das Übliche

Schneckenhaus Gestern erschien in der SZ ein Artikel über eine neue Studie des kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen bzw. deren Ergebnisse.

In meiner Timeline werden schon wieder Menschen (die als Frauen/weiblich und feministisch gelesen werden und diesen Artikel teilten, bzw. ihn kommentierten) von Menschen (die ich als Männer/männlich und hmhmhm lese) darüber belehrt, was Vergewaltigungen sind, welche Wahrheit ™ dahinter steht und ach [insert feminist bore out Maxigähn]
Same procedere as …

Ich will mich heute auch eher kurz fassen und den Artikel näher betrachten, weil ich beim Lesen plötzlich auftretende Konzentrationsstörungen hatte- muss am lauten Hamsterjodeln unter meinem Küchentisch gelegen haben.

Ich lese solche Artikel immer erst mal mit dem “Wie sieht die Berichterstattung über sexualisierte Gewalt aus?”- Auge und scanne die Texte danach ab, ob das Etikett für eine Straftat irgendwann auch einmal mit dem Inhaltsetikett “Gewalt” belegt wird.
Wird es das nicht, ist es für mich kein guter Artikel für mein “Ich bin selbst Überlebende von sexualisierter Gewalt”- Auge. Denn dann, kann ich mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Sex(ualität) und Konsens mit hineingemischt werden und genau deshalb von einem hohen Triggerpotenzial für mich ausgehen, wenn ich mich emotional näher an den Text heran begebe.

So- da ihr den Artikel entweder schon selbst gelesen habt- oder lesen werdet, werde ich im Folgenden einfach mal auf schwierige Punkte davon einsteigen. Ich langweile mich inzwischen ja schon selbst mit meinem Dauergerante über die Medien ™.

Gleich zu Beginn der irrführende Satzteil “weil sich die Täter- Klientel verändert hat”.
Nope und äh Nope.
Zum Einen gibt es auch Täterinnen und zum Anderen ist es schon immer die gleiche Klientel. Da gibt es keine Veränderung- wohl aber (und das wird sogar im Text erwähnt!) die rechtlichen Möglichkeiten diese auch als TäterInnen anzuzeigen.
So, wie es dort steht, entsteht bereits im Untertitel der Eindruck, dass es neue Täter (Männer*) gäbe und eben deshalb weniger Verurteilungen nach Anzeigeerstattung passierten. Was nicht stimmt.

Weiter im Text und zack pladauz landen wir in der Consentfalle. “Er konnte ja gar nicht wissen, dass sie (nachdem er sie auf so ziemlichen allen Ebenen ohnmächtig hat werden lassen) nicht wollte.” und so weiter.
Erinnert ihr euch noch an
#ichhabenichtangezeigt und habt vielleicht in den letzten Tagen auch von #WhyIDidntReport gehört?
Ein nicht unerheblicher Teil der Menschen führt genau diese Diskussionen rund um Einverständnis an, denen sie sich nicht gewachsen fühlen.
Dabei ist der Leitsatz ganz einfach und auf jede Situation anwendbar: “Ja, heißt immer nur dann wirklich “Ja”, wenn ein “Nein”, gleichfalls in Ordnung wäre”.
Du weißt, dass du Gewalt erlebst, wenn dieser Satz nicht auf deine Situation anwendbar ist, denn dann ist deine Möglichkeit dich frei zu entscheiden, mindestens eingeschränkt und was dort läuft ist außerhalb von Konsens.
Die Tatsache, dass wir* da überhaupt so drauf pochen müssen, ist eigentlich schon erschreckend genug- dass sich von Gewalt betroffene Menschen, aber noch in diesem Fakt rechtfertigen müssen, ist ekelhaft, wie traurige Normalität.

Eine Studie der Marquette University bestätigt, dass sexualisierte Gewalt normal für Mädchen* sei.
Ich warte noch auf die Studie die Jungen fragt, ob sie sexualisierte Gewalt gleichfalls für normal halten, oder wirklich so derartig unreflektiert über die Übergriffigkeit mancher ihrer Handlungen sind, wie das gerne vorgeschoben wird.
Im Fall des in der SZ erschienen Sanitäters, kann man sich schon mal fragen, ob ihm denn wirklich und ehrlich nicht klar ist, was für eine Wirkung seine 20 Jahre mehr, seine Freiheiten als Erwachsener, seine Suiziddrohungen auf eine 16 Jährige hat.

Am Ende steht dort die Frage: Sind SexualstraftäterInnen vielleicht einfach dumm? Unwissend und eigentlich nur harmlose Kreaturen, die dann und wann in die viel zu intellektualisierte Welt gekrochen kommen und völlig überfordert sein MÜSSEN, um hier, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, mit jemandem Sex zu haben?

Diese Abwertung ist krass, oder? Letztlich stellen sich aber solche TäterInnen für mich immer wieder so dar: hirnlose Zombies, die “nur mal ordentlich…  und dann so zimperliches … kann ja keiner ahnen…”
Ich kenne keine/n einzige/n hirnlose StraftäterIn. Wohl aber Menschen, die niemals ein “Nein” zu hören bekommen, weil sie a) gar nicht erst danach fragen und/ oder b) nicht in der Machtposition sind, in der ein “Nein” das gleiche Gewicht, wie ein von ihm/ ihr vorausgesetztes und/ oder in jede Aktion hineingedeutetes “Ja” hat.

