so ziemlich Ich

„Männer gibts in allen Formen“ kleinlautete ich durch die Geräuschkulisse des Ladens. Beschämt bis auf die Knochen, bemüht mich nicht beirren zu lassen, blieb ich weiter im Kontakt mit dem Berater der Herrenabteilung von Peek und Cloppenburg.
Ich ließ mir Sakkos zeigen, Westen, Anzugoberteile und versuchte mich weder von meiner fettigen Hülle noch den Blicken der anderen Kunden in der Anprobe aufhalten zu lassen. „Ich möchte nichts Falsches. Ich möchte, was alle hier machen. Ich bin hier, weil ich hier etwas kaufen kann, was sie an alle verkaufen. Ich bin nicht falsch.“ In jeder Blicklücke, jeder Peinlichkeitspause sagte ich mir das und trampelte meinen aufkochenden Selbsthass nieder wie Altpapier in der Tonne.
Später saß ich dann in einem doppelten Selbsthassgewitter. Warum bist du so fett so hässlich so falsch so schräg bescheuert // Warum akzeptierst du dich nicht endlich liebst dich nicht kümmerst dich nicht ordentlich um dich Mach doch endlich

Ich fing an zu weinen, weil ich über meine Optionen nachdenkend bemerkte, dass ich, selbst wenn ich mich für diesen Anlass als Mädchen verkleiden würde, genauso wenig Kleidung finden würde, die ich sowohl sensorisch aushalten, als auch an mir schön finden würde. Frauen gibt es auch in allen Formen. Das weiß die große Modeindustrie nur leider nicht. Und ich – ich weiß, dass meine Form (noch?) keine hat, die ähnlich festgeschrieben ist wie die für Männer und Frauen.

Nicht Fisch nicht Fleisch sein bin ich. Nicht passen bin ich. Ohne Zutun, ohne Wollen.
Es tut mir so leid.

Ich verwende viel Kraft darauf, mich nicht im negativen Selbstbild zu verlieren und dabei auch ganz klar im Bewusstsein zu behalten, dass mein Gefühl bei der Anpassung zu versagen, aus einer Fehlannahme meines (früheren) Umfeldes kommt. Das Umfeld, das es für eine Kleinigkeit hält, sich als Person mit einem Körper wie meinem, in Kleidung für Personen mit meinem Körper gut zu finden. Oder wenigstens okay. Sie machen eine Zuordnung, die ich nicht mache. Das ist schon alles. Ich kenne diesen Fehler. Ich weiß, dass sie aufgrund dieses Fehlers falsche Erwartungen an mich haben.
Ich weiß, dass ich nichts dafür kann. Dass es nichts mit mir zu tun hat.
Ich muss ein Stein sein, der nicht nachgibt. Der sich von dem sandstrahlenden Anspruch nicht beeinflussen lässt.

Zwei Wochen und langes Suchen später fahren mein Partner und ich in eine Stadt mit vielen Geschäften. Ich bin emotional gepanzert und damit beschäftigt nicht daran zu denken, wie viele Fressattacken ich diese Woche hatte. Aus Stress, aus Kummer, aus Überforderung, aus dem Druck mich nicht aufzuschneiden, zu schreien, zu weinen, sondern klar, sachlich und konzentriert zu arbeiten, zu interagieren und kommunizieren. Ich will das hier schön finden. Wir finden so selten zeitgleich Kraft, Zeit und Lust für solche Ausflüge, ich will es schön finden und mir nicht von meinem Seelenscheiß oder der dya cis sexistischen Dickenfeindlichkeit kaputtmachen lassen.

Ich probiere verschiedene Anzüge an, doch rutsche in die Lücke zwischen Über- und Normalgröße. Ich betrachte mich im Spiegel und merke, dass ich gar nicht wirklich dünn sein will. Ich will nur nicht ich sein, wenn mich jemand ansieht. Bemerkt. Einordnet. Beansprucht. Ich will nicht die Person sein, die ständig enttäuscht oder irritiert. Ich will unsichtbar sein, weil ich anders nicht verhindern kann, dass mir Menschen wehtun.
Für ein paar Sekunden bin ich mit einer Intensität suizidal, dass mir schlecht wird. Mit der gleichen Wucht wird in mir eine Tür zugeschlagen. Ich stehe in der Kabine, die auch eine im All umhertreibende Kapsel sein könnte.
Die Bräutigamsbrigade nebenan reißt mich zurück ins Hier und Jetzt. Ich spüre der Umarmung meines Binders nach und vergrabe mich im guten Grundgefühl, des Tragens, als wäre ich eine Krabbe am Strand.

