„der Weg“ ist der Weg- nicht das Ziel

Nach einem Tag wie gestern, in dem viel ums Wachsen ging,553608_web_R_K_by_Andreas Hermsdorf_pixelio.de
kommt auch die Gedankenwuselei um die Zukunft auf und damit die Unsicherheiten, unbequeme Realitäten und Fakten.
Wir selbst und die Steine, die wir sowohl uns selbst, als auch von außen in den Weg gelegt bekamen.

Wie geht es weiter mit den Rosenblatts?
Sie sind noch keine 30, haben eine mittlere Reife, geistiges und körperliches Potenzial. Sie sind motiviert grundsätzlich etwas zu schaffen und leicht zu begeistern.
Aber was denn nun zum Geier? Und vor Allem: Wie?

Letztes Jahr haben wir 152 Bewerbungen rausgeschickt, um im Handwerk einen Platz zu bekommen. Doch trotz lautstarkem Gejaule der Branche, konnte es sich selbige dann doch noch leisten 17 jährige männliche Menschen zu bevorzugen.
In den letzten 5 Jahren haben wir so viele Absagen und Zettel über Teilnahmen an diversen Trainings, Praktika und Probearbeitszeiten kassiert, dass wir einen Aktenordner füllen konnten und haben es dann aufgegeben.

Dann die Idee doch das Abitur zu machen. Abendschule. Wieder. Obwohl wir doch eigentlich genau wissen, dass das so derartig kräfteraubend und auch systemverändernd ist. Es ist für jeden Menschen- egal, ob multipel oder nicht, klar, dass kein Mensch, der in der Woche ca. x Stunden schläft, permanent körperliche Verletzungen heilt und einfach grottig schlecht in Sachen Ernährung gestellt ist, in der Lage ist, so funktional zu sein, dass er es ohne Versehrung irgendeiner Ebene schafft, sich an 5 Tagen in der Woche auf Lerninhalte zu konzentrieren. Die Rosenblatts aber- die melden sich für die Schule an. Könnte ja klappen- hat ja immer geklappt.

Die Zeit nach der letzten Abendschule- ach- war doch toll so dünn! War doch trotzdem geschafft und hey- wir haben uns gut regeneriert danach, so mit dem ganzen Krams drumrum, den Pflegetieren und den Jobs und so…

Eigentlich haben wir gerade ein Level erreicht in dem es uns „okay“ geht.
Am Tag werden zwei Artikel geschrieben. Sich weitergebildet, damit man keinen Quatsch schreibt und damit auch ja keiner merkt, was für eine minderwertige Abfallexistenz diese Worte aneinandergereiht hat.
Das Buch wächst langsam vor sich hin und wird vielleicht eventuell etwas, von dem viele Menschen etwas haben. Oh ja das Buch wird etwas, das vielleicht endlich mal etwas ist, dass die Rosenblatts zu jemandem macht, der auch etwas zurückgibt. Endlich!

Aber noch ist es so, dass jeder Artikel, jeder Satz ,jede Aktivität die verrichtet wird, sowas von ein inneres Verbrechen ist, dass das Leben außerhalb dessen, eigentlich nur eine Bezeichnung zulässt: Qual an deren Ende gearbeitet werden muss.

Es ist subtil- man merkt es nicht, wenn man mit uns zu tun hat und die Spaltungen, die wir in uns und im Außen haben, generieren nur allzu leicht ein Leben damit. Dinge die uns belasten könnten, belasten niemals die leidende Ebene, sondern ausschließlich die Kompensierende. Jene Ebene, die eigentlich die Leidende unterstützen könnte. Doch das ist schmerzhaft und konfrontiert mit einer Ohnmacht.

Wer wählt die Ohnmacht, wenn er Macht und Aktivität wählen kann?
Wir haben die ganzen Bewerbungen immer rausgeschickt, weil wir davon ausgingen, dass wir auch mit Abstrichen zwar, in jedem Fall in der Lage gewesen wären, das alles auszubalancieren.
Jetzt ist da der Freiheitsschock. Da ist eine Bombe hochgegangen und es ist nicht mehr die Frage, wie man Schutt und Asche aus der Vergangenheit verschiebt, um neue Häuser aufzubauen, sondern die Frage, wie man verhindert, dass einem die Verletzten wegsterben, die Brände gelöscht und die umherfliegenden Schrabnellen der Vergangenheitstrümmer, das neu aufgebaute Strohüttchen und Lazarettzelt noch kaputt fetzen- noch WÄHREND man sich auf den Weg macht, neue Häuser zu bauen, Bäume zu pflanzen und Bedingungen zu erschaffen, die ein gesellschaftlich höher anerkanntes Verdingen ermöglichen.