Wir brauchen uns nicht zu fragen, wieso denn bloß nun weniger TäterInnen verurteilt werden, wenn doch aber mehr angezeigt wird, wenn Gewalt ohne für alle Menschen gleich sichtbare, bezeugbare und für genau diese auch noch offen nichtkonsensual entstandene Schäden, nicht den gleichen soziokulturellen Stellenwert wie Gewalt mit (schweren) offenen Schäden in der Folgee, die bereits breit geächtet wird, hat.
Diese Studie hat im Grunde keinen weiteren Wert, als den, dass sie uns massiv vor Augen hält, dass wir eine offene Debatte zur Definition von Gewalt brauchen, die sich auf allen Ebenen in Änderungen niederschlägt.
Wir brauchen Konsens nicht neu zu definieren, weil TäterInnen dies so gerne als Grund für ihr Handeln angeben.
Wir brauchen eine klare, umfassende Definition von Gewalt, damit genau diese “Argumentation” nicht mehr möglich ist!

Weiter geht es im Text mit der ehemaligen Wetterkaulquappe.
Als hätte dieser Mensch nicht bereits genug Raum für seine Frauenverachtung bekommen, tauchen er und seine absurden Zitate, inzwischen bei so ziemlich jeder “Debatte” um Vergewaltigung und Justiz auf.
Dauerpräsenz der TäterInnen war ebenfalls hier und da Thema in den Meldungen unter oben genannten Hashtags.

Wo TäterInnen dauerpräsent sein dürfen, da sind Opfer unsichtbar ( = ungeschützt).
Durch die immer wiederkehrende Nennung von TäterInnennamen, Schilderung der Taten, subjektive Meinungsäußerungen zum Geschehen durch Dritte (völlig unbeteiligte Menschen!) und, was die Medien ™ auch gerne mal machen, die Portraitierungen von TäterInnen vor dem Hintergrund der “Warum – Frage”, geraten sowohl der Kern- nämlich das Unrecht- und auch das Opfer, völlig aus dem Fokus.

Ein Beispiel für die Unsichtbarkeit der Betroffenen haben wir bereits in dem Artikel. Der Name ist geändert. Es gibt nicht einmal ein Zitat von der jungen Frau. Wohl aber diesen einen Satz Marke “victim blaming” aus dem Urteil bezüglich dessen, was sie erlebte und eine Beschreibung eines Teils ihres Lebens nach den Ereignissen.
Das wars.
Ansonsten tauchen Betroffene nur noch als Opfer auf, über die dann der Kriminologe Christian Pfeiffer und die Oberstaatsanwältin Sabine Kräuter-Stockton sprechen. Semibeteiligte Dritte also.

Übrigens hat sich accalmie gestern schon das Interview mit Pfeiffer in den Kopf getan und bei der Mädchenmannschaft darüber geschrieben- meine Leseempfehlung, denn was Herr Pfeiffer da von sich gibt, ist zum Teil haarsträubend. Stichwort: 10% Falschbeschuldigungen (- laut Studie des LKA Bayern von 2005 liegt die Quote der nachweisbaren Falschbeschuldigungen bei 7,4 % und nach Angaben des “weißen Rings” sogar noch niedriger) und der Zaunpfahl in Richtung “Frauen sind anzeigewilliger als früher”.

Auch das ein Marker für schlechte Berichterstattung über (sexualisierte) Gewalt: falsche Zahlen, undurchsichtige Quellen und ein Standbein auf der Autorität derer, die man dort interviewt, geprägt von der subjektiven Sicht eines Menschen, der maximal entfernt ist von der Lebensrealität derer, über die er spricht.
So tauchen allein in diesem Artikel Männer* wiederholt in einem Übergewicht auf, obwohl es ein Thema ist, das überwiegend Frauen betrifft
(Männer* = Autor, Täter, Pfeiffer //  Frauen* = Opfer und Oberstaatsanwältin)
und dominieren zeitgleich durch Inhalt bzw. dessen Richtung
(Position der Männer*: Artikelschreiber = der, auf dessen Angaben wir uns verlassen da Quelle, Täter = aktiv, Pfeiffer = Autoritätsperson da von der Polizei bzw. Deutungsmächtiger der Zahlen //  Position der Frauen: Opfer = passiv und Oberstaatsanwältin = schwammige Positionierung, weil nur in 2 Sätzen auftauchend).

Am Ende dann noch der Klassiker: Sex(ualität) im Kontext mit Gewalt, ohne das Eine vom Anderen zu trennen.
Warum? Weil es Pfeiffer vormacht in seiner Formulierung – weil …? Er es nicht bewusst hat? Weil es verdammt nochmal immer noch nicht jedeR verstanden hat?

Accalmie schreibt in ihrem Artikel, dass man gar nicht weiß, wo man da anfangen soll.
Ich will
die Sprachführung verändern und dort anfangen- weiß aber auch, dass Sprache auch nur ein Mittel ist, um den Dingen, die einen umgeben einen Namen zu geben und damit das eigene Begreifen abzubilden.
Das heißt, wir* müssen das Verständnis von Sexualität und auch das Verständnis von Gewalt schärfen.

Wir* müssen an einen Punkt kommen, in dem Gewalt auch endlich “Gewalt” genannt wird und so wiederum ganz klar einzugrenzen ist, was das genau ist.

Doch so lange in den Medien ™ einzig und allein Machtverhältnisse perpetuiert werden, die genau davon leben, das eben genau das nicht passiert, so lange können wir diese auch nur als Negativbeispiel anbringen, so wie ich das hier, als Beispiel für Gegenöffentlichkeit und autonome Präsenz, tue.
Ich würde mir wünschen, dass wir uns nicht dem “
feminist bore out” beugen, über das Nadia, wie immer sehr geil geschrieben hat, und solche Berichterstattungen weiterhin mindestens als Fails kommentieren.

Ja, es ist immer wieder das Übliche.
Aber es ist eben immer wieder die gleiche zu Unrecht übliche Scheiße, die wir* weder hinnehmen müssen, noch sollten.

Hört auf von „Kinderpornographie“ zu sprechen!