Mein Partner ist auch nicht fündig geworden. Ein Mantel gefällt ihm. Er nimmt ihn dann aber doch nicht. Wir steuern den nächsten Laden an. Ein weicher heller Strickponcho fällt mir auf und dann doch wieder aus meinen Optionen. Ich möchte mich nicht verhängen, mich nicht verstecken. Dieses eine Mal will ich dem Umstand des Gesehenwerdens nicht aus dem Weg gehen. Doch langsam verliere ich meine Ideen und auch die Kraft für den Mut vor mir selbst, überhaupt diesen Wunsch zu haben.

Wir starten noch einen letzten Versuch. „Wie kaufen Sie denn sonst so Ihre Kleidung?“, fragt Frau Fischer und mustert mich interessiert. „Alle 4 -5 Jahre fahre ich zu C&A, kaufe 10 Basic Shirts und hoffe das Beste.“ Ich lache angespannt und bin erleichtert als ich merke, wie mein Partner das Gespräch sozial abpuffert. Frau Fischer schätzt meine Größe ab, fragt nach meinen Wunschfarben und bespricht meinen Typ mit ihrer Kollegin. Es ist meine erste Shoppingerfahrung wie aus dem Fernsehen. Aber der Laden hat keine Musikbeschallung. Keinen Raumduft. Frau Fischer hält Abstand zu uns. Bietet uns Kaffee an, denkt und plant und überlegt mit einer Aufrichtigkeit, die mir ein Pflaster auf die Verkaufskratzer der letzten Zeit ist. Es ist mein Partner, der erwähnt, dass ich mit einem Sakko geliebäugelt habe. Frau Fischer kommt mit einem Oberteil, das dem sehr nah kommt aus dem Sortiment.
Am Ende habe ich eine Form. Etwas maskulin, etwas sportiv, etwas elegant, ohne Schnickschnack.
„So gar nicht Mädchen“, wie Frau Fischer sagt, „So ziemlich Ich“, wie ich denke, als wir nach draußen gehen.

Norm – Schön

bildzIch habe meine Momente, in denen ich aus der Dusche klettere und innehalte, um den feinen Härchen auf meiner Haut dabei zuzuschauen, wie sie sich aufrichten.
Meine Sicht wandert über meine Arme, meine Beine; gerät ins Stolpern und Straucheln über jene Narbe, die meine natürliche Bleiche in verschiedenen Rot-, Lila- und Weißtönen unterbricht.
In diesen Momenten seilen sich Wassertropfen von mir ab und ich spiele Wörterpsychologie.
Bin ich schön bin ich bin ich schön schön bin ich ich schön bin ich ich bin schön, sage ich mir dann. Ich lasse diesen Wörterkringel immer schneller und schneller kreiseln und wie ein Glücksrad bleibt er immer wieder auf “Ich bin” stehen.

Ich glaube, dass meine Zellenverteilung so ist, wie ist, weil sie eben ist.
Schönheit ist ein soziales Konstrukt und damit ein Machtinstrument. Wäre dem nicht so, bräuchte niemand einen Betrachter um sich seiner Schönheit gewahr zu werden oder – eigentlich das Schlimmste: bestätigt zu bekommen, schön zu sein.

Der Begriff “Normschön” ist noch neu in meinem Kosmos und ich versuche mir diese markierte Norm greifbar zu machen.
“Norm” als eine Art Synonym für “Massenübereinstimmung” zu betrachten, kommt mir schwierig vor, gerade auch, je mehr ich über die Mechanismen der Definitionsmacht lerne und verstehe. Wenn jemand etwas von “normal” und “unnormal” faselt, dann in der Regel, weil er machtsatt ist und es kann – nicht, weil er das Spektrum von “normal” kennt und/oder lebt.
In unserer Kultur sind es weiße, (reiche), heterosexuelle, Cis- Männer, die über die Norm bestimmen und Schönheit als Machtinstrument selbstverständlich nur zur Untermauerung ihres eigenen Status einsetzen. Was dem weißen Mann gefällt ist schön- was nicht, das nicht.

Ich dachte lange, dass ich doch irgendwie schon eher in diese Normkiste passen könnte.
Immerhin gehe ich in Läden und finde (rein theoretisch) immer etwas. Ich habe das Privileg? Glück? unter 1,80m groß zu sein und im Umfang unter bestimmten Zentimeterzahlen zu sein. Hurra- ich bin Teil der Formnorm des weißen Mannes.
Und was ist mit dem Rest?
Kleider machen Leute- aber schön?

