jeden Tag um Leben und Tod ging, war.
Den Überlebenden eine Heldenrolle zuzuschreiben, die sie ihr Leben lang zu erfüllen haben, um nicht zu einem Bruch im Kollektivbewusstsein aller Überlebenden beizutragen, hat im Kontext von Kriegen zwischen Völkern oder Sippen viel Sinn. Denn es stärkt das Gemeinschaftsgefühl, was wiederum zu Resilienzfaktoren beiträgt, die das Erlebte leichter verarbeiten lassen.
Überlebenden von sogenanntem „sexuellem Missbrauch“ oder systematischer Ausbeutung, oder Misshandlung in der eigenen Familie, so eine Heldenrolle zuzuschreiben, tut das nicht.
In dieser Situation wird ein Gemeinschaftsgefühl über die Erfahrung produziert, also wird ein Opfer zur Gruppe aller Opfer gezählt, was ihre Individualität und die speziell in der eigenen Familie herrschenden Dynamiken ausblendet. Ein Opfer hat dann keine eigene (Leidens/Gewalt.Erfahrungs-)Geschichte, sondern die Geschichte aller Menschen, die je zum Opfer wurden. Daraus ergeben sich Verantwortung für eine abstrakt definierte Gruppe, deren Mitglieder einander nicht einmal alle kennen, Zwang zur Stellvertretung, wann immer diese Gruppenzugehörigkeit in sozialen Konstellationen benannt wird, und die permanente Konfrontation mit dem, was den Status überhaupt erst begründet: der Zustand absoluter Unterwerfung.
Um speziell den letzten Teil auf einen Punkt zu bringen, ist es einfach so, dass man ein Opfer nicht zum Helden oder zur Heldin erklären kann, ohne den Grund dafür permanent bewusst zu halten. Was besonders vor Fremden unter Umständen auch ein nicht unerheblicher Angriff auf die Privatsphäre der betreffenden Person ist. Mal ganz abgesehen von dem so verwehrten Recht auf Vergessen, das man jedem Menschen, egal in Bezug worauf, zugestehen muss. Ja, in aller Konsequenz und ja, auch die Dinge, die man selbst nicht vergessen kann oder will oder von denen man denkt, dass sich die gesamte Menschheit daran erinnern muss, weil es so wichtig ist. Es gibt andere Wege, um kollektiv zu erinnern oder zu gedenken. Man braucht kein Individuum dafür zum Sprecher aller bzw. zur Heldenfigur machen.

Zum Opfer von Gewalt geworden zu sein und sich mit Kampfmetaphern auseinanderzusetzen, kann viele Ebenen haben.
Das Blog von Vielen zum Beispiel hat den Untertitel „Ein Ziel – viele Kämpfe_r_innen“.
Viele Menschen lesen das und können es erst einmal nur so übersetzen: „Das Ziel ist die Heilung, denn H. C. Rosenblatt ist ja krank vor lauter Trauma und das ist ein ganz furchtbarer Zustand, aus dem sie_r sich jetzt rauskämpft, weil nur so kann man das ja machen. Man muss sich ja aus allem rauskämpfen, weil so ist das Leben und nur die Harten dürfen Gärtner werden und der Kampf steht da in der Mehrzahl, weil sie_r ja viele sind.“
Es ist so verbreitet das Leben für einen Kampf zu halten, dass alles, was außerordentlich darin passiert, als weiterer Kampf verstanden wird. Was ich persönlich für ein Problem halte, weil ich davon überzeugt bin, dass es nur deshalb so normalisiert ist, weil man sich Kampfheldengeschichten anstelle von Geschichten über Kooperation, Solidarität, Liebe, Verhandlung und Konsens erzählt.

