kleines Dings- großes Kino

Dass es ein Film sein könnte, fiel mir auf, als ich die Hände abwehrend vor mein Gesicht hielt und es spürbar besser wurde. Hinter dieser Händewand kann nichts sein, das mir das Gefühl macht einen viel zu kleinen Kopf zu haben.

PingPingPing Jäckpot! Sie haben ein Ticket in erster Reihe gewonnen. Gezeigt wird ihnen nichts- aber glauben sie mir- es wird sie überwältigen!

„Danke nein“, dachte ich, „Ich mache mir einen vorbildlichen Tee, atme nach Übungsschema, rede mir ein wahnsinnig groß zu sein. Vielleicht hänge ich mich ein bisschen aus dem Fenster und tue so, als ob der Blick direkt herunter, der Blick zu meinen Füßen sei. Ich kann echt nicht jeden Tag so verdissen.“.

Irgendwann später spürte ich, dass es mir plötzlich grundsätzlich wieder gut ging. Keine Schmerzen, kein Druck unter den Augen; Nase und Hals schleimfrei, vom Zahn nur ein sachter Restdruck.
Dafür ein Gedanke, der in seiner Mächtigkeit fast an eine Erinnerung herankommt und sich doch meinem Be-Greifen entwindet.

Ich brauche eine bessere Strategie. Vielleicht eine andere Schmerzmittelversorgung. Vielleicht muss meine Gemögte doch ein bisschen hier schlafen.
Vielleicht kriege ich mich auch endlich einfach mal ein, verdammt Axt.

Es ist doch nur ein winzig kleiner Zahn. So ein klitzekleines Gnupsdings aus „hart“ mit Autschn drin, das sich hier aufführt wie Käpt’n Iglo auf Landgang.

Schmerzkunst2Ich kann mich so schwer konzentrieren und pendle zwischen dissen, schlafen, geikeln und Wörter auf die Blogmaske schmeißen. Zwischendurch das sabbertriefende Ententier von NakNak* vom Bein pflücken und zum Spielen benutzen. Tee kochen, kalt werden lassen, einen Schluck trinken und den Nächsten aufsetzen. Den Abwasch betrachten und froh sein, dass kein Sommer ist. Den Kakaobecher eines Kinderinnens umstoßen, Angst haben und darüber nachdenken, was schlimmer ist: Die Umweltzerstörung durch dieses hübsche Küchenpapiergeschenk oder der Angstpuls, der durch den Kiefer jagt und den Hals wieder verengt.

Hallooohooo Filmfestival
Gucken, ob
die Sommers schon einen weiteren Film geschafft haben.
Gute Gedanken hinschicken. Schadet ja nie und wo man schon mal dabei, ist gleich noch überall da hin, wo es gerade aus unterschiedlichsten Gründen eventuell noch ängstlich, traurig, schmerzerfüllt pochen könnte.

Der Wecker klingelt.
Erlaubnis für eine weitere Schmerztablette und die Hoffnung auf ein Zeitfenster, in dem Schlaf gehen könnte.

Das mit dem Kriegen und Einkriegen dann, wenn die Wirkung wieder nachlässt.

Tag mit Zahnschmerzen

Plätschern„Ich glaub, die Kariusse und Baktusse graben einen Tunnel aus ihrem Zahnhaus raus.“, sie sitzt im Schlafanzug in der Höhle, streichelt NakNak* über den Kopf und spricht ins Telefon.
Sie erzählt der Gemögten die Geschichte von dem Bullergeddo, das Karius und Baktus, wie dereinst die Siedler von Catan, in unserem Mund errichtet haben. „Mit Spielplätzen und Gärten, wo Gemüse wächst für die ganzen Kinder auch noch!“.

Übertreiben kann sie. Ihre Vermeidungstänze sind immer so besonders kreativ aufgebläht. Haarscharf an der Grenze zwischen ehrlich und tonnenschwer aufgelockert weg, von dem was ist.

Zahnschmerz ist ein Schmerz am Kopfinneren. Einer, der nicht von Schonhaltung oder Anpassungsverhalten weggeht.
Das ist ein Schmerz, der uns mit Leichtigkeit in Ohnmachtsgefühle schmeißt und dort auch hält, bis er weg ist.
Aber Ideen sähen und Welten pflücken kann sie noch.

„Konntet ihr ein bisschen schlafen letzte Nacht?“, fragt die Gemögte. Aus meiner Ecke, etwas von ihr entfernt, schaue ich die Kleine fragend an. Sie schüttelt mir den Kopf zu und sagt: „Ich weiß nicht genau.“.
Sie schweigen.

Im Dunkeln hocken Augen und Schreie, die rausquellen, wenn man sie zu lange anguckt.
NakNak*s Herzchen puckert unter der Hand der Kleinen.

Sie will raus. Stößt sich den Kopf. Hat vergessen, dass sie auf einem Auge blind ist. Taumelt kurz gegen den Schmerzschatten, fängt sich kurz vorm Fall und hopst auf einem Bein weiter. „Wie ein Clown“, denke ich. „Das soll so.“, sagt mir ihr ernster Blick.

„Wann geht ihr wieder zur Frau Doktor?“
– „Üüüühmmmmm ich glaub, ich weiß nicht genau aber vielleicht in 2 Stunden?“

Kurze komme ich mir vor wie einer dieser unförmigen Teletubbies, der ein qieksiges „OhOooh!“ in die Kamera quäkt, als mir klar wird, wie lange ich jetzt gerade schon nebenaußer mir herumschwebe, ohne etwas dagegen zu tun.
„Seid ihr schon angezogen?“
„Schon mit NakNak* unten gewesen?“
„Haben schon alle ihre Wachmacher gehabt?“
„Zähne geputzt, Haare gekämmt und Gesicht gewaschen?“

Jetzt prasseln ihre Fragen, überfordern die Kleine und ziehen an mir wie eine Angelschnur. Ich überlege, ob es sinnig ist zur Schmerzprüfung (harrharr) zur Zahnärztin zu gehen und mir vorher die Höchstdosis Ibuprofen in den Kopf zu schmeißen. Es ist erst morgens- der Tag wird sicher sehr lang… Mir fällt die Junkiedenke auf und ich schwanke schon wieder.

„Hey- äh- kannst du mir grad mal bitte sagen, dass ich auch wenn ich heute Abend noch richtig schlimme Schmerzen haben sollte, eine Möglichkeit habe irgendwas dagegen machen zu können?“
Sie sagts. Verspricht mit uns in die Notaufnahme zu fahren, wenn es gar nicht anders geht. Sagt, dass es okay ist. Sagt, dass ich okay bin.

Sagt, dass ich die Hufe schwingen muss, wenn ich nicht zu spät kommen will.
Wir verabschieden uns.
Verabreden uns für den späten Abend.

Ich springe von einem Punkt zum Nächsten. Bin so bewusst wie möglich, bei dem was ich tue. Keine Schmerzen. Nur Handlung. Nicht ohnmächtig.

14 Stunden später bin ich ein Schemen im Schatten der Höhle, der Fetzen des Gesprächs hört und sich fragt, wie der Tag nun abgelaufen ist.
Dieser Ende- Oktober- Tag mit Zahnschmerzen.