Um als Frau* als schön zu gelten- irgendwie Krümel vom Schönkuchen abzukriegen, sei es von sich selbst, weil der Blick in den Spiegel einfach mehr gefällt oder von Anderen, weil es Komplimente gibt oder Beachtung allgemein, bietet auch hier der weiße Mann unfassbar viel Kosmetik, Körperschmuck und “unterstützende Pflege” an.
Ich kenne nicht viele Frauen*, die sich gerne schminken, weil sie sich selbst, dann schöner finden.
Die meisten Frauen*, die ich kenne, schminken sich um schön zu werden.

Ich selbst verwende Kosmetik immer genau dann, wenn ich unsicher bin und mich verstecken möchte- und zwar in genau dieser scheinbar so allseits anerkannten Norm, dessen was “okay” ist.
Für mich ist Kosmetik in dem Sinne etwas, das in die Natur eingreift und die Wahrnehmung meines Seins verschiebt. Ich fühle mich unehrlich, undankbar und von innen heraus hässlich, wenn ich mich schminke, weil ich nicht mit den Menschen interagiere wie ich bin, sondern, wie es die (von mir unbeeinflussbare) Macht von Schönheit bewirkt.

Nun habe ich ja aber noch Glück? das Privileg? eine formnormkonforme Bedeckung zu finden und zu wissen, dass es Menschen gibt, die Kosmetik in Menschengesichtern nicht sehr schön finden- mit denen ich also aufgrund ihrer Norm von Schönheit, durchaus ein Stück Schönheitskuchen knuspern könnte.
Aber was ist mit meiner Nacktheit?
Welche Norm greift, wenn alle äußeren, marktwirtschaftlich konkret beeinflussbaren Marker wie Kleidung, Schmuck, Kosmetik, fehlen?

Greift die Norm von “nach dem Trauma”, die ich mir selbst bis heute abringe?
Die Norm von “nach der Magersucht/der Adipositas/der Bulimie und mitten im latenten Essensgemurkse” mit der ich lebe und bei allem was ich zu mir nehme, neu abstecke?
Sind meine Normen noch da, wenn meine Sie mich anschaut?

Ich habe am Anfang unseres Miteinander gemerkt, dass es mir nicht reicht zu hören: “Ach, ich habe gerne mit dir Sex- egal, wie du aussiehst. Ich mag dich und deinen Körper.”. Mir wurde klar, dass es mir auch um das Machtgefüge zwischen uns ging, das sich mit dem Anblick unser beider Nacktheit schlicht verändert hatte und wir sprachen darüber.
Was mir klar wurde war, dass ich mich verletzbar gefühlt habe, weil ich heute nur noch meinen Körpernormen entsprechen möchte und meine Macht über mich nicht teilen oder abgeben will- aber kein sozial anerkanntes Machtinstrument dazu verwenden will- wie zum Beispiel das Instrument “Schönheit”.
Mein Körper trägt die Spuren von Gewalt, (Selbst) Hass, Entwicklung und Tod – das Konstrukt “Schönheit” hingegen nicht. Selbst wenn ich wollte, kann ich, wenn ich nackt vor jemand anderem stehe, nicht mit “Schönheit” kommen, um mich meiner (Eigen)Macht zu versichern.

Es ging um Sicherheit bzw. Absicherung in dem Moment. Nicht, weil ich Angst hatte wieder Gewalt zu erfahren, sondern, weil ich mich in meinem Sein berührt gefühlt habe und mich außerhalb der Norm ™ sah, die ich bei meiner Sie internalisiert vermutete. “Ich möchte ihr gefallen, weil es mir gefällt, wenn ihr etwas gefällt”, war am Ende ein Satz, der mir die Dynamik zwischen uns dann klarer machte und auch, welche Rolle unsere Normen dabei spielten.
Am Ende blieb es dann tatsächlich bei “das Äußere ist nicht entscheidend”, weil unser gemeinsames Agieren übergeordnete Normen hat, die einzig für uns beide bestehen und die durch unseren Austausch viel klarer wurden.

Spannend in der Hinsicht finde ich, dass wir uns dessen erst in dem Moment bewusst wurden, als wir einander nackt gegenüber saßen.
Man sollte meinen, das sei nicht der Zeitpunkt um über Normen und Werte, Macht und Ohnmacht zu sprechen.
Im Nachhinein denke ich, dass es keinen besseren Moment geben kann.