Es ist ein Schwanken zwischen alt und neu- bekannt, doch einfach nur furchtbar und unbekannt, doch so sehr gewollt. Dann sind da Rosenblätter die sachte rauschen: „Hey- es ist Zeit! Keiner außer das Arbeitsamt drängelt, dass wir etwas machen sollen. Dafür haben wir die Zettel auf denen draufsteht, dass wir chronisch krank sind- das impliziert, dass man zwar Absprachen machen kann, aber nie und immer genauso wie chronisch gesunde Menschen auch dem so zu entsprechen in der Lage ist. Wir können doch jetzt die Kraft in die Therapie stecken- nicht arbeiten oder lernen. Keine Vermeidungstänze machen mit zig Jobs und Parallelleben aneinander vorbei… Einfach erst mal wieder ein Plateau erschaffen, das man nicht „Stück für Stück- Suizid“ nennen sollte. Schlafen, Essen, keine körperliche Selbstversehrung mehr. Das ist doch die Basis. Wir würden doch anderen Menschen die genauso überleben, wie wir es tun- und auch noch gezwungen sind das „Leben“ zu nennen, weil wir gerade in diesem Zustand existieren und zurecht kommen- auch nicht auferlegen, zur Schule zu gehen, gefälligst niemandem auf der Tasche zu liegen, sich jetzt aber endlich doch mal aufzuraffen etwas Anderes zu tun, als das, was ihnen Kraft und Hoffnung, ein Ausleben ihrer Begabungen ermöglicht…“

Doch dann sind da die Rosenblätter, die genervt sind. Die sich aufbäumen und sich gefangen fühlen. Stets und ständig abhängig gemacht sehen: „Wir sind doch jetzt nicht mehr so bedürftig! Wir haben schon das das das das und das geschafft! Jetzt muss doch endlich mal ein Schritt vorwärts kommen, der uns auch nach außen autonom macht! Wie soll das denn werden in der Zukunft? Hartz4 und Kinderwunsch- ein absolutes no-go! Kinderwunsch und DIS- oh man- man kann ja schon richtig hören was „die Leute“ dazu denken! DIS und die Welt besser machen- das kann doch nur schief gehen! Wir machen das jetzt einfach alles gleichzeitig- jetzt kurz 3 Jahre zusammenreißen, Abi, Studium, bezahlte Arbeit, Familie mit Kind. Wenn nicht jetzt, wann dann? Wir kriegen das schon hin irgendwie. Es geht immer irgendwie…“

Und dann sind da die beobachtenden Rosenblätter, die daneben stehen und sehen, dass sich das gesamte Rosenblättergemisch mittels Zukunftsgedanken einfach nur wieder ein Werkzeug für den Suizid schnitzt.
Also schreiben sie ein Artikel darüber, merken, wie Kraft des Tages wieder in Worte geflossen ist und nicht in das Abschicken der Hartz4-Zettel für die vollständige Anmeldung in der Schule, nicht in die Selbstfürsorge und auch nicht in die Veränderung dessen, was man verändert haben will.

Vielleicht schafft man es heute endlich mal darüber zu weinen. Vielleicht mal so etwas wie eine Trauer darüber, dass man nun frei ist, zuzulassen. Nicht zu wissen, wo man jetzt steht und auch nicht zu wissen, wo man steht, wenn „Zukunft ist“. Vielleicht ist es dran zuzugeben, dass man das Ende seiner Gefangenschaft, trotz aller Schmerzen und Leiden, auch als unglaublich großen Verlust empfindet und nur deshalb in zu hohe Ansprüche geht, weil man so etwas noch nie von anderen AussteigerInnen wahrgenommen hat.
Bei denen steht immer soviel bockige Energie- da steht immer was von Kampf und Mut. Vom Annehmen, der inneren Dunkelbunten und „ihnen beibringen, dass es jetzt alles toller ist“. Da steht immer so viel Zukunft.

Aber irgendwie selten die Gegenwart, die sich in festumklammerten Selbst-s-Foltermethoden aus bekannter Verpflichtung heraus und Sturmdrang in Richtung Leben und Freiheit in Gänze vermischt. Diese Episode, in der man wie mit Vollgas und angezogener Handbremse auf das Ergebnis des Todes zuschießt- Stückchen für Stückchen, total subtil, händchenhaltend mit all seinen Gemögten und Begleitern und Verbündeten.

Einfach so- noch während man ein anderes Ziel für sich konstruiert und von den Wellen der Kraft auf denen man manchmal so reitet, auch zu ertrinken Gefahr läuft.

Vielleicht hat es auch mit einem Akzeptanzprozess (einem Wachsen) zu tun, dass man aktuell zu einem Opfertäter an sich wird. Und der Akzeptanz, dass man dies erst wirklich genau weiß, wenn man in dem Bereich ausgewachsen ist. Dann, wenn Zukunft ist.

Täter- Angst!- Kontakte Teil 3

Und dann ist da die Angst.

Angst ist hochgiftig und mitunter tödlich. Das weiß jeder, der mal wild durch einen Hühnerstall getobt ist oder Aquarienfische zum Umsetzen einfangen musste. Wird es zu viel für den Organismus, ist eben Ende.

Menschen die immer wieder Traumatisierungen erleben, passen sich auf verschiedene Arten an die Angst an. Manche „haben dann eben keine mehr“, manche werden Profivermeidungstänzer und manche agieren dann „plötzlich mit übermenschlicher Kraft“.
So ein Angstdorn vorm Täter sitzt ganz gern im Fleisch und fängt an Wurzeln zu schlagen. Die Blüten der Angstpflanze hat viele Gesichter und früher oder später treten Einzelne davon immer offen ans Licht.

