“Sag mal K. – worum geht es dir eigentlich?”, fragt sie mich aus einem zusammengedrückten Gesicht. Das Schleimpfeifen aus meiner Lunge führt meinen rasselnden Atem an wie eine unbeirrbare Vorhut. Dieser Spaziergang ist schon viel zu lang für mich. Die Luft zu dicht, um die Flügel in meinem Oberkörper anzuheben.
Hinter uns grollt ein Wärmegewitter den Berg hinauf, den wir gerade bestiegen haben.
Ich drücke mein Gesicht zusammen, wie ihres und frage, was sie denn mit “eigentlich” meint. Frage sie, was sie denn glaubt für wie viele Eigentlichs ich neben dem, was ich, was wir, so mühsam rausbringen, noch Kraft aufbringen würde.
Wieder bin ich da, wo ich mich frage, ob sie mich für dumm hält, oder heimlich doch nicht glaubt, dass es schwer für mich ist zu sprechen, obwohl ich es tue. Ärgere mich darüber, weil es ineffizient und doch wieder eine Etappe ist.
“Brauchst du jetzt ein Eigentlich von mir, weil dir nicht klar ist, was ich dir gesagt hab oder willst du “den einen schlimmen Aspekt” wissen?” Ich bleibe stehen, hebe die Arme über den Kopf und versuche mich zu weiten.
Sie beobachtet mich. Ich merke, wie ihr jemand ins Gesicht springen will.
Sie fragt: “Gibt es denn mehr als einen schlimmen Aspekt?” und es ist als würde sie mich mit einem Fingerpieks einen Abgrund runterschubsen.
Antworten, die Fragen sind. Sie weiß das. Ich hab ihr das schon so oft gesagt. Warum macht sie das trotzdem.
Ich wühle nach meinem Notfallspray und dem Wasser in meinem Rucksack. Sage nichts mehr, bis wir zu Hause sind. Das Cortison treibt uns an, wir werden schneller als sie. NakNak* läuft voraus. Hält bei jedem Donner inne.
Ich fühle mein Trauma unter meiner Haut. Merke, wie da etwas wühlt, kämpfen will, doch nicht durch meine Haut aus Stein kommt. Das schnelle Gehen fühlt sich falsch an. Die Bewegung ist jetzt, aber nicht in Einklang zu bringen mit dem, was ich wie eine Hülle den Berg hinunter trage.
Unsere Gemögte spricht weiter auf mich ein, doch es kommt mir eher vor, als würde sich mich mit Wörtern abduschen, als mit mir zu kommunizieren. Sie perlen von mir ab, bedeuten nichts außer sich selbst. Versickern spurlos in der Zeit, brauchen weder mich noch sie.
Als wir in der Küche sitzen und dem Donner über dem Haus zuhören, fragt sie, ob es immer noch um die Akzeptanz geht, DAS DA erlebt zu haben. Ich sage “Nein” und denke: “Aber vielleicht doch.”
“Ich verlier die Hoffnung, M.”, sage ich. “Darum gehts mir.”
Sie streichelt NakNak* die Ohren. “Die Hoffnung worauf?”. “Dass wir alles aufgelöst kriegen.”
Es donnert. Draußen raschelt Birkengeblätt im Gewitterwind.
“Ich will Frieden machen mit dem ganzen Scheiß. Ich will es leichter haben. Ich will, dass sich alles auflöst und kein Problem mehr ist.”. Ich nerve mich selbst mit dem was ich sage. Höre auf zu reden. Es kommt mir sinnlos vor.
M., die uns schon lange, mich immerhin seit ein paar Jahren kennt, schweigt mit mir den Moment in die Breite.
Mit einem langen Schluck trinkt sie ihr Glas aus.
“Ich hab noch keine Klientin gehabt, deren Wunden von Hoffnung allein geheilt wurden.”
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