Werbung- eine Form von Gewalt

Einmal hatten wir fast „die Gluthitze“ dieses Jahr, doch nun knabbern die Nächte wieder mehr vom Tag weg. So langsam gleiten wir in den Spätsommer.
Nichtsdestotrotz finden sich hier und da noch immer die Urlaubsfotos von der scharfen Heidi Klum, der knackigen Gwen Stefani, den süßen Engeln von Victorias Secret und nicht zu vergessen dem unglaublich heißen David Beckham. Ein ganzes Menü!

Zum Fressen gern hat man sie- obwohl sie selbst von gefrosteten Weintrauben und Proteinshakes zu leben scheinen, um wie gewachste Früchte im Sortiment des Luxusbiokaufshauses von Klatsch und Tratsch zu erscheinen.
Ein Schelm, wer hier an Rotkäppchen und den großen bösen Wolf denkt; sich fragend, wie viel Nährwert diese Körper-Bilder wohl haben und wo diese ansetzen.

Irgendwann hatte ich mal getwittert, dass mir Unterwäschemodels sehr leid tun, weil sie immer „heiße Wäsche“ tragen müssen. Das müsse doch weh tun.
Sieht man die Hitze? Nö- was man sieht sind BHs, Schlüpfer, schwingende Babydolls und tief sitzende Boxershorts, die sich, vor allem im Sommer, wie Briefmarken auf Menschenfleischpaketen ausmachen.

Nein, ich will nicht darauf hinaus, dass zu wenig Natürlichkeit, zu wenig Speck, zu viele weiße* Menschenkörper, viel zu viel Sex(ualität) durch die Presse und Werbung wandert.
Mir ist die Sprache aufgefallen und es beschäftigt mich, dass viele Adjektive eine Nähe zu Nahrung oder Körperempfindungen haben, gerade wenn es um vermarktete Menschenkörper geht.

Vielleicht sind diese Worte wie eine Potenzpille eingesetzt?

Vor ein paar Jahren gab es Jogginghosen (für Frauen*) die über dem Po „juicy“ also „saftig“ stehen hatten.
Ein saftiger Po- in den Geschmacksrichtungen „Apfel“ oder „Birne“?
Oder nicht vielleicht doch eher saftig, wie die Konsistenz des Speichels der dem Betrachter aus dem Mund tropft?
Was genau meint die Bildunterschrift: „Ambrosio in heißem Bikini“ ? Warum ist der heiß?
Weil die Ohrfeige heiß brennen würde, würde mensch einfach zupacken? Oder, weil es heiß in der Unterhose wird?
Wo genau landet das „scharf“, das in fast jeder Fotostrecke von extrem unangezogenen Menschen auftaucht, bei uns?
Das scharfe Einatmen um seine Erregung zu unterdrücken oder die Würze im faden Alltagseindrucksbrei?

Wir Menschen essen um zu leben. Und leben um neues Leben zu produzieren. Oder eben nicht. Jede/r nach seinen Möglichkeiten oder Wünschen.

Sex ist eine Trieb-feder. Logisch also, dass die Werbung zu Sex-ismus greift.
Es geht um die Fortpflanzung, Lust, große Gefühle, also guckt mensch hin. Ich glaube, unsere Gehirne sind da alle mehr oder weniger gleich.
Doch ist es nötig?
Wer rennt mit einer Erektion in der Hose
zur nächsten Autoschrottpresse, zum Duschgel kaufen oder ruft gleich erst mal bei dem Aboservice einer Zeitung an?
Was passiert, wenn sich immer mehr Druck aufbaut, weil von allen Seiten starke Reize auf einen Menschen einwirken? Richtig- es gibt Stress und die Notwendigkeit zur Kompensation- vielleicht in Form von „Einkaufen“? Wenn schon nicht die beworbenen Güter, so doch Mittel und Möglichkeiten, diesem Körper- und/ oder Rollenbild zu entsprechen.

Stress ist ein Katalysator für viele physische Prozesse, bis in unsere Gene hinein.
Ja, unsere Gene. Die Dinger, die mittels Sexualität weitergegeben werden, wenn wir uns fortpflanzen.
Sind wir gestresst, werden Gene mittels Neurotransmittern an- oder abgeschaltet. Sind wir chronisch gestresst hat dies direkte Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Sowohl physisch als auch psychisch.