Angstblüten stinken ganz erbärmlich.427490_web_R_K_by_Lizzy Tewordt_pixelio.de
Unsere erste Angstblüte war selbstverletzendes Verhalten par excellence in Form einer Essstörung und selbst zugefügten Wunden. [Etwas, das ich immer wieder nicht verstehe ist, dass die ersten Erklärungen von außen für so ein Verhalten in Ebenen der Betroffenen und deren Alltagsleben gesucht werden, die natürlich nicht außen vor bleiben sollten, doch den Kern unberührt lassen. Meiner Meinung nach ist der Grund für so ziemlich jede Unter- Nebenart von „Wahnsinn“ oder „psychischer Krankheit“ schlicht Angst und die Versuche mit ihr irgendwie um zugehen. Das Stigma des „psychisch Kranken“ hilft dabei übrigens überhaupt nicht!]

Was das mit Täterkontakten zu tun hat?
Na- schnuppern Sie gerne an stinkenden Blumen, wenn Sie nicht gerade der Züchter selbiger sind?

Wer es richtig gut drauf hat, Ängste zu sähen, zu pflegen, zu nähren und in ihrer Entwicklung zu beeinflussen, der wird ihre Früchte genießen und nutzen können. Im Bereich der organisierten/ rituellen/ ritualisierten/ lange anhaltenden Gewalt finden sich außerordentlich versierte Angstpflanzenzüchter.
Sie schaffen es vor Allem und Jedem Angst zu verbreiten. Sei es durch schmerzhafte „Strafen“, durch gezielte Folterungen, Erpressung, Drohungen (die ab und an wahrgemacht werden) oder durch Nutzung der derzeit absolut opfer(frauen)feindlichen Gesellschaftsstrukturen.

Wie man Ängsten begegnet ist klar: Man schaut sie sich an, findet heraus, worum es bei der Angst geht, wägt ab, wie berechtigt oder unberechtigt sie ist und probiert herum, welches (andere- nicht/ weniger destruktive) Agieren, oder auch welches Agieren anderer Menschen, oder auch welche Umwelteinflüsse sie positiv im Sinne einer Linderung beeinflussen.

Wie soll ein Mensch der evtl. von Geburt an gelernt hat, dass seine Angst nur dann erträglich wird (oder gar nicht aufkommt), wenn er tut, was der Täter sagt? Wenn er vielleicht sogar noch irgendwann Angst vor Ängsten oder Angst vor Ängsten die wiederum Ängste aufkommen lassen entwickelt hat- ohne überhaupt sagen zu können, worum es dabei eigentlich geht, weil es dissoziative Barrieren gibt?
Schönes Beispiel unsere Frontfrau.
Sie hat bis heute kaum mehr als ein bedrohliches Dämmern, wenn es um Dinge unserer Biographie geht, die vor dem sechzehnten Lebensjahr geschahen. Aber Angst ohne Ende. Das ist dann mal ein Puzzle, das hier rum liegt und für ein anderes Innen eine Assoziation mit einem Erlebnis aus eben jenem Zeitabschnitt ermöglicht. Die Frontfrau kriegt diese Verbindung nicht hin- weiß aber, dass sie sich mindestens davon bedroht fühlt. Dann kommt da die Lernkette: „Immer, wenn in mir etwas dämmert verliere ich Zeit“- „Immer wenn ich Zeit verliere, tue ich Dinge, die gar nicht meiner Meinung/ Wunsch/ Naturell/ Fähigkeiten entsprechen“- „Diese Dinge kann ich nicht erklären und erst recht nicht so in der Form erinnern/ wiederholen geschweige denn (vor mir selbst) rechtfertigen“- „Ich bin in der Falle (werde nie entsprechen können)“- „Alles ist aus“
Dies macht in unserem Gesamthirn einen Wechsel- da dies die Art tödlicher Angst ist, vor der es sich zu schützen gilt.

Ein ähnliches Wechselmuster gibt es bei Multiplen mit Täterkontakten. Ob gezielt eingebrachte oder schlicht Personen- Umstandsgebundene Trigger: die Folge ist ein Schutzversuch- der Versuch seine (sehr berechtigte und sich ja immer wieder neu bestätigende) Angst zu verhindern (bzw. zu lindern).

Ich schrieb es im ersten Teil. Die Dränge…
Phoa wir hatten so eine Angst verdammt und immer wieder haben wir versucht das altbekannte Muster zur Linderung dieser Ängste zu fahren.
„Schnell hin- anrufen- Besuche machen- alles und alle beschwichtigen- hier nimm mich- da, du kannst mich haben und alles ist wieder „gut“.“
„Okay, jetzt war ich nicht da- jetzt sollte ich mich opfern- besser ich machs jetzt bevor…“
„Ich habs nicht gemacht- Jetzt wird XY passieren- ganz sicher- ich habs ja mit eigenen Augen….“
„Ich bin noch immer da ich minderwertiges Stück Dreck- ich bin….ich muss- ich sollte- es wird sicher…“
„Sie werden mich hassen… meine lieben… sie werden enttäuscht sein- ich will sie doch nie enttäuschen….“
Die Liste ist so lang und dies hier ist nur ein Abriss.