Krefelderin meldet Kinderpornografie der Polizei – und wird deswegen entlassen„, so titelte vorgestern die westdeutsche Zeitung.
Es geht um eine 24 Jahre alte Mitarbeiterin eines Fotostudios, die Fotos eines Kunden bearbeiten wollte, um korrekte Abzüge herzustellen und dabei entdeckte, dass es sich um sogenannte „kinderpornografische“ Bilder handelte. Sie sprach ihren Vorgesetzten darauf an und drängte darauf zur Polizei zu gehen.
Ihr Chef hingegen meinte, da keine Handlungen an den Kindern zu sehen seien, könne man sich den Gang zur Polizei schenken. Sara Dahlem hingegen, ging zur Polizei, wo man die Bilder sehr ernst nahm und Ermittlungen einleitete, die den Verdacht erhärteten.
Ihr Vorgesetzter entließ sie in Folge dessen mit der Begründung „sie hätte sein Vertrauen missbraucht und Daten gestohlen“.

Ich habe mich gestern mit jemandem über Twitter ausgetauscht und dabei am Ende geschrieben:
„Schweigen ist das Verbrechen Nummer 1, wenn es um Straftaten geht“
Und ich weiß, dass ich damit Recht habe,
Es gibt kein Gesetz, das Menschen zu Aussagen zwingt.
Es ist lediglich ein Gebot, zur Aufdeckung und Klärung von Straftaten beizutragen, indem man Beweise und Aussagen an die Polizei richtet.
Ein Appell an Zivilcourage sozusagen, dem Frau Dahlem nachgekommen ist und dafür auch geehrt wurde.

Das Problem beginnt beim Thema „Kinderpornografie“, meiner Meinung nach, oft schon bei der Unklarheit darüber, was genau der Straftatbestand ist.
Der ehem. Chef der jungen Frau war der Meinung, um solche Fotos als pornographisch zu bezeichnen, müsse Misshandlung zu sehen sein, was faktisch falsch ist. Das ist, was der Begriff „Pornographie“ vermittelt.
Das, was man im Sexkino oder auf diversen Streamingplattformen im Internet findet (und jetzt rede ich von legaler Pornographie), stellt Sex unter erwachsenen, mündigen Personen dar, die dafür bezahlt werden zu tun, wobei sie gefilmt, fotographiert und sonst wie aufgenommen werden.
Es sind Schauspieler, die ihre Arbeit entlohnt bekommen und strenge Auflagen erfüllen müssen, um dieser nachzukommen. Sie können (mehr oder weniger) frei entscheiden, ob sie so dargestellt werden wollen oder nicht. Sie unterzeichnen einen bindenden Arbeitsvertrag.

Kinder sind nie mündig. Sie sind nicht geschäftsfähig. Sie können nicht frei wählen, wie sie dargestellt werden und wo. Nie! Selbst Kindermodels unterzeichnen keine Arbeitsverträge, sondern immer ihre Eltern bzw. ihr Vormund. Das ist schon mal der grundlegendste Punkt bei der Unterscheidung zwischen legaler Pornographie und illegaler Nacktheitsdokumentation.

Dann die Darstellung.
In dem Artikel steht, dass die Frau freudlose nackte Kinder sah- ich vermute mal, dass es sich um sogenannte „Posing-Aufnahmen“ gehandelt hat. Kinder, die in einer Haltung von SexdarstellerInnen standen, saßen oder lagen. So, wie es ihnen von jemandem gesagt wurde.
Es seien auch explizite Darstellungen von Genitalien dabei gewesen.
So zack- da ist schon der Straftatbestand.
Immer wenn darauf abgezielt wird, mit der Darstellung von Kindern bzw. ihrer Körper, eine sexuelle Stimulierung zu provozieren, ist völlig klar, worum es sich handelt! Mit dem Posing zum Beispiel ist absolut klar, was erreicht werden soll. Bei der expliziten Darstellung von Körperteilen, außerhalb medizinischer oder lebenswirklichkeitsnaher Kontexte, ist es das Gleiche.

Ein Foto von nackt im Pool badenden Kindern, im Garten, im Sommer, bei einer Feier, ist für die Justiz kein Fall von Kinder“pornografie“- was natürlich nicht heißen muss, dass ein Konsument mit sexuellem Interesse an Kinderkörpern, dieses Foto nicht auch erregend findet.

An dieser Situation regt mich der ehem. Vorgesetzte natürlich am Meisten auf. Nicht nur, weil er seine Angestellte für ihre Courage bestraft hat und dafür auch noch den egoistischsten Grund angab, der mir dazu in den Sinn kommt, sondern, weil er aufgrund seiner eigenen Desinformation, im Grunde genommen, fast noch eine Quasi- Mittäterschaft seiner Angestellten verursacht hätte.
Sie hätte mit der Herstellung der Abzüge illegales Material produziert! Wissentlich- denn ihr war ja schon klar, was auf den Bildern zu sehen ist.

Der zweite Punkt ist, der Menschliche. Einfach davon auszugehen, dass sein Wissen richtig ist und im Nachhinein nicht einmal den- Verzeihung- Arsch in der Hose zu haben und seiner Angestellten zu sagen: „Boa ja, du hattest Recht. Ich habe mich getäuscht. Ich habe es nicht besser gewusst- tut mir leid! Gut, dass du nicht auf mich gehört hast.“, das ist einfach niedrig. So etwas ist, in dem Fall, die Schublade noch unter der Untersten.

„Kinder“pornographie“ stellt, laut Bundeskriminalstatistik, 15% der gesamten Straftaten, die gemeldet wurden. Und sie stellt lediglich ein Produkt von (sexueller) Kindesmisshandlung dar, welche noch weniger oft tatsächlich auch bei der Polizei aktenkundig wird. Es ist eine Mauer, die sich zusammensetzt aus Heimlichkeit, Profitgier, Angst und Schweigen, die eine Aufklärung der Straftat verhindert.