Als Mittel dagegen werden aber nicht etwa: „Fernseher aus und Reizüberflutung meiden“, sondern wiederholt „Tu dir mal was Gutes- geh ins Kino oder shoppen- oder mach mal Urlaub, wie die sexy Klum“ angepriesen.
Introjektion und Selbstbesinnung könnte dazu führen, dass mensch das, was mensch als „sexy“, „knackig“, „heiß“, „süß“ – eben essbar (im Sinne von „konsumierbar“) dargestellt bekommt, enttarnt und ergo nicht mehr als passender Rezipient zur Verfügung steht.
Wer sich seiner (sexuellen) Präferenzen bewusst ist und nicht auf diese Art der Bebilderung anspringt, der muss eben über die Sprache noch dran glauben.
So werden Adjektive, die physische Empfindungen implizieren, zur Potenzpille. Vielleicht wie eine Art Zwangsviagra, das jede/r zu schlucken hat und mehr oder weniger stark darauf reagiert.

Die Einen mit (vielleicht nicht einmal bewusster) sexueller, die Anderen mit emotionaler Erregung. In diesem Bild wäre also die Kritik an sexistischer Werbung eine Art Nebenwirkung einer Zwangsmedikation.

In jedem Fall kann von „aggressiver Werbung“ gesprochen werden und das nicht nur wenn selbige sexistisch ist. An dieser Stelle beginnt Kapitalismuskritik, als Kritik an einer Form von Gewalt.
Neulich sah ich ein Plakat mit der Aufschrift: „Außenwerbung trifft.“.
Ich konnte, vor allem nach den sexistischen und auch
rassistischen Komplettangriffen der letzten Zeit, nur noch denken: „Oja- und wie sie trifft!“.

116203_web_R_by_Jörg Klemme, Hamburg_pixelio.deFür mich persönlich ist jede Werbung, die sich in Bild und Ton präsentiert schon zu viel.
Durch den toxischen Stress dem ich früher ausgesetzt war, haben sich jede Menge auch biologische Anpassungen entwickelt. Toxischer Stress ist „normal“, wenn man ein Trauma erlebt- erlebt man viele und hat ständig damit zu rechnen, erneut eines zu erleben, passt sich der Körper an.

Auch hier wieder der Bogen zu den Genen: Erleben Menschen Stress, wird eine von Genen gesteuerte Produktion von Stoffen angeregt, die neben den bekannten Fight-Flight-Freeze Optionen, auch Nervenzellen im Gehirn- genauer gesagt, dem Hippocampus, abtöten können. So erklärt sich auch der Masseverlust dieses Hirnbereiches bei Menschen, die als Kinder durchgehend miss-be-handelt und entsprechend traumatisiert wurden.

Um Reize aufnehmen und verarbeiten zu können, wird das Gehirn gebraucht. Und zwar möglichst funktional.
So ist, denke ich, meine Annahme, dass Werbung, in Form von immer aggressiverer Bildermast und Zwangsviagra in der Sprache dazu, eine Gewaltform ist.
Sie wird uns Menschen aufgedrückt und, weil sie uns nach und nach dabei das Gehirn kaputt macht, muss sie immer krasser werden, um überhaupt noch etwas in uns zu bewegen. Es ist ein Mittel, das erst über Nervenzellenleichen und dann über an chronischen Krankheiten gestorbenen Menschen steigt, um zu verkaufen. Stress im Übermaß beeinflusst auch das Immunsystem und entsprechend den Umgang selbigens mit Erkrankungen und sogar Zellwachstum- genau das macht das „Burn-Out-Syndrom“ übrigens auch tatsächlich zu einer realen Erkrankung und positive
soziale Pflege im Krankheitsfall so erfolgreich.

Ich schaue seit 5 Jahren kein Fernsehen mehr und selbst Filme und Serien nur in Maßen (heißt ein- zwei Sendungen am Tag á maximal 45 Minuten). Ich versuche mich der Werbung zu entziehen und habe dabei nur noch Erfolg, wenn ich entweder auf das Internet und den Gang vor die Tür verzichte.
Fällt es auf? Das ist ein „Häschen in der Grube“-Verhalten. Verstecken um geschützt zu sein, weil weg zu laufen keinen Zweck hat.

Das empfinde ich als Haft aus Schutzgründen.
Muss das sein?

Ich denke nicht.
Ich kaufe im Supermarkt, in der Drogerie oder im Bekleidungsgeschäft auch Güter, die nicht beworben sind. Da orientiere ich mich an dem, was sich mir direkt darbietet, was ich mir leisten kann und sich als passend herausstellt. Und das mache ich ganz freiwillig und einfach um mein Leben zu sichern.

Insofern könnte ein Punkt zur Veränderung vielleicht sein, klar zu machen, dass man in jedem Fall kauft- solange das Produkt gut ist und jede Werbung eine Überzeugungsgewaltanwendung darstellt.

So als erste Idee…