Ableismus #1 – Ableismus als Begriff – #DisabilityPrideMonth

Der Begriff „Ableismus“ setzt sich zusammen aus dem englischen „(to be) able“ (deutsch: fähig sein) und der Endung „ismus“, die verwendet wird, um geschlossene Konzepte oder auch Systeme zu benennen.
Das bedeutet also: Wenn man von „Ableismus“ spricht, dann spricht man von einem Konzept, also einem (etwas erklärenden) Bild von einem Sachverhalt, der direkt oder indirekt etwas mit (der Beurteilung, Bewertung, Erwartung von) Fähigkeiten zu tun hat.

Es ist ableistisch, wenn man Menschen abwertet, weil sie etwas nicht können. Es ist auch ableistisch, wenn man Menschen aufwertet, weil sie etwas können. Ableismus an sich ist also weder etwas Gutes noch etwas Schlechtes. Ableismus ist ein abgeschlossenes Konzept. Punkt.

Ableismus ist ein Begriff, der vielen behinderten Menschen hilft, die Systematik der Gewalt, die sie jeden Tag durch andere Menschen, aber auch Strukturen (von zum Beispiel Behörden oder Institutionen) direkt wie indirekt erleben, zu benennen.
Diese Begrifflichkeit zu haben, ist ein großer Schritt. Denn es bedeutet, dass man aufzeigen kann, dass es bei Behindertenfeindlichkeit keineswegs um die behinderten Menschen geht oder darum, dass aufgrund einer Behinderung abgewertet zu werden ein Einzelfall oder ein persönliches Schicksal sei, wie es viele Menschen annehmen.  Sondern um etwas, das sich aus dem Konzept „Ableismus“ heraus ergibt.

Wie in anderen Diskursen von Personengruppen, die aufgrund von Eigenschaften wie zum Beispiel dem Geschlecht oder der Sexualität diskriminiert werden, findet man sich auch als behinderte Person immer wieder in der Situation, dass man anderen Menschen – die in der Regel nicht auf Hilfe angewiesen sind oder wenig Probleme damit haben Barrieren zu kompensieren – doch erst einmal darlegen soll, worin eine Diskriminierung besteht, bevor sie anerkannt und als Problem eingeordnet wird.

Diese gewaltvolle Strategie setzt darauf, dass diskriminierte Personengruppen ihre Gewalterfahrungen als persönlich einordnen und nicht strukturell, also von einem System oder Konzept bestimmt. So sollen zum Beispiel behinderte Menschen sagen: „Der Busfahrer hat genervt auf mich im Rollstuhl reagiert, weil er meinetwegen Umstände hatte.“ oder „Mich einzustellen ist praktisch unmöglich, weil ich so viel Unterstützung brauche.“- anstatt: „Der Bus hat eine total umständliche Rampe, weil bei der Konstruktion nicht angenommen wurde, dass sie oft gebraucht wird.“ oder „Mich einzustellen ist praktisch unmöglich, weil es für unmöglich gehalten wird, dass jemand, die_r Unterstützung braucht, arbeiten kann.“

Diskriminierte Menschen sollen glauben, dass sie das Problem sind und deshalb nicht gleich_berechtigt und ermächtigt sind, am Leben mit allen anderen Menschen teilzuhaben, weil diskriminierende Menschen dies aufgrund von *ismen, wie dem Ableismus zum Beispiel glauben.

Das ist aber ein Problem und es ist wichtig, dass dies alle Menschen verstehen.
Deshalb schreibe ich diese Textreihe anlässlich des #DisabilityPrideMonth.

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