Oft wird sie auch noch eingehüllt in einen Schleier von Grenzlegalität.
Beispiel: FKK- LiebhaberInnen und ihre Lobby.
Monika Gerstendörfer beschrieb ihrem Buch „Der Kampf um die verlorenen Wörter“, wie die Tauschbörse in diesem Bereich, mehr oder weniger offen Nacktheitsdokumentation von Kinderkörpern in Umlauf bringen kann. Der Titel sagt etwas über einen Familienurlaub an der See- zu sehen sind aber nackte Kinder, die stundenlang Holz hacken. Von hinten gefilmt, immer wieder. Kinder, die breitbeinig im Sand sitzen und ganz offensichtlich immer wieder Anweisungen erhalten.
Unterm Strich: Kinder“pornographie“. Hier sind meine Anführungszeichen sogar richtig gut gesetzt, denn pornographisch, im Sinne legaler Sexfilme, ist an Holz hackenden Kindern jawohl mal so gar nichts.
Dieser Film löst ausschließlich bei Menschen mit sexueller Präferenz auf Kinderkörper auch sexuelle Erregung aus. Er ist ergo gezielt für diese Konsumenten gemacht worden. Und diese würden einen Teufel tun, um zur Aufklärung der Umstände der Entstehung dieser Filme beizutragen. Sie profitieren davon- werden zu einem Täter, indem sie konsumieren, ohne den Besitz zuzugeben oder der Polizei zu melden, woher sie ihn haben.

Schweigen ist eine Täterschaft ohne Strafe. Erst bei Kenntnis der Polizei von Kenntnis eines Täters oder Zeugen, kann es ausgelegt werden in Verschleierung oder (Be- ) Hinderung der Polizei bzw. später vor Gericht, der Justiz.

Das Schweigen der Opfer, ist die zweite Stütze dieser Mauer.
Wie gesagt, ist Nacktheitsdokumentation von Kindern zur sexuellen Erregung anderer Menschen, lediglich ein Produkt des Tatbestandes der (sexuellen) Kindesmisshandlung. Schon das Erzwingen diverser Posen ist Kindesmisshandlung, egal, ob sie dann für Dokumentationszwecke gefilmt oder fotographiert werden, oder nicht.

„Gutes Material“ erfordert Übung und das komplette Ablegen von schamhaften Verhalten. Kein Kind „übt“ diese Posen und Handlungen freiwillig ein. Es steht immer Angst, Bemühen um Fürsorge und Entsprechung der Autorität zur Sicherung des eigenen Überlebens im Vordergrund. Sie müssen sich foltern lassen, um zu überleben.

Im Zuge dessen sollten wir auch, wie Monika Gerstendörfer es bereits zu Lebzeiten vorschlug, den Begriff der „Kinderfolterdokumentation“- oder so wie ich jetzt- die Umschreibung der „Nacktheitsdokumentation von Kindern zur sexuellen Erregung anderer Menschen“, verwenden.
Diese Begriffe sind klarer. Sie verleiten nicht dazu, in den Kindern bezahlte, mündige SexarbeiterInnen zu sehen, wie Dolly Buster und ihre KollegInnen. Außerdem verhindern sie die Vorstellung von „Sex mit Kindern vor laufender Kamera“.

Die Kinder in diesen Filmen, leiden auf basalster Ebene, werden ausgebeutet, spulen eingefolterte Handlungsmuster ab und haben keine Chance anders zu handeln. Und obendrauf, sind die Zeugnisse ihrer Qualen für immer im Internet, über lange Zeit auf Tauschbörsen, schwarzen Brettern, in Schubladen, auf Speicherkarten… im Umlauf. Von ihrem Leiden wird noch profitiert, selbst wenn sie erwachsen sind.
Sie schließen keine Verträge ab, die sie juristisch anfechten können und alles, was sie an Lohn erhalten, ist ihr eigenes Leben.

Ein Leben, um das sie zu Recht fürchten müssen, wenn sie sich der Polizei stellen, um Aussagen zu diesen Taten an sich zu machen. Diese Art der Dokumentation ist „ein Millionengeschäft“, wie es BKA-Chef Ziercke in der ZDF- Sendung „Missbrauch auf Mausklick“ sagte.
Wo viel dran hängt, wird viel getan, um es zu erhalten. So werden auch Opfer mit dem Tod oder mit der Zerstörung ihrer Glaubhaftigkeit bedroht. Letzteres ist übrigens noch das Leichteste, denn Ungläubigkeit und sogenanntes „victim blaming“ aus Vermeidungsintensionen heraus, sind Usus in unserer Gesellschaft.
Wir haben die Unschuldsvermutung eines potenziellen Täters fest etabliert (was gut ist- keine Frage! Falschanschuldigungen können ebenso zerstören, wie berechtigte), doch die grundsätzliche Annahme einer echten Opferschaft nicht.
Immer wieder wird zuerst gezweifelt und den Opfern eine (Mit-) Schuld, eine eigene Verantwortung, eine Provokation oder direkt die Lüge unterstellt. Gerade, wenn man als erwachsener Mensch angibt, als Kind (sexuell) misshandelt oder auf diese Art entblößt dargestellt worden zu sein, aber keine Sachbeweise liefern kann (was logisch ist, denn Kinder haben meistens nicht den Handlungsrahmen, der ihnen die Sicherung von dieser Art Beweisen ermöglicht).

Die Polizei „hasst“ reine Zeugenaussagen zu einem Fall, da die Wahrnehmung jedes Menschen unterschiedlich ist, vor allem aber in Bezug auf frühere Straftaten. Das Gedächtnis füllt Lücken selbstständig und das nicht 100%ig wahrheitsgetreu. So kann der Täter in Wahrheit 1,60m groß gewesen und bekleidet mit einem hellblauen Shirt, doch in der Erinnerung 2m groß mit einem weißen. Eine traumatische Misshandlungssituation für das Opfer stundenlang gedauert haben, in der Realität aber nur 20 Minuten.
Stichhaltige, wahre Angaben aber sind es, die die Polizei braucht, um aktiv zu werden.