Die Angst ist pur gewesen. Da gab es schlicht keinen Platz für Rationalität.
Daumen hoch oder runter. Nur das diesmal, dort in diesem geschützten Rahmen, mit jemandem an unserer Seite nicht die Entität des Imperators* saß, sondern einzig meine ekelhaft stinkende Angstdiktator*pflanze.
Ich glaube heute, dass die Schmerzen, die wir während des ersten depressiven Schubs hatten, eine Art Vergiftungserscheinung waren.
(Depressionen lassen einen nicht nur so fühlen als sei man „irgendwie tot“- im Gehirn passiert dann auch real nicht viel mehr als das Sparprogramm)
Die Möglichkeit zu erfahren, dass keine der Ängste (und Überzeugungen) die in uns tobten von außen her bestätigt wurden, war es die uns sehr half. Nun hatten wir einmal erfahren, dass uns an der Seite dieses Menschen und in seiner Obhut nichts von dem geschah, was wir befürchteten und es gab einen kleinen Bruch in der Lernkette, der sich immer weiter vertiefte je länger wir durchhielten und den wir immer deutlicher (und mehr von uns) spürten.

Ich hätte mir in der Zeit sehr gewünscht, dass uns unsere Therapeutin oder auch unsere Psychiaterin näher gestanden hätten, als sie es taten. Das was wir da betrieben haben, war ein Blindflug und weder wir noch unser mit uns verbündeter Mensch, hatte wirklich eine Ahnung, wann diese Angsthölle durchgestanden sein würde, was genau eigentlich gerade passiert und so weiter. Doch unsere Angst vor Menschen in helfender Position und auch die dissoziativen Barrieren rund um die Frontfrau, verhinderten eine klare Kommunikation der Gesamtumstände. Es gab leider keine Vernetzung zwischen den Behandlern, den Betreuern und unseren Verbündeten. Ich bin darüber noch immer wütend und auch traurig, weil es mit diesem Wissen im Nacken schwer fällt andere Betroffene davon zu überzeugen, dass es sich lohnt sein Helfernetz so weit und eng wie nur irgend möglich zu spannen. Ich habe ja erlebt an was für Eitelkeiten und Unbeeinflussbarkeiten genau dies scheitern kann.

Wie gesagt- das war für uns nicht das Ende des „Täterkontaktes“, aber es war das Ende des „den gewaltvollen Täterkontakt- Suchens, weil man Angst hat (und einer Verpflichtung nachgeht, um Schlimmeres zu verhindern)“. In der Folge riefen wir auf jeden Anruf mit fremder Nummer (die übrigens nie zurückrufbar waren), auf jeden Zettel, jede seltsame Begegnung bei unseren Verbündeten an, statt dort, wo man es von uns erwartete. Die Angst war plötzlich nicht mehr pur und radikal. Da gab es langsam ein Zeitfenster von ein paar Minuten und die konnten wir nutzen um unser Netz abzutelefonieren- um dann beim Ersten, der abnahm abzuschmieren- logisch. Aber! Wir sind nicht bei einem Täter abgeschmiert, sondern bei Menschen, die diese Ängste beruhigen helfen konnten durch die Erinnerung daran, dass schon so und so lange nichts passiert ist, dass das und das Ding einfach gegen sämtliche Logik und Naturgesetze wäre… und so weiter.
(Und hier ein Seitenhieb den ich mir dann doch nicht verkneifen will: Helfer mit Telefonsprechzeiten und striktem Kontaktreglement, die gleichzeitig drängeln Täterkontakte zu beenden…. wunderbar! Einfach wunderbar. 24 Stunden Erreichbarkeit ist nicht erforderlich. Aber zu vermitteln, dass der Klient bitte exakt Donnerstags zwischen 14 und 14:30 Uhr seine Krise zu planen hat und sonst nicht stören soll- sorry, dass ist dumm und hilft nicht.)

4 Monate durchgängig und intensiv in jeder Beziehung zu lernen, dass jeder Unwille von uns zu respektieren ist (und zwar von jedem Menschen), zu lernen, dass nichts von den ganzen furchtbaren Befürchtungen eintrat, von denen viele von uns überzeugt waren (und manche trotzdem noch immer sind!) und ganz direkt und nah zu erfahren, dass wir einfach mal so sein gelassen werden, wie wir sind, hat geholfen.

Fortsetzung folgt

*der Imperator ist der Befehlshaber übers Militär gewesen- der Diktator ist Befehlshaber über den gesamten Staat…*

Vertrauen… auf eine gewisse Art

„Ach also geht es darum, dass sie sich fragen, ob sie mir vertrauen können?“
„Klingt als hättest du Angst den Anderen zu vertrauen…“
„Vertrau mir ruhig, das wird schon…“

Dieses Vertrauensding häuft sich gerade schon wieder in meiner Umgebung und irgendwie… seufz…
Wir vertrauen nicht richtig so, wie das scheinbar immer erwartet wird- wir trauen zu.
Vertrauen erscheint mir manchmal wie auf einen Sockel gestellt, wenn es um die Therapie geht. Als sei Vertrauen in den Therapeuten, seine Kompetenz, die Art der Bindung und der Ziele, deren Erreichen man anstrebt, ein Garant für das Gelingen der gesamten Therapie.
Was aber für mein Gefühl oft mitschwingt, in der Vertrauensfrage im Therapiekontext, ist der Anspruch zur Bereitschaft sich aufzugeben. Nicht im Sinne von „sich gänzlich einlassen“ oder „sich tragen und (aus)halten lassen“- das geht beides auch ohne Vertrauen. Dass man Dinge oder Menschen auch einfach aushalten kann, weil man dafür in irgendeiner Form entlohnt wird, kennt jeder aus irgendeinem Kontext. Oder auch, dass man ganz einsteigen kann in Projekte und Arbeitsprozesse, weil es einem einfach leicht fällt und man motiviert dazu ist. Auch dazu braucht es kein Vertrauen in dem Sinne.
Was ich so wahrnehme, ist der Anspruch rückhaltlos und einfach so zu glauben und sich selbst aus diesem Glauben heraus an jemanden abzugeben- sich jemandem anzuvertrauen.

