Huch, mich gibt’s ja oder Trauma–Yoga Teil 1

Unsere Therapeutin ist vor ein paar Monaten mit der Praxis umgezogen. Wenn man jetzt aus einer Stunde wabert/schwabbelt/kullert/plumpst, dann läuft man immer erst mal gegen eine Wand aus Straßenlärm und dieser typischen Ignoranz, die der Lauf der Dinge neben einem her irgendwie an sich hat.
Heute fand ich das erstmals bewusst angenehm.
Manchmal komme ich aus der Therapie und das Gefühl im Zentrum einer Aufmerksamkeit zu sein, klebt noch eine Weile an mir. Es dauert bis diese Verschiebung nachlässt – außer, mir wird meine Egalheit so schön bewusst wie heute.

Egalheit ist gut. Auch.
Nicht immer. Manchmal kotzt mich meine globale Egalheit auch an.
Aber manchmal, wenn es um _mich_ geht – nicht um “Hannah C. Rosenblatt Einsmensch mit Funktion A B C und Labelpalette von –> bis “ – sondern um mich: Existenz, Präsenz, Metabolismus , dann ist es offenbar noch immer öfter sicherer für mich einfach egal zu sein. Also “egal” as in “gar nicht da”.

Ein Herz dort draußen hat mir das Buch “Trauma – Yoga – Heilung durch sorgsame Körperarbeit” von David Emmerson und Elizabeth Hopper von meiner Wunschliste zukommen lassen (Danke <3 ) und ich habe angefangen es zu lesen. Es ist ein Yoga – Übungsbuch, aber auch ein “Traumafolgen neu- verstehen”- Buch für mich, die bis jetzt nichts mit Yoga zu tun hatte.
Ich bin jetzt bis zur ersten Übung gekommen.
Mit Luft anhalten und Erinnerungen daran, dass es nur ein Buch ist und nichts woran Bedingungen geknüpft sind.

So ist das nämlich: Dann liest man “hat schon vielen Tausenden geholfen” und denkt “und? Muss es dann jetzt deshalb auch mir helfen? So wie dieses für mich nur stressige Stressbewältigen mit den sicheren Gärten und dem leisen Schnarchen vom Mitpatienten 2 Meter weiter, offenbar ALLEN und IMMER geholfen hat?” und auch: “Oh G’tt- ich habe eine Wunderwaffe in der Hand? – ist alles andere doch schon immer sinnlos gewesen? Habe ich Zeit verschwendet….?” und dann sind sie alle wieder da: die Zweifel, die Abwertung und das Vergessen der Entwicklungsschritte.

In dieser ersten Übung geht es darum die Verbundenheit mit dem Boden, auf dem man sitzt, oder mit dem man über Bett/Stuhlgestell verbunden ist, wahrzunehmen und schließlich mit dieser Verbundenheit zu interagieren.

Frau Rosenblatt hatte an der Stelle einen winzigkleinen Erkenntnis – meltdown, um vor sich irgendwie zu verpacken, dass es sie ja gibt.
Ich habe nicht weitergemacht, weil ich mich nicht schon wieder selbst auf Vermeidungstänze konditionieren will, wie ich das mittels Dialektisch- Behavioraler- Therapie gemacht habe, sondern lieber vorher so große Impulse hinterfragen.
Sehr hilfreich war dabei, dass der Übungstext schon genau so formuliert war, dass darin Raum für: “Ob sie das machen oder nicht, ist okay” war, denn “okay” ist nahe genug an “egal” für mich an Stelle, um mich dann auch darauf zu beziehen und mich sowohl zu trauen, aber auch wieder rauszuziehen.

Es ist jetzt nicht so, dass ich bisher durch die Welt gegangen bin und dachte ich sei inexistent, aber in meiner Sicht auf mich gibt es schon blinde Flecke, die eben genau da anfangen, dass ich vor weiten Teilen des Lebens eher “in Wahrheit gar nicht da bin” als wirklich präsent und verbunden mit irgendwas oder irgendwem. Und wenn ich dann verbunden bin, dann hat es einen Zweck, der mit einer Dualität bzw. Mehrsamkeit zu tun hat. Das ist in der Therapie mit der Therapeutin, mit meinen Gemögten im Gespräch oder mit NakNak* in manchen Situationen.
Das ist vom Spannungsgrad her schon etwas Anderes. Das ist BÄNG ICH BIN DA WO IST DIE KATASTROPHE DIE JETZT GLEICH SOFORT UND GANZ SICHER PASSIERT? KEINE PANIK ICH HAB ALLES IM BLICK – Präsenz, die der Logik des “in Wahrheit gar nicht da seins” Futter gibt, denn wer nicht da ist, der hat auch nicht alles im Blick.

Ich habe mir überlegt, dass ich erst einmal bei dieser Eröffnungsübung bleibe, bis sich der Gedanke “Ich bin” üblich in dem Zusammenhang anfühlt. Also nicht “normal” oder so, dass sich meine Spannungskurve nach oben schiebt “aber ja noch händelbar ist“, sondern so, dass mir gleich mit bewusst bleibt, dass ich mich gerade in meinem Da – sein wahrnehme, weil ich mich drauf konzentriere und nicht, weil gerade Alarm ist.

Vielleicht heißt es deshalb auch “Yoga üben” und nicht “Yoga machen”.
Erst mal üben, dass die eigene Existenz auch ohne Not oder Alarm wahrnehmbar ist.