Solidarität – für alle – #DisabilityPrideMonth

Was machen wir mit dem Wissen um Ableismus, Behindertenfeindlichkeit, den Möglichkeiten zu er_fassen, was behindert und wer behindert ist_wird? Wie bringen wir das alles zusammen und mit uns als Individuen in Verbindung? Und wie wird aus Verbundenheit Solidarität?

Am Anfang der Corona-Pandemie war mir klar, dass die Krise in der Pflege noch einmal mehr verschärft werden würde. Nicht, weil es mehr Kranke geben würde, sondern weil selbst in einer Pandemie – einer sich weltweit ausbreitenden Infektionskrankheit von der alle Menschen betroffen sind – krank zu sein und (davon ausgelöst) chronisch krank zu bleiben mit „weniger wert sein“ gleichgesetzt bleibt.
Das ist etwas, das mich in der Anfangszeit sehr beschäftigt hat. Wie wir alle davon behindert werden, aber weiterhin besonders die abgewertet werden, die sich angesteckt haben und auf Pflege angewiesen sind. Und, wie die Kraft der Pflegenden allein deshalb weiterhin etwas bleibt, das gering entlohnt ist, weil sie an sich von Wert ist, aber um Menschen dreht, die als weniger wert eingeordnet sind.

Das gesamte Drama im Gesundheitssektor beruht auf der Abwertung von (so eingeordneter) Dysfunktion und Abweichung. Und also Menschen, in denen sie gesehen oder auch verkörpert wird.
Kein Aufstand der Pflege, kein Behandler_innenprotest für mehr Rechte, mehr Schutz, mehr allgemeine Würdigung wird je erfolgreich sein, wenn nicht die Rechte, der Schutz, die allgemeine Würdigung von kranken, behinderten Menschen verbessert bzw. allgemein etabliert und gewährt werden.

Das ist ein Zusammenhang, der einfach nicht genug beachtet wird.
Egal, ob man Behinderung als medizinisch oder sozial begründet begreift, am Ende steht immer eine Wertfrage und das Problem, dass wir alle in Verhältnissen leben, in denen Minderwertigkeit nur dafür gebraucht wird, Mehrwert zu definieren, um diesen zu fördern.
Und, dass es einfach nicht genug Menschen gibt, die mehr als ein Schulterzucken oder ein ahnungsloses Gesicht zur Problematisierung dessen beitragen.

Menschen schaden anderen Menschen nie „einfach so“. Niemand hasst behinderte Menschen einfach so.
Abwertung ist viel unpersönlicher als man glaubt – selbst dann, wenn man genau nur eine behinderte Person abwertet oder vielleicht auch einfach nicht mag und denkt, man könne es ganz an deren individuellen Eigenschaften festmachen. Wir leben in Zusammenhängen, die maßgeblich mitbestimmen, was wir wann wie warum mögen oder nicht.

Um zu verändern, wie wir miteinander umgehen, müssen wir verändern, wie wir miteinander umgehen können.
Deshalb muss es das Ziel sein, die Verhältnisse in denen wir alle leben zu verändern – und diese Veränderung für alle von uns zu machen, statt für einzelne Gruppen.

Solidarisch mit den Schwächsten zu sein bedeutet alle zu stärken.