Im Fall von Kinderfolterdokumentation wird es sogar noch haariger, denn die Polizisten dürfen nicht eigenmächtig, auf Tauschbörsen und diversen Plattformen, gezielt nach Filmen und Fotos der Opfer suchen. Sie würden sich dabei selbst strafbar machen. (Genauso wie die Opfer, wenn sie sich selbst so auf die Suche machen). Alles was sie tun können ist, bereits sichergestelltes Material zu sichten. Ist das Opfer nicht dabei, hat es eben Pech gehabt.
Keine Aufklärung, kein Ende der Gewalt an anderen Kindern.

Durch ihren couragierten Gang zur Polizei, hat Sara Dahlem dafür gesorgt, dass wieder ein paar Kinder die Chance auf Rettung durch Kenntnis der Polizei bekommen können. Der Fall liegt nun bei der Staatsanwaltschaft und es kann zumindest gegen den Kunden, der ihr einen USB-Stick mit den Fotos zum Ausdrucken gab, ein Verfahren wegen Besitzes von „Kinderpornographie“ geben.

Ich für mich persönlich hoffe, dass sich ihr ehemaliger Chef in Grund und Boden schämt und sich in aller Deutlichkeit fragt, warum ihm so wichtig war, die illegalen Dateien des Kunden nicht bei der Polizei wissen zu wollen. Warum ihm das Vertrauen seiner Kunden auf seine Verschwiegenheit so viel wichtiger war, als die Aufdeckung von Kinderfolterdokumentation und damit der Schutz von Kindern überhaupt.

Für Sara Dahlem hagelt es nun Jobangebote und Lob von allen Seiten.
Sie hat es verdient und ich freue mich für sie.

Doch mein Appell bleibt: Hört auf von „Kinderpornographie“ zu sprechen! Nennt es Kinderfolterdokumentation oder umschreibt die Tatsachen!
Alles andere vermittelt, über die Sprache, den Opfern eine Wahl, die sie de facto nicht haben!

Zum „Porno“ werden diese Qualen erst durch Täteraugen.

Haasenburg und Menschenrechte

Ich wollte das Thema eigentlich nicht hier drin haben.
Es erschien mir wie eine der üblichen Schockmeldungen, die die Medien halt mal so bringen. Ihr wisst schon: die Bombe des Skandals auf die die Rufe von „Rettet die Kinder“ und „Ein Ende machen- Jetzt!“ erschallen und die Lösung letztlich doch wieder hinter geschlossenen Türen passiert.

Nunja, getäuscht habe ich mich nicht. Trotzdem will ich meinen Senf dazu ins Internet schreiben. Ich will nicht, dass es in vielen Jahren die Möglichkeit gibt zu sagen, man hätte es ja nicht gewusst oder man wäre ja so unglaublich uninformiert.

Ich spreche vom Kinderheim Haasenburg in Brandenburg.
Die
Taz veröffentlichte am Wochenende einen Artikel, der die Missstände in dem Heim „aufdeckte“, die bereits 2010 bekannt waren.
In meiner Facebooktimeline war man sprach- und fassungslos. In meiner Twittertimeline herrschte eine ähnliche Mischung wie bei mir: „Das gibts immer noch- aha.“

Das Bild, das heute über Kinderheime herrscht, schwankt zwischen „Oliver Twist“ und dem Bauernhof, wo alles besser ist. Die Realität ist, glaube ich, einfach zu real und nah und die Worte, die man braucht, um manches zu benennen. sind limitiert auf Kriegswirren und die „dritte Welt“. „Folter“ zum Beispiel. Oder auch „Angriff auf die Menschenwürde“.

Die „nationale Stelle“ besucht regelmäßig Einrichtungen wie diese Heime, aber auch Gefängnisse und psychiatrische Einrichtungen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass viele Menschen nicht so wirklich verstehen, warum das passiert und auf welcher Grundlage.
Unser Grundgesetz unterstreicht das Recht auf Freiheit, auf Unversehrtheit, gleiche Rechte für alle Menschen. Das Recht auf Rede- und Meinungsfreiheit.
In allen 3 Institutionsbereichen sind Teile dieser Rechte beschnitten. Es ist legitim, dass Menschen zwangseingewiesen, zu Haftstrafen verurteilt werden und zur Verhaltensmodulation (Erziehung) in solchen Einrichtungen untergebracht werden. Heißt: Der Staat hat das Recht Menschen ihrer Freiheit zu berauben und nutzt es auch, hat aber nicht das erklärte Ziel, diese Menschen auch noch in ihrer Würde zu verletzen oder ihren Willen zu brechen. So lange sie keine Gefahr für sich und/ oder andere Menschen darstellen.

Dann wird es heikel und der Auftrag zur Überprüfung der Einrichtungen, ob Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben oder nicht, wird zum Beispiel der „nationalen Stelle“ übertragen.
Wenn sich ein Mitarbeiter vom Jugendamt zum Beispiel das Heim, in dem sein Klient untergebracht ist, ansieht, dann achtet er auf konzeptionelle Vorgaben und deren Umsetzung. Er achtet vielleicht noch darauf, wie es seinem Klienten dort geht, ob er „gut gedeiht“. Er hat aber nicht direkt den Auftrag zu gucken, ob zum Beispiel Fixierungen und Medikationen richtig, im Sinne von notwendig und unter dem Aspekt des (Selbst-) Schutzes angewendet werden, oder nicht. Er hat in der Regel Richtlinien seiner Arbeit und Unterbringungsvorgaben im Kopf- nicht das Grundgesetz.
So jemand kann von Missständen erfahren, wenn er guten (im Sinne von „auf Augenhöhe mit gegenseitigem Respekt“) Kontakt zum Klienten hat (oder der Klient die Möglichkeiten hat, wann immer und warum auch immer Kontakt mit ihm aufnehmen zu können) und kann dann handeln. Etwa in dem er eine Unterbringung woanders veranlasst oder eine Beschwerde über die Einrichtung anbringt.

