das Ende ist real

Neulich sah ich ein Video von einem Kolibri, der in einem Blütenblatt badete.
Grad lag ich im Bett und weinte. Meine Tränen sammelten sich in den Ohrmuscheln und ich dachte an Ertrinken. Und wieso? Weil ich mir das angewöhnt hab. Als Trost. Ist alles nicht schlimm, kannst ja sterben. Stress? Nicht schlimm, irgendwann ist ja eh Schluss. Angst? Alles gut, ist eh alles nur auf Zeit. Sorgen? Ohnmachtgefühle? Hilflosigkeit? Alles keine echten Probleme, das Ende ist real. Immer.

Ich bin nicht suizidal. Ich bin auch nicht „high functional depressiv“. Ich bin nur bindungsgestört. Meine Bindung ans Leben ist verkorkst und das hat irgendwie weniger mit den Menschen in meinem Leben zu tun als mit den Begleitumständen.
Immer, wenn ich mich gerade eigentlich ganz wohl fühle, passiert so etwas wie heute abend.
18 Uhr Mail von der Betreuerin. Hallo guten Tag, hier Dinge, die ihnen Todesangst machen. Gute Nacht, bis Morgen. Und meine Ver_Bindung reißt ab, als wäre sie nie gewesen. Vorsichtshalber. Sicherheitshalber. Ich erinnere mich daran, immer aufs Sterben gefasst zu sein. Wie auf Regen oder, dass der Bus vielleicht nicht pünktlich kommt. Das beruhigt mich. Das gibt mir Halt. Das ist so sicher. Tod lügt nicht, Tod irrt nicht, Tod ist weder gerecht noch ungerecht. Sterben ist vielleicht nicht schön, sterben tut vielleicht weh und ist schlimm, aber tot sein nicht. Das ist man einfach und es bedeutet nichts mehr außer sich selbst. Das ist so beruhigend.
Und wie unfassbar schön ist es, dass das Leben so ein klares, eindeutiges Sein in all dem Chaos, dem Prozess und Passieren für einfach alles und alle bereithält?

Ich bin einfach zu schnell überfordert vom Leben. In mir kleinem Rosenblatt kann niemand baden, denn ich breche immer gleich weg. Bin, wenn man so will, vielleicht eher ein Mimosenblatt. Ich hasse diese Eigenschaft. Hasse mich dafür, so zu sein. Denke, dass ich nur das zu bieten hab: Loslassen, Haftung verlieren, Verschwinden. Tot spielen, weil es so gut tut, sich einzubilden, dass all die großen schlimmen schmerzhaften Dinge des Lebens in Wahrheit überhaupt nichts bedeuten. Außer den Moment, in dem sie geschehen.

Andererseits kann ich mir selbst die Ohren vollheulen. Hannah kann das nicht.
Vielleicht ist das auch etwas, das nur sich selbst bedeutet.


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4 thoughts on “das Ende ist real

  1. Da kann man nur zustimmen, nicken, sich schütteln und sagen: Ja, genau so ist es…

  2. (Wieder so viele Gedanken, die ich ganz ähnlich kenne und mit meinet eigenen Melodie in mir singe. Ein Leben mit Notausgängen.)

    Puh. Ich fühle mit so sehr es möglich ist.

  3. sitz hier vor meinem laptop und wein, weil deineure worte so viel resonanz machen in mir, in mir irgendwo ankommen, wo schon seit längerem nichts mehr wirklich durchgedrungen ist.
    bin immer wieder so dankbar für euren blog, euer schreiben und sprechen, euer mitteilen, eure analysen, so vieles darin spendet mir trost, gibt mir möglichkeiten teile meines erlebens und gedankengänge wiederzufinden, gibt mir zu denken, lässt mich oft weniger verloren fühlen.
    und oft fühlt es sich bisschen falsch und unfair an, weils sich einseitig anfühlt, weil ich unsichtbar bleib in meinen gedanken und gefühlen beim und nach dem lesen, weil ich mich selten trau, so ins außen zu gehn. aber wollt jetzt endlich mal den mut fassen, das nach außen zu bringen. dass es viel bedeutung hat für mich, dass und was ihr hier schreibt. danke euch von herzen!

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