Wir haben dem Blog den Untertitel gegeben, weil wir merken, dass wir gegen tradierte und in unsere Kultur eingefressene Traumawahrheiten anstreiten müssen und diese Streits immer wieder als Kampf eingeordnet werden. Egal, ob wir das wollen oder nicht, einfach, weil in dieser unserer zutiefst traumatisierten Gesellschaft keine Streit- und Auseinandersetzungskultur, sondern eine Kampf- und Kriegs – eine Autoritäts- und also Gewaltkultur gelebt wird. Es ist unfassbar schwierig zu streiten, ohne einander zu bekämpfen.
Uns als Kämpfer_innen zu bezeichnen, ist eine Anpassung daran, die wir selbstbestimmt gewählt haben. Wir beziehen uns damit auf unsere Themen und Auseinandersetzungen, machmal auch auf soziale Kämpfe um Gleichheit, in denen wir als Aggressoren eingeordnet werden, weil wir leben und sind.
Niemals (mehr, früher haben wir das durch auch mal gemacht) beziehen wir uns auf unsere Traumafolgen und sich daraus ergebende Probleme und Erkrankungen. Wir und unsere Bedarfe sind  nicht das Problem. Die Gewalt ist das Problem.
Wenn wir gegen unsere Erkrankung oder unsere Erfahrungen kämpfen würden, würden wir gegen uns und das, was uns ausmacht kämpfen. Wir wären also genau die Aggressoren gegen uns, zu denen uns Menschen machen, die uns absprechen, gute selbstfürsorgliche Entscheidungen für uns treffen zu können.
Und wir würden bis an unser Lebensende kämpfen müssen, denn die Erkrankung ist da und die Vergangenheit geschehen.

Eine andere Ebene kann man sehen, wenn man sich zum Beispiel mit Helfer_innen auseinandersetzt, die nicht genug Unterstützung, kaum gewürdigte Erfolge und Rückhalt in der eigenen Berufsgruppe oder Peergroup haben. Sie kriegen einen „Wir gegen die ganze Welt“- Dreh in ihrer Haltung und geraten in einen permanenten Kampfmodus mit der Umwelt. Dann werden alle Jugendämter scheiße, weil sie nicht genug Durchblick haben, alle Polizisten dumme Arschlöcher, in der Schule braucht man gar nicht erst anfangen und irgendwann – manchmal ganz subtil auch die, um die sie sich sorgen und abmühen – jämmerliche Heulbojen, die sie doch alle mal kreuzweise können, wenn sie nicht wie gebraucht Inspiration, Sinn und Zweck des eigenen Handelns produzieren.**
Wir hatten einige Male mit solchen Helfer_innen in Betreuungskontexten zu tun und konnten uns dagegen nicht wehren – nur anpassen. Und zwar, indem wir uns den Kampf angenommen haben. Wir sind die, die kämpfen, wir sind so stark. Wir sind nicht so jämmerlich wie die, die den Ausstieg nicht schaffen. Wie die, die irgendwann abkratzen, weil sie sich nicht retten. Wie die, die Hilfe brauchen. Wir sind Teil des starken Teams – nie wieder wird uns jemand verletzen können, denn wir sind die Harten, denen der Garten gehört.
Wie unfassbar schlimm es für uns war, wenn uns diese Helfer_innen dann nicht mehr begleitet haben, ist kaum zu beschreiben. Weil es re_traumatisierend und nicht ohne „Held_innengesichtsverlust“ besprechbar war.

„Als Kämpfer_in, als Held_in kannst du nie aufs Klo, denn dann wissen alle, dass du Schwächen, Bedürfnisse, hast.“, in einem Aushandlungsprozess mit einem Kinderinnen, haben wir das verstanden. Wer Opfer oder generell irgendeinen Menschen als Held_in bezeichnet, presst sie in eine Rolle, in der es keine Bedürfnissäußerung geben kann, ohne sie zu verteidigen. Es ist ein schlimmes Leben, wenn man so funktionieren muss oder glaubt zu müssen. Es hat mit dem Leben, das man sich für alle Menschen im günstigsten Fall wünscht, überhaupt nichts zu tun.

 

Wir haben @kidzpodcast geschrieben, dass wir ihre Tweets sehr unangenehm finden. Wir haben sogar ausführlich erklärt, warum.
Ihr Antwort implizierte, dass die Problematik allein in unserem Kopf besteht. Für uns eine „red flag“ von Gaslighting.
Wir sind ihnen entfolgt.