Die Gesamtstruktur bleibt so unberührt.
(Pflege- Erziehungs- und Kinder-) Heime werden gebraucht, denn Alternativen gibt es nicht oder kaum. Dort wütet der Rotstift, denn „gefährliches Material“ wird dort nicht gelagert. Alles, was jederzeit „hochgehen“ kann hingegen, hat Vorrang und wird entsprechend eingelagert und die Verwahrung gefördert- etwa mit staatlichen Geldern, wie im Fall Haasenburg. Logisch nicht wahr? Jemand der reihenweise Menschen verletzt oder gar tötet, braucht dringender Gitter um sich herum, als jemand, der lediglich sein Leben zerstört oder eventuell vielleicht auf die schiefe Bahn geraten könnte… (Ja: Ironie)
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Es ist der Staat selbst, der hier wirkt und ermöglicht, was passiert. Einfach schon mit der Ausnahme der Wirkung von Grundgesetzen in diesen Einrichtungen.
Egal, wo fixiert wird, wird Zwang ausgeübt. Egal, warum fixiert wird, wird Folter ausgeübt. Egal, wo und wie bestraft wird, wird etwas im Bestraften verletzt.

Jetzt gibt es eine Petition, welche die Schließung von Haasenburgs Kinderheimen zum Ziel hat. Natürlich habe ich sie mitgezeichnet, doch meine Intension dabei, ist nicht die Schließung der Heime, sondern die Thematisierung von geschlossenen Einrichtungen im Landtag.
Ich wünsche mir eine Debatte, die zu dem Schluss kommt, dass es bessere Kontrollapparate braucht, Gesetze die nicht nur „ein Recht auf“, sondern auch „ein Verbot von“ und eine Förderung der „nationalen Stelle“ beinhaltet.
Diese ist mit nur fünf ehrenamtlichen Mitgliedern und Mitteln für drei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine Fachangestellte für Bürokommunikation völlig unzureichend ausgestattet, um so flächendeckend und regelmäßig tätig zu werden, wie es eigentlich angebracht ist und wird so Deutschlands Vorreiterrolle in Bezug auf die Wahrung von Menschenrechten nicht gerecht. (Quelle:
Jahresbericht für 2012)

Ich weiß, dass es viele Heime wie Haasenburg gibt. Eines zu schließen, hat keinen Effekt. Die Dynamik der Gewalt wirkt weiter- nur mit einem anderen Trägerlogo.

Aktuell ist man dankenswerterweise sensibel für „Heimkindgeschichten“.
Doch nachwievor nicht für die Heimkinder selbst.
Neulich hörte ich zum Beispiel in einer Serie den Satz „17 Jahre Fürsorgeheimerziehung- was erwarten sie denn?“, über eine zum Opfer gewordene Jugendliche, die nicht „kooperativ“ mit den Autoritätspersonen sprechen wollte.
Ich selbst, sah mich oft mit Zweifeln an meinen Aussagen in Bezug auf sexuelle Misshandlungen, sowie Fixierungen und Medikationen als Mittel meinen Willen zu brechen in psychiatrischen Einrichtungen konfrontiert. „Das kann doch gar nicht sein.“.
Doch. Kann es, weil es so ist:
Wo Macht ungleich verteilt ist, da gibt es auch mindestens den Nährboden zum Machtmissbrauch. Sei es auf kleiner Ebene: PflegerInnen – Patienten; PflegeteamchefIn- Pflegeteam oder auf großer: LeiterIn der Einrichtung- PflegeteamchefIn; GmbH- Einrichtungsleitung

Niemand ist leichter zu brechen, als jener, der ohne Fürsprecher ist. Niemand ist leichter existenziell zu bedrohen, als der, der zu krank, zu arm, zu schwach ist, um sich selbst zu versorgen. Niemand ist leichter auszubeuten, als der Abhängige.

Also kommt hier nun wieder mein Appell: Stellt euch an die Seite der Schwachen, Verlassenen, Armen, Kranken und gebt ihnen eure Stimme.
Verzichtet auf eine Separierung von ihnen, in dem ihr euch zwischen sie und die Verantwortlichen stellt und ein simples „Schluss damit“ fordert. Das bringt nichts. Sie bleiben so weiter allein und abgeschoben. So verändert sich nicht die Ursache für ihr Leiden.

Ich hätte nicht in diversen Heimen leben müssen, wenn ich FürsprecherInnen gehabt hätte. Menschen, die mich, bei sich aufgenommen und mir beigestanden hätten, bei der Entdeckung einer Welt, ohne die Art Gewalt mit der ich aufgewachsen bin. Dann hätte mir noch hundert Mal ein Pfleger sagen können: „Wenn du hier rumzickst oder etwas verrätst, lass ich dich zu deinen Eltern schicken.“. Ich hätte in der Besuchszeit Besuch bekommen, dem ich hätte etwas sagen können. Ich hätte mich darauf verlassen können, dass sie mir helfen eine Strafanzeige zu stellen und hätte keine so globalen Auslieferungsgefühle haben müssen.

