es ist Hartz 4

Ich habe mir in dieser Woche viele Gedanken um Hartz 4 und Hartz fear und Armut in der heutigen Zeit gemacht.

Erst war da der Artikel vom Besuch der Musik- und Kunstschule, dann der Artikel von Jasna. Dann mein Termin am Montag bei meiner Jobcentersachbearbeiterin für die aktiven Leistungen. Dann heute Nachmittag der Brief mit der Zahlungsaufforderung über 770€ vom Jobcenter.

Es ist der 23. Januar und ich habe noch 20€ auf meinem Girokonto.
27 € in meinem Flattraccount. Etwa 10 € in Pfandflaschen unter der Spüle. Meine Spendendose für gemeinnützige Organisationen sieht nach etwa 8 € aus.

Januar ist Bahncardmonat – 62€, ist Jugendherbergenbeitragsmonat ~30€, ist der übliche StromHeizungTelefonInternetmonat ~100€ , war der Monat mit Fahrkosten vorstrecken – 43€, war mein Monat mit 389€ von dem ~154 € übrig blieben und 100€ zur privaten Schuldentilgung überwiesen wurden.
Und dann kam die Anfrage für einen Vortrag im März. Honorar ja, Fahrtkosten selbst tragen. Mach ich dann zusammen mit den anderen vorgestreckten Fahrtkosten im Februar – oh wait … ich hab noch gar keinen Bescheid vom Jobcenter über die Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung über den 31.1.2015 hinaus.

Ich habe das Gefühl, dass es egal ist, was wir tun, um diesem Hartz-Wahnsinn zu entkommen. Und das habe ich nicht nur, weil mein Flattr-Schatz so mickrig ist oder sich nur eine Person gefunden hat, die unsere Arbeit monatlich unterstützen kann/will/mag, sondern, weil ich merke und in Kontexte setzen kann, wie sehr biegsam mein Wert und der Wert meiner Arbeit ist. Auch meiner Arbeitskraft.

Am Montag saß ich bei meiner Sachbearbeiterin für die aktiven Leistungen im Jobcenter.
Sie sagte, ihre Hilfe für mich einen Ausbildungsplatz zur Grafikdesigner_In/Illustrator_In in Teilzeit zu finden, sähe so aus, dass sie mir zusichern kann, dass der Betrieb, der mich ausbildet, nur 100€ Gehalt an mich zahlen muss. Wär ja auch bequemer. Ich bekäme ja dann noch Hartz 4.
Mit dieser Information laufe ich jetzt seit Montagmittag herum und habe noch nicht ein Mal darüber geweint. Obwohl ich diesen typischen Weindruck im Kopf habe. Obwohl ich weiß, dass jede andere Person an meiner Stelle weinen würde.
Gibt so kleine Würdeinseln, die man bis aufs UnterderHaut dann doch verteidigt.
Ich schiebe das weg und ziehe mir das Vorstudium an der Kunstschule vor Augen. Das ist flexibel, die Innens, denen diese Arbeit liegt, fühlen sich dort gut.
Obwohl sie belächelt werden, abgeschätzt und bewertet.

Was wir da machen, hat nur für uns Wert. Und die, die mit uns sind. Also ihr Leser_innen. So ihr uns denn nicht doch nur lest, um euch besser zu fühlen, uns zu überwachen oder euch an uns zu messen. Das kann man nie wissen und vielleicht kann mir dieser Gedanke auch verziehen werden, denn letztlich spüre ich nur wenige von euch.

Ich bemühe mich darum an Geld zu kommen und immer wenn ich welches bekomme, ist es im Grunde schon aufgefressen, bevor es wirklich da ist.
Manche Menschen denken, ich hätte für die Vorträge im letzten Jahr viel Geld bekommen.
Und vergessen sich zu fragen, was mich die ordentliche passende und angemessene Kleidung, die Fahrten, die Arbeitszeit, die Unterbringung, die Teilnahmegebühren wohl gekostet haben. Armut sei nicht vereinbar mit einem Smartphone, einem Laptop, den Kontakten, die ich pflege, denkt es in diesen Köpfen.
Ich könnte nun ein Bild  von Kindern, die an Typhus sterben, weil sie kein sauberes Wasser, aber Markenkleidung und Handys haben, einfügen.

Ich würde so manchen Menschen gerne das Preisschild an ihrem Lebensstil zeigen.
Den Gegenwert, den ich ihnen für ihre Chancen und Optionen auszahlen würde, wäre das möglich.
Letztlich habe ich vielleicht gar kein Problem mit dem wenigen Geld. Vielleicht geht es einfach nur um realistische Aussichten. Um Chancen, die ich so nutzen kann, dass sie mich autonomer machen und nur leider einfach gar nicht da sind. Weil ausverkauft.

Hartz 4 bedeutet nicht “keine Arbeit”.
Hartz 4 bedeutet auch nicht “kein Geld”
Hartz 4 bedeutet “Existenzminimum”.
Hartz 4 bedeutet “kann nicht ohne Hilfe”.
Hartz 4 gibt es, um Armut zu verwalten.

Ich sitze auf dem Entwurf für ein Büchlein. Fällt mir gerade ein.
“Könnt ich ja mal fertig machen”, denke ich. Und dann sitze ich wieder vor diesem Softwareproblem und erinnere mich, dass ich um das zu lösen, den Account bei Patreon eingerichtet habe.
“Und was ist, wenn das Buch dann fertig ist?”, frage ich mich. Und erinnere mich an das Gespräch mit der Verlegerin. Kleine Zielgruppe, von Mediziner_Innen und
Psycholog_Innen dominiert. Es wird gewertschätzt werden – keine Frage.
das andere Ende der SchnurEs wird sich halt nur nicht verkaufen.

Ach…

Es ist nicht hoffnungslos.
Eigentlich ist es nur völlig egal, wie es mir damit geht.

Und mir gehts ja eigentlich gut.
Ich hab mir Tusche und ein Skizzenbuch gekauft.
Wenn ich erst mal einen Beruf gelernt hab…!


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