Film-Tipp „37 seconds“ – #DisabilityPrideMonth

Yuma ist 23, arbeitet als Assistentin einer Mangakünstler_in und lebt in einer japanischen Großstadt zusammen mit ihrer Mutter. Ihr Alltag enthält viele kleine und große, feine wie derbe Übergriffigkeiten, die mal darauf beruhen, dass sie durch eine Zerebralparese eingeschränkt ist und mal, dass ihr deshalb nichts zugetraut wird.
Nach einer Veranstaltung, bei der ihr Arbeitsanteil am Erfolg eines Mangas von ihrer Chefin verleugnet wird, fährt Yuma nach Hause. Auf dem Weg fallen ihr Mangas mit expliziten Sexszenen am Wegesrand auf und die beginnt ein eigenes „Manga für Erwachsene“ zu erarbeiten. Eine Verlegerin weiß ihre Arbeit zu schätzen, rät ihr aber, vorerst eigene sexuelle Erfahrungen zu machen, um ihre Comics authentischer werden zu lassen.
Und so zieht Yuma los. Landet bei neuen Leuten, neuen Ansichten, fängt an neue Freiheiten zu erobern. Was ihrer Mutter überhaupt nicht gefällt und zu einem Konflikt führt – der wiederum zu neuen Erfahrungen für Yuma führt und schließlich zu neuer authentischer Kunst.

„37 seconds“ ist ein japanischer Film, der mit deutschen Untertiteln angeboten wird.
Die Schauspielerin der Yuma (Mei Kayama) lebt selbst mit Zerebralparese, was zu einer neuen Filmerfahrung einlädt. Denn nicht nur ihre Mimik und Gestik sind (für viele Menschen) ungewohnt, sondern auch die Zugänge zu den Gedanken und Prozessen der Protagonist_innen. Die Vielschichtigkeit des behinderten jungen Erwachsenenlebens spiegelt sich in der Vielzahl der Handlungsstränge von denen keiner allein aufgegriffen und nur am Rande, manche aber auch gar nicht zu Ende gebracht werden.
Das 2019 veröffentlichte Drama ist meiner Ansicht nach überhaupt kein Drama. Es ist auch keine Freiheitskampfgeschichte und erst recht keine Suche nach sich selbst, denn Yuma scheint schon sehr genau zu wissen, wer sie ist. Einzig, wer sie noch ist, scheint die zuweilen enorm kindlich wirkende Protagonistin zu erforschen und das mit spürbarer Zielstrebigkeit.

„37 seconds“ ist für mich am besten als coming of age-Film zu beschreiben, auch wenn dieses Genre üblicherweise auf Teenager- und rebellische Jungs-Road-Movies angewendet wird. Er verlangte mir viel Geduld ab, viel Verständnisarbeit, belohnte mich aber mit dem Gefühl, dass Yuma sich am Ende ihrer Reise am Anfang einer weiteren befindet.

Wo ihr euch „37 seconds“ anschauen könnt, erfahrt ihr hier.