Ich hatte damals keine Möglichkeit PatientensprecherInnen zu kontaktieren, denn dazu hätte ich den Pflegedienst der Station um Hilfe bitten müssen.
Niemand in der Klinik hat mir auch nur ein Wort geglaubt, weil ich eine Diagnose, die Realitätsbezugsverlust implizierte, in der Akte stehen hatte. Meine Jugendamtsachbearbeiterin war gar nicht in der Stadt tätig, in der ich lebte, weil die Gesetzgebung Zuständigkeiten vorschreibt, die maximal von dem abwich, was ich brauchte.
Ich war de facto obdachlos, fürsprecherInnenlos und obendrein noch irre.
Niemand wollte mich haben. Niemand wollte mir zuhören.
Kann sich ein Täter ein besseres Opfer vorstellen? Kann er sich ein günstigeres Umfeld dafür wünschen, als das, in dem sämtliches Wirken zum Schutz der Menschenwürde außer Kraft gesetzt ist?
Nein.
Er braucht noch nicht einmal Sorge zu haben, dass ihm von mir eine Strafanzeige droht, denn Beweise habe ich nicht. Ich hätte auch keine sichern können, denn immer hätte ich dazu jemanden gebraucht, der mir glaubt und meine Person als gleichwertig betrachtet und behandelt.

Ich werde genauso niemals Schadensersatzansprüche oder Schmerzensgelder von den verschiedenen psychiatrischen Einrichtungen erfolgreich einklagen können, in denen ich mit Gewalt fixiert und zugedröhnt wurde, nachdem ich mich „falsch verhalten“ hatte. Denn die Begründung (bzw. Definitions-) Macht über den Sinn der Handlung oblag jenen, die sie verordnet haben.

Wenn wir solche Dinge verhindern wollen, wenn wir Heime wie Haasenburg vernünftig geführt haben wollen, brauchen wir mehr Wahrung der Patienten(Menschen)rechte. Ein grundlegendes Bewusstsein dafür und strikte Kontrolle darüber. Wir brauchen ein System in dem Zwang hinterfragt wird und Möglichkeiten geschaffen werden, in denen er nicht gebraucht wird. Zum Beispiel mit mehr Arbeitsplätzen in dem Bereich, Förderung von Betreuungsangeboten und Hilfsprojekten, die direkt am Ansatz anfangen. Mit Patienten/Klientenfürsprechersystemen, die nicht vom gleichen Träger, wie die Einrichtung finanziert werden, einen Betreuungsschlüssel von 1:5 haben und ihre Klienten einmal in der Woche aufsuchen, als Standartmaßnahme.

Das sind so  meine Ideen und sie sind sicherlich leichter einzuführen bzw. umzusetzen, als diverse Beendigungsversuche, die sich für den Gesamtapparat, wie Don Quichottes Kämpfe gegen die Windmühlen ausmachen.

Verantwortung, Schuld und was uns sonst noch so trennt

Eigentlich ist es doch eine ganz einfache Kette:
mir wurde Gewalt angetan —> ich erhielt etwas, dass ich ver- geben kann

Weshalb ich das gerade nicht tun kann, erklärte ich in dem Abschnitt der aufzeigte, dass die FolgenDavidPfister der zugefügten Gewalt von meiner Seele- meinem Sein- diesem blinkenden Kern der “uns” darstellt, bereits so aufgenommen wurde, dass jedes Vergeben hieße: “jemanden” von uns zu ver-geben. Im Sinne von “ein Innen weg- geben”.

Schnell entspinnen sich die Gedanken anderer Menschen auch um das Thema der Schuld und der Verantwortlichkeit von Menschen die zum Opfer (zwischenmenschlicher) Gewalt wurden.

Ja, gut.
Dann also die Themen Schuld und Verantwortlichkeit.

Gerade nach dem letzten Artikel hörte ich: “Nein- du hast keine Schuld gehabt- es war nicht deine Verantwortung.”
Was aber ist Verantwortung?
Entsprechend allgemein gültigen Wortdefinition, ist Verantwortung, eine Art Verpflichtung im Rahmen von geltenden (sozialen, kulturellen, moralischen, religiösen) Normen (die in Gesetzen festgehalten sind) zu interagieren. Es ist etwas, das wir Menschen uns gegenseitig aufdrücken, damit wir vernünftig miteinander leben können.

Das ist eine gute Idee wenn es darum geht, Schäden zu verhindern und Ansprüche auf Ausgleich und Gerechtigkeit definiert und geltend gemacht werden können.

Verantwortung ist keine flexible Pflicht. Sobald man sich in einem menschlichen Kontext mit einem Normenkonzept befindet, ist sie da. Man ist verantwortlich für alles was von einem ausgeht- wie für alles was zu- an einem herangetragen wird. Ganz grundlegend und immer und überall.
Es gibt nur genau einen Punkt an dem man trennen kann zwischen dem, was die eigene Verantwortung ist und dem, was die Verantwortung eines anderen Menschen ist. Und das ist der Punkt an dem etwas nicht mehr im eigenen Einfluss- Beeinflussungsbereich liegt.

Unsere (Staats-) Gesetzgebung nennt Kinder unmündig und stellt sie als besonders hilflos und schutzbedürftig dar. Das heißt: vor dem (Staats)Gesetz haben Kinder keine Verantwortung dafür zu tragen, wenn ihnen Gewalt angetan wird- da ihnen im Sinne der Gesetzgebung jede Möglichkeit zum Einfluss bzw. zur Beeinflussung fehlt.

Ich vermute, weil unsere demokratische Kultur das Konzept der Staatsmacht sehr hoch bewertet (da ihre Standbeine die Aufgabe haben, absolut neutral und ausschließlich den geltenden Gesetzen entsprechend zu agieren), heißt es heute sehr schnell, dass jemand eine Schuld trägt, weil er eine Verantwortung (entsprechend der staatsmächtlichen Normen) abgegeben hat oder einer hilflosen- (einer zu Einfluss unfähigen) Person übergeben hat.

