Ableismus #3 – Ableismus wird gemacht – #DisabilityPrideMonth

Wenn man den eigenen Alltag auf Ableismus absucht, dann fällt vielleicht erst einmal gar nicht so viel auf. Ableismus ist ja schließlich sowieso nur eine Idee, also etwas, was im Denken von Menschen passiert. Wonach sucht man also eigentlich? Wie sieht Ableismus aus?

Ableismus ist ein Konzept, das sich in verschiedenen Handlungen des Alltags zeigt. Ob wir Regeln aufstellen oder Häuser bauen, ob wir Dinge kaufen oder verkaufen, ob wir lernen oder lehren – immer ist Ableismus mit eingeflossen. Nicht immer jedoch war das schädlich oder gar gewaltvoll. Es ist wirklich wichtig immer zwischen Ableismus als Konzept und Behindertenfeindlichkeit als ableistische Gewaltpraxis zu unterscheiden. Denn auf das eine (die Gewalt) kann man verzichten, ohne das andere (die Überlegung, was man können muss, um etwas zu benutzen oder teilhaben zu können) ist es unmöglich die Inklusion aller Menschen zu erreichen.

Nun ist es so, dass manche Aktivist_innen sich sehr stark dafür machen, dass bestimmte ableistische Begriffe und Schimpfworte nicht mehr verwendet werden. Manche Begriffe sind praktisch Wortfossilien aus der Zeit der Nazis und deshalb doppelt nicht erwünscht und manche tragen neben der oft intendierten Beleidigung einer Person auch mit, dass man sie für komplett wertlos hält, was eine Bewertung über das Verhalten einer Person hinaus ist und damit im Grunde ein massiver Angriff.

Meiner Ansicht nach hat es keinen Sinn, an der Schimpfwortpraxis zu schrauben, wenn die Überzeugungen und das tägliche Leben es ganz logisch erscheinen lassen, einander wegen bestehender Fähig- und Unfähigkeiten zu beleidigen oder abzuwerten und sich im Folgenden nicht einmal mit der so entstandenen Verletzung auseinandersetzen zu müssen. So begegnet uns immer wieder mal ein Tweet von jemandem, die_r nicht mehr ableistisch beleidigen möchte – aber schon bitte gerne beleidigen, wenn jemand irgendwas nicht hinkriegt oder bei dem Versuch ungeschickt wirkt oder länger braucht als man selbst oder es vielleicht auch einfach oft falsch macht.
Was das eigentlich gewaltvoll ableistische Moment ist.
In so einer Situation will man jemanden beleidigen oder abwerten, weil sie_r etwas nicht („richtig“) kann. In dem Moment ist es total egal, ob man die Person „bananiger Wulstling“ oder „Kackbratze“ nennt – man verletzt sie, weil man sich selber überlegen fühlt. Weil man etwas kann, was diese Person nicht kann und man mit der Gewalt- und Traumawahrheit aufgewachsen ist, dass wer überlegen ist verletzen kann (weil sie_r glaubt, sie_r darf).

Ableismus ist also nicht einfach da, Ableismus wird gemacht. Von uns allen.
Aber nicht in einem neutralen Raum, sondern in unserem Alltag, der von vielen anderen kulturellen und sozialen Praxen (der Gewalt) mitbestimmt wird. Wollen wir nicht mehr gewaltvoll ableistisch handeln, müssen wir Gewalt verlernen.

Alles verstanden bisher?
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