Sperrmüll

Am Montag wird der Sperrmüll abgeholt. Das heißt: gut die Hälfte dessen, was unsere Wohnung möbliert.
Ein weiteres Stück Früher, das wir uns aus dem Heute operieren.

Ein Regal, noch von H., das wir heute nur deshalb noch haben, weil wir unser Hochbett am Fußende zustellen mussten, damit NakNak* nicht zufällig mal runterfällt.
Der Kleiderschrank, der schon 3 Umzüge und 2 neue Leben mitgemacht hat. Zwei Hello-Kitty-Kaugummi-Sticker kleben vorne drauf.
Der Tisch zum Planen. Kann weg. Der Tisch, auf dem wir Behörden- und Archivdinge gemacht haben. Kann weg. Der Tisch, auf dem wir Kunst gemacht haben. Kann weg. Der Tisch, auf dem wir genäht haben. Kann weg.
Wir haben gelernt, wie wir unsere Arbeitsumgebung gestalten müssen, um verschiedene Tätigkeiten auf ein und dem selben Tisch ausführen zu können. Ist kaum 3 Jahre her, kommt mir schon ewig vor.

Die Eckbank in der Küche. Ich liebe sie. Ich liebe Küchenbänke. Sie fühlen sich nach Großtante und Opa-Zuhauseküche an, sind ein Stuhl, der sich nie vom Fleck bewegt. Muss weg. Die neue Küche hat mehr Schräge.
Der früher mal S. gehörende Fernseher, der Röhrenbildschirm, der zu dem 5€-Gebraucht-PC mit Diskettenlaufwerk gehörte, den wir für den Realschulabschluss besorgten. Ein kaputter Staubsauger, ein zerdepperter Wäscheständer. Ein Badregal und zwei Fahrradleichen. Ein Käfig, zwei Katzenklos, Trittschalldämmungsfolie, ein Kratzbaum, eine Ballwurfschleuder.
Kann alles weg, es wird nicht mehr weh tun. Wie erstaunlich das ist.

Worum ich herumschleiche: der andere Käfig
Die Flugbox für große Hunde. In die ich manchmal hineinkrieche und manchmal hineingekrochen werde. Wir würden andere Möglichkeiten für beruhigende Enge und Isolation finden, davon bin ich überzeugt. Aber die anderen nicht. Für sie ist die neue Wohnung, die neue Umgebung noch total unbekannt, sie waren nie da. Ich habe sie noch nicht damit bekannt gemacht, denn die Weite des Fremden würde sie von mir wegspülen. Ich will das nicht. Nicht schon wieder. Diesmal sollen sie landen wie kleine Pusteblumensamen.

Würden wir die Box behalten, käme mir das wie ein Versagen vor …. meiner Beklopptheit?, Merkwürdigkeit?, Kaputtness? … vor. Und irgendwie auch, als würde ich vor einem Therapieschritt zurückweichen, den zu gehen von mir niemand erwartet, was mich nervt, denn ich bin durchaus bereit ihn zu gehen, aber …

Und dann ist da noch der Bilderrahmen mit einer Zeichnung von den Sommers und die Dinge aus dem Urlaub mit L.  Würde ich sie weggeben, käme ich mir selbst herzlos, brutal und böse vor, was ich, wir, für sie vermutlich auch sind. Aber.

Und dann sind da noch die Waschmaschine und der Kühlschrank. Hartz 4 Ersteinrichtungsgegenstände aus dem Jahr 2005. Dass sie überhaupt noch funktionieren ist ein Wunder. Wenn wir sie ersetzen, dann fängt wirklich so ganz richtig etwas Neues an.

Sperrmüll, das macht man immer bevor man mit Konfetti und Fanfaren ins neue Leben einzieht.
Wenn man noch ein bisschen beschäftigt ist mit Abschied nehmen und Angst haben.
Und Weinen. Ein bisschen auch das.