Doch ist für mich- uns diese Überzeugung fern.
Sehr viel näher liegen uns die Felder der Verantwortung, auf die so bewusst scheinbar nur wenige noch Rücksicht nehmen, weil die Staatsmacht soviel Raum einnimmt.
(Pseudo)Religiöse (und damit schnell (sub)kulturelle) Normen und darin begründete Verantwortung wird (vor allem hier in Deutschland) meinem Empfinden nach verachtet- ja manchmal sogar missbilligt und jede weitere Pflicht, die man sich aus ihr heraus annimmt wird abgetan und teilweise sogar kriminalisiert.
Doch sie ist da. Und sie hat für viele Menschen unter Umständen genauso viel Gewicht wie die Staatsgewalt. (Stichwort “nicht integrationswillige Migranten”, Beschneidungsdebatte, Burkadebatte, das Kreuz im Klassenzimmer)

Wir sind mit einem Konzept aufgewachsen in dem unser Einfluss- unsere Möglichkeiten der Einflussnahme auf andere Menschen nicht als inexistent betrachtet wurde.

copy gnar.gn.funpic.deWir wuchsen mit dem Wissen und der Selbstverständlichkeit von Gewalt auf, weil sie in dem Kontext gerechtfertigt ist, aufgrund eben genau dieser Form der Selbstverantwortung und pseudoreligiöser Pflicht..

Wenn man etwas will, dann soll man es tun. Wenn man etwas nicht will, dann soll man es lassen.

Der Fall, dass man nicht will, dass etwas mit einem gemacht wird, ist schlicht nicht vorgesehen. Das gesamte Konstrukt ist darauf aufgebaut, dass jeder einen Schmerz oder einen Unwillen überwindet (und überwinden will) um stärker und damit wertvoller für alle zu werden.
Und das ist schon alles.

Alle Konflikte die sich darauf aufbauend entwickeln, sind begründet in dem Doppelleben das wir zu leben gezwungen waren (und es innerlich bis heute sind). In der einen Welt, der Welt in der Verantwortung mit potenzieller Schuld, Hand in Hand geht und Kinder vom Gesetz geschützt werden, können wir vieles was uns angetan wurde als definitiv unrecht betrachten und eine Unschuld im Sinne einer Unfähigkeit einer Einflussnahme, sowie all den Schmerz und die Demütigung annehmen. Das gilt zum Beispiel für alles was uns passiert ist, seit wir aus dem direkten Wohnumfeld der Täterkreise (also aus dem direkten pseudoreligösem Einfluss) heraus sind- nicht aber für das, was uns unter dem Deckmantelkonzept der Pseudoreligion angetan wurde, während wir direkt noch dort lebten. In jener anderen Welt hätten wir etwas verhindern können und haben es nicht getan.

Die vom Staat und auch der breiten Masse immer wieder unterstrichenen Trennung von Religion und Staat ist es zu verdanken, dass wir mit unserem Ansinnen diese Punkte irgendwie zu verbinden allein auf weiter Flur zu stehen scheinen.

Ich merke es, wenn ich auf der Suche nach Literatur zum Thema des geistigen Ausstiegs oder auch der spirituell-psychischen Selbstbestimmung bin. Ich merke es, wenn ich auf der Suche nach einem Konzept, einer Idee, einem Stichpunkt bin, der mir erlaubt meine eigene Verantwortung an der uns zugefügten Qual sowohl anzunehmen, als auch gleichzeitig als “Unrecht” zu bezeichnen.

Wir wollen (und können) nicht einfach unseren Kopf aufklappen und einmal feucht durchwischen, um dieses uns gleichsam zerstörende- wie aber auch haltende (Normen- und) Wertesystem abzubauen.
Oft stoßen wir damit auf Unverständnis, stürzen unter Umständen hilfreiche Phrasen, die sich jemand vorsagt, um mit seinen Gewalterfahrungen zurechtzukommen um, wenn ich sage, dass wir nicht vergeben oder wie nun hier, dass wir die grundlegende Verantwortung für das was uns passiert ist, nicht als inexistent oder zu Unrecht auf uns abgewälzt betrachten (können) bzw. beides gleichzeitig gesehen haben wollen.

Würde ich anfangen Tätern eine Verantwortung im Sinne der Gesetzgebung zuzuschreiben, würde ich ihnen eine Schuld aufdrücken, die sie aber im richtigeren Kontext (der ursächlich für die Handlung war) schlicht nicht haben. Ja, würde ich zu einem Richter gehen- der einzig dem juristischen Recht der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist- käme es zu einem Schuldspruch. Doch würde ich zu einem Richter gehen, der den Gesetzen jenes pseudoreligiösem Konstruktes entspricht, wäre meine Anklage ein Fall für einen Schuldspruch!

Ja, liebe ultra-Schlauen da draußen, es ist völlig klar, dass hier jemand schreibt, der einer Indoktrination unterworfen wurde und der Gedanke, dass diese Worte hier stehen, weil wir mit viel Angst dazu gebracht wurden, so zu denken und zu vertreten, ist verständlich.
Doch bedenken Sie bitte Eines: jemand der schlicht Täterkonzepte- und Inhalte repliziert, der sieht nicht beide Welten.

Wir haben eure Welt gesehen.
Wir sehen sie und wir wollen in ihr leben, wie alle anderen Menschen auch- doch… wo wir die Täter und die ganze Gewalt in uns haben und sie nie werden ver-weg-geben können, da haben wir auch ihre Werte und ihre Konzepte in uns.

Unser Ziel ist kein Zustand in dem wir von einer Freiheit dieser Inhalte sprechen.
Das Ziel ist ein Zustand der Integration, sowohl dessen was in mir ist- als auch mit dem was um mich herum ist.

P.S. So viele Parallelen: Ich denke: Ich möchte beides gelten lassen können. Ich möchte alles (da)sein lassen dürfen.
Und irgendwie ist es wieder auch das Thema: Ich möchte eine Erlaubnis für mein Sein- mein auch so viel(e) sein wie ich- wir eben sind.