Die Parallele zur Religion bzw. zum mittels Religion zum Ausdruck gebrachtem Glauben, finde ich enorm. Auch und gerade, weil es die gleichen Haken für mich gibt.
Es gibt diesen Ausspruch: „Du bist in G’ttes Hand“

[Ja Hallo?! Gruselig?! Bin ich Marionette oder was?! Nein nein nein nein nein …]
und dann gibt es diesen therapeutischen Implizit: „Sie sind in meiner Hand“
[*flapp* alle Schotten dicht]

Ja, wir sind davon überzeugt, dass es eine hohe Kraft irgendwo und irgendwie gibt, die man G’tt (oder sonst wie) nennen kann.
Ja, wir sind genauso davon überzeugt, dass der ganze Diplom-, Ausbildungszertifikatedingszettellage-, Kompetenzanerkennungskrempel mit Stempel und Siegel drauf, irgendwie bedeuten wird, dass Therapeuten schon ordentlich die Möglichkeit hatten, etwas therapeutisch Sinnvolles zu lernen (!) und, dass sie entsprechend zumindest Worte für das haben, was sie tun.

Aber seit wann ist es Usus, zu erwarten, dass Menschen allein aufgrund der für sich allein angenommenen Existenz einer Kraft oder allein aufgrund des Status einer Person zu einer Haltung zu kommen, die eine Bereitschaft zur Selbstaufgabe mitbringt?
Ach ja! Seit Menschen erkannt haben, wie mächtig sie sind und wie toll das ist, Macht auszuüben, statt ohnmächtig zu sein.

Um zu vertrauen, ist mehr nötig als das bloße Sein. Niemand vertraut auf G’tt, nur weil ihm jemand erzählt, dass es das gibt. Es braucht mehr oder weniger intensive Beweise der Macht- entsprechend also Gefühle der Ohnmacht (oder sachter ausgedrückt: der Unbeeinflussbarkeit von Umständen) bei den Menschen selbst.
Ich habe mal von einer Studie gelesen, die bewiesen haben will, dass alle Menschen in Momenten der höchsten Not begannen zu beten- auch wenn sie konfessionslos waren und niemals zuvor gebetet haben. Dies würde meine These untermauern, dass Vertrauen (und ergo auch das Glauben an unbeweisbare Entitäten) in jedem Fall also grundsätzlich etwas mit Macht und Ohnmacht zu tun hat (deshalb bin ich zum Beispiel auch dagegen Kinder nach der Geburt zu taufen oder beschneiden zu lassen- denn Kinder sind grundsätzlich immer ohnmächtig bis sie volljährig sind- ihr Glaube und damit evtl. auch ihr ganzes (religiöses) Handeln, gilt also erst mal nicht G’tt, sondern den Versorgern bzw. einer Anpassung an jene, von denen sie abhängig sind).

Meine Psychotherapie hingegen hat etwas mit Lernprozessen zu tun.
Ich gehe nicht dorthin, um mich abzugeben, sondern, um zu lernen mich meiner selbst zu ermächtigen.
Was ist es dann also für ein unlogisches Anliegen meinem Therapeuten auch noch als Mensch zu vertrauen?
Ich muss das gar nicht tun!
Ich muss ihm zutrauen, dass er gebildet ist und Techniken kennt, mit denen er mir vermitteln kann, wie ich bestimmte Dinge (neu-), (kennen-) lerne und ich muss ihm zutrauen, gewisse Skrupel zu pflegen, wenn es darum geht die Gesetzgebung des Landes in dem er praktiziert, zu brechen. Mehr nicht.
Oder?

Laut der engeren Definitionen von „Vertrauen“ gibt es verschiedene Arten des Vertrauens.
Da gibts das situationsbedingte Vertrauen, das begünstigt wird von den Möglichkeiten des Vertrauensgebers, den Vertrauensnehmer im Falle eines Bruches zu bestrafen. Tja- wie ist das auf die Therapiesituation übertragbar? Da gibt es von Natur aus eine Schräglage, die immer genau dann eintritt, wenn man Hilfe bei jemandem sucht. Aus der Position des Hilfesuchenden- desjenigen, der etwas will- der Bettlerposition heraus straft es sich schlecht, da man in jedem Fall nur sich selbst straft bzw. schadet.

Dann ist da das identifikationsbasierte Vertrauen. Da tanzen gegenseitige Sympathie und tragfähige emotionale Bindung im Paar mit einer Identifikation der Werte, Wünsche und Ziele des Gegenübers.
Ja, sympathisch finden wir unsere Therapeuten immer. Die stehen ja auch über uns. Es ist immer schlau den, der über uns steht, sympathisch zu finden und ganz und gar mit ihm zu verschmelzen.
Hinweis: Ja, das ist Unterwerfung. Und ja, das ist ein Lerninhalt, um genau dessen Deinstallation es in der Therapie (auch mit) gehen soll, dessen Vorhandensein und Bereitschaft zur Ausübung aber wiederum gesamtgesellschaftlich immer wieder verlangt wird. Ich würde sagen, hier haben wir einen wunderbaren Patt, der meiner Meinung nach noch ganz erheblich viel mehr Diskussion erfordert, als bisher geschehen.