 

 

* die meisten Heldensagen erzählen von Männern, deshalb steht hier das generische Maskulinum
**Wenn du mit traumatisierten Menschen arbeitest und diese Haltung bei dir bemerkst: hier die passende Googlesuche für dich.
Tu dir und deinen Klient_innen was Gutes, kümmere dich!

hab den Mut deine eigene Stimme zu benutzen – ein Rant

Es war nach der Meldung über die unabhängige Aufarbeitungskommission und vor der Mail, die mir erzählte, dass Yoko Ono “Testamente des Leids” für eine Kunstaktion in Empfang nimmt.
Der bittere Moment, in dem mir klar wurde, dass ich als öffentlich schreibende Person, die Gewalt überlebte und die Folgen davon im Leben hat, die Rampensau bin, während all die “guten Opfer” sich bei der Aufarbeitungskommission melden oder ein Bild ihrer Augen über ein Schriftstück heften, das sie Yoko Ono schicken.

Immer wieder heißt es, Gewalt solle benannt werden. Immer wieder wird mit großen Worten ein Wertschätzungsluftballon aufgepustet, der den Mut der Überlebenden, der Betroffenen, der Menschen, die ES erfahren haben, der Menschen, die bis heute nicht wissen, zu wem oder was die Gewalt sie hat werden lassen, verkündet.

“Geschichten, die zählen” heißt es in der Broschüre der Aufarbeitungskommission.

“Profiliert sich im Internet mit ihrer Diagnose und (angeblichen) Geschichte”, heißt es, wenn man genau das Gleiche tut, jedoch nicht darauf wartet, dass eine Institution oder irgendein_e Künstler_in Bock auf die Auseinandersetzung mit Leid und Not hat.

“Ihre Geschichten helfen, zu verstehen.” heißt es grob übersetzt auf der Webseite des UBSKM.

“Wertet sich selbst damit auf, für Fachpersonal Workshops und Vorträge zu geben.”, ist aus unserem letzten Klinikbericht zu übersetzen.

“Was ist das bloß für eine Diskrepanz?”, könnte man sich da fragen. Und tut es doch nicht, denn die Dissoziation ist wichtig.
Es ist wichtig, hier die guten, die jungen, die starken, die resillienten Opfer zu haben, deren Kraft zum Widerstand, zur Autonomie, zur Macht über die eigene Stimme, die eigene Geschichte, die eigene Wahrheit, das eigene Selbst, dann doch aber bitte nur bis kurz vor das Ego der Helfer_innen, der Retter_innen, der Verkünder_innen eines selbst nie erfahrenen Leids, reicht.

Es ist wichtig dort die schlechten, die alten, die unfähigen, “die Anderen” zu haben. Die, bei denen “es dann doch wahrscheinlich alles ein bisschen anders war.”. “Die, “die noch ganz andere Probleme haben, als…”. Die, für die es nie hätte anders laufen können.
Man braucht sie, um sich Kraft zu sparen. Sich zu erhöhen. Sich zu trösten. Es ist so wichtig immer wieder jemanden zu haben, auf dessen Rücken man klettern kann, um selbst ein Wunder zu vollbringen oder wenigstens von einem angestrahlt zu werden. Es ist so wichtig, dass alles einen Sinn hat, den man sich ohne viel Anstrengung konstruieren kann.

“Meine Geschichte”, werde ich nie mit einer Öffentlichkeit teilen, die so funktioniert.
“Meine Geschichte” enthält so viele Geschichten und keine einzige davon ist es wert, zu etwas erhoben zu werden, das so tief eingegrabene Gewaltmuster aushebeln kann.
Ich wurde einfach nur misshandelt und ausgebeutet. Und aus Versehen hab ich das auch noch überlebt.
Sowas passiert. Jeden Tag. Immer.
Und wieder.

