Freeze, Fight, Flight … and then fawn on

Mir ist ein Ende eingefallen. Ob es das Ende eines Males war, keine Ahnung. Sowieso irrelevant, eigentlich. Vielleicht.

Es ist ein Danach und das ist das Besondere. Kein Mittendrin oder Irgendwo, ein direktes Hinterher, dessen Schlimmheit ein diffuses, subtiles Irgendwas ist. Der Blick von oben auf den harten Tüll am Bund der hellen Socken, dessen Muster wie Sonnenstrahlen vom Knöchel abstehen. Die kugelige Plastikdose mit Schraubverschluss, in der dragierte Kaugummifrüchte liegen. Die Erlaubnis, sich welche zu nehmen. Das Danke. Die schwere Hand, die meinen Schädel in sich zerquetschen könnte, aber nur zweimal draufpatscht, wie auf die Flanke eines Hundes. Das Liebsein. Während der Kaugummi im Kopf kracht. Während seine Säure auf offene Stellen trifft. Während sich der Geschmack der Gewalt mit dem Geschmack der Süßigkeit vermischt. Während die Welt in ihren Angeln schwankt. Kein Weinen, kein Ausspucken, kein „Kann ich jetzt gehen?“ Stattdessen dem Täter in die Schuhe helfen, eine Schleife binden und die Jacke holen. Die Tür aufhalten und lächeln. Lächeln, über seine Bemerkungen kichern, den zweiten Kaugummi in den Mund stecken, lächeln, lächeln, lächeln

Fawning ist noch nicht oft Thema als traumareaktives bzw. gewaltreaktives Verhalten. Dieses eine spezielle Liebsein. Das sich kümmern. Nicht mucken, mitmachen. Immer verfügbar sein. Keine Grenzen haben, alles hinnehmen, alles aufnehmen. Alles tragen. Vor allem die Verantwortung, die sonst niemand trägt. Das Mitdenken. Die Hilfs_Bereitschaft, die Hilfe_Anforderungen im Keim erstickt.
Es ist ein Selbst_Schutzverhalten. Es ermöglicht ein Sicherheitsgefühl durch (vermeintlich) überschaubare Selbstwirksamkeit. Vermittelt das Gefühl (wieder) etwas unter zu Kontrolle zu haben oder haben zu können, wenn man nur an alles denkt.
Manche Kinder verbringen die Hälfte ihres Alltages in Misshandlungsfamilien mit dem Beschwichtigen, dem Versorgen, dem Helfen … der Fürsorge ihrer Eltern, damit sie sich nicht oder wenigstens weniger um die eigene Sicherheit sorgen müssen. Während sie selbst nicht (genug) von ihnen versorgt werden.

Wenn man als Mädchen eingeordnet dauernd lächelt, wird man belohnt. Mit Nichtangriff. Was nicht das Gleiche ist wie Nichtübergriff.
Wenn man als Mädchen eingeordnet immer lieb hilft, wird man belohnt. Mit Zugang. Was nicht das Gleiche ist wie Teilhabe.
Fawning ist die Strategie, in die traditionell Mädchen hineinerzogen werden, um sie zu schützen, weil sie ebenso traditionell nicht ermächtigt werden und also ohne jedes eigene Zutun geschützt sind.
Jungen, die immer lieb sind; die immer helfen, die immer da sind; werden in diesem Verhalten oft nicht als schutzsuchend erkannt, weil sie häufig schon nicht als schutzbedürftig erkannt werden. Denn Jungen sind ja keine Mädchen. Jungen, die helfen, sind einfach nett. Manchmal auch viel zu nett für diese Welt.

In meiner Erinnerung von diesem Ende geht es also auch ums Überleben. Und trotzdem beschäftigt mich seitdem das Gefühl des Mitgemachthabens. Weil es so kooperativ wirkt. So ver_bindend.

Ich weiß, dass ich daraus kein Einverständnis ableiten kann. Keine Zustimmung. Und erst recht keinen Willen oder Wunsch.

Aber. Es ist auch nicht die Abwehr, die ich selbst, hier und heute, empfinde.