Auf dem Weg…

Freitag Abend
Schnell post-Therapieartiges Weinen und prä-Abenteuerliches Ängstigen mit unzureichenden Worten umwickeln und in einem schlafanstoßenden Medikament ersticken.
So der Plan, der dann doch nicht funktionierte.
Klar.
Die RosenblätterheldInnen machen Freiheitspraxis, tragen ihre neuen Schuhe und treten auf, um Spuren zu hinterlassen. Wären sie dabei ausgeschlafen, wäre das alles ja viel zu einfach.
Um 23.42 Uhr treffen Sehkraft und Zifferblatt erneut aufeinander und schauen einander bis 3 Uhr am Samstag an, ohne etwas mitzuteilen.

Mit der Tetrismelodie des Handys klicken die Gedanken wie Bausteine auf- und ineinander.
Der morgendliche Vorbereitungsplan läuft wie geschmiert.
Alles ist klar. Sollte das Flugzeug vom Himmel fallen, liegen Testament und sonstige Anweisungen gut sichtbar neben der Entschuldigung für alles Peinliche und Sonstige, womit nie gerechnet wurde, auf dem Küchentisch.
Perfekt ist es nicht. Doch der Gedanke, dass wir hier halt gelebt haben würden, als wir noch gelebt haben würden, hilft, nicht doch noch schnell den Staubsauger rauszuholen.
Der Nachbar von unten, hätte uns dann wohl auch vor dem Flugzeugabsturz gelyncht.

Kurz nach 4 treffen wir auf unsere Gemögte und es wird schön.
Die ganzen laut umherrufenden, das erfahrene Nachtleben ausströmenden Menschen, machen uns weniger Angst, als wir nebeneinander im Zug zum Flughafen sitzen und Dialoge wie:
„Is da Kontrolleur? Lass ma weg… Is Kontrolleur? Ey lass ma…“
– „Ey, wir sind locker Alter!“
erleben, die prompt enden, als der Sicherheitsdienst der Bahn durch die Waggons geht.
Es ist fast 5 Uhr morgens und die Dorfjugend verteilt sich wieder zurück auf die Käffer rund um die Stadt, in der
Flughafensie ihre wachsenden Gehirne mit Alkohol marinieren.

Hannover Flughafen.
Während ich alle Bemerkungen zur Pünktlichkeit nach vorne als anerkennend wahrnehme, muss meine Gemögte symbolische Blicke dazu auf mich werfen und sich vor Lachen nach hinten biegen, wie eine Palme im Sturm. Unser Flugzeug hebt nämlich erst 9.45 Uhr ab.

Wir setzen uns in einen der Imbisse, die so tun als seien sie Restaurants.
Da mir dann die Geschichte mit den Flüssigkeiten einfällt, trinke ich noch schnell den dreiviertel Liter Milchkaffee in meiner Thermoskanne aus und schütte kurz vor knapp noch einen halben Liter Energydrink hinterher.
Meine Gemögte macht sich auch zum Loch, bleibt aber bei Wasser. Immerhin auch ein Liter.

Dann gehts los.
Den neugekauften Rucksack und die Jacke durchleuchten lassen. Piepsen beim Tordurchlauf, schämen beim Abgetastet- und Abgescanntwerden.
„Vielleicht hat unsere Mutrüstung doch ein bisschen körpereigenes Metall…“, raunt es von innen, als wir dann im Abflugbereich auf das neblige Draußen schauen. Irgendwo innen singt es, ohne Ohrwurm zu sein. Nur um das harte Pochen im Brustkorb weicher aufkommen zu lassen, ohne es zu unterdrücken.
SchweizerGeld

„Wenn sich Magen und Kniekehle umarmen… In 20min fliegen wir ins Tobleroneland!“
Meine letzte SMS, vielleicht meine Letzte überhaupt, die ich gar nicht an so viele Menschen schicken konnte, wie ich gewollt hätte, sollte irgendwie genau so sein.
Dann muss das Handy aus. Im Flugzeug ist die Nutzung verboten und in der Schweiz teuer.
Aller Handykontakt nach Deutschland ist nun auf den absoluten Notfall limitiert. Wenn wir den Flug ohne Runterfallen schaffen und dann im Land der Schokolade, des Käses, der Verrücktmutigen, die sich freiwillig vom Himmel fallen lassen und der knuffigen Sennhunde, ein Notfall passiert, gibt es nur noch diese Gemögte, 3 wunderschicke 10 Schweizer Frankenscheine, ein Handy mit lachhafter Akkuleistung und uns allein.

Mit diesem Gedanken im Kopf lächelten wir die, als Stewardessen arbeitenden, Zahnpastawerbungsmodels an.

Fortsetzung folgt