Fundstücke #48

Es gibt diese Momente nach einer anstrengenden Therapiestunde, in denen ich merke, dass wir akut viel mehr körperliche Verausgabung bräuchten, als es die paar Kilometer auf dem Rad nach Hause hergeben.
Ich merke manchmal, wie Kinderinnens noch nicht damit fertig sind sich zu wehren. Oder immernoch kurz davor sind, ihren früheren Schmerz rauszuschreien. Wenn wir dann damit aus einer Stunde gehen ist das, als hätten sie noch nicht alles gesagt, was sie sagen wollen.

Manchmal entlädt sich die Anspannung darin, dass ich mich spontan übergeben muss und geht dann in mein Geheule darüber ein, dass ihnen passiert ist, was ihnen passiert ist und ich mich damit befassen muss, obwohl es zum Teil grauenhaft ist und es doch niemand von mir verlangen kann, mir das in den Kopf zu tun.

Und manchmal kommt eins zum anderen. Noch dazu.
NakNak* hat eine Blasenentzündung. Der Körper die Mens. Wir kriegen im Moment jeden Tag irgendeine jetzt-gleich-sofort-Email, die von uns irgendein Mitmachen, Entscheiden oder Arbeiten verlangen. Der Betreuerwechsel nervt. Der Begleitermensch kann im Moment nicht so verbindlich sein, wie er will und wir das brauchen. An allen Ecken und Enden schwelt es und wir machen von Tag zu Tag weiter.
Mein Alltag ist im Moment etwas, das die Therapiesunden genauso dringend braucht, wie das Früher das in den letzten Wochen immer Thema ist.

 

Ich hab das noch nie gemacht.
Mir ein Innenkind gegriffen und ihm befohlen etwas zu tun, um sich verdammt nochmal mit dem zu befassen, was mich betrifft.
Ja, ich hab ihm etwas mit “verdammt nochmal” gesagt und ich hab was befohlen.
Nicht “freundlich und ruhig ermuntert”. Nicht “liebevoll würdigend” vor dem innegehalten, was es mit sich herumträgt.

Und es hat geholfen.

Vielleicht kann man das nicht mit allen Kinderinnens machen. Vielleicht konnte ich das überhaupt nur mit diesem einen unserer Kinderinnens machen.
Es hat verhältnismäßig viel Kontakt mit dem Heute. Es weiß viel mehr als ich darüber wie viele Alltage sich in unsere 24 Tagesstunden drängeln.

Mir ist aufgefallen, dass ich es durch das Aussprechen seiner Erfahrungen und die Erfahrungen anderer Innens, inzwischen selber schon wie ein total zerstörtes Huschi zu sehen begonnen hatte. Dass es aber nie war.

Vielleicht war das nur so ein Moment von Gleichheit. Gleiche Belastung auf beiden Seiten. Das Kinderinnen fassungslos und ich ohne Rahmen, der mich hält.

Und am nächsten Morgen fiel mir auf, wie schräg das Außenstehenden erscheinen könnte, wenn ich das erkläre.
Wie es geholfen hat, ein Kinderinnen aufzufordern, mich anzufassen, damit es selbst spürt, dass es nicht unser gemeinsamer Hund ist.

Neulich hatte jemand unter unserem Podcast nach lustigen Momenten des Vieleseins gefragt.
Das war kein lustiger Moment. Aber kurz musste ich schon darüber lachen.

Trotz allem.


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