Und dann ist da das Ding, das wir schon tun: das eigenschaftsbasierte Vertrauen. Wobei wir auch dies für etwas halten, das mehr unhinterfragter Gesamtgesellschaftsreflex ist, als wirklich wahres Vertrauen. Denn mehr als einen Status, aufgrund der Eigenschaften ihres Berufes als Heiler, Helfer oder Retter (und die ihnen entsprechend eingeräumten gesetzlichen Rechte) haben weder Ärzte noch Therapeuten uns Hilfesuchenden gegenüber.
Sie können sich nur vor uns stellen und versichern, dass sie Mittel und Wege kennen, uns zu helfen/ heilen/ retten und uns dies mit ihren Approbationen und Fortbildungszertifikaten im Vornherein und Testergebnissen und (Therapie)Erfolgen im Nachhinein zu beweisen. (Es gibt natürlich auch noch andere Arten dies zu beweisen, wie die Psychiatrie uns das immer so hübsch beweist, aber das will ich jetzt nicht weiter ausführen- Thema ist schon groß genug). Und sie können nicht mehr tun, als uns zu sagen, dass sie uns gern helfen wollen und dies ausschließlich durch die Mitteilung und die Handlung der Behandlung selbst, beweisen.

Eigentlich sind wir Patienten/ Klienten also in einer mächtigen Position. Wir können frei wählen, ob wir uns von jemandem behandeln lassen oder nicht.
Doch da es einen Leidendruck und einen Hilfebedarf gibt, ist die Macht absolut fragil. Sobald wir eine Schwäche eingestehen und uns in die Hände des Behandlers begeben ist alle Macht weg. Man befindet sich in einem Machtgefälle und ist ausgeliefert.
Für mein Gehirn heißt das in der Regel soviel wie: „Herzlichen Glückwunsch, sie dürfen jetzt Todesangst haben, denn sie haben keine Macht mehr, genauso wie damals als…. und damals als… und damals als… und ach weißte noch: Damals, als…“
Unter diesem Umständen komme ich mir schon ziemlich vertrauensvoll vor, wenn ich meinem Therapeuten zutraue, wenigstens zu wissen was er da tut und warum.

Schon manches Mal hatte ich den Eindruck, Menschen- egal ob sie meine Therapeuten, Betreuer oder sonstige Helfer waren, seien irgendwie persönlich betroffen, vielleicht gekränkt, wenn ich ihnen sagte, dass ich ihnen nicht vertraue. Als wäre mein Vertrauen eine Art Gütesiegel ihrer Person oder ihrer Arbeit mit mir. Dabei ist allein, die Tatsache, dass ich mich mit ihnen in Kontakt begebe und mich für eine Zusammenarbeit entschließe, schon ein Schritt den man mit „Vertrauen“ etikettieren könnte.
Ich stehe doch schon dort und erkenne all die Bildung, all die Kenntnis rückhaltlos und alternativlos an- unterwerfe mich doch bereits der Aufforderung in Behandlungs- oder Arbeitsziele als etwas Lohnenswertes zu vertrauen- obwohl ich keine vergleichende Referenz habe, weil ich noch nie anders (er)lebt habe als so auseinandermultipliziert verdissoziiert. Ich bin doch schon blind und muss mich führen lassen.

Wozu also noch Vertrauen in die Person oder in eine emotionale Beziehung?
Meine Lernerfahrung brüllt mir in den Schädel, dass es mich potenziell (und früher definitiv in Anteilen meiner Selbst) töten wird, mich oder meine (Eigen-)Macht in die Hände von anderen Menschen (oder Entitäten) zu legen. Wer also würde wirklich und zu welchem Zweck davon profitieren?
Es ist lediglich mein Gegenüber- mein Therapeut oder mein Arzt oder Helfer oder Betreuer.
Ich habe davon nur etwas, weil das Ego (oder Teile des Egos) desjenigen, der sowieso schon Macht über mich hat, gestreichelt ist und mir gegenüber entsprechend positiv eingestellt ist.
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Ich will mir aber Hilfen nicht mehr auf so eine Art erkaufen oder absichern müssen. (<—badabumms! Therapieerfolg mit Glitzer drum rum bitte schön!)
Wenn unsere letzte Therapeutin eins mit uns geschafft hat, dann das: sie hat es geschafft, dass wir uns gegenüber Therapeuten und Ärzten nicht mehr als Objekt betrachten, sondern als Subjekt- als „Mitmacherin“ nicht als „Machen lassen Müsserin“. Das ist etwas, dass uns nicht unbedingt bewahrt vor erniedrigenden Erfahrungen, aber es ermöglicht uns eine Art Selbstschutz, weil wir uns nicht mehr in dieser „Arzt-Patient-Schräglage“ sehen, als jemand der absolut und unter allen Umständen nichts mehr zu sagen, zu denken und zu empfinden hat, wie es die Umstände einen glauben lassen. Wenn wir meinen (wir warten nicht darauf, dass es sich so anfühlt, weil das nachwievor mit Verboten belastet ist), dass uns ein Arzt demütigt oder nicht gut mit uns umgeht, dann schaffen wir es inzwischen immerhin, uns einen anderen zu suchen, dem mehr an einer Zusammenarbeit (statt einer „an uns Arbeit“) gelegen ist.
Genauso wie wir uns getraut haben Kritik an dem Verlauf der Therapie aktuell zu äußern und aktiv etwas getan haben, um eine Chance auf eine Besserung zu erhalten.

