Die wahlermächtigten Bürger_innen der USA haben jemanden zum Präsidenten gewählt, der die reproduktiven Rechte und Freiheiten von Menschen, die schwanger werden können, noch weiter beschneiden will.
In diesem Zusammenhang lese ich oft den Vergleich mit dem Titel „Handmaid’s Tale“. Außerdem eine Kritik an ebenjenem Titel, da dieser die Realität reproduktiver Ausbeutung und Diskriminierung nicht-weißer Menschen zur Grundlage von Unterhaltung weißer Menschen nimmt, die diese aufgrund ihrer Privilegien nur als Dystopie (also als „schlimme Vorstellung“) begreifen wollen – und können.
Viele Menschen meiner Generation und race hatten erst mit der Serienadaption dieser Geschichte überhaupt Kontakt mit der Idee davon, dass ihre Fähigkeit bzw. Potenz zur Schwangerschaft in irgendeiner Form über das bekannte Maß von bedingter Verhütungs- und Abbruchsfreiheit hinaus kontrolliert und ausgebeutet werden könnte.
Klar haben sie von Leihmutterschaft gewusst. Und Menschen, deren Einkommen von ihrer Leihmutterschaft abhängt. Von Eizellspenden. Und Menschen, die damit ihre Flucht und/oder den (Wieder)Aufbau eines Lebens finanzieren. Klar von künstlicher Befruchtung. Und Ärzten oder Samenspendern, die sich an dem tiefen Hoffen kinderwünschiger Menschen bereichern und/oder ideologische Motive für das anbringen, was Betroffenenorganisationen in den USA als „Fertility Fraud“ bezeichnen.
Doch dass diese Möglichkeiten in den Händen von (vorgeblich) religiös motivierten Terroristen und – wie nun passiert – hochgradig gefährlichen und dennoch demokratisch gewählten Machthabern ebenso verfügbar sind und zu umfassender Unfreiheit führen können, das wird für viele weiße Menschen erst jetzt mehr als bloßer Grusel vorm Schlafengehen.
Den nichtweißen Menschen, die von Ähnlichem berichten, hat man ja nicht zugehört. Nicht geglaubt. Ihre Erfahrungen rassistischen Ideen von Unziviliertheit und allgemeiner Rückständigkeit unterworfen.Den Menschen, die von (generationaler) organisierter sexueller Ausbeutung (in (pseudo)religiös begründeten Kontexten) berichten, wird ja gesagt, dass sie spinnen (weil Therapeut_innen ihnen was eingeredet haben). Ihre Erfahrungen werden saneistischen Ideen unterworfen und von egoistisch wie rücksichtslosen Menschen dazu missbraucht, sich als Fürsprecher_innen der Opfer zu gerieren und persönliche Anliegen zu verschleiern.
Den Menschen, die von (generationaler) organisierter sexueller Ausbeutung (in (pseudo)religiös begründeten Kontexten) berichten, wird ja gesagt, dass sie spinnen (weil Therapeut_innen ihnen was eingeredet haben). Ihre Erfahrungen werden saneistischen Ideen unterworfen und von egoistisch wie rücksichtslosen Menschen dazu missbraucht, sich als Fürsprecher_innen der Opfer zu gerieren und persönliche Anliegen zu verschleiern.
Entsprechend kritisch stehe also auch ich dem Vergleich gegenüber.„Handmaid’s Tale“ war nie eine ausgedachte Geschichte für sehr viele Menschen in so vielen Gemeinden, Kulturen, Staaten, Ländern. Lasst uns die Realität nicht zum abstrakten Schauder verklären, nur weil sich nun auch weiße, ungeschlagene Menschen mit der Not identifizieren können.
„Handmaid’s Tale“ war nie eine ausgedachte Geschichte für sehr viele Menschen in so vielen Gemeinden, Kulturen, Staaten, Ländern. Lasst uns die Realität nicht zum abstrakten Schauder verklären, nur weil sich nun auch weiße, ungeschlagene Menschen mit der Not identifizieren können.
Hinzufügen möchte ich meine Perspektive als weiße behinderte Person mit Kinderwunsch. Denn auch die reproduktiven Rechte behinderter Menschen, die schwanger werden können, sind bis heute nicht von allen Betroffenen anerkannt, gewährt und verteidigt.
Ich habe ein so gutes abled passing, dass mir konkret niemand im Weg steht, mir den Kinderwunsch zu erfüllen. Doch ermutigt oder darin begrüßt werde ich auch nicht. Im Gegenteil.
Der Umfang, in dem mein Wünschen hinterfragt wird, ist größer als bei nichtbehinderten Mitmenschen.
Mich hat noch nie jemand gefragt, ob und wann ich denn Kinder haben will. Aber jedes Gespräch über meinen Kinderwunsch enthält die Frage, ob ich mir das wirklich gut überlegt habe. Ob ich denn wirklich an alles gedacht habe. Ob ich mir das wirklich antun will. Und meinem Mann. Und den Leuten, die mir dann helfen müssen.
Dass jemand kommt und mir das Kind wegnimmt, war das Erste, was ich recherchiert habe, nachdem ich mich dafür entschied auf ein Leben hinzuarbeiten, in dem eine Familiengründung stattfinden kann.
Ich bezeuge in der bedingten Öffentlichkeit von Social-Media-Kommentaren, mit was für einer Selbstverständlichkeit eugenische Argumentation weiterhin eine Rolle spielt, wenn es um behinderte Elternschaft geht. Niemand denkt daran, dass auch behinderte Menschen diese Kommentare lesen. Niemand denkt daran, dass Eugenik ein menschenfeindliches Konzept wie Rassismus ist. Dass es dabei darum geht, dass es Menschen wie mich einfach nicht geben soll. Dass jedes Mal, wenn jemand sagt: „Also ein behindertes Kind würde ich abtreiben“, die Abwertung behinderten Lebens fester in das gesamtgesellschaftliche Nachdenken und Werten integriert wird.
Meine reproduktive Freiheit hängt zu 100 % an der ökonomischen Autonomie meines Ehemannes, weil ich als behinderte Person in Bildung, Arbeit und – down the Line auch als behinderte Frau, die ich vor dem Gesetz bin – Entlohnung nicht gleichgestellt bin.
Kondome, die Pille, IUD – er bezahlt. Kinderwunschpraxis, IUI, IVF – er bezahlt. Weil er will. Aber auch und vornehmlich, weil er kann. Und ich nicht.
Reproduktiv frei bin ich nur in meinem Kinderwunsch. Meiner persönlichen Einstellung und meinem Willen zur Schwangerschaft und Familiengründung. Und darin, mit dem ich darüber spreche. Wie viel oder wenig ich davon sichtbar mache.
Für jemanden wie mich ist es egal, ob das Land, in dem ich lebe, Schwangerschaft zur ersten Pflicht jedes Menschen erklärt, der eine haben kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass man mich darin inkludiert, ist gering.
Und was das bedeutet, ist so egal in unserer Gesellschaft, dass es dazu keine Serie geben wird.