Fundstücke #80

Die Informationen prasseln auf mich ein, ob ich sie will oder nicht. Alle, die wissen, dass wir zwei geflüchtete Menschen unterstützen, schütten vor mir aus, was sie wissen. Ohne Rückfrage über die Menschen, ohne Rücksicht auf meine Kapazitäten und mich, aber viel guter Absicht.
Ich selber fühle mich klein. Die Selbstverständlichkeit, mit der über Geflüchtete allgemein und irgendwo darin summiert auch diese beiden gesprochen wird, ist mir unangenehm, zuweilen stößt sie mich richtig ab. Weit weg von ihnen, die ja nur helfen wollen – noch weiter weg von dem Gedanken, ich könnte ja mit anderen zusammen helfen.
Für mich fühlt es sich an, als denke man ihre Zukunft ohne sie weiter. Ich merke, wie mein Fokus auf ihre Gegenwart nur von meinem Partner geteilt wird. Jeder Tag ist so groß – warum befassen sich alle anderen nur mit diesem winzig kleinen und diffusem Punkt „Zukunft“. Ich verstehe das nicht. Wirklich nicht. Waren die denn noch nie jahrelang nirgendwo zu Hause, weil sie niemand haben wollte.

So lausche ich auch der Zahnarzthelferin, die mir Schippe um Schippe über Finanzierung und Behandlung ins Ohr wirft und lasse meine Augen starr auf meinen Notizen stehen. Verabschiede mich lieb, denke Verachtung. Wähle die nächste Nummer. Habe Glück. Augenhöhe, Nachfragen, konkrete Angaben. Dann einen Termin.

Das Handy noch in der Hand nehme ich einen Schluck Cola und höre ihr Prickeln wie Applaus in meinem Mund.
„Für mich bist du noch nie so gewachsen“, spüre ich von innen.
„Ich weiß“, antworte ich und schlucke alles ins Nirgendwo.

 


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