Viel schlimmer als das ist, was jeden Tag mit mir gemacht wird, nur weil ich das üb.erlebt habe.
Dass die Kenntnis über diese meine Erfahrungen ausreicht, um meine Intensionen, meine Person, mein Selbst, mein Werden und Wirken zu entwerten, zu pathologisieren und von Fremden für sich allein benutzen zu lassen.

Ich bin kein Opfer für dich Yoko.
Ich bin kein Opfer für dich UBSKM.
Ich bin kein Opfer für dich [random Stelle, die “den Opfern eine Stimme geben will”]

Ich war ein Opfer.
Ich bin ein Mensch mit Erfahrungshintergrund.
Wie jeder andere auch.

Was ich schlimm finde ist, für wen ich das ewige Opfer sein muss, um sich mit Gewalt auseinanderzusetzen oder die Auseinandersetzung auf gesamtgesellschaftlicher Ebene immer wieder anzustoßen.
Das sind nicht immer die großen Held_innen der Psychotraumatherapie. Das sind nicht immer die aufopferungsvollen Pädagog_innen. Die against all odds pro Bauchgefühl – Menschen.

Das sind oft Menschen, die davon profitieren, dass unsere Gesellschaft eine Gewaltgesellschaft ist, in der sogar mit Not und Scheiße noch an Geld und Macht zu kommen ist. Die davon profitieren, dass die Wahrheit des Unterlegenen zum Vorteil des Überlegenen erklärt werden kann.

Wir wollen niemandem davon abraten sich an dem Vorhaben der unabhängigen Aufarbeitungskommission zu beteiligen. Oder an dem fancy Kunstdings von Frau Ono.
Es ist wichtig, dass über Gewalt gesprochen wird. Es ist wichtig, dass über die Folgen und die Leben danach gesprochen wird. Es ist wichtig, dass niemand sagen kann, si_er hätte noch nie davon gehört.

Aber – es ist wichtig, dass es direkt von denen zu hören ist, die es erlebt haben.
Nicht von irgendwelchen Stellvertreter_innen. Nicht von irgendwelchen Institutionen. Nicht von Menschen, die davon profitieren, dass sie die Stimme einer zum Opfer gewordenen Person im Hinterkopf haben und die eigene Stimme hörbar für alle erheben.

Ja, viele mit Gewalterfahrungen im Leben, haben Angst davor offen damit zu sein.
Es ist nicht geil, solche Kommentare auf das Ergebnis der eigenen Versuche in Worte zu kommen lesen zu müssen, wie wir sie hier mitunter reingedrückt kriegen.
Es ist verletzend zur Rampensau erklärt zu werden, weil man sich nicht versteckt. Es ist erschreckend welche negativen Konsequenzen es haben kann, wenn man offen als früheres Opfer von Gewalt vor andere Menschen tritt.
Man selbst hat nichts davon. Niemals. Unter keinen Umständen.

Aber es ist gesagt. Und je nach Form ist es unübersehbar. Unüberlesbar. Unausblendbar. Unzerstörbar da.

Und niemand kann je sagen, man hätte ja nicht wissen können, dass es so etwas wie zum Beispiel unser Leben und Sein, Wirken und Werden tatsächlich gibt.

Wir möchten euch sagen, dass ihr nicht warten müsst, um zu erzählen, was war. Um auszudrücken, was jetzt ist. Um sich mit den gemachten Erfahrungen auf die ganz individuelle Art zu befassen, wie es sich am Okaysten anfühlt.
Niemand wird kommen und euch danach fragen. Noch lange Zeit werdet ihr es sein, die von weit her dazu aufgefordert werden, etwas zu sagen und mit einer sozialen Umgebung zu teilen, der es nicht primär um euch und euren kleinen persönlichen Kosmos geht, sondern um die Gewalt und ihre Macht.

Ihr braucht keine Erlaubnis für euren Ausdruck, denn die Redefreiheit gilt euch für euch.

Ihr braucht nur den Mut, euch der eigenen Stimme zu bedienen.
Weil es sagbar ist.