10072020

Wir schauen “Black Mirror”, Staffel 4, Episode 1. “USS Calistor”
Ein Typ extrahiert aus der DNS seiner Kolleg_innen ihre Persönlichkeit und lädt diese in ein Computerspiel hoch.
„Ich fänds so mega, gäbs das in echt“, erzähle ich dem Freund. „Ach“, sagt er, „Ihr würdet euch doch nur in „Die Sims“ hochladen.“ Ich strahle ihn an, weil ich mich freue, dass er mich so gut kennt. „Ja!“ Er lacht und schüttelt den Kopf. „Ja, aber was wär denn da so anders als im echten Leben? Ihr würdet da doch das Gleiche machen wie hier.“

“Die Sims” ist eine Simulation. Das übt erheblichen Reiz auf mich aus. Es geht um nichts, es muss nichts gekämpft, ausstrategisiert und auch niemand überlistet werden. Neben der Entwicklung von effizientem Mikromanagement geht es um Interaktion und Kommunikation, die zum größten Teil vom Programm übernommen und gelenkt wird, in einigen Bereichen jedoch frei zu gestalten ist. Als Spielende_r wählt man aus Gesprächsart-Menüs – nicht aus den zig tausend Millionen von Wörtern, ihren Betonungen, ihren vielen unterschiedlichen Färbungen. Man klickt auf “Flirten” und dann flirtet man. Man klickt auf “Plaudern” und dann wird geplaudert. Je nachdem wie oft die Sims miteinander kommuniziert haben und in welcher Beziehung sie zueinander stehen, gibt es mehr oder weniger Auswahl der Menüs. In der neuesten Version kann man sogar eindeutig sehen, in welcher Grundstimmung die Sims sind und welche Interaktion besonders gut dazu passt.
Ein Traum.

Meine Sims sind auch nicht unordentlich. Sie räumen ihren Kram nach Benutzung immer gleich wieder weg, alles sieht immer übersichtlich aus. Nie muss man das Sofa putzen oder die Bettwäsche waschen. Die Gardinen müssen nicht gebügelt werden und Geschirr muss zwar in die Spülmaschine hinein- aber nicht herausgeräumt werden. Himmlisch!

Sims können jeden Job annehmen, der ihnen gefällt, nach einem Zeugnis oder einer Eignung wird nicht gefragt. Alle können alle anflirten, die sie sympathisch finden und sogar im Stehen pinkeln, während sie schwanger sind. Sie können Kinder adoptieren und niemand guckt komisch. Ein Sim kann heute dick, morgen dünn sein und übermorgen lila Haut zu einer neuen Frisur haben.

Bei dem Sims gibt es keine behinderten und nicht behinderten Personen.
Wenn etwas im Weg steht, kommt niemand dran vorbei.
Und es bedeutet 0 Komma 000000000000 gar nichts.

Ich würde hochgeladen in “Die Sims” nicht machen, was ich hier auch mache.