Dass es ein Fehler gewesen war von Alsfeld aus noch einmal 10 km von der Tour abzuweichen war schnell klar.
Google ist so ein gefährliches Scheißtool für Radfahrende. Wenn 2 von 3 vorgeschlagenen Routen Forstwirtschaftswege sind, die seit Jahren nicht mehr benutzt werden, kann man das nicht anders sagen.
Aus der eingeplanten Stunde wurden fast 3. Wir fielen ins Zelt und schliefen ein ohne noch etwas gegessen zu haben.
Der nächste Morgen beginnt mit Sonnenschein. Auf dem Campingplatz ohne Netz for anything. Außer Radio. Dort erzählen sie von Unwettern und Gewittern.
Den Sonnenbrand auf der Nase vom gelblichen Stich der Sonnencreme abgedeckt, fahren wir weiter. Heimertshausen, Zell, Romrod.
In Romrod gibt’s ein Schloßhotel und ein Schild, dass uns über eine kilometerlange Umleitung aufklärt.
Zwischen Umleitung und Ort in Routennähe liegt ein Wald. Da gehen wir durch. Bergauf. Auf verlassenen zugewachsenen Wegen. Durch Brennesseln, Brombeeren und anderes Piekskraut.
Die meiste Zeit weiß ich nicht, ob ich fluchen oder mich bei den von unserem Geracke gestörten Wildtieren entschuldigen will. So bleibe ich im dumpfen Mittagshitze-ein-Schritt-nach-dem-anderen-Modus.
Trage Rad und Anhänger über umgestürzte Baumstämme. Puste Insekten aus dem Gesicht. Wir kommen durch den Wald und fahren die letzten 5km Kilometer auf einer Landstraße weiter.
Die Sonne brennt. Die Ortschaften sind bis auf ein paar arbeitende Bauern leer. Ich denke an den Wetterbericht und daran, dass es das Einzige ist, worüber ich mich unterhalten wollte, würde ich jetzt jemanden treffen.
In der Stadt ist das Wetter oft egal. Hier draußen ist es so wichtig wie das täglich Brot. Es ist kein Smalltalk sondern ein Gespräch. Klimawandel ein fester Teil davon. Nix dummdumpfe Bauern, die sowas nicht interessiert.
Dann finden wir ein Schild zu einem Radweg, der uns auf den R4 bringt. Nach knapp 6 km Buckelpistenhölle ohne Schatten, die überwiegend bergauf führt. Wir rufen zwei Freunde an, weil wir nun schon seit gut 3 Stunden überwiegend laufen und das Gefährt schieben.
Keine Antwort. Wir schalten die Podcastabspielliste an. Denken erneut über E-Bikes nach als uns ein alter Mann voller Saft und Kraft überholt.
Die Dinger sind schon toll. Sie bringen immer mehr Menschen unterschiedlichsten Alters und Konstitution auf die Radwege. Das ist ein guter Schritt weg vom Auto. Aber auch ein Schritt dem der Diskurs um Recycling noch nicht gefolgt ist. So weit ich das mitgekriegt habe.
Tausend E-Bikes bedeuten tausend Akkus aus zum Teil begrenzten Ressourcen, die zu entsorgen problematisch ist. Pest, Cholera, tralla la.
Als wir zurück auf der Route sind, ruft eine Freundin an. Wir sitzen unter einer Birke. Rechts NakNak*, links der Sack mit unserem Essen. Um uns herum Wind und Sonne. Es ist unsere schönste Mittagspause.
Der nächste Ort ist Ulrichstein. Mit 614 Höhenmetern der höchste Ort auf unserer Strecke überhaupt. Noch 17km dahin.
17 Bergaufkilometer. Die wir die meiste Zeit schiebend und auf Landstraßen verbringen. Der Wind wird zunehmend stärker. Zweimal reißt er mich plötzlich fast auf die Mitte der Fahrbahn als ich uns eine kleine Abfahrt ausrollen lasse.
Als wir durch einen Windpark fahren und nicht mehr wissen, ob wir jetzt heulen oder es der Wind ist, der uns die Tränen aus den Augen treibt, fällt uns der Satz ein.
Was wir heute schaffen, müssen wir morgen nicht schaffen.
Das gibt nochmal Kraft. Wir fahren weiter und kommen an. 19 Uhr. In Ulrichstein. Wo es keinen Campingplatz gibt. Aber einen Ferienpark und zwei Hotels.
Ich halte an und heule ein bisschen in einem Buswartehäuschen. Ich bin so scheiße stolz dieses Stück geschafft zu haben. Und mir tut einfach alles weh.
Da wir im Ort nichts für uns finden, fahren wir weiter. Traurig, den Ort nicht näher anschauen zu können und entschlossen jetzt einfach irgendwo zu klingeln und zu fragen, ob jemand etwas kennt, wo wir bleiben können.
Wir rollen aus und halten an einem Haus gegenüber von einem Kuhstall.
Und klingeln.
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