Wir fangen an in unsere Macht zu vertrauen, nachdem wir lange brauchten sie überhaupt als solche wahrzunehmen.
Und -hey boa!- das ist so was Megagruseliges, an sich schon, wenn einem immer wieder und wieder genau das weggenommen und abgesprochen wurde!
Und während wir so etwas entdecken, erleben und- ja irgendwie zwischenzeitlich auch noch immer ungläubig und zögernd- bestaunen, gut finden und uns dafür selbst irgendwie ein Stück Anerkennung untereinander zukommen lassen (oder uns gerade dafür fertig machen- je nach dem), können wir persönliche Befindlichkeiten des Gegenübers nicht so befriedigen, wie wir das früher getan hätten, oder so, wie viele andere Menschen das so tun. Aber die Anerkennung und der Respekt vor der Profession ist in jedem Fall unangefochten und akzeptiert. Genauso wie wir die Macht innerhalb des Verhältnisses anerkennen und uns ihr unterwerfen, wenn es verlangt ist.

Manchmal würde ich mich schon gern dem Sein der Menschen anvertrauen, wie ich es ihren (professionellen) Eigenschaften gegenüber tue.
Aber nicht die Berufe oder die beruflichen Fähigkeiten der Menschen, haben mich verletzt, sondern die Menschen selbst.
Man kann nie wissen wie die Menschen sind, und wenn man einmal weiß, wie tief und absolut zerstörerisch sie sein können, ist Vertrauen etwas, dass es schlicht nicht mehr so einfach geben kann.

Einen richtigen Schluss finde ich für diesen Artikel nicht. Doch irgendwie kommt es mir auch nicht schlimm vor, denn ich glaube, dass ich einen ähnlichen Artikel in ein paar Jahren vielleicht erneut schreiben werde… vielleicht dann irgendwann doch davon, wie gut und hilfreich es ist, sich dem Sein eines Menschen anzuvertrauen und wie es dazu kam.
Wer weiß.

Zeit sich der eigenen Entwicklung anzuvertrauen…

Ausweis Beweis Nachweis Hinweis

Tag der Weisungen…

Bei der Spaßkasse war der Automat ausser Betrieb und es wurde eine Schalterauszahlung gemacht. “Ihren Personalausweis bitte?”
Unser Personalausweis ist seit den Wahlen futsch- der Vorläufige schon ewig abgelaufen. Ein neuer mit biometrischem Hässlichfoto kostet 28,45€ + 10€ für neue Fotos.
“Der ist aber gelaufen- haben sie etwas anderes da?”
“Ja- äh… mich?! Ich bin nicht abgelaufen”, charmantes Lächeln…
Die nette Frau “lässt sich mal drauf ein- immerhin will der Automat ja auch nie einen Ausweis sehen”.

Ich bin erleichtert. Nichts erklären.
Mich nicht beweisen. Mich nicht ausweislich beweisen. Nicht nachweisen, dass ich echt bin. Nicht noch ein Kampf um meine Existenz (und damit leicht implizit: mein Sein.)

Ich fühle diesen Kampf im Moment sehr oft und rutsche immer wieder fast in den Zustand vom letzten Wochenende. Aus einer Erklärung meiner Worte, meiner Wortwahl wird eine Kontrolle meines Seins, meines Echt-Seins. Und in mir artet es aus, in verzweifeltes Flehen um Gnade, ob meiner Unfähigkeit mich verständlich zu machen. Als würde genau jetzt in diesem Moment etwas wer weiß was Furchtbares mit mir passieren, wenn ich es nicht schaffe mich- etwas aus mir kommendes, verständlich zu machen und damit zu rechtfertigen.

Es hat sich viel verändert seitdem. Und wir haben unsere Umgebung verändert.
Wir haben beschlossen, aus der “Internet- Austausch-Multiszene” auszusteigen. Unser Forum ist inzwischen privatisiert, diverse Accounts von uns, sind gelöscht bzw warten auf ihre Überprüfung und wir werden auch nicht mehr jeden Blog, jede Homepage oder sonstwie geartete Selbsthilfeseite lesen und aktiv unterstützen. (Etwas das wir bis jetzt immer, absolut bedingungslos und gern taten, weil wir denken, dass jeder Betroffene von uns ganz selbstverständlich mindestens Solidarität kriegen muss, weil diese Webseiten extrem viel Mut erfordern, den wir prinzipiell immer unterstützen wollen).

Aber nun wollen uns schlicht nicht mehr rechtfertigen!
Es ist jetzt genug.
Wir erkennen tiefes Misstrauen von Betroffenen an, gar keine Frage. Wir haben Verständnis für diverse Forderungen und auch sogar für Grenzverletzungen an uns, um uns zu prüfen.
Aber wir werden uns nicht mehr erklären und als echt und wirklich real von Gewalt betroffener Mensch ausweisen!
Das sind wir niemandem schuldig und wir sind es leid, dass es in der Selbsthilfeszene inzwischen Usus ist, quasi einen “stilles leidenes Opfer”- Ausweis bei sich führen zu müssen, um anerkannt und in seiner Art und Sprache akzeptiert zu werden.

