das mit dem Mitfühlen

Eine Frage einer Teilnehmerin hat mich berührt.
Wir hatten gerade viel über Gefühle und Emotionen gesprochen. Sie fragte, wie das mit dem Mitfühlen ist. Dem „sich in andere Menschen hineinversetzen“.
Ich versuchte zu erklären, dass sich selbst zu fühlen, eigene Gefühle spüren, nicht die gleiche Tätigkeit ist wie „sich in andere Menschen einzufühlen“. Dass das eine ein Prozess und Merkmal des bloßen Am-Leben-Seins – und das andere das Ergebnis sozialer Interaktion im Rahmen der Lebensgestaltung ist.

Erst jetzt, fast einen Tag später, merke ich, wie wichtig diese Frage eigentlich für alle Teilnehmer_innen war, die wie wir, mit diesem einen heimlichen Koffer durchs Leben gehen, in dem Schuld, Scham und Schande darüber steckt, dass man eben nicht einfach immer „aus dem Bauch heraus“ weiß, was bei anderen Menschen los ist. Dass man immer irgendwie drum rum murkeln muss, jeden Menschen wie ein Objekt analysieren und abtasten muss, um schlau aus dessen Innenleben zu werden, ohne sich dabei irgendwie persönlich angezogen zu fühlen oder überhaupt zu erwarten, dass das sicher total spannend und toll zu wissen wäre, weil man damit ja so unfassbar viel anfangen könnte.

Die Person erzählte später, dass sie in der Sonderschule nichts darüber gelernt hat und weil ich einfach bleiben wollte, erwiderte ich nichts weiter darauf. Aber natürlich ist klar, dass über genau diese Dinge, genau dieses Erleben, auch in anderen Schulen nicht gesprochen wird, weil es abweichend, neurodivers, ist.
In unserem heimlichen Koffer stecken Schuld, Scham und Schande, weil es den meisten Menschen anders geht als uns. Weil sie uns beschämen, wenn wir nach Dingen fragen, die offensichtlich, intuitiv, „automatisch klar“ erscheinen. Weil sie uns gefühlskalt und mitleidslos schimpfen, wenn wir nicht sofort in uns unsinnig, weil ineffektiv erscheinenden Sozialinter_Aktionismus fallen. Weil sie uns für Manipulation und Hinterlist bestrafen, wo wir verzweifelt versuchen Sinn zu finden.

Weil neurotypische Menschen so gut wie nie – weder freiwillig noch unfreiwillig – etwas darüber lernen, wie neurodiverse Menschen er_leben und fühlen.

Umso mehr Dankbarkeit habe ich jetzt dafür, dass wir den Workshop machen durften und diese Frage aufkam.

Ankündigung: inklusiver Workshop „Fühl Dich! – Gefühle erkennen und verstehen“

Sharepic der Veranstaltung, hellblauer Grund auf dem 3 Smileys mit unterschiedlichen Ausdrücken (freudig, traurig, wütend) drauf sind. Darunter steht in schwarzer Schrift: "Was fühle ich? inklusiver Online-Workshop, 23. März 2021, 17 Uhr" Rechts unten ist das Logo von tuml, dem Veranstalter, es ist ein schwarzes BlattNächste Woche Dienstag geben wir einen inklusiven Workshop mit dem Titel „Fühl Dich! – Gefühle erkennen und verstehen“.

Er beginnt um 17 Uhr und findet via Zoom statt. Auf der Webseite von „himmelbeet“ könnt ihr euch anmelden. Die Teilnahme ist kostenlos.

Der Ablauf wird sein, dass wir ein bisschen darüber sprechen, warum Emotionen leicht zu erkennen sind, aber Gefühle manchmal schwer und wieso es so schwierig ist Probleme zu lösen, wenn man nicht genau weiß, was man fühlt.
Dann gibts eine Pause und danach machen wir Übungen, die man immer wieder mal machen kann, um zu üben, mehr Klarheit über die eigenen Gefühle zu bekommen.

Wir freuen uns auf euch!