Von Gewalt (und den von ihnen ausgelösten Folgeproblemen) betroffenheit ist etwas, das die eigene Professionalität untergräbt.
Man muss keine Bloggerin sein, die viele ist und Gewaltdynamiken auseinanderpflückt, während sie in ihr Innen hört und ihm Wortraum gibt, um zu merken, dass jedes andere Thema massenwirksamer, anschlussfähiger und weniger frustrierend ist.
Es ist oft genug die Kombination aus eigener akzeptierter Betroffenheit und thematischer Auseinandersetzung, die verhindert, auch als professionell im Sinne von abgegrenzt und Abstand wahrend, wahrgenommen zu werden.
Uns wird oft unterstellt einen privaten Feldzug anzuführen, der vor allem unser eigenes Wohl- und Machtbefinden zur Folge haben soll. Unser Ärger, unsere Wut über Gewalt an anderen Menschen, wird umgedeutet zu einer künstlichen Empörung oder einer pathologischen Übertragung, die letztlich wiederum uns und niemandem sonst dienen soll.
Immer wieder werden wir behandelt wie jemand, der zwischen sich und anderen Menschen nicht unterscheiden kann, während er auf Parallelen deutet.
Die Absprache dieser Fähigkeiten entzieht uns die Statusoption “Expertin im eigenen Thema”. Die Unterstellung parasitären Verhaltens innerhalb gesamtgesellschaftlicher Debatten um Gewalt und ihre Folgen, spricht uns die Berechtigung ab, uns als Teil der Gesellschaft sehen zu dürfen und Forderungen zu formulieren, die ihre Berechtigung haben, gerade weil wir auch Gegenstand jener Debatten sind. Das Modell einer konstruktiven Kompetenzsymbiose gibt noch nicht als gesamtgesellschaftlich gelebt.
Man kennt Intersektionalität – und doch gilt diese bis heute noch nicht als Standard in allen Auseinandersetzungsbereichen.
Bis heute muss eine Person, deren Beruf eine Schnittstelle mit Gewalterfahrungen hat, sich sehr genau überlegen, ob sie ihre eigene Betroffenheit – egal, ob aus der eigenen Lebensgeschichte oder aus zivilcouragiertem Empfinden heraus – versteckt oder nicht.
Es zählt die Objektivität synonym gehandelt als “Nichtbetroffenheit” als eine Art natürlich eingebaute Fähig- und Fertigkeit über Gewalt (Macht) zu sprechen und zu urteilen, sich überhaupt in irgendeiner Form “richtig” im Sinne von “wahrhaft” auseinanderzusetzen und “korrekte” im Sinne von “wahrhafte” Ergebnisse hervorzubringen, auf die sich gefahrlos verlassen werden kann.
Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe zu diktieren, wie ein tatsächlich respektvolles, selbstkritisch reflektierendes Auseinandersetzen mit Gewalt, ihren Formen und Folgen aussehen muss.
Schon gar nicht hier in unserem persönlichen Blog, das, wie in der About-Seite zu lesen ist, keine Plattform ist ziellose Imperative zu formulieren, sondern unsere eigenen Ideen, Gedanken, Theorien zu dokumentieren, zu analysieren und mit jenen zu teilen, die bereit sind sich dem zu widmen.
Wir warten nicht mehr darauf, dass uns jemand nach unseren Gedanken fragt. Wir wissen, dass unser sozialer Status zu niedrig ist und vermutlich auch bis zum Ende unseres Lebens bleiben wird, um gefragt zu werden.
Wir können unsere Profession anerkennen, weil sie direkt verknüpft ist mit dem, was wir schon immer gut konnten und immer weiter ausbauen können.
Die Frage ist: Wann werden das jene können, die mittels ihrer Profession ihr eigenes Leben tragen und legitimieren, indem sie sie innerhalb und entsprechend gewaltvoller Kontexte und deren Aufrechterhaltung eigene Betroffenheiten und Subjektivitäten negieren (müssen/können/sollen/dürfen)?
und: Wann hört es auf ein Makel zu sein auch ein Teil dessen, was verurteilt wird, zu sein?