Nein, wir sind nicht mehr verhuscht und kriegen den Mund nicht auf.
Nein, wir scheuen keine Konflikte mehr und kritisieren auch mal.
Ja wir sprechen über Sex und Pornos und hängen deshalb nicht mehr gleich weggetriggert in der nächsten Ecke- stell dir vor manche von uns haben sogar richtig Spaß damit und erleben genussvoll Sexualität mit diesem Körper!
Ja, wir schlucken keine Medis mehr- und stell dir vor, wir tun das nicht, weil es uns so super toll oberprima geht, sondern weil sie uns in unserem Sein verstümmeln und Nebenwirkungen haben.
Ja, wir gehen zur Therapie um Veränderungen bei uns zu schaffen und nicht um eine Mami nachzuerleben!
Ja, wir haben keine wochenlangen Amnesieen- stell dir vor- sowas geht nach 10 Jahren Therapie!
Nein echt, wir haben nur die Sachen im Kleiderschrank, die wir als Gesamtperson ausgesucht haben.
Nein, mir ist noch nie bei der Arbeit ein kindliches Innen (oder sonst eines, das dort nichts verloren hat) “rausgefallen”, obwohl es sie echt in mir gibt.
Nein, wirklich ja wir waren im Fernsehen zu sehen mit unserem Realnamen, obwohl wir einen organisierten Verbrechenshintergrund haben und anonym leben.
Ja, echt ich weiß was Suizid bedeutet. Könntest du meinen Körper real sehen, würde dir diese Frage im Hals stecken bleiben.
Ja, wir sind multipel und sprechen trotzdem in der Regel in der Ich-Form.
Ja, wir haben Spaß.
Ja, wir lachen sogar ab und an, obwohl wir noch keine Traumabearbeitung gemacht haben.
Ja, wir weinen auch mal so, weil uns was anrührt- ganz ohne dramatische Erinnerungen dahinter.

Ja verdammt- wir sind ein multiples Opfer, dass nicht nur betroffen-leidend ist 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr-möglichst noch lebenslang, um auch ja für immer und ewig im Kreise anderer Betroffener weilen zu dürfen.
Ich benutze eine möglichst klare Sprache und will, dass die ganze Welt die gleichen Worte für die selben Dinge benutzt und nicht reserviert für bestimmte Personengruppen. Ich finde Frauenberatungsstellen und Vereine für Missbrauchsopfer toll und hilfreich ohne Ende- kritisiere aber trotzdem offen, dass man auch dort einem gewissen Gefälle ausgesetzt ist und das mögliche Miteinander verhindert wird.
Ich kritisiere Therapiekonzepte und Kliniken und weiß aber gleichzeitig, dass sie auch hilfreich sein können.

Und trotz alle dem und alle dem, sind wir ein Opfer von Gewalt.
Wir wollen kein schwarz weiß- kein “gut” und “böse”, kein “betroffen” und “nicht betroffen” mehr in unserem Leben.
Wir wollen es bunt, lautleise, wildzahm und völlig frei von alten Zwängen und Kontrolle durch Fremde. Wir wollen auch ohne Beweis unserer Gewaltvergangenheit anerkannt werden und mit allem anderen, was uns ausmacht ebenso- völlig ohne Erklärungszwang.

Der Grund weshalb wir uns Selbsthilfeforen im Internet gesucht haben, war die Seltenheit der Diagnose.
Wenn nur eine von 100 von Gewalt so wie wir betroffenen Frauen, genau meine Probleme hat, ist völlig logisch, dass die Wahrscheinlichkeit von Austausch und Kontakt im Realleben und in meiner Stadt minimal ist. Und wenn man dort wo der Austausch ginge,  auch noch einer Szene/Clique entsprechen muss… tsss- das ist als käme man Freitagnacht zu Türsteher Heinzel und hätte ein hässliches Outfit an.
Der Club ist exklusiv sozusagen. Wer die falsche Uniform trägt, wer das falsche Leiden hat- oder nur so wirkt, weil er sich noch nicht ausdrücken kann- oder sich auch nicht ausdrücken will, wie alle anderen, der bleibt eben draussen.

Wer nicht reinkommt ist auf eine Art einsam, wie man es niemandem wünschen sollte.
Gerade wenn man selbst doch ein real betroffener Mensch ist.

Für mich ist die Form von Ausschluss durch aufgedrücktes Beweisen des- ausschliesslich beim Kontrolleur so wahrgenohmmenen!- echten Opferseins, eine Art der Gewalt, wie ich sie nicht mehr aushalten und in letzter Konsequenz auch nicht mehr selbst ausüben will, indem ich als Administratorin in meinem Forum aktiv bin.

Und so, erlebe ich es also wieder einmal.
(Gewalt)Freiheit macht unglaublich einsam bzw. birgt das extrem hohe Risiko von Einsamkeit.

Aber:
Wer frei ist, muss sich nicht erklären und rechtfertigen.
Auch schön.
Entspricht der Wegweisung, die wir für unsere persönliche Freiheit angenohmmen haben.