Fonds „sexueller Missbrauch“: mit Hilfeleistungsversprechen ködern und dann für politischen Druck benutzen?!

Gestern noch versuchte ich herauszufinden, ob unser Antrag auf Leistungen aus dem “Fonds sexueller Missbrauch” überhaupt angekommen ist, dann erschien im Deutschlandradio ein Beitrag über die beginnende Geldnot des Fonds, weil die Länder, bis auf Mecklenburg Vorpommern und Bayern noch nicht eingezahlt haben.
Sie verweigern die Einzahlung in den Fonds, weil sie auf die Reform des Opferentschädigungsgesetzes pochen.

Das ist so eine dieser politischen Situationen, in denen man als konkret Betroffene_r zwischen Baum und Borke, High Five und Kopfnuss schwankt.
Der unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs wurde mit dem Aufruf an konkret Betroffene zitiert, weiterhin Anträge auf Leistungen des Fonds zu stellen, um politischen Druck auszuüben.

Druck auf wen denn bitte? Auf die Länder, die zu Recht auf die lange lange LÄNGST überfällige Reform eines Gesetzes pochen, das viel effektiver und schneller greifen könnte, als diese Schnellschussanlage des ergänzenden Hilfesystems, das niemals auf mehr als einen schnellen Klitzetropfen auf glühende Kohlen ausgelegt war? Oder auf “die Politik”, die sich von je her davor drückt, mehr mit Opfern jeglicher Art von Gewalt zu tun zu haben, wenn es denn nicht gerade Wahlkampf ist und man mal wieder eine herzerwärmende Happystory braucht?

Unser Antrag auf Leistungen aus dem Fonds, hat eine Bearbeitungszeit von 1,5 Jahren derzeit. Er wird, wenn er denn bewilligt wird und noch Geld da ist, das an uns gehen kann, sowohl Therapien, als auch Heil- und Hilfsmittel für uns ermöglichen, die eigentlich auch von der Krankenkasse, dem Sozialamt oder dem Landschaftsverband bezahlt werden könnte.
Würde es sich bei Krankenkassen um Kassen zum Wohl ihrer Einzahler_innen handeln, und nicht um zunehmend gewinnmaximierende Wirtschaftsunternehmen auf Kosten ihrer Einzahler_innen.

Eine Forderung nach politischem Druck auf Krankenkassen? – Pustekuchen!
Eine Forderung nach politischem Druck auf Landschaftsverbände? – Ph!

Jetzt wird wieder danach gegreint das Thema „sexueller Kindesmissbrauch“ doch mehr in die Medien und die Öffentlichkeit zu bringen.
Zack – zwei Interviews mit dem UBSKM Johannes-Wilhelm Rörig.
Wieder wird darauf verzichtet, sich mit konkret Betroffenen auseinanderzusetzen. Wieder wird as usual davon ausgegangen, dass frühere Opfer weder für sich selbst sprechen wollen, noch in irgendeiner Form selbstvertretend aktiv sind. Wieder heißt es am Ende, wenn der Fonds scheitere, bedeute dies, dass “die Politik” das Problem nicht verstanden hat.

Wieder steht nicht in Frage, ob der Fonds selbst nicht schon ein Zugeständnis an eine gescheiterte Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt an Kindern in Familien(verbänden) dargestellt hat. Wieder bleibt der Zweifel aus, ob 100 Millionen überhaupt je gereicht hätten. Wieder verlegt man sich darauf, das das EHS derzeit eine weitere Note auf dem sozialen Armutszeugnis für die Bundesregierung ist und weiter nichts.

Man hat versucht sich auf einer politischen Ebene solidarisch mit den Opfern und zu Opfern gewordenen darzustellen und das ist gelungen.
Eine Forderung zu Gunsten politischer Bestrebungen ohne Sicherheiten, an eben jede Opfer und zu Opfern gewordene zu richten, ist jedoch ein Verrat an ebenjener Solidarität.

Wir haben uns nicht als ehemaliges Opfer von sexualisierter Gewalt in der Kindheit sichtbar gemacht, damit irgendjemand anders als uns eine politische Agenda aus unserem früheren und dem heutigem Leiden stricken kann!
Das EHS sollte das heutige Leben der zu Opfern gewordenen erleichtern und die Verarbeitung des Erlebten ermöglichen – nicht als Zugpferd für politisches Hickhack dienen. Tatsächlich findet man sich nun als Antragsteller_in und früheres Opfer von Gewalt zu politischen Zwecken instrumentalisiert.

‚Solidarisch und verbunden‘ geht anders.
‚Glaubhaft‘ geht anders.

‚Hilfreich‘ geht anders.