die Zeitreise ~ Teil 9 ~

Mein Blick fiel auf einen Artikel.
Ich stieß mich erneut vom Boden ab und schloss die Augen. Machte mich allein im Zelt unter dem weitblauen Himmel.
Atmete in den Schaukelbogen hinein und hörte dem Rauschen in meinen Ohren zu.

“Kurt?”, fragte ich ins Rund des Zauberzeltes. “Ja?”, tönte seine Stimme leise zurück.
“Im Mai 2014 haben wir jemanden verloren.”.
Unser Zeitreiseleiter schwieg und sein Schweigen fing an mich zu erdrücken. Ich kletterte aus der Hängematte und leerte meine Tasse in einem Zug.

“Weißt du, was ich an deinem Auftauchen nicht verstehe?”. Langsam drehte ich mich zu ihm hin und beugte mein Gesicht so nah an seines, dass ich seine Sommersprossen auf der grünen Nase sah. “Du hast gesagt, dein Auftrag wäre die begleitete Reflektion von zweifelnden Blogger_innen.”. Ich richtete mich wieder auf und wartete auf ein Nicken von ihm, das dann auch prompt kam. “Was denkst du, woran wir zweifeln? Ich meine – eigentlich kommt mir das hier grad eher vor wie ein rührseliges Gelaber, das wir auch hätten in zwei oder drei Monaten machen können.”.

Ich bemerkte eine Verschiebung hinter mir und wusste, dass es auch etwas mit dem Verlust zu tun hatte. Und mit dem Blog. Doch in mir türmten sich der Schmerz und die Wut. Die Ungerechtigkeit und der Flashback der quälenden Gefühle dahinter. Dieses furchtbare Gefühl Menschen an dieser Kluft zu verlieren, weil sie nicht verstehen. Wollen. Können.
Müssen.
Weil sie das Verstehen nicht brauchen.
Und uns auch einfach ins Nichts reden lassen können.

Aber mit Zweifeln hatte das nichts zu tun.

Ich trat an die Schleiereule heran, die uns schon eine Weile aus einem herzrunden Gesicht beobachtete und sich sorgfältig das Federkleid putzte.
“Könnten wir wieder ein bisschen fliegen?”, fragte ich den kleinen Zeitreiseleiter.
Dieser sprang aus seinen Kissen auf und lächelte mich an. “Das ist eine sehr gute Idee. Ein bisschen frische Luft und Distanz in alle Richtungen ist gut bei schweren Themen.”.